Das große Dunkel

Mittwoch, 13. Mai 2009 um 18:03

In der New York Times: Daphne Merkins Einblick in die Welt der Depression (via fragmentes Gezwitscher).

the mask of all-rightness that every depressed person learns to wear in order to navigate the world

the fact that there is no way out of the reality of being you

(I have) talked about my wish to die the way other people might talk about their wish to find a lover

Much as we would like to explain clinical depression by making it either genetics or environment, bad wiring or bad nurturing, it is usually a combination of the two that sets the illness off.

The psychological pain was agonizing, but there was no way of proving it, no bleeding wounds to point to. How much simpler it would be all around if you could put your mind in a cast, like a broken ankle, and elicit murmurings of sympathy from other people instead of skepticism (“You can’t really be feeling as bad as all that”) and in some cases outright hostility (“Maybe if you stopped thinking about yourself so much . . . ”).

„Wer Depressionen hat, hat nicht genug echte Probleme“ kenne ich als beliebtes Vorurteil. Also fragte ich jemand, die sich mit sowas auskennt (ahäm…), ob es denn stimme, dass es in Krisen- und Katastrophenzeiten weniger Depressive gebe. Die Zahlen, so ihre Antwort, belegten tatsächlich weniger diagnostizierte Depressionen in äußerlich schweren Zeiten. Aber, so gab sie auch zu bedenken: Wenn jemand in schweren Zeiten psychisch leidet, werde das nicht hinterfragt, sondern als den Umständen angemessen hingenommen. Und wenn er sich das Leben nehme, werde auch dieses auf die Umstände zurückgeführt, nicht auf eine Erkrankung an Depression. Anders in scheinbar unbeschwerten Zeiten und Lebensumständen.

die Kaltmamsell

11 Kommentare zu „Das große Dunkel“

  1. croco meint:

    Ich weiß nicht, solche Aussagen sind mir zu pauschal.
    Depressionen haben eine starke kulturelle Abhängigkeit, so wie eben die daraus folgenden Selbstmordraten auch.
    Wer mag, kann hier Land um Land vergleichen. ( nur für Leute, die Statistiken mögen)
    Bei Island wird man sich wundern, die Wirtschaft boomte in den letzten Jahren.
    http://www.who.int/mental_health/prevention/suicide/country_reports/en/index.html
    Und in Irland bringen sich die Jungen um, anderswo die Alten.
    Ob es dann doch Abhängigkeiten vom Wetter gibt, oder von der Lichtdauer am Tag?
    Neueste Studien besagen, dass in solchen Ländern, in denen im Sommer die Sonne nie untergeht, im Sommer die schlimmst Zeit ist. Da wundert man sich doch!

  2. barbara meint:

    Meine Zustimmung findet folgender Satz: “eine Depression ist ein fucking event”.
    Zitat “Spiegel”, aus dem neuen Buch einer norwegischen Autorin. Tja, so habe ich es auch empfunden.

  3. lain meint:

    @barbara das ist der Opener in “Mängelexemplar” von der Frau Kuttner.
    Ich muss sagen für mich war das nie Event, da kann man nämlich freiwillig auch weggehen …

  4. dievommond meint:

    also ich ertrage kein allzu harmloses, reibungsloses und heiles Leben. Wenn ich mir dagegen irgendwelche Anstrengungen und Anforderungen zumute und mich in Arbeit stuerze, fuehle ich mich gut.

    Insofern glaube ich schon, dass in sogenannten schweren Zeiten Depressionen seltener auftreten.

  5. die Kaltmamsell meint:

    Allerdings, dievommond, haben die Krankheit Depression und sich mal nicht gut zu fühlen sehr wenig miteinander zu tun.

    Als “Event”, lain, konnte ich das auch nie sehen.

    Die individuellen Unterschiede der Erkrankung, croco, werden wohl immer mehr berücksichtigt. Als Ursache zeichnet sich die im zitierten Artikel genannte Mischung aus Veranlagung und äußeren Einflüssen ab. Auch die Volksmeinung, an Weihnachten und Silvester sei die Selbsttötungsrate am höchsten, ist falsch; in Deutschland (wie unter anderem in den USA) liegt die Spitze in den Sommermonaten. Eine mögliche Erklärung: Wenn das Wetter schön wird und die Temperaturen steigen und Depressive nicht mal dadurch Aufhellung erfahren, fallen sie in Aussichts- und Hoffnungslosigkeit.

  6. Hande meint:

    ******************KOMMENTAROMAT**********************

    Genau!

    *******************************************************

  7. Thea meint:

    Liebe Kaltmamsell, Ihrer letzten Anmerkung ist nichts hinzuzufügen. Grandios finde ich immer Anmerkungen von Experten – und Mitmenschen -, die noch nie eine Depression erlebt haben…

  8. Karl-Heinz Valtl meint:

    Ein sehr erhellender Dokumentarfilm zum Thema vom wunderbaren Stephen Fry:
    http://www.imdb.com/title/tt0808482/ .
    Als Buch ansonsten zu empfehlen: Kay Redfield Jamison – An unquiet mind; a memoir of moods and madness. Die Autorin ist eine der weltweit fuehrenden Spezialistinnen auf diesem Gebiet und leidet selbst an der Krankheit.

  9. walküre meint:

    Mich würde interessieren, ob es Statistiken gibt, die aufzeigen, wie in Mitteleuropa die Aufteilung zwischen depressiven Erkrankungen im städtischen und im ländlichen Bereich aussieht und hier wiederum auch das Verhältnis zwischen Depressionen bei Frauen und bei Männern.

    Die Akzeptanz dieser Erkrankung scheint mir jedenfalls im extrem ländlichen Bereich am wenigsten gegeben zu sein; ich erinnere mich an die völlige Verständnislosigkeit einer Runde von Frauen angesichts des Selbstmordes einer in der selben Gemeinde wie sie gelebt habenden Frau, die an einer bipolaren Störung gelitten hatte. Sie konnten partout nicht verstehen, dass jemand an einem Tag Bäume ausreißen könnte vor Energie und Lebensfreude, um einen Tag später in einen seelischen Abgrund zu stürzen, aus dem der einzige Ausweg Suizid zu sein scheint.

  10. Kai meint:

    Zwischen sich “depressiv fühlen” und an Depression erkrankt zu sein, ist ein Unterschied wie zwischen “grippalem Infekt” und Spanischer Grippe. Angefangen mit einer “simplen” Wochenbettdepression, ist diese seit nunmehr 10 Jahren unser ständiger Begleiter. Mit zahlreichen Höhen und Tiefen.
    Seitdem meine Frau aber akzeptierte, dass als organische Phänomen anzunehmen und bei den Antidepressiva zu bleiben, hat sie die Situation im Griff. Bisher ging allerdings jeder Versuch, die Medikation mit begleitender Therapie abzusetzen irgendwann schief.
    Zur Zeit unternimmt sie wieder einen Anlauf und ich werde mich auch diesmal nicht dagegenstellen, wenn meine Zuversicht auch nicht die Allerhöchste ist (wish us luck).

    Ein Event ist das aber ebenso sehr, wie ein Besuch von Attila und seinen Kumpels.

  11. Charlie meint:

    “Frühling und Sommer sind die dunklen Jahreszeiten für den Kranken, weil sich seine Stimmung, sein Zustand nicht aufhellt. Seine Tage werden jetzt unerträglich lang. Mit den zunehmenden Lichtstunden des Tages verdunkelt sich seine Seele immer mehr. Einzig ein Regentag schafft ein wenig Erleichterung, er nimmt das Bedrückende der Helligkeit, der Sonne, die der Kranke wie einen auf sich gerichtetetn Scheinwerfer empfindet, der ihn in seiner ganzen Lebensuntüchtigkeit preisgibt.”
    So treffend und einfühlsam geschrieben von Holger Reiners (erkrankt und befreit von Depressionen) in seinem Buch “Das heimatlose Ich”.
    Gerade dieser Abschnitt hat mir, als betroffene Angehörige, Zugang und -den Anfang von- Akzeptanz verschafft zu diesem Leiden.

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