„Kann ich was mitbringen?“ oder: der Schüsselreigen
Mittwoch, 17. Dezember 2008 um 12:37Am Samstag gab ich mich geschlagen und kaufte beim Muji zumindest die beiden schlichten, weißen Schüsseln nach, groß und mittel. Ich hatte mich damit abgefunden, dass ich ihre Vorgänger nicht wiederbekommen würde. Wie schaffen es andere Leute bloß, ihre Schüsseln beinander zu behalten – und zwar dann, wenn sie zu den Leuten gehören, die auf private Einladungen automatisch fragen: „Kann ich was mitbringen?“
Kann ich nämlich etwas mitbringen, dann tue ich das in Schüsseln. Nicht in meinen edelsten Schüsseln, aber doch in solchen, die sich im Buffet gut machen. Wenn ich dann nach Hause aufbreche, ist der Inhalt im seltensten Fall ganz aufgegessen (als geborene Langweilerin gehe ich tendenziell früh); ich lasse die Schale also beim Gastgeber. Und da steht sie dann. Aus anschließender Vergesslichkeit oder dem Scheuen von Umständen habe ich über die vergangenen 20 Jahre wahrscheinlich an die 15 Schüsseln über die Haushalte von Freunden und Bekannten verstreut. Es muss doch eine Alternative geben, und zwar eine praktische und elegante.
Selbstverständich habe ich meine Mitmenschen beobachtet, um eventuell von ihrem Verhalten zu lernen. Sie teilen sich diesen Beobachtungen zufolge in zwei Hauptgruppen:
1. Die Abschrecker: Sie bringen ihre Salate, Fleischbällchen, Pasteten, Cremes, Kuchen in und auf Tupperware. Diese gefrierschranktauglichen und deckelbaren Gefäße schreien „so praktisch!“ und sind ungeheuer hässlich. Sie lassen jedes Buffet nach Abiparty aussehen, bringen aber offensichtlich Gastgeber und Gastgeberin dazu, eine schnelle Rückgabe zum ureigenen Interesse zu machen. Man sah schon den Gastgeber einer Wohnungseinweihung (Schwabing, renovierter Altbau, Maisonette) dem Mitbringer einen halben Straßenzug mit der halbabgegessenen Tiramisu-Tupperschüssel nachlaufen.
2. Die Ungemütlichen: Sie lassen gerne ihre Speisen da, nehmen die Gefäße aber um jeden Preis mit – indem sie umfüllen. Im besten Fall fragen sie den Gastgeber nach einer seiner Schüssel, die sich dafür eignet (wenig wahrscheinlich, dass eine frei ist). Normalerweise aber kippen sie ein Kilo Bulgursalat auf einen der kleinen Pappteller, die nach dem Aufbrauchen des Geschirrs als Notbehelf auf dem Buffet stehen, oder stellen den halben Käsekuchen blank auf die Papiertischdecke.
Es gibt auch Mischformen dieser beiden Hauptgruppen, deren Verhalten zu übernehmen mir sehr widerstrebt: Hässliche Schüsseln habe ich nicht mal, Umfüllen erscheint mir nicht nur ungemütlich, sondern auch unhöflich. Und dann bin ich auch noch reine Schüsselgeberin, keine Schüsselnehmerin: Zu meinen Einladungen darf nie jemand etwas mitbringen.
Hat jemand von Ihnen vielleicht eine Lösung gefunden? Listen führen? Wochendenausflüge danach planen, wo man noch Schüsseln abholen muss?
Eine besonders gewöhnungsbedürftige Alternative praktiziert übrigens der Mitbewohner: Er lässt das Mitzubringende regelmäßig auf dem Hinweg zu Boden fallen, wodurch die Schüssel zerbricht.
die Kaltmamsell28 Kommentare zu „„Kann ich was mitbringen?“ oder: der Schüsselreigen“
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17. Dezember 2008 um 12:55
Im Gastronomiegroßhandel gibt es um wirklich wenig Geld durchaus ansehnliche Schüsseln und Platten zu kaufen (Dort decken sich auch viele Catering-Betriebe ein, die damit mögliche Probleme mit Kunden hintanhalten wollen.); das war bis jetzt für mich immer eine probate Lösung, wenn es beispielsweise um Kuchenspenden bei Elternsprechtagen oder um Gartenfeste ging.
17. Dezember 2008 um 13:58
Ach, Sie haben auch so einen!
17. Dezember 2008 um 14:18
Da fällt mir ein, wie ist das Problem am Samstag gelöst worden? Oder nicht?
17. Dezember 2008 um 14:27
Ich bin ungemütlich, will mein Essen nicht wieder mitnehmen, und fülle gerne um, frage allerdings vorher immer die Gastgeber.
Ansonsten finde ich die gefriertauglichen Deckelschüsseln von Mepal Rosti hübsch genug für die meisten Buffets.
17. Dezember 2008 um 14:36
Ich bin auch ungemuetlich, vor allem weil ich nichts mehr hasse, als monatelang jemandem hinterherzutelefonieren, wann ich denn meine Schuessel holen duerfte.
Gastgeber wird allerdings gefragt, bevor ich umfuelle.
Manchmal verwende ich Alu-Geschirr (zB wenn ich grad wieder Apple-Pie mache), das kann man dann auch wegwerfen.
17. Dezember 2008 um 14:47
Stimmt, Hande, die Lösung könnte Personal sein, das das Buffet betreut, kontrolliert umfüllt, abwäscht, Schüsseln verwaltet.
17. Dezember 2008 um 15:50
Tesastreifen von unten auf die Schüssel pappen, wasserfest beschriften: »Ich bin Ulfs* Schüssel, er hätte mich gerne wieder!«
Hat bisher sowohl im Freundeskreis, als auch nach Schulfesten der Kiddies verlustfrei funktioniert.
*) Wahlweise auch mit Deppenapostroph, das belebt die Konversation … =;o)
17. Dezember 2008 um 16:36
Aber wie kriege ich mein Schüssel wieder, wenn ich “Ulfs Schüssel” schreibe?
PS: Hat sonst wer ein Problem mit den Wörtern Schüssel, Schlüssel, Schussel, ich hab sie jetzt bestimmt 5 mal falsch geschrieben!
17. Dezember 2008 um 16:37
Ich bin in der Regel ungemütlich. Frage aber arme, gestresste Gastgeber normalerweise nach passender Schüssel. Beschriftung ist natürlich unerläßlich, vor allem, wenn man die Schüssel da läßt.
Ich habe z.B. noch einen Glasteller und eine Rührschüssel hier von einer Party 1995…
17. Dezember 2008 um 16:38
an Hande: Die beste Variante ist, dort ein oder zwei Tage später vorbeizugehen und die Schüssel abzuholen. Alles andere funktioniert erfahrungsgemäß nicht.
17. Dezember 2008 um 17:28
Was glauben Sie, was nach Schulfesten übrig bleibt. Wir haben im Lehrerzimmer einen ganzen Schrank voll mütterlicher Tortenplatten und Schüsseln. Kommen Sie doch vorbei!
Sicher gefällt Ihnen was. Mitterweile sind sicher einige Antiquitäten dabei.
17. Dezember 2008 um 18:04
ich führe 1. listen (eine lasagneform hat drei monate gebraucht, bis sie zurückkam, aber auf dem weg dahin gab es mehrere amüsante telefonate und so kann man auch kontakt halten. 2. wäre ich eine umfüllerin, wenn etwas übrig bleiben würde, tut es aber nie. dass ich dann doch was auf die liste schreiben muss, hat damit zu tun, dass die gastgeber/innen sich weigern, mir meine dreckige schüssel/form/platte wieder mitzugeben, sondern sie vorher säubern wollen. ich hätte sie lieber dreckig – aber gleich mit.
17. Dezember 2008 um 18:12
Wenn man immer mitbringt und selbst nie mitbringen lässt, hat man es nicht anders verdient, als sich über sowas einen Kopf machen zu müssen. Übrigens: Sie waren damals eine der letzten und die Schüssel war praktisch leer und das Buffet fern jeder noch zu bearbeitenden Ästhetik. Und beim zweiten Anlauf stand sie zwei Meter Lufltinie fast gespült bereit. Also bitte! (Und danke: Ich hatte diese Schüssel sofort gemocht und gehofft, dass ihre Besitzerin sie für immer vergisst oder mir zumindest die Quelle verrät. Nur geht der Muji-Link nicht…)
17. Dezember 2008 um 19:58
Ich fülle IMMER um nach Anweisung der Gastgeberin, sofern was übrig war (selten). Das nach bitteren Erfahrungen und Schwund im Küchenschrank.
Silvester ist die nächste Gelegenheit, da ich der Gastgeberin nicht zumute möchte alles alleine zu machen!
17. Dezember 2008 um 20:07
Sie schaffen sich ein iPhone an und greifen der Münchener Entwicklerszene unter die Arme: http://www.codingmonkeys.de/circulator/index.de.html
17. Dezember 2008 um 20:12
Bei Menschen, die ich regelmäßig sehe – und zwar in deren oder meinem Zuhause – vertraue ich darauf, dass das mit dem Austausch schon klappt. Tut es auch. In anderen Fällen bin ich eher ungemütlich – was natürlich Umfüllen bedeutet in Absprache mit der Gastgeberin – oder von vornherein Mitbringen in einer hässlichen Tupper- oder Plastikschüssel (Transport praktikabel), um gleich zu Beginn auf ein Umfüllen zu drängen wegen Ästhetik.
Was ich aber tatsächlich auch schon gemacht habe: die Schüssel/Platte als Geschenk zu deklarieren und den Inhalt als I-Tüpfelchen.
17. Dezember 2008 um 21:09
1. Stilvoll: eine mallorquinische Greixonera, also eine Tonschüssel, in der man auch kochen und backen kann. Die wird dann gleich als Geschenk da gelassen. Wir hatten auch schon einige mit dem Namen von unserer Ferienfinca, dann hat das gleich noch Werbewert.
2. Unökologisch: bei den überall aus dem Boden spriessenden Chinesenläden gibt es günstig und witzig Schüsseln aus Plastik, die man einfach da lassen kann. Groß genug und optisch besser als Tupper, allerdings meist ohne Deckel. Aber bei Salat macht das ja nix, wofür gibt es eigentlich Cellophan oder wie heisst das Wort neuerdings?
17. Dezember 2008 um 21:10
Schüsseln fehlen fast nie, dafür habe ich aber immer nur halbe Beilegebestecke. Es bleiben nur die Hälften mit der Kerbe bei mir. Die Volllöffelhälften verschwinden für immer. Kann man Löffel beschriften?
17. Dezember 2008 um 22:26
da ist mir neulich fast eine freundschaft drüber zerbrochen. ich habe den salade nicoise dagelassen, weil ich wußte, das ist ein des kochens unbegabter single und ca. 10 leute zelten noch im garten. und trotz 5 telefonaten ist meine wichtigste salatschüssel verloren gegangen (“weeß ick ooch nich, müssen meine töchter mit zur ex genommen haben”). das sind die wenigen momente im leben, wo ich richtig sauer werden kann.
17. Dezember 2008 um 23:24
Man soll sein Herz nicht an Dinge hängen. Ich bin sowieso meistens in der Küche und wasche ab. Damit habe ich die Kontrolle über Geschirr…und Getränkevorräte…
18. Dezember 2008 um 0:03
nachdem ich alle meine alten geschirreinzelteile flächendeckend über das halbe land verteilte (um gottes willen, nein, ich will das nicht zurück) bin ich dazu übergegangen, in billigsdorferläden nach ware in brauchbaren plastikschüsseln ausschau zu halten – z.b. so kleine, einzeln verpackte madeleines etc., kostengünstig und gerade eben so ein halber stockzahn voll der kuchen, die schüsseln mit deckel kann man aufheben und wiederverwerten – plastik ist für öffi-fahrende alte weiber wie mich einfach transportfreundlicher.
kennt man art oder stil des geschirrs wirklich, kann man auch ein kleines passendes schüsserl mitnehmen (bei mir wäre das dann bitte gmundner bunt geflammt, oder herend rothschild, biedermeier).
für leute mit entsprechendem geschmack, häufigen gartenparties o.ä. findet sich auch bei trödlern oder in antiquitätengeschäften manchmal was zum “nehm ich mit weil das werd ich schon noch brauchen können”. auch alte weitlinge haben so schon eine neue bestimmung gefunden – gefragt war erdäpfelsalat in grösserer menge für grillparty, nudelsalat für kinder, ging hervorragend und schaute allemal noch origineller aus als tupperware (allein schon der name).
für kleine mengen besonderer erzeugnisse haben sich auch alte, grosse einsiedegläser bewährt, mit schraub- oder sprengringverschluss, je nach art des bedachten haushaltes. sind wiederverwendbar, geschirrspülergängig und auf grund ihrer dursichtigkeit fallen sie kaum auf.
stark augenkrebserzeugende modelle können übrigens mit einer manschette aus z.b. papierenen torten- oder keksunterlegern (wie heissen die verd… dinger in echt???) oder geschenkpapier buffettauglich gemacht werden.
da ich wenig platz habe, kommen schüsseln nur als ineinanderpassendes set ins haus, ich werd den deibel tun und eine alteingesessene gemeinschaft auseinanderreissen, sei es auch nur für stunden.
18. Dezember 2008 um 9:55
@Susanne: Dort, wo Ulf seine Schüssel gelassen hat, soll ich vorbei gehen? Meinst Du ich krieg es dann?
@kaltmamsell: sorry fürs rumblödeln, hab’s irgendwie nicht anders gekonnt.
18. Dezember 2008 um 10:49
@kelef
In Österreich lautet die handelsübliche Bezeichnung der verd… Dinger “Tortenspitze”. :-)
18. Dezember 2008 um 11:46
@Remington: Der Satz “Man soll sein Herz nicht an Dinge hängen.” ist das Credo der Frau Mama meines Freundes und ich finde ihn sehr weise… nur leider klappt das trotz bester Vorsätze nicht immer ;(
Meine ureigene Lösung: Ich hab zu Fotozwecken sowieso viel zuviel Geschirr im Schrank (allerdings nichts wirklich häßliches) und meist eine ziemlich hohe Fluktuation, deshalb nehme ich nie die absoluten Lieblingsstücke mit auf Partys, aber eben auch nichts komplett Unansehnliches oder Abi-Party-Ähnliches. Und trenne mich mental schon mal von dem guten – im besten Fall ohnehin auf einem Flohmarkt erstandenen Stück -, aber freue mich dann umso mehr, wenn es doch den Weg zu mir zurück findet. Guter Nebeneffekt: Mein Freund freut sich tierisch über ein Stück weniger im Geschirrschrank.
18. Dezember 2008 um 16:59
@nicky Danke – dachte schon, dass wirklich alle ein Problem damit haben. Umso mehr erneuten Respekt vor der Kaltmamsell und ihrem Diskussionsthemostat.
19. Dezember 2008 um 17:10
vielleicht weniger mitbringen in der Hoffnung, dass alles rechtzeitig aufgegessen wird?
19. Dezember 2008 um 18:33
@Hande: Solltest du irgendwo eine Schüssel mit der Aufschrift »Ich bin Ulfs Schüssel« finden, dann bitte nicht mitnehmen. Es sei denn, du heißt auch Ulf und Hande ist nur dein Chatnickovski. Wahrscheinlicher aber ist, dass es sich tatsächlich um meine Schüssel handelt. Also bitte!
20. Dezember 2008 um 22:50
Ich werde in Zukunft immer nur die bei mir zurückgebliebenen Schüsseln mitnehmen. Irgendwann müsste dann doch alles zurückkommen.
Übrigens, hier intern haben wir ein Riesenproblem mit den verschiedenen Wohneinheiten. Da man sich gegenseitig Kaffee, Essen usw. vorbeibringt, ist die Entropie gewaltig. Vielleicht sollten wir doch eine Zentralküche anstreben.