You’ve got a friend
Donnerstag, 15. Januar 2009 um 13:04Ein Text von Scott Adams (zur Sicherheit sei sein Blog nochmal empfohlen) bringt mich auf die Frage: Was macht für mich jemanden zum Freund?
Herr Adams versucht es mit den Kriterien:
1. Jemand, mit dem ich ein Geheimnis geteilt habe.
2. Jemand, der einen Gefallen von mir angenommen hat.
Daran finde ich den zweiten Punkt erstaunlich, denn schon früh habe ich Freunde als diejenigen Menschen definiert, von denen ich weiß, dass sie sich in Not an mich wenden würden – und nicht, wie ich es sonst immer gehört hatte, Menschen, die mir in Not helfen würden. Es verlangt mehr Vertrauen, jemanden um Hilfe zu bitten, als Hilfe zu gewähren.
Auch wenn Scott Adams die verbindende Wirkung eines geteilten Geheimnisses nachvollziehbar beschreibt – persönlich kann ich damit nichts anfangen. Vielleicht habe ich lediglich mit dem Begriff „Geheimnis“ ein Problem. Geheimnisse teile ich nicht – deswegen sind sie ja geheim.
Scott Adams’ Beispiel:
Say you are both at a dinner party and your host served duck. At the dinner table you told the host the food was wonderful, but later and privately to your would-be friend you jokingly confess that you hate duck. That’s a secret, but a tiny one.
Nee, funktioniert nicht, ich hätte das Gericht, das ich nicht mag, gar nicht erst gelobt. Aber das mag ich zu eng sehen. Mich jemandem anzuvertrauen, gehört für mich sehr wohl zu Freundschaft, und damit die Sicherheit, das diese Vertraulichkeit gewahrt bleibt. Wen ich privat bitten müsste: „Das bleibt bitte unter uns“, dem würde ich mich nicht anvertrauen.
Freundschaft bedeutete für mich praktisch noch nie: Mit Menschen in konstantem, häufigen Austausch stehen, sie über alle Umstände meines Lebens informieren, mein Leben mit ihnen teilen. Selbst in den wenigen Jahren, in denen sich fast mein gesamter Freundeskreis in einem Radius von wenigen Kilometern um mich befanden, machte ich innere Vorgänge fast ausschließlich mit mir selbst aus.
Heutzutage fällt es mir schwerer und gleichzeitig leichter als in jungen Jahren, Freundschaft zu definieren: Eine bestimmte Art von Zuneigung, verbunden mit einem bestimmten Gefühl der Nähe.
So kann ich sagen, dass der Mitbewohner ein Freund ist – der Mensch, zu dem ich die engste Beziehung habe. Ich spreche aber auch von Leuten als „mein Freund XXYY“, die ich seit Jahren nicht gesehen habe und oder mit denen ich lediglich alle paar Monate E-Mails austausche.
Leichter ist daran, dass ich nie lange überlegen muss, ob ich jemanden als meine Freundin oder meinen Freund ansehe. Schwerer macht diese Definition, dass sie keine objektiven und nachprüfbaren Kriterien liefert. Und, wie mir gerade auffällt, dass sie Einseitigkeit einkalkuliert. Es ist wohl sehr wahrscheinlich, dass ich jemanden als Freund empfinde, der mich nicht als Freundin bezeichnen würde.
5 Kommentare zu „You’ve got a friend“
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15. Januar 2009 um 15:20
Ein Freund, ein guter Freund,
das ist das schönste, was es gibt auf der Welt,
ein Freund bleibt immer Freund
und wenn die ganze Welt zusammenfällt!
Drum sei auch nicht betrübt,
wenn dein Schatz dich nicht mehr liebt
ein Freund, ein guter Freund,
das ist das beste, was es gibt!
15. Januar 2009 um 15:46
diesen Artikel finde ich sehr gut geschrieben! Danke!
15. Januar 2009 um 16:08
Es ist interessant, wie unterschiedlich Konzepte von Freundschaft aussehen. Man macht sich das meist nicht klar, weil Freundschaften wegen der geringeren Erwartungen aneinander weniger reflektiert werden als Liebesbeziehungen. Indes: Vertrauen in die Diskretion des anderen gehört wohl nach jedem Konzept dazu.
Mein Freundschaftskonzept, wenn ich recht überlege, ist ein anderes. Freunde sind diejenigen, mit denen ich Weihnachten oder Ostern feiere, mit denen ich in Urlaub und bei denen ich ungefragt an den Kühlschrank gehe. Freunde sind die Leute, die meine Katzen hüten und es sich währenddessen bei mir gemütlich machen und ab und zu übernachten, weil sie es schön finden, mal woanders zu schlafen. Ich habe also ein familiäreres Beziehungskonzept, und im Gegenzug vielleicht ein weniger freundschaftliches Liebeskonzept. Es mag sein, dass bedingt einander.
16. Januar 2009 um 11:50
Ich stimme Frau Modeste weitgehend zu. Freunde sind für mich Menschen, die man in den eigenen vier Wänden nicht als Fremde empfindet, sondern die bereichern. Abstufungen gibt es – ich schätze beispielsweise auch manche Menschen, die ich fast ausschließlich vom Bloggen her kenne, als eine Art Freunde, weil ich ihre Fähigkeit, ehrlich zu sein, ohne zu verletzen, sehr schätze. Davon abgesehen, ist “Freundschaft” bei weitem nicht in allen Kulturkreisen gleich definiert.
Was die Ente anbelangt, habe ich mittlerweile gelernt, zwischen einem Essen, das schlecht zubereitet ist, und einem, das hervorragend gekocht ist, mir persönlich aber nicht zusagt, zu unterscheiden. Als Beispiel: Ich reiße mich nicht um Innereien, bin aber durchaus in der Lage, zu sagen, ob ein Nierchenragout gut schmeckt oder nicht.
18. Januar 2009 um 17:33
Ich stimme modeste und walküre zu. Freunde sind Menschen, die sich bei dir zu hause ihren Kaffee selber machen und nicht mehr nach dem Weg zum Klo fragen und ob sie es benutzen dürfen (sowieso doofe Frage, da ich es nicht schätze, wenn meine Gäste in den Wandschrank pinkeln…).
Freunde sind auch solche, die unangemeldet vor der Türe stehen und ich mich riesig darüber freue, obwohl ich mit Schaum in den Haaren aus der Dusche komme. Das allerdings ist in der Schweiz (wo ich lebe) nicht üblich. Sonntägliches unangekündigtes Ueberfallen von “Freunden” gilt hier eigentlich nur als unhöflich und kommt deswegen leider kaum vor. Meine Freunde aber wissen, dass ich diese Mentalität nicht teile.
Freundinnen sind für mich Frauen, die in der Sauna nicht über die Dellen in meinem Popo nachdenken, sondern mit zu hören (siehe “Dellen machen sexy”…) Aber das ist natürlich nur eine Hoffnung. Selbst bei befreundeten Frauen weiss man nie….!
Und ja: einer meiner besten Freundinnen konnte ich nicht wiederstehen zu verzeihen, obwohl sie mir ins Liebesleben pfuschte.