Archiv für November 2010

Gute Ideen in Düsseldorf

Montag, 15. November 2010

Diese Internetmenschen haben aber auch Ideen. Zum Beispiel in Düsseldorf einen Supper Club aufzuziehen und ihn Rebelote zu nennen. Weil dieser ganz spezielle Internetmensch die seit Jahren gelesene Madame miagolare zusammen mit ihrem Partner M. ist, kam ein weiterer Internetmensch, La Gröner, auf eine weitere aber auch Idee: Wir könnten uns doch dort treffen, auf dem sprichwörtlichen halben Weg. So schlau!

Im Zug las ich Wolfgang Herrndorfs Tschick, das mir ausgesprochen gefiel und über das ich vielleicht noch Details schreibe. Eine halbe Stunde lang, nämlich die zwischen Köln und dem Frankfurter Flughafen, ging ich mit einem freundlichen Herrn das ICE-Magazin durch. Er hatte mich auf Englisch um Aussprachetipps gebeten und erzählte im weiteren Verlauf, dass er aus China stamme, in jungen Jahren in Deutschland studiert habe, dann aber in die Vereinigten Staaten von Amerika gezogen sei, jetzt nach sehr langer Zeit zum ersten mal wieder Deutschland besuche, geschäftlich. Seine Aussprache beim Vorlesen war fast perfekt, und er erkannte viele Wörter wieder. Der Herr entschuldigte sich dafür, dass er nicht mehr davon noch wusste: Damals habe er gleichzeitig Englisch, Deutsch und Französisch gelernt. Das Erlebnis löste sichtlich viele Erinnerungen aus, er wollte unbedingt mal auch privat Deutschland bereisen.

Düsseldorf und Umgebung waren völlig durchnässt und hinderten mich durch Dauerregen an Erkundung. Umso erhebender war das Menü, das M. uns auf dem langen Esstisch in historischer Umgebung servierte (hier nur in Ausschnitten, denn Apperitivf, Küchengruß, Weine, Pralinchen zum Kaffee, blieben unfotografiert):

Fenchelkaramel, gehobelter Fenchel, Blattspinat, Orange

Blumenkohl-Panna-Cotta, rote Zwiebel, Olivenkaramel, Bohnenvinaigrette

Kartoffeltaschen, Endiviengemüse

Reisbombe (ich weigere mich, diese Kugel als -bällchen zu benennen) mit Apfel-Kürbis-Vinaigrette, Selleriepü mit schwarzen Walnüssen, Ei im Schälchen mit Lauch

Pistazieneis mit Quitte

Die Tischrunde war ausgesprochen entspannt, gesprächig, anregend, verfressen. Wunderbar.

Am nächsten Tag spielte der Himmel über Düsseldorf zwar immer noch Apokalypse, ließ die Stadt aber trocken. Das verschaffte mir das Privileg einer Stadtführung des Düsseldorfer Gewächses Lu, inklusive Frühstück. Das ergibt definitiv ein nächstes Mal.

Diätterror – lebenslänglich

Samstag, 13. November 2010

Es sind sehr wahrscheinlich extreme Ausnahmen und echte Heldinnen – Frauen, die sich im Ganzkörperspiegel ansehen und nie-nie-nie denken: „Aber mit ein paar Kilo weniger sähe ich besser aus.“ Denn: Dünner ist besser. Immer.

Ich muss praktisch durchgehend aufpassen, dass ich nicht in diese Falle tappe. Das wurde mir durch dieses Posting auf Feministing mal wieder bewusst: Chloe schreibt, dass sie zugenommen habe, jetzt mehr sei als vor einem Jahr und dass sie damit hadere: “Because the slimmer I am, the better. Right?”

Mittlerweile habe ich die Hoffnung aufgegeben, dass ich jemals diese tief verwurzelte Indoktrination abschütteln werde. Ich bin jetzt ein bisschen mehr als vor drei Jahren, etwa eine Kleidergröße. Zwar fühle ich mich damit nicht wie ein Nilpferd, aber sehe vor allem auf Fotos von mir doch eine stattliche, bäuerlich kräftige Frau. Will heißen: Die dringend ein paar Kilo abnehmen müsste. Denn: Dünner ist besser. Immer.

Sagt wer nochmal? Nein, antworten Sie nicht. Sagen natürlich alle Frauenzeitschriften, das Fernsehen, die Modewelt, die Diätindustrie, 95 Prozent aller Frauen der westlichen Hemisphäre. Ich korrigiere: 98 Prozent.

Doch was bekam Chloe als Hinweis einer offensichtlich klugen Ernährungsberaterin?

It’s possible that if you are eating a balanced diet and exercising several times a week, you are already at your ideal weight. To lose any more would be fighting nature.

Vielleicht sollte ich über alle Spiegel in meiner Wohnung schreiben:
Du ernährst dich ausgewogen und treibst viel Sport. Das ist deine Idealfigur.

‘tis the season

Freitag, 12. November 2010

Ha! Echt Nürnberger Lebkuchenbäcker sauen beim Glasieren noch schlimmer rum als ich.

Die Schlacht von Lepanto? Kindergarten.

Mittwoch, 10. November 2010

Am Ausgang des Olympiabades warf ich dann einen letzten Blick hinunter ins Becken und zählte nach, wie viele Schwimmer auf den drei freigegebenen Bahnen paddelten: jeweils zwischen 12 und 15 Stück. Das erklärt alles.

Vor etwa zwei Monaten war ich schon mal abends unter der Woche beim Schwimmen gewesen: Das Becken war zwar deutlich geschäftiger als an meinen Samstagmittagen, an denen fünf Schwimmer pro Bahn bereits viel sind. Doch ich war entschlossen, mich zu arrangieren: Würde ich halt keine speziellen Übungen schwimmen, die mich langsamer machen, sondern lediglich bahnenweise Zweierschlag mal nach links, mal nach rechts schwimmen, bei genügend Puste hin und wieder zwei Dreierbahnen einlegen. Doch gestern herrschte Krieg: Die einen schwammen lustig ihre Wasserballett-ähnlichen Kraftübungen (hier einige Beispiele) oder mit Spielzeug und wirkten dadurch als Pfropf im Wasser. Die anderen sprinteten alles nieder und brachten mich mit ihren Rollwenden zu erschreckten Sätzen zur Seite. Auf Nebenbahnen lebten Schwimmer ihr Schmetterlingskönnen aus, was nicht nur der raumgreifendste Schwimmstil ist, sondern auch gehörig Wellen erzeugt.

Nachdem ich mehrfach in schneckige Wasserballettschwimmer gedotzt und immer wieder von überholenden Schaufelraddampfern gerempelt worden war, dreimal Bahnen abgekürzt hatte, um bestimmte Schwimmer zu umgehen und mehrfach nach üblem Verschlucken japsend an der Bahnabgrenzung gehangen hatte, wollte ich das Ganze nur noch hinter mich bringen: 200 Meter in Torpedotempo und ohne links und rechts zu schauen, dann nichts wie raus hier. Womit leider Schwimmen als Ersatz für Aerobic am Abend gestorben wäre.

Sopitas

Dienstag, 9. November 2010

In Food-Fragebögen taucht regelmäßig die Frage nach einem Gericht auf, das an die Kindheit erinnert. Erst vor Kurzem ist mir die Antwort darauf eingefallen: sopitas. So nannte mein Vater das Frühstück, das er mir hin und wieder machte: Klein geschnittenes altes Brot, das er mit warmer, zuckersüßer Milch oder mit (löslichem) Kakao übergoss.

Durch meine Familie verlief ein tiefer Graben: Während mein Bruder und meine Mutter Langschläfer waren, die nur durch äußeren Anstoß zum Beenden ihrer Nachtruhe gebracht werden konnten, waren mein Vater und ich Lerchen, die früh aufwachten und den Drang hatten, sofort das Bett zu verlassen. Das führte dazu, dass wir uns an Wochenenden oder Ferientagen frühmorgens begegneten – in der Küche, auf dem Balkon. Und es gehört zu meinen frühesten Erinnerungen, wie mein Vater mir in einer schüsselgroßen Tasse, die eigens für dieses Gericht bereit stand (Müslischalen waren noch nicht erfunden), sopitas zubereitete. Er kannte sopitas aus seinen Kindertagen in Madrid; da er in extrem armen Verhältnissen aufgewachsen ist, nehme ich an, dass damit zwar in erster Linie Restbrot verwertet werden sollte, dass die kostbare süße Milch aber etwas besonders Festliches daraus machte.

Mittlerweile kenne ich auch den Hintergrund der Bezeichnung sopitas: Sopa ist zwar das spanische Wort für Suppe, doch sopas bezeichnet die Verwendung von altem Brot in Suppe – der Suppenteller wird mit Brotscheiben ausgelegt, oder die Brotscheiben werden geröstet auf die Suppe gelegt. Die bekanntesten Beispiele sind Sopas de ajo (Knoblauchsuppe) und Sopas Mallorquinas, eine balearische Gemüsesuppe.

Sehr selten bereite ich mir sopitas, den Diminutiv von sopas, auch heute noch als comfort food zu, am liebsten mit altem Sauerteigbrot: Ich mag den Kontrast zwischen dem sauren, herzhaften Brot und der süßen Milch. Und ich denke jedesmal an meine Kindheitsmorgen mit Papá.

(Aus der Reihe Clackity Noise.)

Entschuldigung

Montag, 8. November 2010

Bei den beiden jungen Frauen in den Olympiabad-Umkleiden neben mir möchte ich mich für den brutal süßen Geruch meiner Körperlotion entschuldigen. Ich mag ihn ja auch nicht, doch als ich das handliche Fläschchen Paranuss-Körpersahne beim Body Shop im Sonderangebot sah, hielt ich es für eine ideale Ergänzung meines Sport-Toilettbeutels. Schon die erste Anwendung nach einer Schwimmrunde betäubte mich zwar fast bis zur Bewusstlosigkeit: Nach einem Bad in Backöl Butter-Vanille hätte ich kaum intensiver riechen können. Doch ich scheue mich nunmal, brauchbare Dinge wegzuwerfen. So cremte ich mich also auch am Samstag nach meiner Schwimmerei im Olympiabad. Die beiden Frauen, die kurz darauf die Nebenumkleiden belegten, konnten das natürlich nicht wissen.
Frau 1: Boah, Popcorn wäre jetzt genau das Richtige.
Frau 2: Oh ja, lecker.
Frau 1: Das ist ja richtig fies, einen mit solchen Düften heiß zu machen.
Frau 2: Aber – woher bitte riecht es im Olympiabad nach Popcorn?
Es tut mir wirklich, wirklich leid. Ich werfe den Rest „Brazil Nut Body Whip“ weg, versprochen.

Ebenfalls entschuldigen möchte ich mich bei einem der Schwimmer, die die ersten 1.000 Meter meiner Schwimmbahn mit mir geteilt haben. Es tut mir leid, dass ich beim kurzen Innehalten am Beckenrand so unbeholfen außen an der Bahn im flachen Wasser stand, dass Sie mir bei Ihrer Rollwende Ihre Fersen mit voller Wucht ins Gesicht schlagen mussten. Ich bin froh, dass Sie mir das zumindest so wenig übel nahmen, dass Sie unbekümmert weiterschwammen. So konnte ich unbehelligt losweinen, weinend aus dem Becken fliehen und mich bis zum Abklingen der hauptsächlich Neurotransmitter-bedingten Heulattacke im Klo verkriechen. Selbstverständlich wählte ich für die restlichen 2.000 Meter eine andere Bahn – ich hoffe, das war Abbitte genug.

Ein Montag ist ein Montag ist ein Montag?

Freitag, 5. November 2010

Mich würde wirklich, wirklich interessieren, welche Funktion die Anführungszeichen hier haben.