Archiv für April 2010

Foodblogs und Hochschule

Mittwoch, 28. April 2010

Erst vor wenigen Montante machte ich mir über den Umstand Gedanken, dass Foodblogs so gar nicht ins Visier universitärer Forschung gelangten: keine Fragebögen, keine Aufsätze, keine Konferenzen.

Das hat sich auf eine naheliegende Weise geändert: Designstudentin Ariane hat Foodblogs, von denen ja viele durch auffallend schöne Fotos glänzen, zu ihrem Diplomthema gemacht. Sie erstellt ein Buch aus den Rezepten von zwölf Foodbloggern und begleitet das Ganze mit dem Blog Kulinarische Momentaufnahmen:

Der Aufbau des Buchs orientiert sich am saisonalen Charakter der in den Foodblogs vorgestellten Gerichten: 12 Monate, 12 Foodblogger und jeweils vier Rezepte pro Autor. Um den Community-Gedanken auch auf das Buch zu übertragen, bekommt jeder Foodblog-Autor einen Monat und einen Foodblog-Kollegen an die Seite gestellt. Anhand des Monats kann dieser nun im Archiv des Kollegen vier Rezepte bzw. kulinarische Erzählungen auswählen, egal aus welchem Jahr. Die Auswahlkriterien dafür sind jedem Blogger selbst überlassen. Grundsätzlich sollten die beteiligten Autoren sich aber daran orientieren, dass ihre Auslese Charakter, Eigenarten und Haltungen des jeweiligen Bloggerpartners ausdrücken sollte.

Für ihr Buch bereitet Ariane die Gerichte selbst zu und fotografiert sie. Auch mich hat sie um Teilnahme gebeten, ich habe sehr gerne mitgemacht. Und jetzt bin ich sehr gespannt, wie ihr Projekt sich entwickelt. Alles Gute!

Nachtrag: Heute ist auf Kulinarische Momentaufnahmen auch das Interview erschienen, das Ariane mit mir per E-Mail geführt hat.

Meinrad Neunkirchner, Katharina Seiser,
So schmecken Wildpflanzen

Dienstag, 27. April 2010

Ich hätte mir jedes Buch umgehend geholt, das Katharina Seiser als Autorin hat, schon gleich zweimal jedes Kochbuch – schließlich lese ich die Dame seit Jahren als Autorin von esskultur.at. Sie hat mir unter anderem zu den Erlebnissen Lussekatter und knetfreies Brot verholfen, glänzt zudem in jedem Eintrag durch Sorgfalt und überdurchschnittliche Texte. Es wurde das Buch So schmecken Wildpflanzen, das ich mir gleich bei Erscheinen vom Verlag schicken ließ (inklusive einem Exemplar für Mutter und einem für Schwiegermutter).

Wildpflanzenbuch in neuem Habitat vor künftigen Buchgenossen.

Ich war sofort begeistert: Wunderschöne Bilder, hervorragendes und lesergerechtes Layout. Ein Eingangskapitel stellt den Koch hinter dem Kochbuch vor: Meinrad Neunkirchner, einen Spitzenkoch aus der Witzigmannschule, der bereits seit Jahrzehnten mit heimischen, also österreichischen Wildpflanzen kocht. Wie gut das schmeckt, stellte ich in Wien beim Besuch in seinem Restaurant Freyenstein fest. Herr Neunkirchner trug auch hier die gestreite Schürze wie auf diesem Foto (die mittlere Person auf dem unteren Bild ist Madame Seiser). Ich hatte sofort einen Kleiderschrank (österr. Kasten) vor Augen, der ausschließlich mit gestreiften Schürzen gefüllt ist. Apropos österreichisch: Das Buch ist in dieser Sprache geschrieben, zum Verständnis gibt es ein kleines Glossar (als geradezu Anrainerin und aufgewachsen mit österreichischem Fernsehen war ich allerdings schon vorher mit Kren, Paradeisern und Obers vertraut).

30 Wildpflanzen, völlig ohne Bärlauch, stellt das Buch vor und Rezepte damit, aufgeteilt nach Frühling, Sommer, Herbst. Viele davon sind jedem Kind bekannt, zum Beispiel Löwenzahn Gänseblümchen, Brennnesseln, Vogelbeeren, Schlehen (na gut, letztere Pflanze vielleicht auch nur Kindern, die das Altmühltal erwandert haben). Dummerweise kannte ich Vogelmiere bis dato gar nicht – wo mir doch ausgerechnet das Vogelmierenparfait im Freyestein so gut geschmeckt hat. Die Suche danach wird ein wenig aufwendiger.

Die Rezepte sind klar verständlich und gut nachkochbar beschrieben. Jetzt, wo das erste Rezept nachgekocht wurde, kann ich das Buch erst richtig glaubhaft weiterempfehlen – reines Fangirltum hätte ja kaum gereicht.

Es war gar nicht ich, die nachgekocht hat, sondern der Mitbewohner. Das Rezept für Löwenzahnsirup erinnerte mich mit seiner Zugabe von Orangen und Zitronen an den Löwenzahnwein, den der Mitbewohner inspiriert von Ray Bradburys Dandelion Wine gemacht hat. Also verbrachte der Mitbewohner einen Teil seines Samstagvormittags im Vorgärtchen unseres Wohnblocks – dicht umgeben von Zaun und Hecke, dadurch praktisch hundefrei – und pflückte Löwenzahnblüten für die halbe angegebene Menge. Wasser brauchte er verhältnismäßig mehr, dafür gab es beim Aufkochen keinen Schaum. Die resultierende Menge Sirup füllte die beiden Gläschen auf dem Foto oben. Das letzte Restchen im Topf kosteten wir und verfeinerten ein Salatdressing (Weißweinessig, Sonnenblumenöl) damit: Köstlich!

Weil mich das Rezept für die Hollerblütencreme so anlacht, wird der nächste Schritt wohl Hollerblütensirup werden – sobald sie blühen. Aber den mache dann ich.

Bei Valentinas Kochbuch steht übrigens ein sehr interessantes Interview mit Katharina Seiser, in dem sie erzählt, wie es überhaupt zu diesem Kochbuch gekommen ist.

Schnippsel aus dem Web

Montag, 26. April 2010

Rare photos of famous people.
Unbedingt bis Tim Roth runterscrollen.

§

Das Bundesverfassungsgericht haut dem berüchtigten Hamburger Landgericht in puncto Meinungsfreiheit auf die Finger.

“Offensichtlich” gilt in juristischen Texten als Kraftausdruck.

Hatte ich erwähnt, dass ich das deutsche Bundesverfassungsgericht für die beste staatliche Institution auf der ganzen Welt halte?
via Lawblog

§

Wie die Amerikaner Europa sehen.
Und wie die Europäer Amerika sehen.

via Malte Weldings Getwitter

Der Frühling macht ernst

Montag, 26. April 2010

Sie werden doch wohl nicht glauben, dass Sie nach einem solch gloriosen Frühlingsonnensonntag um eine Fotostrecke von meinem Isarlauf herumkommen?

Mit dem Fahrrad bis zum Friedensengel, ab dort flussabwärts rennen.

Das hier war vor einer Woche noch die schönste Trauerweide auf allen meinen Isarläufen.

Ich bin sicher, dass es gute Gründe dafür gab, den Baum derart radikal zu kappen – ich wünschte, jemand aus der Gärtnerei des Englischen Gartens könnte sie mir erzählen.

Einer von zwei Anglern, die ich nach meiner Wende unterm Föhringer Ring sah.

Die zweitschönste Trauerweide auf meinen Isarläufen.

Und so, nur mal zum Festhalten, sieht mein idealer Laufweg aus: Waldboden-artig federnder Untergrund, nicht zu breit, fahrradfrei, direkt am Fluss, genug umliegende Vegetation, um wundervolle Sonnenmuster vor mich zu malen.

Um spanische Mittagessenszeit in den Schnitzelgarten, Schnitzel essen. Den Nachmittag genutzt, endlich die Sommerkleidung aus dem Keller zu holen, die Winterkleidung dortselbst zu verstauen. Beim Aufbügeln gezählt: Ich besitze 15 Sommerröcke, einer ist schöner als der andere. Ein Rockkaufverbot für die nächsten zwei bis drei Sommer scheint angebracht.

Erste Male: Auer Dult

Sonntag, 25. April 2010

Ja ja, ich weiß: Es ist in höchstem Maße peinlich, dass ich gestern zum ersten Mal im Leben auf der Auer Dult war. Vor allem wenn man folgende Faktoren bedenkt:
Auer Dult ist dreimal im Jahr.
– Dulten, die ich aus Ingolstadt und Augsburg kenne, sind in ihrer überholten Bräsigkeit genau meine Sorte Veranstaltung.
– Ich übersehe keine Dult, denn die Straßenbahnlinie 27, die zur Auer Dult fährt, hält auch am Sendlinger Tor, meinem Haupteinsteigepunkt, und hat während der zwei Dultwochen das Fahrtziel „Auer Dult“ eigens angeschrieben.
– Ich wohne seit über elf Jahren in München.
– Während der ich sogar zweimal auf dem verhassten Oktoberfest war.

Mein Besuch in wundervollster Frühlingssonne (eine Sonnenbrille wäre wirklich eine gute Idee gewesen) hat mir dann auch bewiesen, dass ich ziemlich was verpasst hatte. Anstoß für die Fahrt war ein echtes Kaufbedürfnis gewesen. Das hier ist meine liebste Arbeitsschüssel:

Billigstes Emaille aus chinesischer Produktion, vor vielen, vielen Jahren auf der Augsburger Jakoberdult gekauft. Sie werden zugeben, dass sie ihre besten Jahre hinter sich hat. Und genau für diese Schüssel suchte ich Ersatz.

Die Auer Dult ist atemberaubend. Es gibt zum Beispiel eine ganze lange Gasse nur mit den Marktschreierständen für die neuesten aller neuen Gurkenhobel, Putzwundermittel, Mikroreiben, Weltfrieden-garantierenden Pfannen etc., wie ich sie aus Fußgängerzonen kenne.

An verschiedenen Ecken Korbverkäufer mit riesigen Ständen. An einem davon besorgte ich mir ein zweites Gärkörbchen fürs Brotbacken – um halb so viel Geld, wie ich beim Kustermann dafür hatte zahlen müssen.

Geschirrstände, viele Geschirrstände. Hier entdeckte ich zu meiner Überraschung Teile eines lang vergangenen Walküre-Services. Ich hatte mir vor über zehn Jahren zwei anständig große Milchkaffee-Tassen davon gekauft, aus denen der Mitbewohner und ich wochenends unseren Morgenkaffee trinken. Doch immer, wenn wir Übernachtungsgäste befrühstücken, bedauere ich, dass ich nicht mehr davon habe. Jetzt haben wir vier.

Das allerdultigste an einer Dult sind für mich die Stände mit Altfrauenpullovern und Kittelschürzen (wenn von mir geschrieben, stellen Sie sich das Wort bitte unbedingt immer in der Aussprache meiner verstorbenen polnischen Oma vor: „Kittlschirz“).

Theoretisch frage ich mich, wer hier bloß einkaufen mag. Praktisch sah ich im Kittelschürzenstand eine junge und keineswegs biedere Frau beim Anprobieren (Ausstattung für ein Theaterstück?).

Auch zur Dult gehören Spezialitätenstände, die Geräuchtertes, Senf, Süßigkeiten, Essige oder Marmeladen anbieten. Zeitgemäßerweise auch in der Schwurbel-Esoversion (ich erwäge duchaus die Möglichkeit eines Scherzes – doch der Stand, zu dem das Schild gehört, verkaufte unter anderem Demeter-Produkte).

Speziell die Auer Dult ist bekannt für ihre unzähligen Tandler- und Antiquitätenstände, die gleich zwei der sehr langen Gassen ausmachen. Die interessierten mich nun wieder weniger, ich blieb höchstens mal an dem einen oder anderen Bücherstand hängen (sehr gute Auswahl auch an englischsprachigen Büchern aus zweiter Hand).

Hier ein Rahmfladen, dort eine Rote Bratwurst – zu Essen gibt es genug. Für daheim nahm ich ein Tütchen Türkischen Honig und eine Scheibe Schichtnougat mit. Emaille-Schüsseln (in dicker, österreichischer Qualität) hatte ich zwar an einigen der vielen Haushaltsgerätestände gesehen, doch die angebotenen Modelle waren mir zu tief oder zu blumig oder zu eckig.

Zwei Wochen dauert sie noch, die Dult. Vielleicht schaffe ich es ja nochmal hin.

contd.

Samstag, 24. April 2010

Es wird doch zum Henker irgendeine Banalität geben, mit der ich Sie hier bei Laune halten kann… Ha! Augenbrauen.

Mein Augenbrauen sehen nämlich nach etwa sechs Wochen langsam endlich wieder wie sie selbst aus. Die neue Kosmetikerin, bei der ich damals war, hatte nämlich eine sehr eigene Interpretation von: „Wie sie sind, nur ein bisschen versäubern.“ Gemeint hatte ich: Die Außreißerhaare, die unter der eigentlichen Augenbraue wachsen und die Einzelhaare über der Nasenwurzel wegzupfen. Die betreffende Dame aber hatte mir zwei mitteldünne Striche hingezupft. Das ist sehr wahrscheinlich niemandem aufgefallen außer mir, nur bin ich halt in diesem Fall die wichtigste Wahrnehmerin.

Denn, nun kommt es raus: Ich grusle mich ein wenig vor Augenbrauen, die nur aus einer Kette von Einzelhaaren bestehen, meist unterlegt von einem gemalten Strich. Wenn schon artifiziell, dann bitte so. Meine Mutter hatte mich als Teenagerin zu einer damenhaften Brauenfrisur überreden wollen, waren doch meine dichten Augenbrauen für sie ein weiterer Beleg, dass ich mich neben meiner ungeheuren Fettheit einer Konfektionsgröße 40 auch sonst weigerte, hübsch zu sein. Doch dann sah ich auf dem Cover einer ihrer Brigitte-Zeitschriften eine junge Frau, die ich hochgradig attraktiv fand – und sie besaß deutlich ungezupfte Augenbrauen. Damit hatte meine Mutter verloren. Zumal gleichzeitig Brook Shields auf der Bildfläche erschien.

Ein Anflug von activism

Mittwoch, 21. April 2010

Die Diözese Regensburg („Alle Regensburger sind stolz auf ihren Papst“) hat eine einstweilige Verfügung gegen das Blog www.regensburg-digital.de erwirkt, das in diesem Artikel seine Meinung zu verschiedenen Missbrauchsvorwürfen bei den Regensburger Domspatzen veröffentlicht hatte (Details dort).

Deshalb bittet die Redaktion um Spenden:

Während die katholische Kirche genügend Finanzmittel zur Verfügung hat, um mit Hilfe des Landgerichts Hamburg die Meinungsfreiheit einzuschränken, haben wir dieses Privileg nicht. Bereits bis jetzt sind Kosten von rund 3.000 Euro entstanden. Allein um in erster Instanz gegen diese Entscheidung vorzugehen zu können, benötigen wir voraussichtlich weitere 2.500 Euro.

Mitglieder der katholischen Kirche sind sich sicher bewusst, dass sie mit ihrer Kirchensteuer diese Aktion der Diözese finanzieren. Als Ex-Mitglied der katholischen Kirche gibt mir eine Spende die Gelegenheit, die paar Jahre, die ich Kirchensteuer gezahlt habe, ein wenig wiedergutzumachen.