Surhaxl
Montag, 6. Dezember 2010 um 19:33Fleisch esse ich sehr gerne. Dass dafür ein Lebewesen getötet werden muss, ist mir bewusst, schließlich war ich schon in jungen Jahren an Hausschlachtungen von Schweinen beteiligt (Sau bei Papas teilzeitbäuerlich-ländlichem Arbeitskollegen über den Winter „hochg’fuadad“, Bolzenschuss, entborsten, ausnehmen, Därme reinigen, zerteilen, Wurst machen, Würstl und Streichwurst im Glas im Kessel garen, Kesselsuppe mit Schwarzbrot und viel Schnaps). Allerdings halte ich es für unethisch und völlig unnötig, dass die zum Verzehr geborenen Tiere ein qualvolles Leben führen oder einen qualvollen Tod sterben. Das fand ich zwar schon immer, aber erst seit ein paar Monaten versuche ich, wirklich Konsequenzen daraus zu ziehen: Ich esse nur Fleisch von Tieren, die verlässlich gut gelebt haben und respektvoll getötet wurden. Meine einzige überzeugende Quelle in München ist der Herrmannsdorfer. Die Folge: Ich esse selten Fleisch (womit übrigens der deutlich höhere Preis, den ich für Fleisch nach oben genannten Kriterien zahle, mehr als kompensiert wird). Und auf das freue ich mich jedesmal sehr.
Als ich am Samstag beim Herrmannsdorfer am Viktualienmarkt für den Fleischeinkauf anstand, hatte ich eigentlich einen Braten aus dem Schweinehals geplant. Doch dann sah ich ganz unten hinten in der Theke eine große Haxe liegen, die sehr nach Eisbein aussah. Das bestritt der junge Metzger zwar, der mich später bediente: „Naa, des is a Surhaxl.“ Seine Kollegin schaltete sich moderierend ein, und so einigten wir uns darauf, dass es sich um regional unterschiedliche Bezeichnungen desselben gepökelten Stücks Schwein handelte. Ich plante umgehend um, und so gab es gestern als Sonntagsbraten Surhaxl mit Kraut. Ist diese Haxe (1,5 Kilo) nicht eine Pracht?
Bei der Zubereitung ließ ich mich von meiner Mutter beraten. Ich garte das Fleisch erst anderthalb Stunden in zwei Finger hoch Wasser, das ich mit Lorbeerblatt, Wacholderbeeren und Pfefferkörnern würzte. Dann gab ich zwei geschälte Äpfel in Schnitzen, eine gehackte Zwiebel, eine zerteilte Knoblauchzehe und eine große Dose Sauerkraut dazu. Das Ganze ließ ich weitere anderthalb Stunden garen.
Ich servierte mit frischen Salzkartoffeln.
Nachtrag: Während ich ein Stück totes Herrmannsdorfer Schwein aß, hat Ilse lebendige Schweine in Herrmannsdorf besucht.
die Kaltmamsell10 Kommentare zu „Surhaxl“
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6. Dezember 2010 um 20:35
Ui, die sieht gut aus.
6. Dezember 2010 um 22:01
Genau!
Meine einzige zuverlässige Quelle ist der Bauernhof ein paar Häuser weiter, wo ich das ganze Jahr über die Jungrinder mit ihren Müttern auf den Weiden sehe (und im Winter im Offenstall), bevor sie erst beim Metzger und dann in der Gefriertruhe des Bauern landen. Darum habe ich schon ewig kein Schweinefleisch mehr gegessen und finde das beim Anblick dieser leckeren Haxe sehr schade.
Aber Prinzipien sind Prinzipien und gute Rindsrouladen sind auch was Feines (selbstverständlich mit eingelegten Gurken, Zwiebeln, Speck und Senf, die einzig wahre Zubereitungsart).
6. Dezember 2010 um 22:49
Das knorpelige Teil da oben erinnert mich ein bißchen an die Hüftgelenksoperation meiner Mutter. So versteckt im Kraut ist es doch angenehmer. Ich selber möchte nicht geschlachtet werden, esse aber gerne Fleisch. Ich mag den Geschmack gerne. Schade, dass es nicht als Früchte auf Bäumen wächst. Das wär’s!
Das wäre mal ein Betätigungsfeld für Daniel Düsentrieb. Der kriegt aber auch nichts auf die Reihe! Ich schau mal nach, was er treibt.
6. Dezember 2010 um 23:32
ich essen ja leidenschaftlich gerne hax’n. aber lieber die klassische, muss ich sagen. meine erste surhaxe hab ich im farblosen brauhaus im tal gegessen, und war nicht so besonders angetan davon. ich konnte mir unter dem wort surhaxe auch nichts vorstellen, und habe – als echte ausländerin – nur den teil des wortes verstanden, den ich kannte.. und hatte dann halt nicht die haxe vor mir, die ich erwartete. und wie dass so ist, wenn man meint, dass man ein glas saft trinkt und dann aber kaffee im mund hat..
7. Dezember 2010 um 0:28
@adelhaid: Bei Schuhcreme ist farblos ja eher transparent, aber das Glashaus ist hier nicht gemeint? Im Deckweißbräu hatte ich beim ersten Besuch in meiner ersten Woche in München neben Saurem Lüngerl und Gesottenem Zwerchfell noch Gebratene Ochsenaugen entdeckt und als ich die Kellnerin fragte, ob denn…, da schrie sie so herum, dass ich es nahm und dann ganz froh war, dass es nur Spiegeleier waren. Und sie war ganz stolz auf mich.
@kaltmamsell: Tatsächlich – kein Brunch. Oder Mord kurz vorm Tatort?
7. Dezember 2010 um 6:58
j’adoooooooore!
Ich koche die Haxen ( bei uns sind sie kleiner….) gleich mit im Sauerkraut.
7. Dezember 2010 um 13:25
Ohhh, du bist soooo gemein! Wie kannst Du nur soooo ein leckeres Surhaxl auch noch fotografieren und das Foto hier einstellen – jetzt hab ich sowas von Lust darauf und eine gute (wir reden jetzt mal nicht von der Herkunft) Haxn hier zu bekommen, ist nun wirklich nicht so einfach!
Ich leide!!! ;-)
7. Dezember 2010 um 15:31
Hallo, Frau Kaltmamsell,
liegt im Trend scheinbar. Gab es bei uns am Wochenende an zwei Tagen, einmal in Ihrer Version und einmal in gelber Erbsensuppe, in die der hauseigene Archäologe rohes (!) Sauerkraut packt. Seltener Brauch. Bei uns im Norden heißen Surhaxen Eisbein und kamen vom Bentheimer Schwein, wo aufessen bedeutet. die Rasse zu retten. Also mit guten Gewissen und auch mit gutem Geld bezahlt.
Lieben Gruß
Milla
8. Dezember 2010 um 15:28
Totes Schwein klingt gruslich, sieht aber hier alles andere als gruslich aus!
8. Dezember 2010 um 16:05
da wo ich von weg komme;) heißen die Dinger auch Eisbein und werden bevorzugt jetzt, in der kalten Jahreszeit, gefuttert. Als Beilage gibts aber Erbspüree statt der Kartoffeln. Auf Wikipedia treffend formuliert:
“Berliner Erbspüree wird mit Majoran gewürzt, kann zusätzlich Kartoffeln enthalten und wird traditionell mit Röstzwiebeln und ausgebratenem Speck zu gekochtem Eisbein mit Sauerkraut serviert. Üblich ist es auch, den Erbsen etwas von der Kochbrühe des Eisbeins zuzugeben.”