Archiv für April 2009

Noch zwei Nizza-Tipps

Montag, 20. April 2009

Zu den nizzanischen Spezialitäten gehört Socca, ein Kichererbsenmehlfladen aus der Pfanne (hier schon mal gezeigt). An dem Tag, in dem es aus Fässern kübelte, wollte der Begleiter unbedingt eine solche probieren. Wir fanden eine Soccarei – und was für eine! René Socca liegt am Rand der Altstadt auf beiden Seiten der Rue Miralheti und ist, was man in München eine urige Boaz´n nennen würde. Auf der einen Seite der Straße holt man sich sein Essen: Neben ständig frischer Socca, die kaiserschmarrnförmig auf die Teller geschaufelt wird, sind das allerlei lokale Pizzen, darunter Pissaladière, zudem frittierte Schweinereien. Damit setzt man sich in den gegenüberliegenden Teil des Lokals auf die französische Variante von Biergartengarnituren und bestellt dazu Getränke. Wir verbrachten ein sehr gemütliche Stunde unter einer Markise, auf die der Regen prasselte.

Und dann zu der Unterkunftempfehlung. Gleich beim Musée des Beaux-Arts liegt in einem gepflegten, alten Wohnviertel eine unauffällige Villa, die das Hotel Villa les Cygnes ist. Es wird geführt von einem herzlichen älteren Paar, das das Haus vor drei Jahren im Internet fand, als es noch aus elf vermieteten „Studios“ bestand. Sie kauften es und bauten es ein Jahr lang zum Hotel um. Vor eineinhalb Jahren empfingen die jetzt sechs Zimmer ihre ersten Gäste. Groß und sehr geschmackvoll eingerichtet (kein Fernseher!), hell und mit Aussicht sowie großem Bad sind sie genau meine Kragenweite. Schauen Sie sich doch mal die Bilder auf der Website an – meine konnten die Atmosphäre nicht einfangen. Sehr zu empfehlen ist auch das Frühstück. Zu unserer Überraschung ging es weit über die sonst übliche Kombination aus Milchkaffee, Brot, Croissant, Butter und Marmelade hinaus: Im wunderschönen Garten wurden uns unter Orangenbäumen zudem frisches Obst und Joghurt aufgetischt, Schinken, Käse, Hefebrötchen, Trockenobst. Über der dritten Schale Milchkaffee, die Beine umschmeichelt vor der Nachbarskatze kamen wir ins Sinnieren, wie überhaupt jemand dieser Art Unterkunft ein Kettenhotel vorziehen kann – und sei es noch so „Grand“.

Mehr Essen in Nizza

Sonntag, 19. April 2009

Zunächst mal weise ich Sie darauf hin, was ich Ihnen nicht verraten werde: unsere erste Unterkunft in Nizza. Dieses herzerfrischende und idyllische Winzelhotel mitten in Nizza ist bereits jetzt so beliebt, dass ich im Januar keine fünf Nächte im April mehr reservieren konnte, sondern nur noch drei meiner Wunschnächte – die weiteren waren bereits ausgebucht.

Die liebenswerte Wirtin hilft bei allem, gerne und mit vollem Einsatz. So war ihr Angebot eines riesigen Schirmes unsere Rettung an dem Tag, an dem wir in eine andere Unterkunft umzogen: Es schüttete den ganzen Tag mit nur wenigen Unterbrechungen in Sturzbächen; ohne Schirm hätten wir uns nicht bewegen können. Zudem hatte Madame auf die Frage nach einem guten Restaurant nicht nur eine Empfehlung bei der Hand, sondern nahm uns beiden örtlich Sprachbehinderten gleich die telefonische Reservierung ab. So kamen wir zu einem Tisch im Bistrot d’Antoine, einem kleinen Restaurant in der Altstadt von Nizza.

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Es war gesteckt voll, eine Reservierung ein bis zwei Tage vor einem geplanten Abend dort ist unbedingt erforderlich. Die Speisen stehen, ebenso wie die Weine, ortsüblich auf Schiefertafeln, und sind von der Regionalküche geprägt. Wir probierten knusprige Blutwurst mit gedünsteten Äpfeln und Radicchio-Apfel-Salat sowie Foie Gras zur Vorspeise – beides ausgezeichnet. Nachdem ich tagsüber in den Gassen von Nizza und Antibes immer wieder durch den Duft von gebratenem Lamm gelaufen war, bestellte ich mir als Hauptgericht genau solch eines, der Begleiter ließ sich gekochte Rinderzunge in Meerrettichsoße bringen – ebenfalls sehr gut (die Zunge wohl nicht sehr aufregend zubereitet). Zum Nachtisch gab es eine leichte Schokoladen-Mousse für den Herrn und für mich einen Apple Crumble mit Zimt-Mousse (ich weiß nicht mehr, wie das auf Französisch hieß).

Wirt und Wirtin im Bistrot d’Antoine sind aufmerksam und herzlich; wenn uns der hübsche Kellner mit modischer Brille beim Aufnehmen der Bestellungen oder beim Servieren auch nur einmal angesehen hätte, wäre der Service perfekt gewesen.

Einen weiteren schönen Restaurantabend bereitete uns der Zufall. Beim Spazieren durch eine weniger touristische Gegend (was in Nizza relativ ist) fiel uns ein Wein- und Feinkostladen auf, der sich anscheinend auf Bioprodukte spezialisiert hatte: La Cave de l‘Origine (kann es sein, dass französische Lokale eher keine eigene Website haben?). Und wir sahen, dass im rustikal gestalteten Verkaufsraum auch bewirtet wurde – gleich mal einen Tisch für den Abend reserviert.

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Sehr aufmerksamer Service, mit dem wir uns über die Details der Tageskarte (vier Vorspeisen, vier Hauptspeisen, vier Desserts) und der Weine in einem Gemisch aus Französisch, Englisch und Spanisch austauschten – je nach dem, was gerade am besten passte.

Als Vorspeise suchte ich mir den Tintenfischsalat aus.

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Bissfester, zarter Tintenfisch, vielfältige aromatische Salatblätter, und die Drangabe von gerösteten roten Paprika sowie schwarzen Oliven werde ich mir merken.
Der Begleiter hatte ein Tartar aus Jakobsmuscheln, von dem er ebenfalls sehr angetan war.

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Das „Lamm, wie ich es aus meiner Kindheit in Erinnerung habe“ wollten wir beide als Hauptgericht. Es stellte sich als Lammbraten heraus, und wir freuten uns sehr daran.

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Als Dessert teilten wir uns einen Käseteller und eine Portion Erdbeeren mit frischem Basilikum. Der Sancerre, der uns zum Mahl empfohlen wurde, ist auf dem ersten Foto zu sehen.

Ein Essenstipp steht noch aus, zudem möchte ich ausführlich von unserer zweiten Unterkunft schwärmen – doch das werde ich aus der nächsten Ferne tun müssen, in die ich gleich aufbreche.

Abschied aus Nizza

Samstag, 18. April 2009

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Bild: Reisebegleiter. (Meine Version ist nicht so gut. Mein Apparat aber auch nur ein Viertel so groß. UND ich habe das Motiv entdeckt.)

Das Wetter in München ist wie in Nizza: Sonnig durchmischt und kühl.
Es folgen mindestens noch Ausführungen zum Essen in Nizza.

Alles übers französische Bahnfahren

Freitag, 17. April 2009

– Französischen Bahnhöfe haben keine Cafés, nicht mal amerikanische Ketten.

– Kaffee gibt es von Automaten.

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– Französische Fahrkartenautomaten nehmen Bargeld nur in Münzform, keine Scheine.

– Die französische Bahn hat ein ausgeklügeltes elektronisches Ticketsystem. Leider ist es kaputt.

– Französische Bahnangestellte sind freundlich, sprechen Englisch und geben einem vorgedruckte Belege darüber, dass man versucht hat, mit dem kaputten System eine Karte zu kaufen.

– Französische Züge haben Verspätung.

– Darüber informiert die Durchsagefrau allerdings frühestens ein bis zwei Minuten nach der geplanten Abfahrtszeit.

– Jeder Durchsage geht ein Jingle mit singenden Frauen voraus. Nach diesem Typus Musik erwartet die deutsche Bahnfahrerin eine Vermeldung der Sonderangebote des Tages.

– Französische Züge sind doppelstöckig und sauber.

– Die erste Stufe zum Einsteigen liegt einen halben Meter hoch. Gebrechliche, alte Frauen haben keine Chance, ohne Hilfe in den Zug zu kommen.

– Französische Gleise sind in tadellosem Zustand. Deshalb fahren französische Züge ruhig und ruckelfrei.

– Im Gegensatz zu englischen Zügen.

– Auf der Rückfahrt ist das ausgeklügelte elektronische Fahrkartensystem wieder repariert.

– Wodurch französische Züge auf die Minute pünktlich zurückfahren.

– Französische Schaffner tragen graue, dreiteilige Anzüge und dazu manchmal extrem unkleidsame Schirmmützen.

Auf Reisen

Dienstag, 14. April 2009

Eine Anreise mit Ausblick fast ausschließlich auf die Alpen:

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Und zwar hierher:

nizza_flugzeug

Nizza. Es ist nicht ganz so warm wie in München, aber ebenso sonnig, immerhin. Im Gegensatz zur Münchner Luft enthält die hiesige Jasmin- und Oleanderdüfte, nicht die Kastanien sind gerade am Aufblühen, sondern die Orangenbäume. Und es hat halt Meer, gell.

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Zwei Straßenmodetrends glaube ich bereits zu erkennen: Pumphosen an Damen, Birkenstockmodell Madrid an Herren.

Heute habe ich mir wieder Eis beim Fenocchio geholt.

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Sie sehen links die Sorten Tomate-Basilikum, Lavendel und Thymian, rechts oben die Sorte schwarze Olive, rechts Jasmin, unten ebenfalls Lavendel. Tomate-Basilikum schmeckte sehr gut, aber wie erwartet, das Thymianeis war mir einen Tick zu süß. Das neue Highlight war schwarze Olive – eigentlich kein Wunder: Schwarze Oliven in verschiedenen Aggregatszuständen habe ich bereits mehrfach und mit Erfolg in Desserts serviert bekommen.

Ein bisschen weg

Montag, 13. April 2009

Ich verreise ein wenig, zunächst zum Urlaub in eine Gegend, von der ich mir bei der Buchung erträumte, ich könnte dort in den Frühling fliehen. Wer hätte denn geahnt, dass in München zur Karwoche gleich der Frühsommer vorbei schaut? Dann reise ich geschäftlich nach ganz woanders. Es ist sehr wahrscheinlich, dass Sie mich aus beiden Gegenden lesen.

Nostalgie-Ostern

Sonntag, 12. April 2009

Im Osternest von meiner polnischen Oma selig (das Osterfest in der multi-emigrations-hintergründigen Familie Kaltmamsell basiert auf polnischen Traditionen) enthielt immer ein so genanntes Pralinenei: Ein liegendes über-straußenei-großes Ei bestehend aus zwei Vollmilchschalen, gefüllt mit Pralinen, eingewickelt in knallfarbenes Stanniol, besetzt mit einer enormen Geschenkschleife. Gab es damals in jeden Supermarkt, und die besonders dicke Schokolade der Schalen schmeckte unvergleichlich gut.

Heute hat man die nicht mehr. Es gibt zwar eine ungleich größere Auswahl an Ostersüßigkeiten als zu meiner Kindheit, auch in Form von riesigen Schokoladeneiern – doch der Ostereidesigner von heute stellt sie aufrecht hin, auch wenn er sich deshalb eine Haltekonstruktion ausdenken muss, packt sie in Berge von bedrucktem Glanzpapier. Das ist nicht dasselbe.

Ich klagte dem Mitbewohner diesen Kulturverlust – woraufhin er er sich auf die Suche machte und mich gestern hiermit überraschte: Ein Konfektei der Münchener Pralinenmanufaktur Walter Cordes. Da habe ich mich sehr gefreut.

pralinenei

Viel ist nicht mehr da.
Ich wünsche Ihnen da draußen ein schönes Osterfest!