Archiv für Oktober 2009

Schwimmbenimm

Dienstag, 6. Oktober 2009

Nun bin ich doch verunsichert. An sich habe ich endlich meine schwimmerische Heimat gefunden: das Olympiabad. Plantschbecken gibt es in dieser Halle gar keine, dadurch auch keine quer schwimmenden oder springenden Kinder. Im olympischen 50-Meter-Becken sind drei Schwimmbahnen abgetrennt und mit Schildern „Sportschwimmer und Vereine“ versehen. Und auf diesen Bahnen wird wirklich, wirklich geschwommen. Jeder und jede sind daran interessiert, dass das so reibungslos wie möglich funktioniert, man nimmt aufeinander Rücksicht. Nur dass ich immer noch nicht durchschaut habe, wie.

Im Idealfall bewegen sich alle Schwimmer auf einer Bahn im gleichen Tempo fort, gegen den Uhrzeigersinn hin und zurück; dann kann ich in idealer Wasserlage mit Blick auf den Beckenboden vor mich hin kraulen (ganz anders als in Spaßschwimmbecken, in denen ich bei jedem zweiten Atemholen nach vorne schauen muss, um Hindernisse rechtzeitig umschwimmen zu können). Wenn jemand schneller ist, erleichtere ich ihm oder ihr das Überholen, zum Beispiel indem ich am Beckenrand kurz warte und eine „Bitte nach Ihnen“-Geste mache. Doch das ist anscheinend nicht üblich: Immer wieder ernte ich mit diesem Passierenlassen verblüffte Blicke (oh doch, die sind auch hinter einer Schwimmbrille erkennbar) oder gar ein abwehrendes „Nein, nein“. Mache ich etwas falsch?

Begriffen habe ich mittlerweile, dass es Sprinter gibt: Die wollen gar keine lange Strecke zurück legen, sondern zum Beispiel 100 Meter auf Zeit schwimmen. Deshalb ruhen sie sich dazwischen auch immer wieder aus – um mich bei meiner nächsten Runde mit Bugwelle zu überholen. Ich kann nur hoffen, dass diese Sprinter mich nicht als Hindernis ansehen.

Erste Mainstream-Frauenzeitschrift ohne Mager-Models

Montag, 5. Oktober 2009

Respekt, Brigitte, das hätte ich nicht erwartet vom stärksten Motor der weiblichen Diätbewegung in Nachkriegsdeutschland (Brigitte-Diät samt Club und Vorher-Nachher-Geschichten über Jahrzehnte): „In Gruner + Jahrs Traditionstitel “Brigitte” wird es 2010 keine Modestrecken mit Profi-Models mehr geben.“ Brigitte soll magerfreie Zone werden.

Ich bin wirklich sehr gespannt, wie sich dieser Schritt auf die Auflage auswirkt. Es ist ja durchaus möglich, dass die Frauenzeitschriftsleserin an sich lieber unerreichbare Träume kauft als Bilder von Frauen, die ihr ähneln. Zumal eine ganze Industrie davon lebt, dass sie sich scheiße findet: Nur so ist sie bereit, für Produkte Geld auszugeben, die ihr Optimierung versprechen. Vielleicht aber ist tatsächlich die ehrwürdige Brigitte das eine Magazin, das damit durchkommt: Ihr redaktionelles Profil war ja schon immer das erwachsenste auf dem Markt.

Dass die Brigitte-Chefredakteure Andreas Lebert und Brigitte Huber das Spiel nicht mehr mitspielen wollen, spricht auf jeden Fall für sie:

Lebert hat es buchstäblich satt, von Agenturen völlig abgemagerte Models vorgesetzt zu bekommen. Die folgen dem Druck der großen trendigen Modelabels, die systematisch ein völlig unerreichbares Schönheitsideal durchzusetzen versuchen. Dabei würden von Prada, Gucci & Co. meist so kleine Konfektionsgrößen geliefert, dass der Redaktion gar nichts übrig geblieben sei, als „dürre Mädchen“ zu buchen. Im Nachhinein würden die Bilder dann in Photoshop bearbeitet und die Proportionen künstlich dicker gemacht. Lebert zum Spiegel: „Das ist pervers. Was hat das noch mit unserer echten Leserin zu tun.“
(Quelle)

Ich drücke die Daumen. Langfristig verspreche ich mir von diesem Vorgehen mehr als von Warnungen auf Modezeitschriften, wie sie französische Politiker vorschlagen.

Auf meinem Weg in die Arbeit (41): Entschleunigung

Montag, 5. Oktober 2009

Bislang dachte ich, es gebe nur ein Mittel, mich auf der Radfahrt in die Arbeit von zu hohem Tempo und damit von zu starker Verschwitzung abzuhalten: Eine Ampelschaltung, die mich häufig zum Bremsen zwingt. Heute lernte ich eine weitere Möglichkeit kennen: Ein Vorradler von so angenehmem Anblick, dass ich ihn nicht hinter mir lassen möchte.

Er stand gleich an der ersten Ampel vor mir mit seinem etwas verstrubbelten Kurzhaarschnitt, das lange bejeanste Bein, mit dem er sich abstützte, endete in lässigen Wildlederschuhen. Beim Hinterherradeln ließ ich weitere Details des Herrn auf mich wirken: Elegantes schwarzes Fahrrad mit Hartledersitz – wenn nicht echt alt, dann zumindest gut auf alt gemacht, muskulöse Oberschenkel und Po, ein sehr weich aussehender hellgrauer Pulli, hochgeschobene Ärmel, und quer über dem knochigen, breitschultrigen Oberkörper der breite Riemen seiner schwarzen Nylontasche. Wenn er kurz über die Schulter nach dem Verkehr sah, blitzten Koteletten auf. Und so jung! Ich vermutete: Gerade mal erwachsen, doch noch ohne die Last daran zu spüren.

Erst kurz vor meinem Fahrtziel hielt er an einer Linksabbiegerampel. Ich wagte beim Überholen einen kurzen Blick zurück; er genügte, um ein schmales, langes Gesicht unter den vom Fahrtwind verwehten dunklen Fransen zu sehen, das zum bisherigen Gesamteindruck passte. Ein schöner Wochenanfang.

Der letzte Oktoberfestsonntag

Sonntag, 4. Oktober 2009

091004_Isarlauf

Ruhe und Beschaulichkeit an der Isar, weit ab von der Theresienwiese.

Zehen werden beim Dauerlaufen leider weiterhin taub, trotz neuer Schuhe und Einlagen. Ah meia. Dabei gönne ich mir wegen chronischer Fersenprobleme eh nur noch ein Mal Laufen in der Woche.

Ich kann Brot!

Samstag, 3. Oktober 2009

Vielleicht macht es ja die allgemeine Backerfahrung aus, die ich über meine 42 Lebensjahre gesammelt habe: Ich kann gar nicht mehr verstehen, warum ich als Brot backender Teenager nie etwas produzierte, was mein Vater als „richtiges Brot“ akzeptierte. Ich war damals natürlich tief getroffen, als er angesichts eines weiteren dunkelgrauen Klotzes im Brotkasten vorsichtig fragte, wann es denn mal wieder richtiges Brot gebe. Dabei hatte er einfach nur recht: Diese Brote auf der Basis selbst angesetzten Sauerteiges waren nicht elastisch, sondern bröslig, und die Kruste war nicht knusprig, sondern erinnerte an Zement. Kein Vergleich also zu dem Berliner Landbrot, das ich heute aus dem Ofen zog.

Berliner_Landbrot_2

Als Teenager erklärte ich mir meine Backergebnisse damit, dass wir halt keinen Profiofen hatten: Die richtige Temperatur oder der Dampf, der eine zu frühe Krustenbildung verhinderte – das konnte unser Einbauofen halt nicht. Heute, da ich immer noch lediglich einen Durchschnittsofen habe, halte ich es für wahrscheinlicher, dass ich den Teig zu oft knetete und nicht richtig durchsäuern ließ. Zudem standen mir seinerzeit nicht das Wissen und die aufmerksame Unterstützung zahlreicher Brotbloggerinnen zur Verfügung. Brot, das weiß ich heute, macht man nicht mal schnell. (Fertigmischungen und Backautomaten nicht eingerechnet.) Und auch nicht dazwischen. Da ich allerdings meinen Lebensunterhalt nicht von Daheim aus verdiene und werktags mindestens elf Stunden außer Haus bin, bleibt mir folglich nur das Wochenende zum Brotbacken.

Sauerteig lässt sich glücklicherweise auch bei aushäusigem Broterwerb unter der Woche ansetzen. Ich habe vor einer Woche erst mal mit Weizensauerteig nach dieser Methode begonnen. Donnerstagmorgen verwendete ich einen Teil des Ergebnisses, um Anstellgut (Roggensauerteig) zu produzieren. Gestern Morgen war dieser so weit, dass ich mit Petras Rezept für Berliner Landbrot beginnen konnte: Da der erste Schritt bis zu 24 Stunden Gehen erfordert, fiel das eigentliche Backen auf den heutigen Samstag. Und jetzt bin ich völlig platt: Das sieht aus wie echtes Brot und schmeckt wie echtes Brot. Ich wage zu behaupten: Wenn ich es meinem Vater kommentarlos vorsetzte, er hielte es für Brot vom Bäcker. Als ich heute vom Schwimmen heimkam, haben der Mitbewohner und ich den ersten Laib sofort fast vollständig niedergefressen. Sie können sich leicht vorstellen, wie meine Pläne für die nächsten Wochenenden aussehen.

Hier geht‘s zum Rezept.

Berliner_Landbrot_1

Nudelholz

Freitag, 2. Oktober 2009

Frau dyfa fragt:

1. Welche Pastavariante magst du am liebsten?
(„Pasta“ verstehe ich als Bezeichung für italienische Nudeln.) Linguine, also die allerdünnsten Bandnudeln. Lassen sich wie Spaghetti wickeln, scheinen mir aber ein wenig mehr Soße mitzunehmen. Außerdem sind sie in meinen Augen am allerundeutschesten und damit schön exotisch.

2. Und welche Sauce oder Zubereitungsart?
Diese Antwort fällt mir ähnlich schwer wie die auf die Frage nach meinem Leibgericht: Kommt ganz darauf an. Die Linguine mit Butter und Trüffel im Romans haben mir ganz ausgezeichnet geschmeckt, die wären mir im Moment am liebsten. Das kann aber heute Abend schon wieder anders sein.