Hokuspokus in Magdeburg
Freitag, 23. Oktober 2009 um 12:05Drüben in den hoch geschätzten Scienceblogs schlägt die Diskussion über den Homöopathie-Master in Magdeburg ziemliche Wellen. Denn das Land Sachsen-Anhalt hat nicht etwa deshalb 2,6 Millionen Euro in eine Homöopathie-Bibliothek investiert, damit man die Abstrusitäten des Konzepts wissenschaftlich fundiert analysieren kann (parallel zu Bibliotheken über Hexenkulte und –verfolgungen durch die Jahrhunderte), sondern damit Studenten auf Hexe Homöopath studieren können. (Bei dieser Gelegenheit habe ich gelernt, dass es in Deutschland bereits homöopathische Stadtplanung gibt. Mein albernes Hirn bietet mir umgehend die Möglichkeit hochverdünnten Mörtels für Hausmauern an.)
Als umso beruhigender empfinde ich den Bericht auf Scienceblogs über den Fachbereichsrat Humanmedizin an der Uni Marburg: Dieser verabschiedete demnach bereits 1992 die „Marburger Erklärung zur Homöopathie“.
Der Fachbereich Humanmedizin der Philipps-Universität Marburg verwirft die Homöopathie als eine Irrlehre. Nur als solche kann sie Gegenstand der Lehre sein. In diesem Sinne reicht das Lehrangebot in Marburg aus.
(…)
Homöopathie hat nichts mit Naturheilkunde zu tun. Oft wird behauptet, der Homöopathie liege ein „anderes Denken” zugrunde. Dies mag so sein. Das geistige Fundament der Homöopathie besteht jedoch aus Irrtümern („Ähnlichkeitsregel”; „Arzneimittelbild”; „Potenzieren durch Verdünnen”). Ihr Konzept ist es, diese Irrtümer als Wahrheit auszugeben. Ihr Wirkprinzip ist Täuschung des Patienten, verstärkt durch Selbsttäuschung des Behandlers.
(…)
Richtschnur unseres Handelns ist aber nicht ein in der Bevölkerung lebender und publizistisch geschürter Aberglaube
Wobei mir weiterhin klar ist, dass niedergelassene Ärzte unternehmerisch nur erfolgreich sein können, wenn sie homöopathische Dienstleistungen anbieten.
die Kaltmamsell7 Kommentare zu „Hokuspokus in Magdeburg“
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23. Oktober 2009 um 14:06
Wenn nur die Krankenkassen die Prinzipien der Homöopathie endlich auch bei ihren Zahlungssystemen in Anwendung brächten, was meinen Sie, wie schnell das Thema bei den Ärzten vom Tisch wäre.
23. Oktober 2009 um 21:30
Ich bin fassungslos! Diese Gelder, die da investiert wurden und werden, fehlen an anderer Stelle. Ich könnte heulen.
23. Oktober 2009 um 23:45
Ich bin auch fassungslos. Mir hat im RSS-Reader die Überschrift »Potenzierter Unsinn: Masterstudiengang für Homöopathie an der Uni Magdeburg« gereicht; ich habe das gar nicht gelesen, weil ich ahnte, was so ein Studiengang kostet. Danke, Frau Kaltmamsell, dass Sie der Fassungslosigkeit eine Stimme geben.
24. Oktober 2009 um 7:51
Apothekenalltag: Letztens guckt mich die homöopathische Kollegin, die mich relativ erfolgreich mobbt, versonnen an und fragt, ob ich mal Tuberkulose gehabt hätte, man könne mir das ansehen; auf meine Verneinung hin insistiert sie: aber dann jemand aus deiner Verwandtschaft.
Das tut richtig weh.
24. Oktober 2009 um 9:38
Ich sehe mich inzwischen im Besitz der resignierten Überzeugung: Menschen suchen aktiv den Irrsinn. Denn der ist bunt, attraktiv und unangepaßt als Außenseiter(medizin), dank beliebig skalierbarer hermetischer Wahnsysteme auch wunderkräftig, und wenn dann noch die eigene Irrlehre von sachlichen Menschen verfolgt wird, mag man sich verschwörungstheoretisch bestätigt fühlen.
Setzt eure Aluminiumfolienhüte auf, zieht die strahlensicheren Vorhänge zu, legt euch einen Kraftstein auf das Sakralchakra, und nehmt ein wenig aus den Strahlungen des Herbstvollmondes am 7. 10. 1987 zubereitete Luna – Globuli D30.
Aber nicht mit meinem Geld!
24. Oktober 2009 um 9:55
Dass ich den Blödsinn ungewollt mit meinem Geld fördere, fuchst auch mich am meisten, typ.o. Wobei mein Ärger sich weniger gegen Steuern richtet – in einer Demokratie zahle ich für viele Grillen anderer Leute, das ist in Ordnung. Doch mit meinen Krankenkassenbeiträgen werden homöopathische Behandlungen gezahlt! Bislang habe ich keine gesetzliche Krankenkasse gefunden, die nicht mit zumindest Unterstützung “alternativer Heilmethoden” wirbt. (Die privaten schmeicheln sich ja noch viel länger damit ein.) Wenn mir jemand eine gesetzliche Krankenkasse weiß, die keinen Cent für Homöopathie zahlt, nie: Her damit, ich wechsle umgehend.
25. Oktober 2009 um 21:24
Also, je verdünnter das Zeugs ist, desto besser wirkt es.
Es ist also am besten für mich, wenn ich es so hoch verdünnt nehme, dass nichts mehr drin ist.
Wenn also nichts drin ist, ich also nichts nehme, werde ich gesund.
Ist doch gut, genau so mache ich es.