Archiv für Oktober 2010

Tag 15 – Das 4. Buch in deinem Regal v.l.

Samstag, 16. Oktober 2010

Dieser Punkt der Liste kann doch nur eine unsaubere Übersetzung sein (welcher Intensivleser hat bitte „ein Regal“?) – doch selbst mehrminütige Recherche bringt mich zu keiner anderssprachigen Version. Nehme ich die westlichste Regalwand (iPhone-Kompass!), und dort das 4. Buch des 4. Regals von oben.

Ein winziges Büchlein von Martin Amis, God’s Dice, das zwei Kurzgeschichten von 1988 enthält. Ich habe keinerlei Erinnerung daran.

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Die Frau in einer Machtposition (na gut: die zwei Frauen)

Samstag, 16. Oktober 2010

Als ich sah, dass das SZ-Magazin diese Woche „ein Frauenheft” ist, rechnete ich bereits damit, dass ich mich aufregen würde, zumal auf dem Titel stand: „Die Revolution ist in vollem Gange, es merkt nur keiner. Frauen übernehmen die Macht, leise, unaufgeregt, unaufhaltsam.“ Denn Prognosen, dass Frauen SO kurz davor seien, endgültig die Weltherrschaft zu ergreifen, lese ich, seit ich die Titelseiten von Gazetten entziffern kann. Weckt mich, wenn der Anreißer erstmals lautet: „Männer auf dem Vormarsch.“

Besonders heftig rollte ich mit den Augen bei der Lektüre des Interviews mit Regine Stachelhaus. Seit Juli dieses Jahres im Vorstand von EON? Konnte also zum Zeitpunkt des Gesprächs gerade mal zwei, drei Monate Erfahrung in dieser Funktion vorweisen? Nicht sehr aussagekräftig. Allerdings gibt es nunmal so erbärmlich wenige Frauen in Spitzenpositionen, dass man sie unmöglich als Gruppe analysieren kann. Und so schnaufte ich heftig bei Aussagen wie:

Gerade Frauen haben ein sicheres Gespür dafür, was wann angebracht ist. Das gilt auch für Kritik am Vorgesetzten. Frauen wissen, wann dafür der geeignete Moment ist (…)

Echt? Mir fallen eine ganze Menge Gegenbeispiele ein – die genauso wenig statistisch relevant sind wie die Aussagen von Frau Stachelhaus. Und ich erinnere mich an die Kollegin aus der Personalentwicklung, die mich für einen Artikel über den Nutzen eines höheren Frauenanteils in der Führungsschicht meines Arbeitgebers briefte: Ich solle schreiben, dass Frauen mit ihrem großen Einfühlungsvermögen Konflikten vorbeugten und deshalb in Führungsgremien ausgleichend wirkten. (Sie ließ sich aber – das halte ich der Kollegin zugute – umstimmen, als ich sie zahlengestützt auf die verheerende Wirkung von Geschlechterstereotypen in der Arbeitswelt hinwies.)

Wie sehr gefiel mir im Gegensatz dazu das Interview mit Birgit Behrendt in der Septemberausgabe des Manager Magazins, seit 2004 im Vorstand von Ford zuständig für das strategisch entscheidende Ressort Einkauf, bis zum Juni 2010 Einkauf Europa, seither Einkauf Amerika (Link zu einem Porträt vom Januar, aktuelles Interview leider nicht online). Nicht nur konnte sie fachlich Interessantes darüber erzählen, wie sich die Prozesse und Ziele in den Lieferantenbeziehungen der Automobilindustrie verändert haben. Ihre Aussagen zur Rolle des Geschlechts beziehen sich auch deutlich auf die Ergebnisse von Sozialisation, zum Beispiel:

(Frauen) glauben, wenn ich gut arbeite und fleißig bin, dann kommt man schon auf mich zu. Da kommt aber niemand auf Sie zu! Mit dieser Einstellung wird man zur Stütze der Abteilung, aber befördert werden andere.
(…)
Ihr Gebiet, Einkauf, gilt nicht gerade als spezifisches Frauenressort.
Behrendt: Es ist ein knochenhartes Geschäft. Aber warum sollte es deshalb nicht ein Frauenressort sein?

Zum schmerzhaften Lachen und eindeutig ein Fall von My fault I‘m female ist die Anekdote, die Frau Behrendt im Zusammenhang mit dem Umstand erzählt, dass ihr Mann 1998 die Erwerbstätigkeit aufgab (sie ging in die USA, er bekam dort keine Arbeitsgenehmigung):

Ihrem Mann macht es überhaupt nichts aus, dass man denkt: Das ist kein „Go-getter“ oder „Was ist das denn für ein Mann“?
Behrendt: Er sieht das völlig gelassen und hört oft: Sie haben alles aufgegeben für Ihre Frau! Mir hat sich ein Schüsselerlebnis eingebrannt: Als ich das erste Mal in die USA gegangen bin, war alles für mich Neuland; neuer Job, neues Unternehmen, hart in gewisser Weise. Aber in den Anrufen, die von zu Hause kamen, ging es immer nur darum: Wie geht es dem armen Norbert, der aufgehört hat zu arbeiten und im International Newcomer-Club der einzige Mann war unter 40 Frauen. Als hätte ihn da ein schreckliches Los getroffen! Keiner fragte, wie es mir ging.

Zurück zum gestrigen SZ-Magazin. Die klügste Aussage über das Thema Frauen stammt dann ausgerechnet vom greisen Friseur Vidal Sassoon:

Was haben Sie über Frauen gelernt in all den Jahren, in denen Sie so viel mit ihnen zu tun hatten?
Ich habe gelernt, dass ich nichts über Frauen weiß. Ich habe vielleicht einzelne Frauen verstanden, wenn ich mit ihnen gelebt habe. Aber ich kann nichts über die große Gruppe Frauen sagen. Sie möchten doch auch als Individuum betrachtet werden und nicht als Teil einer Gruppe, oder nicht?

Amen.

Tag 14 – Ein Buch aus deiner Kindheit

Freitag, 15. Oktober 2010

Drei eigene Bücher (die meisten holte ich mir ja aus der Pfarrbücherei) waren zentral für meine Kindheit: Grimms Märchen (gehörte zu den ersten selbst gelesenen Büchern), Die schönsten Märchen aus 1001 Nacht (Grundschulalter), Rudyard Kipling, Die Dschungelbücher (da war ich 11, 12). Diese Bücher habe ich immer und immer wieder gelesen, die Illustrationen lange und ausführlich betrachtet.

Grimms Märchen mit Illustrationen von Ludwig Richter, in sehr schlechtem Zustand.

Ich habe es zerlesen, obwohl ich eine Menge der Wörter nicht verstand und die Sprache insgesamt sehr seltsam fand.

Illustration des Märchens „Die goldene Gans“.

Eine ganz andere Schneewittchen-Stiefmutter.

Hermann Schrader (Hrsg.), Die schönsten Märchen aus 1001 Nacht, Illustrationen von Nikolaus Plump. Ich hatte die Geschichten schon einige Male gelesen, bis ich den Titel des Buches endlich hörte und mich nicht mehr fragte, wie man das „1001“ wohl aussprach.

„Die Geschichte von Aladins Wunderlampe“ spielt ja in China („In China lebte einmal ein Schneider, dessen Sohn, Aladin mit Namen, ein Tunichtgut war.“) – was die Verfilmungen seltsamerweise nie berücksichtigen. Oder stimmt meine Übersetzung nicht?

„Die Geschichte von Ali Baba und den vierzig Räubern“. Die rosa Fußsohlen der anmutigen Tänzerin faszinierten mich sehr.

Rudyard Kipling (kein Übersetzer angegeben), Die Dschungelbücher, Illustrationen von Pavel Major. Hier machte ich zum erstem Mal Bekanntschaft mit nicht linearem Erzählen: Die Geschichten mit Mogli sind nicht chronologisch angeordnet, was mich zunächst verdutzte.

„Des Königs Ankus“.

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Kuchen mit frischem Ingwer

Donnerstag, 14. Oktober 2010

Leider ist mir keine wirklich schöne Übersetzung für Fresh Ginger Cake eingefallen. Dafür hat das Ergebnis mit dunkler Molasse ausgezeichnet geschmeckt – allerdings nicht groß besser als das mit Golden Syrup. Ich kann beides empfehlen, das Rezept steht hier.

Tag 13 – Ein Buch, bei dem du nur lachen kannst

Donnerstag, 14. Oktober 2010

Eigenartig fomuliertes Kriterium: Ein Buch, das mich durchgehend zum Lachen bringt? Oder das von vorne bis hinten lächerlich ist? Kiki hat sich für erstere Interepretation entschieden, nehme ich sie eben auch. Mir fallen zwei Bücher aus den letzten Jahren ein, die mich immer wieder auflauchen ließen, unkontrollierbar, auch wenn ich sie gerade in öffentlicher Umgebung las (war mir eher peinlich):

Lynne Truss, Eats, Shoots, & Leaves habe ich hier beschwärmt.

Alan Sokal, Jean Bricmont (Übers. Johannes Schwab, Dietmar Zimmer), Eleganter Unsinn. Wie die Denker der Postmoderne die Wissenschaften mißbrauchen. Zwei Physiker hatten es endgültig satt, dass sich die Geisteswissenschaften für Metaphern und Konzepte an der Begrifflichkeit der Naturwissenschaften bedienten, ohne sie auch nur ansatzweise wissenschaftlich korrekt zu verwenden. Sie bastelten aus schwurbligen Zitaten anerkannter zeitgenössischer französischer Denker einen Aufsatz („Die Grenzen überschreiten. Auf dem Weg zu einer transformativen Hermeneutik der Quantenschwerkraft“), den sie ernsthaft bei einer Fachzeitschrift einreichten – die ihn tatsächlich veröffentlichte. Doch das war nur der Anfang.
In Eleganter Unsinn nehmen Sokal (Physiker und Mathematiker) und Bricmont (Professor für Theoretische Physik) kapitelweise die angesagten Lieferanten der theoretischen Grundlagen fast aller geistenwissenschaftlichen Fächer der 90er auseinander, unter anderem Lacan, Kristeva, Baudrillard, Deleuze. Und damit die Moden des Relativismus in der Wissenschaftstheorie und die postmoderne Wissenschaft. Dass ich das Buch unter „großes Gelächter“ abgespeichert habe, belegt die hochamüsante Weise, in der Sokal und Bricmont das tun. Vielleicht aber können nur Leser, die Ende der 80er, Anfang der 90er mit Leidenschaft Geisteswissenschaften studiert haben, so herzhaft darüber lachen. (Selbst nutzte ich lieber die Ansätze der reader response theory, z.B. von Wolfgang Iser und Stanley Fish. Nein, waren schon zu meiner Zeit nicht mehr angesagt.)

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Tag 12 – Ein Buch, das du von Freunden/Bekannten/… empfohlen bekommen hast

Mittwoch, 13. Oktober 2010

Val McDermid, The Distant Echo, mir empfohlen von meiner Mutter.

Zum einen werden mir tatsächlich selten persönlich Bücher empfohlen; ich folge sehr oft Bücherempfehlungen ins Blaue, also zum Beispiel in Blogs oder Zeitungsartikeln. Zum anderen empfiehlt meine Mutter mir eigentlich nie Bücher, geschenkt bekomme ich von ihr nur Bildbände oder Kochbücher. Und zum noch ganz anderen liest meine Mutter eigentlich keine Krimis, sondern, wenn überhaupt, Romane, die als Film unter drama laufen würden. Es waren also drei ungewöhnliche Faktoren, die diesen Krimi vor meine Augen brachten. Und dann hat er mir auch noch gefallen. Ein Mordfall in Schottland wird 25 Jahre später wieder aufgerollt – an mehr kann ich mich nicht mehr erinnern. Würde ich ebenfalls gerne gleich nochmal lesen. (Diese Frageliste ist verheerend.)

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Tag 11 – Ein Buch, das du mal geliebt hast, aber jetzt hasst

Dienstag, 12. Oktober 2010

Antoine de Saint-Exupéry, Der kleine Prinz.

Meine tiefe Aversion habe ich bereits vor Jahren beschrieben. Doch im Jungmädchenalter waren mir die schlichten Sentenzen, die ich heute als Kellnerpunkt beschreiben würde, tiefe Erkenntnisse. Das war das Alter, in dem ich für die religiöse Romantik katholischer Besinnungstage empfänglich war, in der ich noch überzeugt war, dass man Wahrheit spüren könne. Auf diese Gefühle zahlt Der kleine Prinz ein, damit ist er für die Pubertät wahrscheinlich ganz nützlich. Ich habe mir sagen lassen, dass Menschen, die das Buch auch als Erwachsene noch lieben, gerne Paulo Coelho lesen.

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