Gemalert
Sonntag, 26. Juli 2009 um 10:05Seit gut zehn Jahren leben wir in dieser Wohnung, die wir beim Einzug einmal durchgeweißelt hatten, seit zwei Jahren ist mir klar, dass sie dringend gestrichen gehört. Einschließlich der schönen alten Türen, die schon unsere Vormieter vor 20 Jahren so übernommen hatten.
Es dauerte allerdings bis vergangene Woche, dass ich den von einer Freundin empfohlenen Maler (gibt es eine andere Methode, an verlässliche Handwerker zu kommen? Suchen die Leute ernsthaft bei Kwüpe?) anrief. Der schon am Tag darauf zum Gucken vorbeischaute („Wollen Sie gleich in der Früh kommen? – „Früh heißt bei mir ummara sechse.“ Wir einigten uns auf halb sieben.) und schon am gestrigen Samstag für den ersten Teil, also Esszimmer und Küche, zum Malern kam.
Für mich war das eine Premiere: Ich habe bisher immer selbst gestrichen, und es hat mir sogar Freude bereitet. Doch ein Großteil dieser Freude rührte daher, dass es sich bisher immer um unbewohnte Räume gehandelt hatte. Zudem kommt das Lackieren alter Kassettentüren und -rahmen schon sehr nahe ans Basteln, für das ich überhaupt kein Geschick habe. Warum also mich abplagen und Pfusch riskieren, wenn es Profis gibt, die das gegen Geld und sauber machen?
Ab sieben hatten wir also den Maler im Haus, einen sehr freundlichen, nicht mehr ganz jungen Urmünchner (aufgewachsen in Altschwabing), dessen Äußeres mich sofort eine Vergangenheit als Surfer vermuten ließ: Lange, teils sonnengebleichte Haare, unzählige Lachgrübchen, drahtige Figur mit vielen modischen Tätowierungen, zugewandter Blick. Er ließ sich Kaffee und Wasser anbieten, unterhielt sich gerne über die verschiedenen Gegenden Münchens, erzählte von Familie und Maltechnik.
Ein Handwerker im Haus verunsichert mich immer: Soll ich Brotzeit anbieten? Konversation machen? Nur hin und wieder vorbeischauen? Unser Maler ging selbsttätig in der Nähe Mittagessen, nachmittags ein wenig Luft schnappen im nahen Park. Das angebotene Leitungswasser (wir haben nur bei Besuch Flaschenwasser im Haus) akzeptierte er zwar, trank aber kaum aus seinem Glas, also besorgte ich auf meiner Einkaufstour lieber eine Flasche Sprudel. Die er dann schnell leerte. Hin und wieder vorbeischauen war richtig, bei diesen Gelegenheiten konnte er Vorschläge unterbreiten, nach Werkzeug fragen.
Was ich einfach nicht fertig bringe, ist das Handwerker-Du (genauso wenig wie das angeblich selbstverständliche Du im Web). Der Herr war mir nur als „da Päda“ (hdt. der Peter) empfohlen worden, nannte mir aber beim ersten Händeschütteln glücklicherweise seinen Nachnamen. Den gestrigen Tag über siezte ich ihn – das ist für mich halt der naheliegende Umgang zwischen erwachsenen Leuten, zumal in einer geschäftlichen Beziehung. Er schien ein wenig irritiert und umging die direkte Anrede weitgehend.
Um vier war Herr Maler mit dem vereinbarten Pensum inklusive Fenster innen und Zwischentüre fertig. Alles zu meiner Zufriedenheit. Nebeneffekt: Wir hatten die Küche ausgeräumt und bei dieser Gelegenheit Oberflächen von Fett und teilweise dem Staub von zehn Jahren befreit – meine Mutter weist bei Besuchen zurecht auf die mangelnde Sorgfalt unserer Putzmänner hin.
Dass ich um legale Bezahlung und Rechnung ausdrücklich würde bitten müssen, hatte ich mir schon gedacht: „Des is aba dann mit Steuer!“ machte mich der Maler pflichtbewusst aufmerksam. In zehn Tagen geht es weiter.
die Kaltmamsell9 Kommentare zu „Gemalert“
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26. Juli 2009 um 11:58
Ich bin auch schon längst der Meinung, dass Profis besser malern als wir selbst. Es geht auch viel schneller, die Stimmung im Haus ist längst nicht so genervt, als wenn man selbst zum Pinsel greift. Bei uns werden Brotzeit und Getränke immer abgelehnt, man hat ja selbst vorgesorgt. Aber ich habe Probleme, wenn andere für uns schuften, dann nehme ich mir irgendwelche Bügel- oder Flickarbeiten vor, damit es nicht so aussieht, als ob man faul wäre. Eifriges Gehacke in den Computer täuscht auch Arbeit vor.
26. Juli 2009 um 22:53
Keine Sorge bezüglich des “Du”.
Handwerker untereinander (mehrere Gewerke auf einer Baustelle) du-zen sich grundsätzlich immer; von Kunden werden wir aber ebenso grundsätzlich immer ge-sie-zt. Das ist nicht ungewöhnlich, und sollte dem Peter keine schlaflosen Nächte bereiten.
27. Juli 2009 um 12:29
Sie haben recht. Für meine Begriffe verhält es sich mit dem Selber-Ausmalen genauso wie mit Selbstbaumöbeln: In den ersten eigenen vier Wänden ist man von dieser Idee nicht nur aus materiellen Gründen vollauf begeistert, im nächsten Domizil auch noch irgendwie – und dann ists bei den meisten Leuten vorbei mit der Idee des Heimwerkens, zumindest, wenn es sich um größere Arbeiten handelt.
Wenn bei uns Handwerker oder Monteure im Haus sind, erkundige ich mich, ob Limo, Kaffee, Mineralwasser gewünscht werden; im städtischen Bereich versorgen sich die Leute meist selber mit Verpflegung, am Land hatte ich stets nach vorheriger Rückfrage für ein Essen gesorgt. Ich käme mir schäbig vor, Handwerkern weder Speis noch Trank anzubieten; in dem Landstrich, aus dem ich komme, gab es früher verhältnismäßig viele wirklich reiche Bauern, und mir ist immer in Erinnerung geblieben, wie ein Verwandter einmal erzählte (Er war nicht der einzige, dem solches widerfuhr !), dass er mit seinen Kollegen an einem glühendheißen Tag auf einem solchen Bauernhof arbeitete. Außenarbeiten, wohlgemerkt. Von den Bauersleuten wurde ihnen nicht einmal Brunnenwasser angeboten.
27. Juli 2009 um 17:35
Liebe Frau Kaltmamsell,
ich sehe, dass Sie “Gut gegen Nordwind” lesen, und ich möchte Ihnen doch dringend empfehlen es zu hören. Ich habe den ersten Teil nur gehört und den Zweiten gelesen, da es noch kein Hörbuch gab (gibt?).
Und hören war einfach besser
Das kongeniale Schauspielerehepaar A. Sawatzki und C. Berkel lesen es sooo gut vor, so gut kann man es sich gar nicht “imaginieren”, zumindest ich nicht.
27. Juli 2009 um 19:00
Der Haken, Petra_S, ist mein Problem mit Hörbüchern, praktischer Art (wann, wie und wo soll ich hörenlesen? was dann auch noch etwa viermal so lange dauert wie selbstlesen?) und ideeller (ist das auch wirklich das ganze Buch?). Vielleicht wird es ja mal als Theaterstück inszeniert, das kann ich mir wiederum gut vorstellen.
27. Juli 2009 um 19:14
Schließe mich Petra_S an, ist bis heute mein einziges Hörbuch und ich hab es absolut nicht bereut. Mittlerweile aber weiterverschenkt (die Beschenkte war ebenfalls sehr begeistert) und selber nur noch auf meinem iPod, den ich allerdings gerne zum Probehören ausleihen könnte ;)
Der zweite Teil ist übrigens auch als Hörbuch (natürlich mit Sawatzki/Berkel) erhältlich, heb ich mir für den nächsten Urlaub auf…
28. Juli 2009 um 9:39
das Theaterstück gibt es schon. Derzeit wohl in Wien, soll aber auch nach Deutschland kommen. Info aus dem Verlagsgetwitter in Sachen Glattauer
28. Juli 2009 um 12:50
Viele Kunstmaler wären froh, wenn er so viele Gedanken und Diskussionen mit seinen Werken auslösen würde wie dieser Handwerker mit Deinen Wänden. Erinnert mich ein bisschen an diese Cola Light Werbung, als die ganze (weibliche) IT-Belegschaft ins Schwelgen kam, wenn der gut gebaute Getränkelieferant von der Straße kam.
4. August 2009 um 15:48
Wir sind auch der Meinung, dass es viele Vorteile mit sich bringt, wenn man einen Profi anheuert, wenn es ums Streichen geht; denn vor allem das “sich-um-nichts-kümmern” ist wohl elementar, bei dieser Entscheidung. Schließlich kann man seinem ganz “normalen” Alltag nachgehen, während die Malerarbeiten verrichtet werden. Weiter dürfte in der Regel das Ergebnis der Arbeit besser ausfallen, als bei Eigenregie.