Archiv für September 2009

Mit toten Tieren durch das Jahr – Ausgabe Brighton

Montag, 7. September 2009

Nachdem Herr kid37 seine denkwürdige Serie “Mit toten Tieren durch das Jahr” eben erst hat wiederaufleben lassen, kann ich noch viel weniger an solchen vorbeilaufen, ohne sie zu fotografieren.

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Hier ist Sommer; ich bin froh, dass das Schlafzimmer unseres Ferienappartements nach Norden geht und sich tagsüber nicht aufheizt.

Gestern Abend sendete BBC2 wie angekündigt die Neuauflage von Last Chance to See, was ein wenig – wie soll ich sagen – enttäuschend war. Es mag ja daran gelegen haben, dass in der direkt davor gesendeten Folge von Top Gear atemberaubende Aufnahmen der Alpen zu sehen waren, doch filmisch hatte ich mir von Last Chance to See mehr erwartet. Die Folge enthielt auch erheblich weniger zoologische Information als ich das aus dem Douglas-Adams-Buch gewohnt bin (warum ist der rosa Delphin im Amazonas rosa? nur als Beispiel). Zudem hätte mich interessiert, wer da gefilmt hat, wer das Mikro hielt – bei dieser Art Dokumentation gehört es für mich dazu, den Prozess des Dokumentierens transparent zu machen und nicht so zu tun, als seien die beiden zentralen Figuren ganz allein unterwegs. (Oder bin ich zu sehr von Gernstl geprägt?)

Heute Morgen habe ich Siri Hustvedts The Sorrows of an American ausgelesen (schaffe es im Moment nicht, die Spalte links aktuell zu halten) und ebenso sehr gemocht wie What I loved, finde es sogar noch besser geschrieben. Bin ins Nachdenken über Erinnerungen geraten. Warum mir zum Beispiel aus bestimmten Lebensabschnitten Menschen ganz besonders in Erinnerung geblieben sind, die mich zu der Zeit gar nicht besonders berührten, und ich immer wieder an sie denken muss. Als Faktenquelle sind sie sehr unzuverlässig, unsere Erinnerungen, aber die Gefühle, die wir mit ihnen verbinden, bedeuten viel.

Neben der Norm

Samstag, 5. September 2009

Wenn Sie, wie ich, ein Faible für schöne alte Leute haben, lassen Sie sich nochmal ausdrücklich das Modeblog Advanced Style empfehlen.

Meine aktuellen Lieblinge sind Fania (der Hut!), Sarah und diese Dame von der Upper West Side.

Selbst bin ich eine Woche in Brighton, ohne meine Internetmöglichkeiten abschätzen zu können.

Zumutungen

Donnerstag, 3. September 2009

So banal es klingt: Die meisten Dinge sind ganz schön komplex, wenn nicht sogar kompliziert.

Da wird in einem „Wellness-Hotel“ ein schlaganfallgeschädigter Urlauber gebeten, die Sauna nicht mehr zu nutzen: Andere Hotelgäste hätten sich beschwert.

Ein schwer erträgliches Argument des Hotelchefs ist laut Zeitungsbericht: „Ich an seiner Stelle würde anderen den Anblick dieses schlimmen Schicksals nicht zumuten wollen.“

Auch mein Puls steigt als Reaktion sprunghaft, und mein böses Hirn bietet mir den unsachlichen Vergleich an, dass die Mitgliedschaft in einem rheinischen Kegelklub ein erheblich schlimmeres Schicksal ist, dessen Anblick eine Hotelleitung aber sicher nicht als Zumutung bezeichnen würde. Für mich ist diese Haltung eine Fortsetzung des Eigen- und Fremdanspruchs an körperliche Perfektion – siehe die neue Scham im Fitnessstudio.

Doch dann fällt mir das jüngste Blogposting von Allrighttit Lisa ein. Darin beschreibt sie ihre Gefühle in der Umkleide ihres Fitnessstudios – die genau das Gegenteil von meinen sind:

Apologies if this applies to you, but what is it with those women who parade around naked, admiring themselves in the mirror? The other day I threw my head back after drying the underneath of my hair, and discovered that the woman combing her locks beside me was starkers; flaunting her perfect tits in my face like a supermodel at fat camp. ‘Oh ferchrissake, I could do without having to look at that,’ I muttered quietly under my breath, wiping unwanted hair mousse down the front of my leggings as I walked away. ‘Some of us haven’t got tits worthy of public attention. It shouldn’t be allowed.’
(…)
Looking back across the changing room, I realised it was the same woman who’d frowned in my direction as I put my covert-changing plan into effect: pull knickers on underneath the towel, fasten bra over the towel, pull my top over it, then lose the towel in exchange for my leggings. Done. It’s a routine I perfected as a kid, way before I had a fake boob, tattooed nipple and visible surgery scars to worry about.
(…)
Since then, I’ve been similarly subtle in changing rooms. And not always out of coyness – more out of respect for my fellow changees. Because really, even if I did have a stomach like Scarlett, pins like Paltrow and a booty like Beyonce, who, exactly, would be interested?

Lisa sieht es als Zeichen von Respektlosigkeit gegenüber Mitmenschen, sich überhaupt in einer Gemeinschaftsumkleide nackt zu zeigen. Nacktheit in Gegenwart anderer ist in ihren Augen eine Aufforderung zum Hinsehen. Das will ich natürlich nicht. Vielleicht sollte auch ich mich künftig nach dem Turnen für den Weg zur Dusche einwickeln? Selbst wenn mir schon mal widerstrebt, dabei ein frisches Handtuch mit dem Schweiß meines klatschnassen Körpers zu versauen?

Und dann wieder registriere ich auch selbst, dass mich so mancher Anblick unangenehm berührt, wenn er mir einen Einblick in eine Intimität aufzwingt, die ich nicht wissen will. Regelmäßig geht es mir beim Jahresausbruch schönen Wetters ja schon mit all den nackten Füßen so, die ich schlagartig sehen muss: Diese Schwielen, Nagelruinen, Hammerzehen, abgeblätterten Lackschichten und Besenreiser will ich eigentlich nicht kennenlernen. Über den Sommer hin stumpfe ich glücklicherweise ab. Ich empfinde es auch als ungehörig, wenn mir auf der Münchner Sonnenstraße eine Touristin im Bikinioberteil entgegenkommt – noch dazu zugegebenermaßen mehr so, wenn es sich um eine dicke Touristin handelt.

Wo sind also die Grenzen des Respekts für andere? Ist eine Dicke im selben Grad der Nacktheit ungehöriger als eine Dünne? Welche Abscheu hat Berechtigung? An welcher Stelle ist Rücksicht geboten?

Fry auf Adams’ Spuren

Mittwoch, 2. September 2009

Wie wir aus seinem Twitter-Stream wissen, hat Stephen Fry letztes Jahr eine Neuauflage der BBC-(Radio)-Serie “Last Chance to See” gefilmt, die sein Freund Douglas Adams vor 15 Jahren mit Mark Carwardine unternahm und die in meinem liebsten Buch von Douglas Adams resultierte. Im Guardian schreibt Fry, wie es dazu kam. Und wie er seinerzeit Adams’ neue Begeisterung für Evolution und gefährdete Tierarten erlebte.

I had been sharing a place in Dalston at this time with a group of friends from university, but we were now at the stage where it was possible to consider splitting up and buying our own flats and houses. I wanted to find a place in Islington, but also felt that I needed time to look around and wait for the perfect property. Perhaps I should rent first? I offloaded my tedious residential worries on Douglas one afternoon as we sat in his study staring at a Mac and wondering, for the thousandth time, if we could stop it going “boing” and closing down whenever we tried to do something unusual with it.

“Why don’t you stay here for a year?” he suggested. “You can house-sit for me. I’ve decided to go round the world for 12 months seeking out rare animals.”

“You’ve de-whatted to go round the what, whatting out whats?”

Douglas explained that his journey to Madagascar had lit a fire within him that would not go out. In the company of a zoologist called Mark Carwardine, he had found and photographed the elusive lemur known as the aye-aye, an experience, together with reading Dawkins, that had made him realise that the technology that now most excited him was the one that had evolved over millions of years and resulted in him and me and, ultimately, the device that wouldn’t stop going “boing”. He really wanted to understand this business of life and extinction. He and Mark had hit it off straightaway, and the plan was now to find seven more species like the aye-aye that were in imminent danger of disappearing for ever.

Nächste Woche bin ich in England und werde mir sehr sicher das neue Buch Last Chance to See holen. Und hoffentlich herausfinden, wann BBC die neue Serie sendet.