Archiv für April 2009

Lehrreiches am Samstagnachmittag

Samstag, 11. April 2009

Der frühe Samstagnachmittag war einer der wenigen festen Fernsehtermine meiner Kindheit. Das Programm begann um die Mittagszeit mit der einen oder anderen Fremdsprachensendung, und dann kam Sesamstraße. Sogar meiner medienfeindlichen Mutter konnte man andrehen, dass diese Sendung lehrreich sei, und sowas durfte ich anschauen – obwohl ich eigentlich schon zu alt dafür war.

An diesen schönen Brauch möchte ich am heutigen Samstagnachmittag mit zwei lehrreichen Filmchen erinnern:

Der elektrische Reporter erklärt Nerds:

Elektrischer Reporter – Nerds: Weltretter mit Hornbrillen?

(„Internetausdrucker in der Politik“ gefällt mir sehr gut, weil es eine Entwicklungsstufe nach dem digitalen Analphabetismus bezeichnet und die Führungsposition der betreffenden Personen durchscheinen lässt.)

Eine sehr junge Björk wiederum erklärt Fernsehen und warum man eher dänischen Wissenschaftlern als isländischen Dichtern vertrauen sollte.

Granta 105, „Lost and Found“

Samstag, 11. April 2009

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Das Frühjahr-Granta war ein Genuss. Das Magazin nutzte das Thema „Lost and Found“ für schöne Geschichten, die meisten allerdings non-fiction. Ich hoffe, künftig gibt es wieder mehr Ausgedachtes – nicht dass ich ausgezeichneten Journalismus’ überdrüssig wäre, doch ich sehe Granta schon eher als Literaturzeitschrift.

Besonders aufgefallen sind mir zwei Artikel: Elisabeth Pisani hat von 1986 bis 1997 als Auslandskorrespondentin aus Indien, China, Indonesien, Vietnam und Kambodscha berichtet, vor allem für Reuters. Und sie erlebte vor 20 Jahren in China die Ereignisse auf dem Tiananmen-Platz. Den Jahrestag nimmt sie zum Anlass, ihre Erinnerungen daran zu hinterfragen, mit ihren Aufzeichnungen von damals und mit einer Veröffentlichung eines Reuters-Kollegen abzugleichen, der mit ihr auf dem Platz war. Daraus wurde ein aufschlussreiches Stück über die Unzuverlässigkeit von – auch journalistischer – Wahrnehmung und Erinnerung, die sich jeder Berichterstatter regelmäßig bewusst machen sollte. Und jede Leserin: Mir war nicht klar gewesen, wie riesig der Platz des himmlischen Friedens ist und welchen Aufwand die Reporter, Fotografen, Journalisten, Redaktionen damals betreiben mussten, um sich ein Bild von der Ereignissen machen zu können, um belastbar berichten zu können. Ganz abgesehen von dem Umstand, dass sie ohne die heute selbstverständliche Informationstechnik auskommen mussten.

Die zweite besonders bereichernde Geschichte war für mich Maurice Walshs Feature über die Lage katholischer Priester und der Priesterausbildung in Irland: Die Zahl der Priesterseminaristen ist dort in den vergangenen Jahrzehnten rapide gesunken – wie fast überall auf der Welt, doch das neben Polen katholischste Land Europas ist eine genauere Betrachtung wert. Walsh und seine Gesprächspartner führen das unter anderem darauf zurück, dass es neben Religion heute eine Vielzahl anderer Fluchtmöglichkeiten gibt – zumal die Zustände in Irland erheblich erträglicher geworden sind. Zu einem großen Teil aber auch darauf, dass die einst so enge Zuwendung zur katholischen Kirche in Irland durch die Fälle von Kindesmissbrauch durch Priester in den 90ern großen und vermutlich nicht wieder gut zu machenden Schaden genommen hat: Sie wurden nicht nur als Verfehlungen von Individuen wahrgenommen, sondern waren eine Desillusion über eine mächtige Institution und diejenigen, die sie als Vertrauenspersonen in die Gemeinden geschickt hatte. Maurice Walsh spricht mit Priestern und erzählt, wie sie unter anderem mit dem Umstand umgehen, dass heutzutage in jeder katholischen Kirche in Irland Zettel der örtlichen Polizei hängen, auf denen aufgefordert wird, jeden Fall von Kindesmissbrauch sofort zu melden.

(Als ich letzthin in einer Diskussion über den Moscheebau in Sendling schon wieder die hanebüchene Forderung hörte, hiesige muslimische Gemeinden sollten sich gefälligst öffentlich von allen islamistischen Gewalttaten distanziert, fragte ich mich, ob diese Forderer dann auch erwarten, dass sich die evangelische Gemeinde Karlshuld von Verfehlungen irischer Priester und deren Vertuschung durch ihre Vorgesetzten distanzieren muss, um sich entfalten zu dürfen.)

München erlaufen und erfressen

Freitag, 10. April 2009

Gestern nach drei Wochen Pause mal wieder Isarlauf, hach. Und das bei diesem Wetter!

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Wehr bei Maria Einsiedel

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Pullach

Mittagessen mit dem Mittagesser im Gewölbe des Zerwirk – aha, hier versteckt sich also das gute vegetarische Essen Münchens, sogar vegan, das ich bislang nur aus England kannte: Wraps, Suppen, Salate mit ungewöhnlichen Soßen, abgefahrene Mixgetränke. Und nur ein einziges Gericht mit Tofu. Kann mir jemand erklären, warum Tofu und vegetarische Ernährung hierzulande einander zu bedingen scheinen? Das tut weder dem Ruf des einen, noch dem des anderen gut. In England wird Tofu halt der asiatischen Küche zugeordnet – die ihn ganz wunderbar nutzt. Hier eine Apologie.

Ausflug in die Vergangenheit

Donnerstag, 9. April 2009

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Den gestrigen Urlaubstag genoss ich mit einem Ausflug in meine Studienstadt. Ich traf mich mit einer erst kürzlich zur Ex-Kollegin gewordenen Kollegin, die ebenfalls Urlaub hat, und holte die Übergabe ihrer Aufgaben nach. Und ich versuchte, sie bei dieser Gelegenheit zum Bloggen zu überreden: Die Dame wohnt in der Innenstadt und kennt sich dort bestens aus, hat zu jeder Ecke, zu jedem Laden, zu jeder Blumenrabatte etwas zu erzählen. Das könnte sie doch ins Internet tun. Außerdem ist sie Spezialistin für türkische Küche, klagt aber darüber, sie könne sich selten aufraffen, für sich allein zu kochen – auch hier könnte doch ein Blog motivieren. Mich würde das sehr freuen; bei einem Spaziergang über den wundervollen Stadtmarkt fiel ihr zu praktisch jedem der angebotenen Gemüsesorten eine Zubereitungsart ein.

Den Abend verbrachte ich mit dem Mitbewohner bei einem weinbegleiteten Menü im Restaurant Terrine. Die Empfehlung gilt weiterhin, und jetzt weiß ich, dass Avocado ganz wunderbar mit Wasabi harmoniert, Spinat überraschenderweise mit Brombeere. Beim Verlassen des Lokals trafen wir die Küchen-Crew beim Feierabendbierchen auf der Terrasse an und konnten uns persönlich für die Inspiration bedanken. Wie schön, dass es auf der Welt solche Spinner gibt.

Ein Tag wie aus einer Frauenzeitschrift

Mittwoch, 8. April 2009

Sonst hat mein Alltag sehr wenig mit den Themen in Hochglanz-Frauenzeitschriften zu tun.1 Mein gestriger Tag allerdings hätte dort prima hineingepasst.

Den Vormittag verbrachte ich mit Kuchenbacken. Nach einer Mahlzeit aus Orangen, Bananen und Hüttenkäse (ich habe derzeit einen ungeheuren Obst-Gieper) ging ich zur Kosmetikerin. Gesichtsbehandlungen kenne ich, diesmal aber gönnte ich mir zum ersten Mal im Leben auch Fußpflege. Einfach so. Weil ich Urlaub habe. Zunächst bekam ich ein mit Salzen versehenes und elektrisch gewurbeltes Fußbad. Dann beseitigte die Kosmetikerin Hornhaut mit elektrischen Bohrern und Feilen, bevor sie Nägel schnitt und Nagelhaut entfernte. Abschließend wurden meine Füße eingecremt. Sie fühlten sich so toll an und sahen so schön aus, dass ich sie eigentlich nie wieder in Schuhe stecken wollte.

Auch die ausgiebige Gesichtspflege genoss ich sehr. Diesmal hatte ich mir ganz fest vorgenommen mitzuzählen, wie viele verschiedenen Cremes, Milche, Masken und Tonics verwendet wurden, kam aber nach dem sechsten Durchgang durcheinander. Reinigungsmilch, Gesichtswasser, Peeling, Tonic, Gel, Dampf mit ätherischen Ölen, Serum, Massageöl, Gesichtswasser, Maske, Tonic, Creme – oder so ähnlich. Neu und besonders angenehm war mir, dass während des Einwirkens einer Maske Unterarme und Hände mit Creme massiert wurden.

Streichfähig entspannt nahm ich das nächste Projekt in Angriff: Jeanskauf. Um mit Hose UND intaktem Selbstwertgefühl heim zu kommen, steuerte ich den Konen an. Und kann hiermit berichten: Das Konen-Erlebnis funktioniert auch bei Jeans. Ich schilderte einer Verkäuferin inmitten von Jeansstapeln, so weit das Auge reichte, welche ich mir vorstellte: Bootcut (das heißt so und meint bequeme, gerade Hosenbeine), etwas tiefere Taille, dunkelblau, ohne Glitzer. Eins, zwei, drei hatte die Dame mir aus verschiedenen Stapeln einige Exemplare gezupft und führte mich damit in die Umkleidekabine. An dieser Stelle wird es immer kritisch: Was einem der Spiegel hier drin zeigt, kann jahrelange Psychotherapien zunichte machen. Aber, was soll ich sagen: Der Spiegel war sehr freundlich, keine der Jeans sah an mir entsetzlich aus, eine sogar richtig gut, und das zeitgenössische vanity sizing gaukelte mir vor, dass ich noch die selbe Jeansgröße trage wie vor 18 Jahren.

Eigentlich hätte das Frauenzeitschriftsfrauenstereotyp jetzt verlangt, dass ich in „Shopping“ ausbreche, bis ich mit fünf bis zehn Markentüten behängt seufzend in einem Straßencafé lande – aber das kann ich wirklich nicht. Außerdem hatte ich noch etwas vor: Zwei Stunden lustiges Steigen und Springen zu billiger Musik, genannt Stepaerobics. Welches ja doch wieder frauenzeitschriftkompatibel war.

  1. Apropos: Sein‘S ma net bös – der Tod der Amica war ja wohl eine Erlösung. Als sie ihrerzeit (Anfang 90er?) die Szene betrat, war ihr Konzept erfrischend: Sehr Heul-nicht-tu-was!-feministisch, voll Lebensfreude und neuer Magazinideen, komplett diätfrei, mit abgefahrenen Fotos – typisch damalige Milchstraße halt. Ich identifizierte mich sehr mit dem dargestellten Frauenbild. Burda machte daraus ein Hochglanz-Modeheft mit dem Tiefgang eines Papierschiffchens. []

Mehr schwere Speisen

Mittwoch, 8. April 2009

Also habe ich ein weiteres Rezept aus der wiedergefundenen Brigitte-Rezeptstrecke ausprobiert:

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Im Rezept war „Plattenfett (Kokosfett)“ angegeben, also griff ich, mit Palmin als Kokosfett sozialisiert, im Biosupermarkt nach dem ähnlich klingenden Produkt Palmo – das sich daheim als Palmfett herausstellte. Ich verwendete es dennoch (daring bakers or what?) .

Die Torte ist dicht und schwer, die Mandeln und das Zitronat – im alten Rezept heißt es noch „Sukkade“ – ergeben zusammen mit dem Rum und Zitronenschale im Teig eine schöne Fruchtigkeit. Der Kuchen selbst ist sehr wenig süß; das holt der Zuckerguss nach. Eine echte Entdeckung war das Bio-Zitronat: Beim Hacken war ich ganz berauscht von dem Aroma, das daraus aufstieg.

Hier steht das Rezept.

Sightseeing daheim

Dienstag, 7. April 2009

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Es war ein Münchner Taxifahrer, der mich auf die Idee brachte: Letzte Woche erzählte er mir auf einer längeren Strecke, dass er vergangenes Jahr einfach mal eine Sightseeing-Tour im Doppeldecker gemacht und dadurch einen ganz neuen Blick auf seine Heimatstadt bekommen habe. Großartig, da ich gerade Urlaub hatte, der Mitbewohner ebenfalls, und auch noch die Sonne schien, ließen wir uns also gestern (nach ausgiebigem Heben und Schwimmen – endlich wieder Sport!) gut zwei Stunden an frischer Luft durch München schaukeln – bis raus zum Nymphenburger Schloss und zum Olympiagelände. Allzu viel Neues erfuhr ich nicht aus den Erläuterungen der Reisebegleiterin, allerdings weiß ich jetzt, in welchem Gebäude am Königsplatz 1938 das Münchner Abkommen unterzeichnet wurde.

Tickets gibt’s gegenüber vom Hauptbahnhof; von dort fahren auch die Doppeldecker los.

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Das Wetter war herrlich, ich hatte daran gedacht, mich gründlich mit Sonnenmilch einzucremen, wunderbare Frühlingsluft umwehte uns.

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