Journal Donnerstag, 7. April 2011
Donnerstag, 7. April 2011Gezahlt habe ich ziemlich für den Vorabend: Mein Triptan-Nasenspray musste mich vor einer einsetzenden Migräne retten, und als der Wecker um fünf klingelte, reichte meine Konzentration nicht mal dazu, bitte sofort sterben zu wollen.
Aber sie reichte zu Reinigung und zum Ankleiden, vor dem Besteigen des Zuges holte ich mir Wasser (hatte keine leere Flasche mehr daheim und musste böses Flaschenwasser kaufen).
Während meiner Pendlerinnenmonate hatte ich frühmorgendliche ICEs als leer und still kennengelernt, deshalb freute ich mich auf die eine oder andere Stunde nachgeholten Schlafes – mir ging es wirklich nicht gut. Doch das Großraumabteil mit meinem reservierten Platz war ausgebucht, und nicht nur die vier schrill schnatternden Freundinnen hoben den Lärmpegel erstaunlich. Ein halbes Stündchen nickte ich dennoch weg, in diesem Fall holte sich mein Körper wirklich mal, was er brauchte. Danach war ich zumindest fähig, einen Becher Kaffee zu trinken und aus dem Fenster zu schauen: Draußen beschien die aufgehende Sonne märchenhafte Frühlingslandschaften. Arbeiten ging allerdings erst nach zwei weiteren Stunden.
Erste Male: Durchsage im ICE, ob wohl ein Polizist im Zug sei, er möge bitte in das XYAbteil kommen. Wenige Minuten später, ob wohl ein Arzt oder Notfallhelfer im Zug sein, er möge bitte ins Bordrestaurant kommen. Ich wartete auf die folgerichtige nächste Durchsage, ob einer der Fahrgäste wohl einen ICE lenken könne, die kam aber nicht. Wäre vermutlich von den vielen lautstarken Gesprächen im Abteil ebenso ignoriert worden wie die ersten beiden Durchsagen.
Ty. Pisch. Bahn: Der Zug traf auf die Minute pünktlich in der Nähe von Frankfurt ein, wo ich zu einer Fachkonferenz eingeladen war. „Ha, NOCH eine Frau“, fiel mir dort eine junge Dame fast um den Hals. Und was reflexblödle ich? „Prima! Können wir zusammen aufs Klo gehen!“
Sehr viel gelernt auf dieser Konferenz, unter anderem, dass der Dresscode Smart Casual heutztage Jeans und Jacket bedeutet, mit gebügeltem Hemd, aber ohne Krawatte. Also die Tageszeitungsjournalistenuniform für offizielle Termine. (War es zumindest in den 90ern.)
Gehört zu Beratersprech eigentlich auch Beratergrammatik? Wenn ja, dann habe ich ein Beispiel: „Wir haben uns dem Thema angenommen.“ Höre ich immer wieder, und fast ausschließlich aus der Berater- und Beraterinnenecke.
Besucherausweise in Großunternehmen, auch so eine Sache. Wenn sie verpflichtend an einem Halsband hängen, bekommen selbst sehr seriöse Menschen in noch so gut sitzenden Anzügen / Kostümen etwas leicht Kindergartenhaftes. Die Anklipsversionen lassen ihnen viel mehr Würde. Finde ich.
§
Abend mit Freundin über Nudeln und Gesprächen in Kneipe. Dafür, wie die vorhergehenden 24 Stunden verlaufen waren, fühlte ich mich recht fit. Brauche allerdings dringend die eine oder andere Stunde bloß blöd Schauen und Ausruhen, bevor ich nächste Woche für fünf Tage nach Berlin fahre, um fast durchgehend unter Menschen zu sein.