Journal 11. März 2010

Freitag, 12. März 2010 um 6:32

Weg in die Arbeit in dichtem Scheegestöber. Nur der Chronik halber: Wir sprechen nicht von ein paar verirrten Schneeflocken, die an Krokussen und Winterlingen schmelzen; sondern von mehreren Zentimetern Neuschnee, die sich über die festgefrorene Altschneeschicht legen.

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Über den Tag fast durchgehend weiterer Schneefall, mal stärker, mal schwächer. Wilde Phantasien mit der Arbeitskollegin, welcher Zauber wohl den Winter vertreiben könnte. Hochsommerliche Kleidung im Büro? Inklusive Strandlaken überm Schreibtischstuhl, bunte Schirmchencocktails und Absingen von Sonnenliedern? Oder doch ein Feuerchen aus den Möbeln des Chefs, über das wir zeremoniell und in Paaren springen?

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Am Vorabend hatte ich in die heftig beworbene neue Fernsehserie um menschliche Lügendetektoren geschaut (Tim Roth fungierte als Lockstoff) und gebe zu, der hanebüchene Blödsinn, auf dem die Serie aufbaut, bleibt hängen. Wenn solch ein Menschenleser zum Beispiel den Mitbewohner und mich beim abendlichen Begrüßungskuss beobachtete, sähe er Folgendes: Mitbewohner tritt aus seinem Zimmer auf mich zu, kneift die Augenbrauen zusammen, zieht Nase und Schultern hoch, presst die gespitzten Lippen aufeinander und nähert sich meinem Gesicht. Dann berühre ich vorsichtig mit meinen Lippen die seinen. In 70 Prozent der Fälle zuckt der Mitbewohner daraufhin zurück. Diese Tim-Roth-Figur aus dem Fernsehen hätte in jedem Schritt dieses Vorgangs einen 100-prozentigen Beweis von Abscheu sowie körperlichem Ekel gelesen und zumindest der physischen Seite unserer Beziehung keine Zukunft gegeben. Dabei ist es lediglich so, dass der Mitbewohner durch die Kombination Hausschuhe / Teppich in seinem Zimmer bei längerem Aufenthlat elektrisch aufgeladen wird. Diese Spannung entlädt sich beim abendlichen Begrüßungskuss an unseren Lippen. Und weil das manchmal durchaus schmerzhaft ist, fürchtet er sich inzwischen davor – lässt sich aber keineswegs davon abhalten.

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Feierabends durch festgetretenen Pappschnee zur Muckibudi gerutschelt. Dort scheint gerade wieder eine Akquiserunde erfolgreich gewesen zu sein: Geich drei potenzielle Neuheber wurden gleichzeitig in Methode und erste Maschinen eingewiesen.

die Kaltmamsell

3 Kommentare zu „Journal 11. März 2010“

  1. applegg meint:

    Wie wäre es mit einer potentialausgleichenden Handberührung, nur Zentelsekunden vor dem Lippenkontakt?

  2. philine Meyer-Clason meint:

    Liebe Kaltmamsell, es reicht übrigens meistens wenn der Elektrogeladene vor dem abendlichen Begrüssungskuss eine elektrisch ableitende metallische z.B. Türklinke berührt und anschliessend Holz… entladung pur.
    Grüsse, Philine

  3. Sigourney meint:

    Ich plädiere fürs Möbel vom Chef verbrennen etc. und dann bitte darüber schreiben.

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