Journal Donnerstag, 14. April 2011, Berlin-Ausgabe
Freitag, 15. April 2011 um 8:39Mich freut besonders, wie viele sehr junge Leute ich auf der re:publica sehe. Ich hatte mich vorher ein wenig gesorgt, es könnten dort nur so alte wie ich herumlaufen, was ein unergiebiges Köcheln im eigenen Saft bedeutet hätte: Deren Interessen und Aktivitäten kenne ich ja schon. Aber nein, ich sehe sehr viele ganz andere Leute.
In die erste Wunschveranstaltung kam ich nicht. Es gibt nun mal nur ein paar größere Räume, und dieser gehörte nicht dazu: Schon 15 Minuten vor Veranstaltungsbeginn war er überfüllt. Nun gut, schwenkte ich um. Und wurde gleich mal mit Bloggerinnenbegegnungen belohnt.
Ausführliches Frühstück im Café, das hielt gut für den Rest des Tages. Auf dem Weg zurück überraschend einen ganz alten Bekannten getroffen, den ich schon länger kenne als das Web. Hier begann wieder der Reigen, den ich schon am Vortag so genossen hatte: Von einer Begegnung mit Gruppen geschätzter Bekannter, Plaudern und Diskussionen, über Veranstaltungsbesuche zur nächsten Begegnung. Die Themen gestern: Unternehmenskulturen, Erfahrungen mit Social Media Monitoring, Kulturpessimismus, ob eine langweilige Jugend zu Technikfreundlichkeit führt, Trotz und Elitarismus, die Haus-Mutti in der Coca-Cola-WG, mediale Unterstützung nach Gerichtsprozessen, Journalismus in London.
Köstliches Abendessen im aufregenden Cookies Cream, baden in der Gesellschaft dreier Bloggerinnen aus meinem engsten Zuneigungskreis.
Eingang zum Restaurant
Gurkengratiné mit Rettich, Pimms, Pimpernickel
Graupenstrudel mit Pilzen, grünem Spargel, Bärlauch
Schmandtarte mit Himbeeren
Anschließender Quittenschnaps Unter den Linden mit Blick auf Brandenburger Tor. Spaziergang zu selbigen, leider konnten wir nicht durchgehen wegen dichter Absperrungen (NATO-Sitzung, wir Münchner kennen das von der jährlichen NATO-Sicherheitskonferenz).
Besuchte Veranstaltungen am zweiten Tag:
„Wake the Blog – von Datenkraken und Internettätern“ von Sanja Stankovic und Carolin Neumann – ein Appell, gegen die negative Begrifflichkeit anzuarbeiten, die in der Öffentlichkeit meist im Zusammenhang mit Internetthemen verwendet wird, um ihr die manipulative Kraft zu nehmen. Ein wenig oberflächich, aber ein guter Ansatz, zumal die beiden Referentinnen die Brücke zum eben gegründeten Verein Digitale Gesellschaft schlugen, der genau diese Art PR betreiben muss.
„DAS ENDE DER WELT !!!!EINS!ELF!!!!! Schon wieder?“, Podiumsdiskussion zwischen Carolin Buchheim, Jens Scholz, Maike Hank und Konstantin Klein, geleitet von Bov Bjerg – anhand von Beispielen schilderten die fünf, welche Mechanik hinter Wutwellen im Internet steckt, und welche Auswirkungen sie haben, nämlich praktisch keine. Unversehens geriet das Gespräch auch zu Omma Krawuttke erzählt von Kriech-Nostalgie – die ich als Kriegsteilnehmerin ja zu gut nachvollziehen kann.
„Leaking Transparency, Whistleblowing und Journalismus“, Podiumsdiskussion mit Daniel Domscheit-Berg, Lutz Hachmeister, Peter Schaar, Horst Pöttker und moderiert von Jakob Augstein – es ging darum, ob die etablierten Medien auf diese neue Forum der Kooperation vorbereitet sind (hängt davon ab, ob sie in Konkurrenzmustern und Wettbewerbsmarkt denken oder ihre inhaltliche Verantwortung priorisieren), wie manipulationsanfällig die Leak-Plattformen sind, wessen Daten schutzwürdig sind, leider alles nur angerissen – jeder dieser Aspekte wäre eine eigene Veranstaltung wert gewesen.
„Corporate Journalism, neue Wege der digitalen Unternehmenskommunikation“ von Martin Lorber – zunächst war ich verdutzt gewesen, dass dieses Thema ausgerechnet in der Veranstaltungsreihe der Computerspieler auftauchte, doch Herr Lorber ist der PR-Chef eines Computerspielehersteller. Und führte am eigenen Beispiel vor, wie sich ein Unternehmen an einer heiklen öffentlichen Diskussion („Computerspiele als Gefahrgut statt als Kulturgut gesehen“) beteiligen kann, nämlich mit einem facettenreichen Fachblog. Ich war beeindruckt.
„Übermorgen TV“ von Holger Meier, Mario Sixtus, Isa Ostertag, Milena Bonse – die vier stellten vor, was das ZDF in allernächster Zeit an multimedialer Verschränkung zeigen wird, vom Elektrischen Reporter bis zu Fernsehspielen, die im Internet von den Zuschauern zu Ende gespielt werden. Ich bin schon sehr gespannt, ob sich dafür Interessenten finden.
„What‘s Happening? Love.“ Show mit Teresa Bücker, Nadine Lantzsch, Eva Horn – die mir wenig überraschend zeigte, dass in meinem Internet Dinge passieren, mit denen ich sehr wenig anfangen kann (was völlig in Ordnung ist). Ich war hauptsächlich mit der Frage beschäftigt, seit wann das Wort Date aktiv im Deutschen verwendet wird. In den frühen 90ern kannte ich es nur im englischen Sprachraum, diese Art hochoffiziellen Rendezvous war mir aus Erzählungen meiner Mutter vertraut, aber nicht aus meiner eigenen Generation. Vielleicht hatte ich es aber auch einfach nicht mitbekommen.
die Kaltmamsell6 Kommentare zu „Journal Donnerstag, 14. April 2011, Berlin-Ausgabe“
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15. April 2011 um 11:31
whats happening love fand ich allerdings auch sehr, hmm sagen wir mal esotherisch…
15. April 2011 um 12:07
“Zuneigungskreis” – tolles Wort!
15. April 2011 um 12:44
Liebe Kaltmamsell, verraten Sie mir den Namen des Restaurants? Damit ich in Berlin endlich mal gut essen gehen kann und nicht von einer Enttäuschung in die nächste rumpele.
15. April 2011 um 12:51
Es ist das Cookies Cream, philine, ist über den Fotos verlinkt.
17. April 2011 um 17:36
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Gerne gelesen
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18. April 2011 um 19:47
Hallo,
vielen Dank für das Lob.
Mit freundlichen Grüßen
Martin Lorber