Ich kann Brot!
Samstag, 3. Oktober 2009 um 14:40Vielleicht macht es ja die allgemeine Backerfahrung aus, die ich über meine 42 Lebensjahre gesammelt habe: Ich kann gar nicht mehr verstehen, warum ich als Brot backender Teenager nie etwas produzierte, was mein Vater als „richtiges Brot“ akzeptierte. Ich war damals natürlich tief getroffen, als er angesichts eines weiteren dunkelgrauen Klotzes im Brotkasten vorsichtig fragte, wann es denn mal wieder richtiges Brot gebe. Dabei hatte er einfach nur recht: Diese Brote auf der Basis selbst angesetzten Sauerteiges waren nicht elastisch, sondern bröslig, und die Kruste war nicht knusprig, sondern erinnerte an Zement. Kein Vergleich also zu dem Berliner Landbrot, das ich heute aus dem Ofen zog.
Als Teenager erklärte ich mir meine Backergebnisse damit, dass wir halt keinen Profiofen hatten: Die richtige Temperatur oder der Dampf, der eine zu frühe Krustenbildung verhinderte – das konnte unser Einbauofen halt nicht. Heute, da ich immer noch lediglich einen Durchschnittsofen habe, halte ich es für wahrscheinlicher, dass ich den Teig zu oft knetete und nicht richtig durchsäuern ließ. Zudem standen mir seinerzeit nicht das Wissen und die aufmerksame Unterstützung zahlreicher Brotbloggerinnen zur Verfügung. Brot, das weiß ich heute, macht man nicht mal schnell. (Fertigmischungen und Backautomaten nicht eingerechnet.) Und auch nicht dazwischen. Da ich allerdings meinen Lebensunterhalt nicht von Daheim aus verdiene und werktags mindestens elf Stunden außer Haus bin, bleibt mir folglich nur das Wochenende zum Brotbacken.
Sauerteig lässt sich glücklicherweise auch bei aushäusigem Broterwerb unter der Woche ansetzen. Ich habe vor einer Woche erst mal mit Weizensauerteig nach dieser Methode begonnen. Donnerstagmorgen verwendete ich einen Teil des Ergebnisses, um Anstellgut (Roggensauerteig) zu produzieren. Gestern Morgen war dieser so weit, dass ich mit Petras Rezept für Berliner Landbrot beginnen konnte: Da der erste Schritt bis zu 24 Stunden Gehen erfordert, fiel das eigentliche Backen auf den heutigen Samstag. Und jetzt bin ich völlig platt: Das sieht aus wie echtes Brot und schmeckt wie echtes Brot. Ich wage zu behaupten: Wenn ich es meinem Vater kommentarlos vorsetzte, er hielte es für Brot vom Bäcker. Als ich heute vom Schwimmen heimkam, haben der Mitbewohner und ich den ersten Laib sofort fast vollständig niedergefressen. Sie können sich leicht vorstellen, wie meine Pläne für die nächsten Wochenenden aussehen.
die Kaltmamsell14 Kommentare zu „Ich kann Brot!“
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3. Oktober 2009 um 15:07
bin baff. bis jetzt hat mich kein einziges foto von einem roggenbrot (auch das ist ja kein reines), das ich irgendwo im netz gesehen habe, so angesprochen, dass ich lust gehabt hätte, es auszuprobieren. das hier schon. ich esse ja fast ausschliesslich reine roggensauerteigbrote, aber von meinem lieblingsholzofenbäcker. wenn das hier nur annähernd so gut schmeckt, wie es ausschaut, muss ich meine roggenbrotbackphobie doch noch überdenken. ist es salzig genug? (ich mag keine faden brote.)
3. Oktober 2009 um 15:24
Ich könnte mal wieder mein Dinkelbrot backen. Hmmmmmm. Wieso kann man bloss heute kein Mehl kaufen? Frechheit.
PS: Wo kann man dein Backwerk verkosten? Melde mich hiermit zu einem Termin an.
3. Oktober 2009 um 16:00
Wenn ich ja schon selbst baff bin, katha! Mir ist ein wenig mehr Salz reingerutscht als im Ursprungsrezept, mit 30 Gramm Salz ist das Brot aber keineswegs versalzen. Du könntest vermutlich nochmal 3 Gramm drauflegen.
Das mit dem Verkosten, dyfa, erfordert vor allem Eile. Ich hatte ja eines der beiden Brote einfrieren wollen, da allerdings vom ersten nur noch das Scherzl übrig ist (so heißt bei uns daheim das Ende, angeblich das Ding auf der Welt, für das es im deutschen Sprachraum die meisten verschiedenen Wörter gibt), wird das zweite kaum bis morgen Abend überstehen.
3. Oktober 2009 um 18:08
Sieht ja wirklich lecker aus, ich krieg Hunger. Und was Ding auf der Welt, für das es im deutschen Sprachraum die meisten verschiedenen Wörter gibt, betrifft: Da, wo ich herkomme, heißt es Knuß. Müsste man mal sammeln diese Ausdrücke.
3. Oktober 2009 um 19:27
Hier sagt man meist: »der Kanten«.
4. Oktober 2009 um 10:11
In der Sprache meiner Kindheit heißt es “Knäusle”.
4. Oktober 2009 um 14:35
Lecker! Und jetzt: Hunger!
Und meine Kindheit war grau und langweilig: bei uns hieß/heißt das “Randstück” :-(
4. Oktober 2009 um 19:56
scherzerl auch bei mir, in wien ist es aber der “bugl” – und so einen kann man am würstlstand auch tatsächlich bestellen.
4. Oktober 2009 um 22:12
Was für schöne Brote!
Ich steuere übrigens “Knust” bei, den ich sehr liebe und mein Mann so gar nicht. Gute Aufteilung :-)
5. Oktober 2009 um 10:38
Nach einer Umfrage im Familienkreis: Renft oder Renft’l.
5. Oktober 2009 um 12:51
Im äußersten Südwesten des Freistaates heisst das “Reiftle”
5. Oktober 2009 um 20:10
Hab auch schon öfter Brot gebacken.
Dinkelbrot wurde sehr gut, nur das Graubrot nicht soo toll. Wird mal wieder Zeit zum Ausprobieren.
Eine Frage zum Rezept habe ich aber: Wieso schmeisst du noch Frischhefe mit dazu? Ist das nicht kontraproduktiv, nachdem man sich den schönen Sauerteig gemacht hat? Habe irgendwo im Netz gelesen, dass die industriellen Hefekulturen die selbstgefangenen Sauerkulturen recht schnell verdrängen.
Aber dein Brot sieht sehr appetitlich aus. Glückwunsch!
PS: Das heisst natürlich Knäppchen! ;)
5. Oktober 2009 um 22:03
Wenn ich mal noch viel mehr Erfahrung mit Brotbacken habe, V’kar, traue ich mich möglicherweise auch Rezepte zu variieren. Die zusätzliche Frischhefe kenne ich aus fast allen Rezepten für Roggenbrot; sie hat eine andere Triebmittel-Aufgabe als der Sauerteig.
Könnten Sie mir erklären, was Sie mit “industriellen Hefekulturen” meinen? Sind die synthetisch aus Erdöl gewonnen?
11. Oktober 2009 um 13:12
mein lieber zille! das sieht aber verdammt perfekt aus!