Durch Rom gefressen

Sonntag, 3. Januar 2010 um 9:52

Mit echten Futterfreunden1 wie den römischen Freunden Lebensmittel einzukaufen und zuzubereiten, ist ungeheuer inspirierend. „Vorher gibt es Champignonsuppe“, sagte unsere Gastgeberin, während die widerspenstige Gans briet, „ich weiß aber noch nicht, was ich alles reintue.“ Neben wundervollen Champignons, mit noch richtiger Erde dran (im Gegensatz zu den Plantagenpilzen aus Pöttmess, die das Monopol in München haben) wurden das dann in erster Linie gekochte Kastanien. Marktbesuche haben bei diesen Menschen zwar ein ungefähres Ziel, doch in erster Linie wird einfach das Beste und Frischeste gekauft – daheim sieht man dann schon, was daraus wird. Ich schätze, weil man für dieses Vorgehen wirklich eine gute Köchin / ein guter Koch sein muss, scheiden sich hier die Könner von auch noch so gutwilligen Dilettanten wie mir.

Auf der langen Heimreise (Rom – München mit Umsteigen in Zürich kann sich ziemlich hinziehen, wenn man verspätet aus Rom abfliegt und dadurch seinen Anschlussflug verpasst) kreisten in meinem Kopf so viele Kochpläne, dass ich mich zu Hause auch nach 22 Uhr noch in die Küche stellte, um die Zuckerrübenblätter vom römischen Markt anzudünsten, durch Olivenöl (Knoblauch, Peperoncino) zu ziehen und mit der am Morgen bei Roscioli erworbenen Burrata zu servieren.

Diese Zuckerrübenblätter waren nur eine von den vielen neuen Bekanntschaften, die ich durch unsere Gastgeber machte. Mittlerweile habe ich herausgefunden, dass Zuckerrüben, Mangold und Rote Bete dieselbe Familie sind (Beta vulgaris), nur dass die einen auf große Wurzeln, Mangold hingegen auf fleischige Blätter gezüchtet wurden. Weswegen alle Teile dieser Pflanzen essbar sind. Ich bin ja in einer (ehemaligen?) Zuckerrübengegend groß geworden – ob ich nächsten September auf eines der verbliebenen Felder gehe und Blätter ernte? Laut Wikipedia werden sie bei uns lediglich manchmal als Viehfutter verwendet.

Neu waren mir auch die weißen kleinen Beten, die ich mir am Markt mitnahm und nach der Anweisung der Gastgeberin in Schnitzen im Backofen garte, mit Olivenöl und Kümmel (sehr gut – in Geschmack und Textur rettichartig).

Und dann gab es die kleine Tierschau mit Vongole: Die Venusmuscheln in Salzwasser schütten (10 gr. Salz auf 1/2 Liter Wasser simuliert laut Gastgeberin Meerwasser) und zugucken. Die Herrschaften im Missonikleid wähnen sich daheim, strecken Körperteile aus ihren Schalen, entsanden, spucken auch mal. Ein faszinierendes Schauspiel. Und dann werden sie gebraten und gefressen, ha!

Weiterer Vorsatz für 2010: Gemeinsam mit Freunden und Familie kochen. Es ist ein so schönes Erlebnis, zusammen in der Küchen zu stehen, zu lachen, zu schnippeln, zu reden, zu braten, zwischenzuspülen, zu naschen (oder gleich den ersten Gang frisch aus der Pfanne im Stehen zu essen). Ich werde mich einfach nicht mehr vom Hinweis meiner Mutter, ihre Schlauchküche eigne sich nicht für gemeinsames Kochen, abhalten lassen. Wenn man erst mal das Ziel optimaler Effizienz beim Kochen fahren lässt, ebenso einen festen Zeitplan und dass sich die einzelnen Gänge nahtlos aneinander anschließen müssen – dann geht das (mit einer erfahrenen Dirigentin) auch in der kleinsten Küche.

  1. Wie, bitte, kann man Foodie eindeutschen? []
die Kaltmamsell

6 Kommentare zu „Durch Rom gefressen“

  1. Nathalie meint:

    Italienische Märkte sind einfach eine Inspiration – und auch ich kenne das Phänomen nach stundenlangen Urlaubsheimfahrten noch die halbe Nacht am Herd zu stehen, um die frischen Dinge, denen ich nicht widerstehen konnte, zu verarbeiten.

    Und … gemeinsames Kochen – und dazu ein Apero oder ein Gläschen Wein – ist einfach wunderbar. Auch wir machen das viel zu selten.

    (So viel ich weiß – nicht 100% gewiss, sind die echten, nicht gezüchteten Vongole die, die noch zwei Körperteile im Salzwasser rausstrecken und rumspritzen. Die gezüchteten können das scheinbar nicht. Aber “dank EU” dürfen die Fischhändler die Vongole nicht mehr in Wasserbecken anbieten – also muß man es zuhause ausprobieren.)

  2. Hande meint:

    Freue mich so sehr, dass ich Frau Kaltmamsell inspiriert habe. Und unbedingt schliesse ich mich Nathalie an: das große, unorganiserte aber wunderschöne gemeinsame Kochen wird nochmal besser, wenn ein Gläschen Wein dazu kommt…. ;-)

  3. Remington meint:

    Foodie = Fresssack

  4. katha meint:

    jawohl. gemeinsam kochen & essen. der beste vorsatz, den man jedes jahr treffen kann.

    bei uns hat sich dummerweise das wörtchen “kampfesser/in” eingebürgert. “foodie” finde ich bescheuert. mir ist bis dato leider auch nichts besseres eingefallen. es handelt sich wohl eher um was, was man tut, statt es zu sein, was ja an sich schon wunderbar ist.

    ad rübenblätter: die müssen aber bio sein, weil zuckerrüben hierzulande wie blöd gespritzt werden (die haben einen haufen “frassfeinde”).

  5. Alessa meint:

    Als mein Großvater (Landwirt) noch lebte, hat er immer ein paar Reihen Runkelrüben (=Futterrüben) angepflanzt, die nicht gespritzt und deren Blätter noch ganz jung und zart mit Stiel geerntet wurden.
    Wir haben dann (nur) die Stiele wie Bohnen in Stücke geschnitten und als Gemüse angedünstet bzw. in einer Einbrenne zubereitet, ähnlich wie Stielmus / Rübstiel – daher wohl auch die hier übliche fränkische Bezeichnung [‘stihles-Gemüs] ;-) (einen “offiziellen” Begriff dafür kenne ich nicht).
    Schmeckte auch sehr lecker und zart, ich würde sagen, irgendwie zwischen Bohnen und Spargel. Ich denke, man hätte sicherlich auch die Blätter so verwenden können, wie Sie es getan haben.

    Vielleicht haben Sie ja einen Bio-Bauer im Umland, der Sie im nächsten Frühjahr mit jungen Zucker- oder Speiserüben-Blättern versorgen kann ?

  6. Stephan meint:

    Die Rübenblätter hat auch unser Gemüseladen an der Wasserburger Landstr. vorrätig, wird von 3 Italienerinnen betrieben und die haben eine Riesenauswahl an italienischen Frischgemüsen, von denen ich die Hälfte bisher nicht kenne, mich aber ranarbeite ..
    Alternative in Deutschland ist Stielmus .. in Bayern unbekannt, aber im Ruhrpott und Münsterland im Frühjahr als Köstlichkeit hoch geschätzt und als Eintopf superlecker ..
    Gruß aus Trudering

Sie möchten gerne einen Kommentar hinterlassen, scheuen aber die Mühe einer Formulierung? Dann nutzen Sie doch den KOMMENTAROMAT! Ein Klick auf einen der Buttons unten trägt automatisch die gewählte Reaktion in das Kommentarfeld ein, Sternchen darüber und darunter kennzeichnen den Text als KOMMENTAROMAT-generiert. Sie müssen nur noch die Pflichtfelder "Name" und "E-Mail" ausfüllen und den Kommentar abschicken.