G‘wuisl

Samstag, 1. August 2009 um 14:34

Sie steckte sehr wahrscheinlich wieder im dritten Glas Wein, die Drecksmigräne. Und obwohl ich das doch weiß, musste ich es unbedingt trinken, wollte die eine stärkere Stufe der Alkoholisierung spüren.

Ins Bett schon um zehn – diese Woche hat mich wirklich fertiggemacht. Aufgewacht um vier von einem Schmerz, als stecke mir ein Hackebeil quer in der Stirn. Zwei Paracetamol eingenommen in der lächerlichen Hoffnung, ich käme diesmal mit einem schlichten Kater davon. Doch dann rollte die überwältigende Übelkeit an: Nix Kater, hier ist Meisterin Migräne. Ab fünf mehrfach Rekordzeiten auf der Strecke Schlafzimmer – Klo ertrabt: Alles muss raus, egal in welche Richtung. Wahrgenommen, dass meine Haare fast schon so lang sind, dass ich sie mir aus dem Gesicht halten muss. Im Bett Schwimmen in den verschieden hohen Wellen der Übelkeit, mal wacher, mal weniger wach. Warten auf den Moment, in dem sich der Würgegriff endlich lockert, und ich in komatösen Schlaf falle. Krämpfe in Wade und Zehen. Wenigstens hin und wieder einen Schluck Wasser zum Drinbleiben einladen.

Währenddessen bereits die Trauer, dass ich den angekündigten Hochsommertag also nicht für eine Schwimmrunde im Schyrenbad werde nutzen können, die Frühstücksverabredung werde absagen müssen. Gleichzeitig aber auch das beruhigende Wissen, dass die Attacke ein Ende haben wird, dass meine Qual auf Stunden begrenzt ist.

Abwechselnd Blutleere mit Schweißausbrüchen, hochrote Hitze, frostiges Schütteln – alle Sorten von Bettdecken werden genutzt, vom Sommertuch bis zum Federbett inklusive Bademantel.

Diesmal ist es schon zehn, als der Aufruhr sich endlich legt, ich entspanne und in den Schlaf falle.

Die Kirchturmuhr schlägt zwei Uhr, als ich daraus erwache und mich wieder zu den Gesunden zähle. Nie wieder ein drittes Glas Wein.

die Kaltmamsell

8 Kommentare zu „G‘wuisl“

  1. Nathalie meint:

    Nie wieder?

  2. die Kaltmamsell meint:

    … bis zum nächsten Mal…

  3. Sanníe meint:

    Jahrelang habe ich auf wohlmeinende Ratschläge gehört: “Nicht immer gleich Medikamente”, lieber “erstmal abwarten”, aber warum soll ich mich quälen?

    Ich nehme jetzt doch meistens rechtzeitig en Schmerzmittel und was gegen Übelkeit, in dem Stadium, das Sie da bereits erreicht hatten, am besten Vomex als Zäpfchen. Danach schläft man auch gut.

    Einen schönen Restsamstag, trotzdem!

  4. die Kaltmamsell meint:

    Oh, ich bin sehr für Medikamente, Sanníe, gerne auch gleich – doch leider haben weder Schmerzmittel (inklusive Formigran) noch Vomex bei mir irgendeine Wirkung. Ich könnte natürlich auch mal zum Arzt gehen. Aber ich schäme mich, weil der doch sicher einfach sagen wird: “Dann saufen’S halt nicht.”
    Viel mehr als Rumdämmern werde ich heute wohl nicht mehr.

  5. Sigourney meint:

    Wenn Formigran nicht wirkt – bei mir auch nicht – dann durch die anderen Triptane durchprobieren (die gibt es aber nur auf Rezept). Es ist keine PR Masche, dass es viele verschiedene gibt, es gibt verschiedene Rezeptor-Subtypen, das eine Triptan kann wirkungslos bleiben (bindet halt nicht an den Rezeptor) und das andere schlägt an. Es gibt echte Schmerzspezialisten, die haben davon auch Ahnung, und können beim systematischen Durchtesten helfen. Hier findet man den nächstgelegenen:
    http://www.dmkg.de/links/plz80.html
    Und die sagen nicht, man solle nicht saufen (3 Gläser Wein sind auch nicht Saufen), sondern helfen einem.
    Seit ich bei einer Schmerzspezialistin in Behandlung bin, entgeht mir kein Tag mehr, höchstens mal eine Stunde bis es wieder gut ist (und dann gehe ich joggen, das meine ich mit “wieder gut”). Bei mir hilft Imigran (Wirkstoff Sumatriptan). Bei einer Bekannten dagegen Maxalt + im Nachgang ein normales Schmerzmittel (für den “Wiederkehrkopfschmerz”), auch sie hat das erst zusammen mit einer Spezialistin herausgefunden und sich vorher lange gequält.

  6. Constantia meint:

    Da kann ich nur Sigourney unterstützen.
    Ich habe seit meiner Kindheit Migräne und ich bin auch seitdem ich Imigran bekomme innerhalb einer Stunde schmerzfrei. Von Imigran gibt es inzwischen Generika, so dass ein Migräneanfall jetzt unter 4 EUR kostet…
    Was ich nicht nachvollziehen kann, ist dass man lieber leidet, als zu einem Arzt zu gehen, wenn man wirklich Migräne hat. So masochistisch bin ich nicht veranlagt.
    Ich habe auch noch nie erlebt, dass ein Arzt mir irgendwelche Vorhaltungen wegen Essen oder Trinken bezüglich der Migräneanfälle gemacht hat. Dazu gibt es viel zu viele Auslöser und es muss gar nicht der Wein sein, sondern es kann auch etwas ganz anderes sein.
    Also bitte von der Vorstellung, der Arzt würde einen verurteilen herunterkommen und was unternehmen. Migräne ist es nicht wert, dass sie einem kostbare Lebenszeit nimmt.

  7. croco meint:

    Oh, Schwester im Geiste!
    Mich hat es gestern auch erwischt.
    Allerdings ohne Alkohol, ohne Grund.
    Vielleicht war es das Wetter, der schwankende Luftdruck.
    Jedenfalls helfen mir die kleinen Ascotops, die man dann kaum auf dem Badezimmerboden findet, wenn man mit den zittrigen Migränefingern die Packung aufdrückt.

  8. Stefanie meint:

    Ich hab sie auch, die böse. Auch schon seit Kindheit. Habe vor etwa 3 Jahren 10 Sitzungen Akkupunktur gesessen. Seither ist es um so viel besser, die Attacken weniger lang und weniger heftig. Spalt Migräne, rechtzeitig eingenommen, reicht jetzt aus um die Anfälle komplett zu verhindern.

    Und dann befolge ich auch den weisen Rat eines ebenfalls Migränegeplagten: Im Sommer Weißwein trinken, Rotwein lieber sowieso meiden und wenn, dann nur im Winter trinken. Verstehen muss man es nicht – aber es tut!

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