Journal Samstag, 30. April 2011
Sonntag, 1. Mai 2011Der Begleiter ist ein vorsichtiger Reisender und fühlt sich nur mit ordentlich Zeitpuffer zwischen jedem Reiseschritt halbwegs entspannt. Deshalb standen wir früh auf, machten das Ferienappartment Übergabe-bereit (die Haus-Mülltonne konnten wir allerdings nicht finden) und packten die Koffer – trotz einiger Einkäufe ohne Panikepisoden. Währenddessen liefen im Fernseher bei BBC alle Details der Adelshochzeit vom Vortag: Die Bäckerin der Hochzeitstorte im Interview (was natürlich nicht thematisiert wurde, weil dem Publikum selbstverständlich: In all dem Zuckerwerk einer englischen Hochzeitstorte steckt fruit cake, der sich zwar angenehm lange hält, vor allem wenn die Deko Wochen erfordert, aber nicht gerade das ist, was sich z.B. Deutschland unter einer besonders feinen Torte vorstellt), der Komponist der Hochzeitsmusik im Interview, Historiker (das britische Königshaus als positives und einigendes Symbol für Großbritannien), Fotografen (guckt mal, wie bunt das englische Straßenvolk geworden ist), Soziologen (auch Briten iranischer oder afghanischer Herkunft identifizieren sich mit dieser Hochzeit) im Interview. Warten.
Gemütliches Spazieren entlang der Seafront zum Busbahnhof Pool Valley. Warten.
Die junge Fahrerin unseres National-Express-Busses zum Flughafen war ein erfrischendes Gegenstück zum nationalen Stereotyp des allzeit freundlichen und höflichen Briten: Sie hasste ganz offensichtlich ihren Job und hielt Fahrgäste durchwegs für Volltrottel.
Zwischen Brighton und Heathrow fühlte sich der Begleiter in seinem Drängen auf sehr lockere Zeitplanung bestätigt: An der Haltestelle Gatwick gab es keine Personalablösung, wir wurden nach einer halben Stunde Warten alle in einen anderen Bus komplimentiert, dessen Fahrer nicht ganz ortssicher war und sich gründlich in den Eingeweiden des Flughafens verfuhr. Nun weiß ich, dass auch ein Reisebus erstaunliche Strecken rückwärts fahren kann. In Heathrow waren wir trotzdem rechtzeitig genug, dass wir noch historische Tageszeitungen besorgen und zu Mittag essen konnten (Sandwiches, Obstsalat). Auch der Flug hatte Verspätung, sodass ich den Idiotenweibchen-Roman, den ich irregeführt als Reiselektüre eingesteckt hatte, noch vor Start ausgelesen hatte (aber so war ich quitt mit dem Begleiter, der sich ein paar Tage zuvor jammernd durch einen aus Klischees bestehenden Jugendkrimi gekämpft hatte – von seinen Schüler aufgenötigt).
In unserer Abwesenheit hatte meine Mutter verabredungsgemäß die Wohnung so umgestellt, dass der Esstisch einen neuen Platz im Wohnzimmer gefunden hatte. Das war ihr selbstverständlich gelungen, außerdem hatte sie wieder ein bisschen dekoriert – fast ausschließlich mit Gegenständen, die sie irgendwo in unseren Regalen gefunden hatte (Ausnahmen: eine Kerze hier, ein Väschen da, und natürlich frische Blumen). Und unseren Balkon hatte sie bei dieser Gelegenheit auch begrünt. Am Telefon nannte sie bereits Deko-Ideen für den Hochsommer – großartig!
Das war’s jetzt aber mit Tagebuchbloggen und ermüdenden Details eines Durchschnittslebens.
Haben Sie sich schon alle an meiner Umfrage zur Nagelkürzung beteiligt? Wenn Sie noch so nett wären?