Bitte um Welterklärung: Flitterwochen

Freitag, 15. August 2008 um 16:43

Was, liebe Leser und Leserinnen, macht Flitterwochen zu Flitterwochen? Ich weiß, dass früher mal die Hochzeitsreise dazu da war, dass sich eben verheiratete, feine Leute (nicht feine hatten für sowas weder Geld noch Zeit) näher kennenlernten und aneinander gewöhnten. In noch feineren Kreisen zeigte der Ehemann der bis dato nicht aus dem Elternhaus gekommenen Ehefrau ein bisschen von der Welt. Schließlich bezog das Paar erst nach der Hochzeitsreise einen gemeinsamen Hausstand, hatte sich vor der Hochzeit auch fast ausschließlich unter Aufsicht gesehen; da war es eine gute Idee, einander kennenzulernen, auch sexuell, bevor es einen gemeinsamen Alltag zu gestalten galt.

Aber heute? Ein wenig kann ich verstehen, dass das Brautpaar nach einer klassischen Hochzeit erst mal Urlaub braucht – aber sehr oft finden die Flitterwochen deutlich nach dem Hochzeitsstress statt. Ich kenne auch nur sehr wenige Paare, die erst nach der Verehelichung zum ersten Mal gemeinsam Urlaub machen. Eben stoße ich wieder auf die Beschreibung eines „extremely belated honeymoon“, Jahre nach der Hochzeit. Möchte mir bitte jemand erklären, was eine Hochzeitsreisen von anderen Paarurlauben unterscheidet? (Vielleicht, dass man viel mehr Sex zu haben hat?) Welche Funktion heute Flitterwochen haben? Vielleicht ist es für den Mitbewohner und mich selbst 13 Jahre nach dem Gang zum Standesamt nicht zu spät.

die Kaltmamsell

20 Kommentare zu „Bitte um Welterklärung: Flitterwochen“

  1. Lorelei meint:

    Ich denke, die ursprünglich den Zweck des gegenseitigen Kennenlernens erfüllenden Flitterwochen sind, nachdem immer weniger Paare erst nach der Hochzeit zusammenzogen und na-Sie-wissen-schon, als Anachronismus mitgeschleppt worden und inzwischen zu einer Art bizarrer Tradition geworden.
    Nicht nur beim Thema Flitterwochen, auch beim Lesen des Ausdrucks “klassische Hochzeit” bekam ich gerade spontan eine allergische Reaktion. Manche Rituale werde ich nie verstehen. Wollen.

  2. Lorelei meint:

    Mal wieder an der Fragestellung vorbei kommentiert: erklären kann ich den Unterschied natürlich leider auch nicht.

  3. walküre meint:

    Beim Thema “Flitterwochen” bin ich schlicht überfordert, denn – obwohl bereits zum zweiten Mal verheiratet – hatte ich nie welche (beide Male aus beruflichen Gründen). Der beste aller Ehemänner und ich planen allerdings, wenn wir die Klippen der töchterlichen Pubertät erfolgreich umschifft haben, einen Urlaub zu zweit zu machen, in dem wir wirklich ausschließlich das tun, was uns beiden Freude macht (und die Auswahl ist groß, da wir viele gemeinsame Interessen haben, wenn es um Reisen und Kultur geht). Sind das dann Flitterwochen ?

  4. Bina meint:

    Ich bin da sehr zwiegespalten. Auf der einen Seite lasse ich mir äußerst ungern etwas aufzwängen, nur weil es eine “Tradition” so will, auf der anderen Seite stelle ich immer wieder fest, dass ich bei manchen Dingen unglaublich altmodisch bin.
    Soll heißen: Ja, ich war im Mai in den Flitterwochen. Aber nicht, weil wir meinten, wir “müssten” das machen, sondern weil es uns als die perfekte Lösung erschien.

    Unsere finanziellen Möglichkeiten waren – gelinde gesagt – sehr beschränkt, so dass wir auf eine große Feier verzichtet haben und nur mit dem engsten Freundes- und Familienkreis bei einem Sektempfang angestoßen und gefeiert haben. Und direkt im Anschluss sind wir ans Meer gefahren, also noch am Tag der Trauung.
    Für mich sind es Flitterwochen gewesen, nicht nur weil es uns die Chance gegeben hat, wieder “runter” zu kommen, auch weil wir so die Möglichkeit hatten, uns an unseren neuen “Status” zu gewöhnen und dieses Gefühl ganz für uns zu genießen. Und das, ohne dass direkt wieder der Alltag die Oberhand gewinnt.

    Ob das Flitterwochen im traditionellen Sinne waren – keine Ahnung, ist für mich aber auch nicht entscheidend.
    Aber wir haben diese Zeit ganz für uns unglaublich genossen, und ich hätte sie nicht missen wollen. Und es war auch nicht nur ein normaler Urlaub, einfach weil die Stimmung viel emotionaler war. Oder so.

    Das ist meine ganz persönliche Meinung zu dem Thema, keine Ahnung, ob es eine allgemeingültige Antwort gibt. Allerdings gehören Flitterwochen für mich zeitlich nah zur Hochzeit.

  5. Sanníe meint:

    Gott, war ich neulich wieder geneeervt, als ich mir einen kostbaren Tag freinehmen, ein schickes Kleid anziehen und hunderte von Kilometern fahren mußte, um anderen an einem nur für sie wichtigen Ort dabei zuzugucken, wie sie sich Ringe über die Finger streifen, um künftig ihre Steuererklärung gemeinsam auszufüllen. Da mußte ich an Sie denken :-)

    Zum Thema: Ich weiß es nicht, aber Binas Antwort gefällt mir. Da immer mehr Paare in meinem Bekanntenkreis die Geburt oder nahende Geburt des Nachwuchses zum Heiratsanlaß nehmen, sollten die Flitterwochen wohl besser vor der Hochzeit stattfinden, denn mit Urlaub zu zweit ist es ja für die nächsten ca. 16 Jahre vorbei.

  6. Ulf meint:

    Flitterkommentare nur von Frauen hier? Das kann nicht so bleiben. Deshalb also mal aus Sicht eines verheirateten, flitterbewöchneten Dreibeins:

    Die Antwort hat sich FrauKaltmamsell bereits selbst gegeben, die Lorelei hat es noch unterstrichen; der ursprüngliche Zweck ist längst Anachronismus. Sowohl der der Eheschließung an sich, als auch der aller damit verbundenen Rituale. Der Honigmond ist Kulturkitsch, dem sich zu verweigern den meisten Paaren die Nüsse fehlen.

    Aber kann man ernsthaft von jemandem verlangen, sich dem überkommenen Konzept der Flitterwochen zu widersetzen, der schon der anachronistischen Versuchung der Eheschließung erlegen ist?

    Ich sage da (auch) aus eigener Erfahrung: Heiraten Se ma’ ruhig und flittern Se meinetwegen auch. Geschadet hat es nach meinem Kenntnisstand noch keiner und keinem. — Genützt aber wohl auch nicht.

  7. Sebastian meint:

    Ist doch immer gut, wenn man einen Grund zum Wegfahren findet. Also auf in „the goddamn thirteenth year honeymoon”, gibt es bestimmt eine Suite dafür wo.

    Wir haben damals klassisch Flitterwochen gemacht, weil wir dachten, wir brauchen das, obwohl wir’s nicht hatten. Und dann saßen wir im hässlichen Ferienhaus von Bekannten an der Loire bei Regen, ich erinnere vor allem den Duft von Champignons (Höhle!), den Geschmack von Vouvray (Keller!) und den Gemüsegärten von Villandry (einziger Sonnentag). Braucht es also nicht, schadete aber auch nicht.

    Woher kommt eigentlich das Wort „Flitterwochen”?

  8. Nicky meint:

    Da fällt mir spontan das Pärchen aus dem weiteren Bekanntenkreis ein, dass seeehr auf Traditionen steht (aber auch gerne unterstreicht wie modern sie doch sind) und seine Hochzeit auf einem anderen Kontinent feierte, auch der anschließenden Flitterwochen wegen (ja, wir ertrugen alle Fotos). Sie versprachen dem Ehevollzieher, regelmäßig zum Polieren ihres Namensschildes wieder anzureisen (Flitterwochen, die Zweite, Dritte und Vierte?). Einen verlorenen Ehering und zahlreiche kleinere Katastrophen später folgte nach wenigen Jahren die Trennung.

  9. Ulf meint:

    @Sebastian: Herkunft der Flitterwochen?

    »wahrscheinlich nicht (wie Jacob Grimm glaubte) von den Flittern der Brauthaube, sondern von dem althochdeutschen filtarazan („liebkosen“) und dem mittelhochdeutschen gevlitter („heimliches Lachen“) bzw. vlittern („kosen“) sowie dem Plural von Woche.«

    [Quelle]

  10. Hande meint:

    Wir haben damals 22 unserer liebsten Freunde gebeten, mit uns zu einem Ort mitzukommen, nicht um uns dabei zu zuschauen mit den Ringen usw., sondern um zusammen zu feiern. Sie sind tausende von kilometern geflogen und schick gemacht haben sie sich auch. Ja, der Ort war für uns wichtig, aber auch unseren Freunden hat es sehr gefallen, ausser einer (und das war mein Ex) waren alle zum ersten Mal da (überhaupt in dem Land) und wir haben 4 Nächte, 5 Tage lang gefeiert. Die “Trauung” war am letzten Abend, danach haben einige noch weiter Urlaub gemacht, wir sind dann wieder Heim und am übernächsten Tag waren wir wieder bei der Arbeit.
    Nein Flitterwochen hatten wir nicht, dafür hatten wir eine Hochzeitsreise, wovon 24 Menschen heute noch (nach über 7 Jahren) schwärmen. Gut angelegte Zeit und Geld!
    Wenn man doch so genervt ist (@Sanníe), kann man es doch auch sein lassen, oder? Weil da geht es offensichtlich nicht um die Freude, dass man zusammen feiert sondern das ganze ist eine lästige Übung. Dann am besten gleich seinlassen, man erspart beiden Seiten Kosten!

  11. shlonek meint:

    was ist gegen einen vorwand zum kosen schmausen und bechern in fremden gefilden schon zu sagen?

    wir haben ritualreduziert geheiratet, aber wenn ich das hier so lese, werde ich irgendwann bei gelegenheit mal so eine zelebration anberaumen. gleich lust gekriegt auf ein paar tage schwül-warmer partnerschaftszentrierter Ausgelassenheit. Hach!

  12. Helga meint:

    Ob es heute noch Flitterwochen braucht? – Ich finde, sich einige Tage an einen schönen Platz zu zweit zurückzuziehen und das setzen zu lassen, was gerade passiert ist, nicht verkehrt. Den Trend, nach der Hochzeit auf eine möglichst bombastische Reise aufzubrechen, halte ich allerdings für affig – schließlich ist die Hochzeit selbst schon ein großes Ereignis. Romantische Reisen sind übrigens immer wieder schön. – Nennen Sie es doch, wie Sie wollen…

  13. Landfrau meint:

    Und nun komme ich etwas altmodisc h daher. Zu meiner Zeit “flitterten” wir in Bacharach. Im goldenen Herbst waren wir in dem schon etwas antiquierten Hotel die einzigen Gäste. Auf dem Flur stand eine schon reichlich angestaube Ritterrüstung und abends saßen wir mit dem Hotelbesitzer Ehepaar auf dem plüschigen Sofa und ich hatte den verflohten Dackel des Hauses auf dem Schoss, der auch tagsüber bei unseren Wanderungen unser Begleiter war. Unwiederbringliche Erinnerungen!

  14. Burgdorfer meint:

    ich denke, man sollte mit der Frage früher einsetzen. Statt nach dem Sinn der HochzeitsREISE sollte man besser nach dem Sinn der HOCHZEIT fragen…

  15. Milla meint:

    Hallo, Sebastian, Guten Morgen, liebe Frau Kaltmamsell,

    danke für das schöne Wochenanfangsthema, bitte erlauben Sie, dass ich kurz dem
    Herrn Mittagesser auf seine Frage antworte:

    Eine schöne Erklärung für das Wort “Honeymoon” – Honigmond gibt Hugh Grant
    in dem Film “Vier Hochzeiten und ein Todesfall”. Er führt die Bezeichnung darauf zurück, dass man(n) zum ersten Mal den (nackten) Po seiner Braut sieht, sozusagen einen süßen Mond aufgehen sieht.

    Hat mir damals gut gefallen.

    Liebe Grüße
    Mila

  16. die Kaltmamsell meint:

    Vielen Dank für die vielen Antworten auf meine Frage! Wenn ich also zusammenfassen darf: Flitterwochen
    1. dienen der Erholung nach der Hochzeit
    2. ermöglichen die Verarbeitung eines neuen gesellschaftlichen Status’
    3. sind die letzte Möglichkeit eines Urlaubs zu zweit vor der Fortpflanzung
    4. macht man halt
    5. sind der romantischmöglichste Urlaub eines Paares (zur Definition von Romantik in diesem Zusammenhang ein andermal).

    Ehrlich gesagt kann ich am ehesten 4. nachvollziehen. Konvention ist eine nicht zu unterschätzende Macht; so erkläre ich mir auch mit am wenigsten Kopfschütteln Hochzeiten.

  17. shlonek meint:

    Kaltmamsell, Sie sind doch eine rationalistische Spassbremse.

  18. Sonja meint:

    Hallo Kaltmamsell,

    ich denke viele Traditionen werden heute anders ausgelebt, als sie vor hundert Jahren gedacht waren. Was hat heute Weihnachten mit dem tatsächlichen Weihnachtsbrauch zu tun? Selbst an Nikolaus werden die Kinder heutzutage bereits mit einem Berg an Geschenken überhäuft.

    Heute hingegen weiß man noch, dass es beispielsweise Flitterwochen gibt – aber wer macht sich denn tatsächlich Gedanken darüber, was Flitterwochen früher tatsächlich bedeutet haben. Im Prinzip fährt halt ein Ehepaar direkt oder in einiger Zeit nach seiner Vermählung in den Urlaub. Vielleicht ist dieser Urlaub unter Umständen etwas kostspieliger, damit er doch etwas ausgefallener in Erinnerung bleibt. Aber machen wir uns doch alle nichts vor – wer lebt denn heute noch streng nach Tradition? Kaum einer weiß doch noch woher eine Tradition stammt und was diese zu bedeuten hat. Flitterwochen haben daher meiner Meinung nach kaum etwas mit einem traditionellen Hintergrund zu tun.

    Grüsse
    Sonja

  19. Flitterwochen meint:

    Hallo Kaltmamsell,

    ob man in den Flitterwochen ganz viel Sex “zu haben hat” wage ich zu bezweifeln. Wichtig finde ich persönlich, dass man gemeinsame Zeit wirklich bewußt gemeinsam erlebt und sich miteinander beschäftigt (in Abgrenzung zu so manchem “normalen” Urlaub vieler Paare). Das ist nach dem Hochzeitsstress nicht schlecht, kann aber auch Jahre nach der Heirat absolut Sinn machen weil es Nähe schafft und einer Ehe einen wunderbaren neuen Impuls gibt. Ich an Deiner Stelle würde das mit den “Flitterwochen” auf alle Fälle nochmal ins Auge fassen.

  20. die Kaltmamsell meint:

    Erstaunlich, Flitterwochen: Die Leute heiraten also erst, und DANN brauchen sie Gelegenheit, sich miteinander zu beschäftigen. Ich scheine ein völlig anderes Partnerschaftsideal zu haben.

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