Archiv für Mai 2009

Heute ist Rosentag

Donnerstag, 21. Mai 2009

Der Mitbewohner erzählt:

Wie ich Kaltmamsell kennen und lieben gelernt habe

Meine erste Erinnerung an Kaltmamsell ist im Arbeitszimmer der studentischen Hilfskräfte am Lehrstuhl für englische Literaturwissenschaft. Es muss spät im Herbst gewesen sein, da wir beide erst nach Semesteranfang am Lehrstuhl begonnen hatten. (Ich einige Tage oder Wochen vor ihr.) Aber es war noch ein sehr schöner Tag; die Sonne schien warm ins helle Zimmer. Kaltmamsell trug ein weißes Hemd und sah schön aus. Sie saß schon am Tisch und wir plauderten, ich auf der linken Seite des Zimmers, sie gegenüber.

Ich mochte sie. Sie war ein bisschen besserwisserisch und ich hatte mich, glaube ich, einige Male ein bisschen über sie geärgert. Aber sie war fröhlich, humorvoll und nahm die häufigen Diskussionen nicht zu ernst. Sie war ein gleichwertiger Diskussionspartner und das imponierte mir.

Im Laufe des Winters mochte ich sie dann immer mehr. Außerhalb der Universität hatten wir keinen Kontakt, an der Uni zeigte ich ihr meine Schätze, soweit das möglich war, zum Beispiel den David-Hockney-Band mit meinen Lieblings-Fotocollagen, auf den ich im Lauf einer Recherche für den Professor gestoßen war. (Gesucht war eine bestimmte Don-Quichote-Illustration.)

Ich weiß noch, dass über den Winter mein Interesse ein bisschen erkaltete. Warum? Ich weiß nicht mehr. Vermutlich allgemeine Winterträgheit. Bald darauf ging es aber wieder los. Ich weiß noch, dass ich im Frühling mit Freunden in Köln oder Düsseldorf war, andere Freunde besuchen. Von dort aus rief ich Kaltmamsell an – es muss einen Grund (oder Vorwand) dafür gegeben haben; ich weiß nicht mehr welchen. Dass ich in sie verliebt war, wusste ich damals schon, aber ich hatte es nicht eilig, ihr das zu sagen. Jedenfalls erfuhr ich bei dem Anruf, dass Kaltmamsell mich zum Frühstück eingeladen hatte, zusammen mit Freunden und Bekannten von ihr. Ich ging aus der Telefonzelle – Handys gab es damals noch nicht – und dachte: „Ja!“

Das Frühstück war sehr lecker, ich war sehr unauffällig. So unauffällig, wie ich war, fühlte ich mich gar nicht. Aber es stimmt, ich habe nett gelächelt und ansonsten kein Wort gesagt. Da waren aber auch lauter richtig interessante und wirklich coole Leute dort. Kreative, sprachgewandte, vielwissende. Mir geht es heute noch so: Wenn kluge Köpfe zusammensitzen, gehe ich davon aus, dass die alle viel Wichtigeres zu sagen habe als ich und dass ich nur störe. (Tatsächlich freuen die Klugen sich über Input von anderen, auch von mir. Aber verinnerlicht habe ich das noch nicht.)

Der nächste Schritt bestand darin, dass ich Kaltmamsell, U., F. und U.2 zum Pokern einlud. F. kannte ich von ein oder zwei Seminaren im Grundstudium. U. auch vom Grundstudium, aber woher genau? Ich hatte schon immer gerne Leute zu Besuch zu mir eingeladen, auch wenn ich noch bei meinen Eltern wohnte. Ich glaube, ich wäre nie auf die Idee gekommen, zu Kaltmamsell und den anderen zu sagen: kommt doch mal vorbei. Aber eigentlich wollte ich nur das. Also musste es Pokern sein. (Das war mehr als ein Jahrzehnt vor der allgemeinen Pokermanie in England und dann auch Deutschland.) U. war ein erfahrener Spieler, ich hatte wenig Erfahrung, die anderen gar keine. Ich hatte ein Einladungsheft gemacht, mit einer Kurzgeschichte von James Thurber drin, einem Cartoon, den Spielregeln, einem Überblick über die verschiedenen Blätter, einer Anfahrtsroute.

Es gab Nachos mit Guacamole, und wohl auch noch andere Sachen. Das Pokern machte viel Spaß, die Zeit verflog sehr rasch, plötzlich war es lang nach Mitternacht. U. fragte mich, ob diese Kaltmamsell – die er erst an diesem Abend richtig kennengelernt hatte, obwohl ich mich an gemeinsames Rauchen an der Uni erinnere – mit F. zusammen sei. Da dachte ich mir, dass ich rasch handeln sollte.

Am nächsten Tag nahm ich mir vor, Kaltmamsell meine Liebe zu gestehen. Am Vortag hatte ich überprüft, dass es in unserem Vorstadtviertel einen Blumenladen gab, und dass der Rosen führte. Also ging ich hin und kaufte dort die größte rote Rose, die ich jemals – auch seitdem – gesehen habe.

Warum so und nicht anders? Ich hatte die Zeit des Verliebtseins genossen, auch ohne dass Kaltmamsell davon wusste. Es war ein sehr schönes Gefühl gewesen, wie überhaupt der Frühling ein sehr schöner war. Aber das konnte ja nicht ewig so weiter gehen. Ich erwartete keine bestimmte Reaktion von Kaltmamsell. Sie konnte Ja sagen oder Nein, aber ich rechnete damit, dass unser unkompliziertes Verhältnis eben das danach nicht mehr sein würde. Also wollte ich die Sache möglichst dezent und unaufdringlich erledigen. Unaufdringlich konnte ich ja gut.

Also kaufte ich diese Rose und steckte sie in eine übergroße Plastiktüte. Ich fuhr nämlich mit der Straßenbahn durch die halbe Stadt und wollte auch nicht gleich mit der Rose ins Haus fallen. Ich trug ein grünes Hemd, ein sehr helles Olivgrün, das gut zu meinen Augen passte. Das wusste ich nicht, glaube ich, bis es mir Kaltmamsell gesagt hat. Darunter ein weißes T-Shirt, eine blaue Jeans, Turnschuhe. (Ich hatte mich kurzfristig gegen meine bunten Schuhe aus Brighton entschieden.) Eine Jacke? Keine Jacke, glaube ich. Aber eben die Plastiktüte mit der Rose.

Bei Kaltmamsell klingelte ich an der Tür, sie ließ mich etwas überrascht herein. Mittlerer Nachmittag. Was sie trug, weiß ich nicht mehr. Wir plauderten, ich weiß nicht worüber. Dann sagte ich, dass sie als Single ja sehr glücklich sei (das hatte Kaltmamsell gelegentlich betont), aber wenn sie des Single-Seins jemals überdrüssig werden sollte, stünde ich jederzeit zur Verfügung. Packte die Rose aus der Tasche, gab sie ihr. Wir müssen zwei, drei Sätze über das Thema gesprochen haben („Oh, ah, das ist aber… ich weiß gar nicht, was ich sagen soll“, vermutlich), danach machte ich weiter Smalltalk, vermutlich an das Gespräch zuvor anknüpfend. Darauf war ich besonders stolz, so ganz geschickt und nonchalant weiter über Pokern oder englische Literatur oder so etwas weiter zu plaudern. Dann empfahl ich mich.

Das alles dauerte etwa fünfundzwanzig Minuten. Wie gesagt, es sollte unaufdringlich sein. Danach war ich erleichtert. Die Antwort war kein deutliches Ja gewesen, also ein Nein, aber wir schieden freundlich, als wäre es nichts geschehen. Äußerlich zumindest, und das ist ja das Wichtigste. Dann kann man immer noch so tun, als wäre wirklich nichts geschehen. — So etwas habe ich übrigens nie davor oder danach gemacht. Aber ich hätte mir keinen anderen Rat gewusst. Wie sagt man vorsichtig, dass man verliebt ist?

Das muss ein Freitag gewesen sein. Am Montag kriegte ich dann einen Korb von Kaltmamsell. Den habe ich heute noch: Goldfarben, geflochten, vor allem gefüllt mit selbst gemachten Schokoladenerdbeeren. (Wie hat Kaltmamsell die nur kühl gehalten?) Zum Korb gab es, glaube ich, ein Briefchen, das ich auch noch in der Kiste mit Briefen von Kaltmamsell habe. Den Korb habe ich vorsichtig nach Hause transportiert – ich war mit Rollschuhen an der Uni gewesen.

Ja. Dann ging das so weiter. Wir waren freundlich zu einander und das Wetter war immer noch gut. Das nächste, an das ich mich erinnere, ist: Mit A. S. auf einer Bank vor seinem Haus zu sitzen und zu plaudern. Ich hatte Kaltmamsells Postkarte dabei: Kaltmamsell war nämlich in Wales und schickte mir eine sehr liebe Postkarte. Was draufstand, weiß ich nicht mehr (aber ich habe die Karte natürlich noch). Allein die Tatsache, dass es eine Postkarte war, versüßte mir das Leben schon sehr. Ich hatte keinesfalls die Hoffnung aufgegeben, dass aus Kaltmamsell und mir ein Paar werden würde, aber ich wollte ihr auf keinen Fall zu nahe rücken, sondern die von ihr gewollte Distanz wahren.

Wir gingen Cocktails trinken und pokerten. Saßen uns am Arbeitsplatz gegenüber, aber nie gemeinsam in einem Seminar. (Nur in einer Leserunde bei einem der Dozenten.)

Das ging soweit, dass sie mich dann schon sehr deutlich küssen musste, bis ich kapierte.

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Der Tag, an dem er mir die Rose brachte, war der 21. Mai 1993. Seither ist der 21. Mai Rosentag.

Nachtrag: An diesem Tag bekommt er für jedes Jahr eine Rose zurück – die größten, die ich finden kann.

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Mode marginal: Meine Kuverttasche von Antonetty

Mittwoch, 20. Mai 2009

Ich bin Ihnen noch eine Empfehlung schuldig. Zur Erinnerung: Zum 40. Geburtstag wollte ich mir von meiner Mutter eine Kuverttasche schenken lassen. Die Modelle, die mir die Münchner Innenstadt anbot, waren wenige und indiskutabel. Also ließ ich mir eine machen. Durch das Weihnachtsgeschäft dauerte es zwar etwas, bis die Tasche fertig war, ich hatte aber auch betont, dass es nicht eile.

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Seit über einem Jahr begleitet sie mich nun auf Theaterbesuche und in feine Restaurants. Sie macht ihre Sache ganz ausgezeichnet.

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Das Leder, das ich mir zusammen mit der Täschnerin aussuchte, sollte keine zu dominante Farbe haben. Und dann mochte ich schon immer diese sehr glatte Ledersorte mit ein wenig Knitter.

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Als Innenleder suchte ich mir dieses Weinrot-Lila mit ganz leichtem Metallic aus.

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Innen gibt es lediglich eine Unterteilung, die Schließe funktioniert magnetisch. Hinein passen bequem: Theaterkarte, Geldbörse, Taschentuch, Handy, Hausschlüssel, Tampon.
Diese handgefertigte, genau einmal auf der ganzen Welt existierende Tasche kostete damals 199 Euro. Somit sei empfohlen: Antonetty Lederwerkstatt.

(Besonderer Dank an den Waldmeister für seine Geduld als Farbtupfer auf den Bildern.)

Mode marginal: In die Arbeit radeln

Dienstag, 19. Mai 2009

Über meine anfangs helle Begeisterung fielen dann doch Schatten: Mit dem Rad in die Arbeit zu fahren ist nicht das reine Vergnügen. Das Radeln selbst durchaus: Morgenluft, Bewegung, schöne Ansichten – alles ganz herrlich, darauf will ich so selten wie möglich verzichten. Aber die Einbettung in den Arbeitstag liefert zahlreiche Herausforderungen, die sich um zwei Kernprobleme gruppieren: Schwitzen und Fahrtwind.

1. Schwitzen
Sobald ich mich mehr als einige Minuten schneller als sehr gemächlich bewege, schwitze ich. Das ist ein genetisches Erbe meines wunderbaren Herrn Papá, auf das ich sehr gerne verzichtet hätte (kam allerdings vermutlich im Paket mit seiner Habsburgernase, die ich nicht missen möchte). Die Auswirkungen auf ein 25-minütiges Radeln ins Büro sind leicht abzuschätzen. In der Morgenkühle komme ich zwar nicht patschnass wie nach einer Aerobicstunde an, aber feucht genug, um ohne Kleidungswechsel den ganzen Tag ein wenig zu müffeln. Zumal nach dem Ende der Fahrt der Fahrtwind wegfällt und meine Schweißdrüsen mindestens fünfzehn Minuten lang nochmal alles geben. Eine zweite Morgentoilette auf dem Büroklo ist unvermeidlich.

2. Fahrtwind
Meine Haare sind derzeit kinnlang, ihre Spitzen mit ein wenig Nachhelfen durch Rundbürste nach innen gebogen – ein Bob halt. 25 Minuten Wind von vorne verheeren diese Frisur komplett und drehen alles nach außen; im schlimmsten Fall (zum Beispiel nach einer Fahrt durch Morgennebel wie vergangenen Freitag) besteht mindestens eine Seite im Anschluss vollständig aus Herrenwinkern. Ich musste mir letzte Woche mehrere hämische „Oh, neue Frisur?“ anhören.
Zudem führt Fahrtwind zu Tränenfluss – der wiederum schlimme Dinge mit Augen-Makeup anrichtet.

Dazu kommen die Beschränkungen in der Kleidungswahl: Die meisten Röcke scheiden aus, denn ich will weder einhändig fahren, um einen weit flatternden Rock von Verwicklung in die Speichen abzuhalten, noch will ich einen gerade geschnittenen Rock zum Mikromini nach oben schieben. (Zu Studienzeiten hatte ich weder mit dem einen noch mit dem anderen ein Problem. Ich verweichliche.)

Heute entschied ich mich für das Extrem: kompletten Kleidungswechsel. Da ich nach der Arbeit ohnehin zum Turnen gehen will, zog ich Gymnastikhose und Sportoberteil an; das Bürokleid aus knitterarmem Jersey sowie das Jacket (heller, grober Bouclé, ebenfalls knitterfreundlich) steckte ich in meinen Sportrucksack. Dazu Kopftuch als Frisurschutz (rotgeblümte Seide, hatte ich mir während des Kreta-Urlaubs mit Muttern als Sonnenschutz beim Wandern gekauft) und Pumps. In Kombination mit den unterm Kopftuch hervorlugenden Perlenohrringen ein echtes Hammeroutfit. Der Sportrucksack enthält praktischerweise auch Pflegeartikel zur oberflächlichen Säuberung von Schweiß sowie zur Desodorierung.

Das Radeln in der Morgensonne war wieder wundervoll, beim Hereinkommen erkannten mich die Kolleginnen nicht, Umziehen und Frischmachen dauerten weniger als fünf Minuten, die Haare waren tatsächlich präsentabel geblieben. Mal sehen, ob ich bereit bin, diesen Aufwand täglich zu betreiben.

(Themenwunsch an Frauengazetten mit Modeteil: Büro-Outfits, die auch radeltauglich sind. Nein? Dann halt statt im Modeteil auf den Karriereseiten?)

Kindheit mit Raumschiff Enterprise

Montag, 18. Mai 2009

Raumschiff Enterprise gehörte also zu den ganz wenigen Fernsehsendungen, die meine Eltern mich als Kind anschauen ließen. Das prägte. Durch Enterprise-Schauen erlebte ich, wie wenig spannungsresistent ich bei Filmen bin: Drohte irgendetwas zu passieren, floh ich aus dem Wohnzimmer und linste am Türstock vorbei auf den Fernseher – ich konnte es einfach nicht mit ansehen. Später war mir diese Aufregung peinlich, und ich verließ in allzu spannenden (oder peinlichen) Szenen das Wohnzimmer unter einem Vorwand. Das mache ich bis heute so.

Außerdem spielte ich mit Schulfreundinnen Raumschiff Enterprise. Dafür bastelten wir uns zum Beispiel aus Alufolie Uhuras Hördings, Wasserpistolen mussten als Phaserkanonen herhalten. Die Außerirdischen wollte niemand sein, also stellten wir sie uns vor. Besonders anstrengend war die Rolle Spocks, denn die Darstellerin musste sich ständig wissenschaftlich klingenden Gobbledygook ausdenken.

Das Wichtigste aber: Meine Schulfreundin Babsi und ich lernten von Raumschiff Enterprise Beamen. Die entlegensten Räume an unserer Schule waren das Kunsterziehungszimmer unterm Dach und die Turnhalle im zweiten Untergeschoß eines Anbaus. Der Weg dorthin kam uns bei Stundenwechsel immer endlos vor, vor allem, wenn Sport direkt auf Kunstunterricht folgte. Es war also nur logisch (!), dass wir beschlossen, ans Ziel zu beamen. Dazu musste man ganz, ganz, ganz schnell die Treppen hoch oder runter rennen und dabei ganz, ganz, ganz schnell „krisel, krisel, krisel…“ sagen – letzteres war die lautmalerische Übertragung der Glitzerpunkte, in die sich die Personen im Transporterraum auflösten. Und was soll ich sagen: Wir kamen jedesmal unglaublich schnell und dennoch in einem Stück an.

Der Kinosessel neben meinem

Sonntag, 17. Mai 2009

Links auf dem Armaturenbrett seines roten Golfs klebte ein winziges Modell der USS Enterprise (er hatte aus hochkomplizierten Erbschaftsgründen seine rote Ente gegen diesen gebrauchten Golf des Onkels eintauschen müssen – seine rote Ente, in der ich Entenfahren gelernt hatte und auf deren Fahrertür ganzflächig das Ghostbusters-Logo geklebt hatte).

Zusammen sahen wir auf seinem Fernseher die Star-Trek-Videos (original series), die mir die Eltern meiner englischen Freundin Helene im englischen Fernsehen aufnahmen und per Post schickten (Originalsprachliches zu bekommen war in den frühen 90ern noch ausgesprochen anstrengend) – sogar die damals noch nie in Deutschland ausgestrahlte Doppelfolge „Patterns of Force“. Ich hatte ja keinen Fernseher, so war ich für das Füllen meiner Film- und Fernsehbildungslücken auf seinen angewiesen. Und auf ihn. Selbst, wenn es um Raumschiff Enterprise ging, das aus immer noch nicht ganz geklärten Gründen zu den wenigen Sendungen gehörte, die meine Eltern mich als Kind anschauen ließen.

Bevor es auch nur als Frage in Trivial Pursuit auftauchte, wusste er schon, was das T in James T. Kirk bedeutete.

Wir waren in unserem Studienjahr (plus you know who you are) möglicherweise die einzigen, die über Douglas Adams’ „to boldly split infinitives“ herzlich lachten.

Er brachte mir Next Generation nahe, ebenfalls auf seinem Fernsehgerät, auch wenn ich seinen Crush auf Dr. Crusher nie so ganz nachvollziehen konnte. Und er behauptete mehrfach, ich hätte was von Whoopi Goldbergs Guinan.

Als ich mir Star-Trek-Sounds als Signaltöne auf meinem Agenturrechner installierte („Engage!“), lebte er bereits in Amerika.

Gestern hätte er beim Star Trek-Schauen sowas von auf den Sitz neben mir im Cinema gehört – von mir aus auch ein paar Reihen weiter vorne als ich das normalerweise mag. Ich habe ihn schrecklich vermisst und hoffe, ich finde wenigstens heraus, ob ihm der Film gefallen hat.

(Mir schon – ich verweise mal wieder auf Anke Gröners Besprechung. Scotty war klasse eingeführt und Chekov mochte ich ganz besonders. Zwengs meiner hätten sie allerdings die letzte Doppelspock-Szene rauslassen können.)

Sportreport

Freitag, 15. Mai 2009

Es hilft nicht, einfach zu beschließen, keine schlechte Laune zu haben, nicht gereizt zu sein, nicht die Welt in jedem Detail gegen sich zu sehen. Zumindest nicht mir. Und so scheint sich derzeit selbst sportliche Tätigkeit gegen mich gewendet zu haben. (Es folgt banales Ventilieren von Genervtheit, Sie können gerne erst morgen oder übermorgen wieder reinlesen.)

Dabei hatte ich mich gestern am Ende des Arbeitstages sogar noch gefreut, dass ich tatsächlich Lust hatte, Schwimmen zu gehen und das Sportzeug nicht mit einem „Ach nee“ ungenutzt zurück nach Hause trug. Doch dann brauchte ich im strömenden Regen schon mal eine knappe Stunde von Büro zu Schwimmbad, was ohne Busverspätung eine Strecke von 20 bis 30 Minuten ist. Jegliche Restgelassenheit wurde von der gereizten Stimmung unter den dicht gepferchten, feuchten Mitreisenden verjagt („Jetza tuan’S hoit Ihr Tasch’n da weg!“ „Könnten’Se vielleicht mal rücken?“ „Mit dem Bierkasten da geht die Tür nie zu!“ „I war z’erst da!“). Auf einer Teilstrecke summierte sich die Zahl der Kinderwagen auf sechs, deren Insassen ähnliche Laune wie die großen Passagiere hatten. Ich versuchte mich daran zu erfreuen, dass eine Mutter ihr Kind durch das Lala-Vorsingen des Walzers „An der schönen blauen Donau“ aufzumuntern versuchte – vergeblich.

Mit dem gestrigen Schwumm hatte ich die abendliche Sportmöglichkeit im Nordbad erkunden wollen, und ich nehme es gleich mal vorweg: Bleiben lassen! Dass der Automat meinen Zehn-Euro-Schein nicht annahm und ich mich in die Schlange an der Kasse einreihen musste (direkt vor mir selbst-ver-ständlich eine Vierergruppe, die sich ausführlich Tarifsystem und Zahlungsoptionen erläutern ließ) – geschenkt, das hätte auch am Wochenende passieren können. Steigerte dennoch meine Gereiztheit. Und als ich die Schwimmhalle betrat, musste ich alle Hoffnung auf Sport fahren lassen: Zwei Bahnen waren für Wasserspinner abgetrennt (dafür werden Trimmdichräder ins stehflache Wasser gestellt, ein Lautsprecher ist neben dem Becken aufgebaut, und dann radeln Menschen im Wasser zu Musik und Anweisung – wer’s nicht mit eigenen Augen gesehen hat, kann es kaum glauben), die restlichen vier Bahnen waren schwarz vor Menschen. Darunter zu einem Drittel Herumsteher und -hänger, zu einem Drittel Schwimmsimulanten (gibt es möglicherweise eine Sportart, die Aquajoggen und Brustschwimmen kreuzt?), zu einem letzten Drittel Schwimmer. Das Resultat war Krieg. Ich trug sogar Schrammen als Beweis davon, denn eine ausholende Schwimmsimulantin war mit ihrer gesamten Aussteuer in Form von Goldschmuck an Ohren, Hals, Handgelenken und Fingern ausgestattet.

Endlich ging die Wasserspinnerstunde zu Ende, eine weitere Bahn wurde freigegeben. Dort sammelten sich schnell ein paar Schwimmer, die wir ganz gut miteinander zurecht kamen. Ich hatte sogar genug Ruhe, mich über den Herrn zu amüsieren, der in Haifischhaut-Schwimmanzug von Hals bis Knie antrat, um dann doch nur alle fünf Minuten eine Bahn Strampeln und Spritzen zu absolvieren (er hielt das wahrscheinlich für Kraulen). Bis ich einen Krampf in den Zehen und der linken Wade bekam. Wie viel Magnesium soll ich zum Henker noch in mich schütten? Das war’s dann aber wirklich: Nach gerade mal 2000 Metern und einer Dreiviertelstunde gab ich entnervt und erzürnt auf.

Dass mir beim Anziehen der Hosenbund riss? Nicht lustig. Dass ich drei Föne in die Hand nehmen musste, bis ich an einen funktionierenden geriet? Eh klar.

Einen Versuch unternahm die Welt allerdings noch, mich auszusöhnen: Beim Verlassen des Gebäudes hielt mir ein junger Mann in Kapuzenpullover und mit strahelnd blauen Augen von ganz weit die schwere Messingtür auf. Ich musste lachen und dankte ihm herzlich. Worauf er artig sagte: „Sehr gerne. Auf Wiedersehen.“

Warum ich derzeit keinen rechten Spaß am Turnen im Fitnessstudio habe sowie meine vielen, herzzerreißenden Probleme beim Radeln in die Arbeit jammere ich Ihnen wann anders vor.

Das große Dunkel

Mittwoch, 13. Mai 2009

In der New York Times: Daphne Merkins Einblick in die Welt der Depression (via fragmentes Gezwitscher).

the mask of all-rightness that every depressed person learns to wear in order to navigate the world

the fact that there is no way out of the reality of being you

(I have) talked about my wish to die the way other people might talk about their wish to find a lover

Much as we would like to explain clinical depression by making it either genetics or environment, bad wiring or bad nurturing, it is usually a combination of the two that sets the illness off.

The psychological pain was agonizing, but there was no way of proving it, no bleeding wounds to point to. How much simpler it would be all around if you could put your mind in a cast, like a broken ankle, and elicit murmurings of sympathy from other people instead of skepticism (“You can’t really be feeling as bad as all that”) and in some cases outright hostility (“Maybe if you stopped thinking about yourself so much . . . ”).

„Wer Depressionen hat, hat nicht genug echte Probleme“ kenne ich als beliebtes Vorurteil. Also fragte ich jemand, die sich mit sowas auskennt (ahäm…), ob es denn stimme, dass es in Krisen- und Katastrophenzeiten weniger Depressive gebe. Die Zahlen, so ihre Antwort, belegten tatsächlich weniger diagnostizierte Depressionen in äußerlich schweren Zeiten. Aber, so gab sie auch zu bedenken: Wenn jemand in schweren Zeiten psychisch leidet, werde das nicht hinterfragt, sondern als den Umständen angemessen hingenommen. Und wenn er sich das Leben nehme, werde auch dieses auf die Umstände zurückgeführt, nicht auf eine Erkrankung an Depression. Anders in scheinbar unbeschwerten Zeiten und Lebensumständen.