Archiv für Februar 2009

Bloglesen auf einen Rutsch

Freitag, 20. Februar 2009

Nach langer Zeit habe ich wieder ein neu entdecktes Blog ganz durchgelesen, vom ersten Eintrag am 19. Juni 2008 bis jetzt: Alright Tit. Eine 28-jährige Frau in England wird mit einer hochaggressiven Sorte Brustkrebs diagnostiziert und blogt über ihr Leben mit „the bullshit“, wie sie es nennt. Ein Hinweis von Stephen Fry hatte mich zu ihr geführt.

Krankheitsbloggen ist zwar bereits seit einigen Jahren eine international anerkannte Blog-Kategorie, aber, wie so vieles, kann man das gut und weniger gut machen. Die Autorin, Lisa, macht es ganz hervorragend, sowohl sprachlich als auch thematisch (und sehr britisch). Ich habe ihr Blog über ein Wochenende wie eine Kurzgeschichtensammlung gelesen – immer ein paar Postings hintereinander, dann Pause -, weil sie so dicht, komisch, emotional und bilderreich schreibt, dass ich Zeit zum Zwischenverarbeiten brauchte. Größere Pausen brauchte ich immer wieder, um den gnadenlosen und brutalen Inhalt zu verarbeiten, denn Lisa hat sich vorgenommen, kein Detail auszulassen. Inklusive Körperflüssigkeiten. Und jetzt gibt es wieder jemanden, die ich überhaupt nicht kenne, der ich noch nie begegnet bin – und der ich leidenschaftlich die Daumen drücke.

Der Westen hat ein Interview mit ihr geführt.

Dank ertragen

Mittwoch, 18. Februar 2009

Da hatte ich mir immer eingebildet, ich könne so viel besser schenken, als beschenkt zu werden. Jetzt stelle ich fest, dass auch Schenken einer Form bedarf.

Weil die Kolleginnen von der Poststelle, in der Hausdruckerei und am Empfang mir schon so oft geholfen haben (sind aus vagen historischen Gründen in einer Abteilung zusammengefasst), durch Leidenschaft, Mitdenken und Spaß an Unterstützung den Rücken frei gehalten haben und ohnehin ganz entzückende Menschen sind, habe ich ihnen gestern Abend einen Marmorkuchen gebacken. Ich wollte ihnen halt eine Freude machen. Am liebsten hätte ich den Kuchen heute einfach mit einem Zettelchen auf einen zentralen Tisch in dieser Abteilung abgestellt – aber das geht natürlich nicht. Mir wurde klar, dass ich mich dem Gegendank stellen musste. Auch wenn es mich Überwindung kostete, überreichte ich den Kuchen also der Herrin des professionellen Großdruckers, mit der ich in den letzten Tagen manch Krise durchlitt (genauer: Ich litt, sie beruhigte mich mit glaubhaftem Schulterzucken und wiederholtem „Des wird scho“), dankte ihr und bat um Verteilung des Kuchens in der Abteilung. Als die ersten Lobtelefonate eintrafen, gab ich mir nochmal einen Ruck, ging nochmal rüber und erklärte den Kolleginnen den Grund des Kuchenbackens, siehe oben. Die Freude war wirklich groß und ich mordsverlegen. Aber, das wurde mir klar, da muss man als Schenker durch.

Die wahre Attraktion von Facebook

Sonntag, 15. Februar 2009

Das wirklich Interessante an Facebook sind nämlich die haarsträubenden Anzeigen.

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Diese vieldeutige Überschrift allein schon! Man möchte gar nicht weiterlesen und nimmt sich Zeit, an der Auflösung herumzuraten: Ob er wohl Banker ist, der Freund? Oder ob es um sein Verhalten beim Pokerspielen geht? Dann verkauft die Anzeige vielleicht diese Röntgenbrillen, die schon in meiner Kindheit auf der Rückseite der Gong beworben wurde. Und dann stellt sich heraus, dass es um Schäubles feuchtesten Traum geht! Getextet von einem Mahrzahner Hauptschulabbrecher mit ruhrpottischem Migrationshintergrund: eine Handy, das dem Freund trackt. Wann hat er Geburtstag, unser Innenminister? Ich hätte da schon mal ‘ne Geschenkidee.

Weiteres Grübeln über Facebook-Ads bei Frau Isabo.

Schwimmen durch München: Dantebad

Samstag, 14. Februar 2009

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Seit Winteranfang warte ich auf einen Schneesamstag – um dann im Dantebad Schwimmen zu gehen. Bis heute. Genau so hatte ich mir das vorgestellt: Bei jedem Lufthohlen in wirbelnde Schneeflocken zu schauen, auf meinen Kraulbahnen ihr Kitzeln auf den Armen zu fühlen. Dazu eines der beiden 50-Meter-Becken Münchens. Dafür sind 6,80 Euro Eintritt schon o.k.

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Vieles hatte ich mir nicht vorgestellt und ließ mich überraschen:
– Der Boden der Umkleiden ist beheizt.
– Ich sah unter Wasser erheblich mehr als darüber, denn über der Oberfläche lag dickster Dampf.
– Das Becken ist nicht gekachelt, sondern mit Metall ausgekleidet.
– Es gibt eine eigene Bahn für Sportschwimmer und eine für Rückenschwimmer.
– Obwohl sehr viele Leute im Becken unterwegs waren, konnte ich ohne Ärger meine Bahnen ziehen – es muss ja bloß jeder ein bisschen Rücksicht nehmen. Sonst bin ich gewohnt, nach einem zügigen und offensichtlich mitdenkenden Schwimmer / einer Schwimmerin unter all dem Treibgut Ausschau zu halten, um mir möglichst mit ihr die Bahn zu teilen. Heute war es umgekehrt, und ich musste mir lediglich einen erratisch paddelnden Idioten merken. Im Grunde war ich aber froh, dass dieses solariumgegerbte Magermännchen nicht schneller schwamm – es hätte sonst womöglich seinen Stringtanga verloren. (Oh nein, die gute Unterwassersicht mit Schwimmbrille ist nicht nur ein Segen.)
– Noch irritierender war allerdings die Dame, die oben ohne schwamm, zumal sie nicht etwa eine Bikinihose trug, sondern einen Badeanzug lediglich bis zur Taille hochgezogen hatte.

Während ich meine Bahnen zog, ging mir durch den Kopf, welch dekadente Verschwendung solch ein Winterfreibad im Grunde ist. Ich halte es für sehr unwahrscheinlich, dass die Einnahmen aus den Eintrittgeldern auch nur einen Bruchteil der Betriebskosten decken. Und braucht es wirklich solch einen Energiefresser? In diesem Moment fiel mir ein, dass ich schon als Kind in einem Winterfreibad geschwommen bin, mehrfach sogar: im Irschinger Warmbad1 Dieses ganzjährig geöffnete Freibad wurde mit der Abwärme des nebengelegenen Kraftwerks geheizt – eine frühe Form der Kraft-Wärme-Kopplung? Allerdings war das im Winter ein Erlebnis von sehr spezieller Ästhetik – das Bad lag damals in einer völlig kahlen Ebene, der einzige Blickfang waren die bedrohlichen Türme des Kraftwerks.

  1. Ein Blick auf die Website lohnt sich – die Fotos sehen so antik aus, dass möglicherweise sogar Kleinkaltmamsell darauf zu sehen ist. []

Die köstlichsten Pflaumen

Freitag, 13. Februar 2009

Sie mögen denken: Jetzt ist endgültig der Boden der Banalität erreicht – sie bloggt über Dörrobst. Abwarten.

backpflaumen

Für dieses Nahrungsmittel müsste ein neues Wort erfunden werden. Trockenpflaumen, Dörrpflaumen, Backobst implizieren alle etwas Trockenes – und genau das sind diese Pflaumen nicht. Letztes Jahr brachte uns Herr Schwieger von einer Geschäftsreise nach Frankreich ein Paket Dörrpflaumen mit; er hatte erfahren, dass sie die Spezialität des besuchten Montesquieu (Gascogne) waren. Nun ja: Wer ist schon so richtig heiß auf Dörrobst? Das Paket lag einige Monate unangetastet im Küchenschrank. Dann wollte ich mal wieder Speckpflaumen machen, als Tapa in der Pfanne gebraten, und öffnete die Packung. Ihr entstieg ein wunderbarer Duft, der mich sofort kosten ließ – mit überwältigtem Ergebnis: weich, saftig, das Aroma eines ganzen Zwetschgenbaums in einer einzigen Frucht. Es wurden die besten Speckpflaumen meines Lebens.

Seither haben wir diese Köstlichkeit mit Schlagsahne gegessen, mit cremigem Naturjoghurt – am häufigsten im Stehen aus der Packung und ohne aufhören zu können. Glücklicherweise bietet der Hersteller Direktversand.

Lücken im Brockhaus füllen

Mittwoch, 11. Februar 2009

Wanderrock, der röhrenförmiges Kleidungsstück für den Unterkörper mit zu wenigen der Körperform angepassten Abnähern. Verschiebt sich bei Alltagsbewegung horizontal um den Leib.

Musik! Hier!

Dienstag, 10. Februar 2009

Bisher ist noch jede Musikwelle an mir vorbeigeflossen, die durchs deutsche Bloggistan schwappte. Das liegt in erster Linie daran, dass ich keine Ahnung habe: Zum Beispiel hört sich die vor zwei, drei Jahren weiträumig gelobte Musik der Kapelle Coldplay für mich immer noch wie der Soundtrack einer deutschen Vorabendfernsehserie an. Erst durch die Grammy-Berichterstattung habe ich erfahren, dass es sich bei den Herren um Briten handelt.

Doch nun gibt es Peter Fox und seine Schallplatte, sein Album, seine CD, sein Werk (wie sagt man da heute, zum Teufel?) Stadtaffe, und ich bin völlig enthusiasmiert. Dass ich von dieser Musik so überraschbar bin, mag durchaus daran liegen, dass ich alles Ähnliche einfach nicht kenne – aber sowas ist mir ja noch nie untergekommen. Die Texte sind großartig in Bildlichkeit und Metrum, die Kompositionen und Arrangements originell.1 Dazu gibt es bislang drei Videos, die ebenfalls sehr schön sind. Für den unwahrscheinlichen Fall, dass ich Ihnen Neues berichte, hier diese drei Beispiele. Ich hoffe als Nächstes auf „Zweites Gesicht“ oder „Der letzte Tag“.

Nachtrag: Texte sind laut Booklet alle von p. baigorry / d. conen.

  1. Auf dem CD-Booklet sind Texter und Komponist angegeben – aber meinen Sie, ich würde die Namen im Internet finden? Hat jemand den Original-Tonträger zur Hand und könnte mal nachschauen? Danke! []