Wie man früher an Kuchenrezepte kam
Sonntag, 25. September 2011 um 8:02Früher, liebe Kinder, früher waren es nicht die Foodblogs, die zu neuen Kuchenrezepten inspirierten. Da speicherte man sich noch nicht über die Woche alle interessanten Kuchen oder Torten ab, die man über seinen RSS-Feed gefunden hatte, um am Wochenende den einen oder die andere nachzubacken.
Früher nämlich, liebe Kinder, früher gab es dafür sogenannte „Kaffeekränzchen“. Das war zu Zeiten, als in Familien die Mütter noch nicht für ihren eigenen Lebensunterhalt aufkamen, sondern auf die Geschenke ihrer Ehemänner angewiesen waren. Im Gegenzug erledigten sie alle anfallenden Arbeiten im Familienhaushalt und steckten ihre übrige Energie in das Ausschmücken des gemeinsamen Heimes mit Salzteigbildern, Trockenblumengestecken und getöpferten Stifthaltern, oder sie führten Testreihen durch, wie oft am Tag sich ein Teppich saugen lässt, ein Regal abstauben, ein Fliesenboden wischen. Doch auch zu dieser längst vergangenen Zeit sehnten sich die Mütter nach Geselligkeit über den familiären Kontakt hinaus. Deshalb trafen sie sich hin und wieder nachmittags mit anderen Müttern, um Kaffee und Kuchen einzunehmen, meist an einem Wochentag gegen drei Uhr – nachdem also die Kinder nach der Schule ein Mittagessen bekommen hatten und bevor sie dem Vater nach der Arbeit sein Abendessen vorsetzen mussten. Und dort lernte man interessante Backwaren kennen, für die man sich dann das Rezept geben ließ – ganz früher mit Hand auf einen Zettel geschrieben, später dann schon als Fotokopie einer Originalquelle (gerne eine sogenannte „Frauenzeitschrift“ – was das war, liebe Kinder, erkläre ich ein ander Mal, unter dem Titel „Wie man früher definierte, was eine echte Frau ist“).
Als ich noch klein war, kam meine Mutter einmal von solch einem Kaffeekränzchen mit einem Zettel heim, auf dem das Rezept für „Amerikanische Apfeltorte“ stand. Das Besondere daran, das sie sofort begeistert hatte: Der Apfelkuchen wird umgekehrt gebacken, die Äpfel liegen dabei auf einer Butter-Zucker-Mischung, die sie ein wenig karamellisiert. Gestern habe ich ihn mal wieder gebacken (mit Äpfeln aus dem Garten einer Freundin und Haselnüssen statt den Walnüssen, die ich eigentlich lieber mag – doch diese waren in der ungeöffneten Packung verschimmelt). Hier steht das Rezept.
die Kaltmamsell7 Kommentare zu „Wie man früher an Kuchenrezepte kam“
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25. September 2011 um 9:51
Liebe Frau Kaltmamsell,
ich bin auf der Suche nach dem ultimativem Zwetschgenkuchenrezept.
Ich vermute, dass Sie es besitzen!
Würden Sie es mit mir teilen?
Im Kühlschrank warten drei Kilo vollreifer Zwetschgen auf ihre Bestimmung.
Die sollte sich nur recht bald erfüllen…
Herzlichen Dank!!
25. September 2011 um 9:58
Zwetschgenkuchen, Christine, mache ich so:
https://www.vorspeisenplatte.de/rezepte/zwetschgenkuchen-mit-nussboden.htm
Das beseitigt allerdings nicht allzu viele Zwetschgen.
Mehr gehen für einen Zwetschgendatschi drauf, am allermeisten für Zwetschgenzeugs. Beides habe ich hier beschrieben (wo steht denn Ihr Zwetschgenbaum, dass er vier Wochen später dran ist als unsere oberbayerischen späten Zwetschgen?):
https://www.vorspeisenplatte.de/speisen/2011/08/zwetschgen-2011.htm
25. September 2011 um 12:56
Der Baum steht im Osnabrücker Land, liebe Frau Kaltmamsell! Die Obstuhren ticken hier wohl etwas langsamer:-)
Danke für Ihre Links! So einen Zwetschgendatschi würde ich gerne machen.
Allerdings habe ich neulich einen Hefeteig versemmelt….
Wie gehen Sie zu Werke, dass dann so ein Prachtexemplar wie auf dem Foto zustande kommt?
Ein Hefeteigbereitungsrezept wäre so nett, dass Sie jederzeit ein Stück vom Kuchen ab bekämen !!!
Dankeschön!
25. September 2011 um 15:20
Hier steht ein Grundrezept, Christine, so gehe ich auch vor.
http://www.kuechengoetter.de/rezepte/verschiedenes/Grundrezept-fuer-Hefeteigboden-2292817.html
Nur dass ich den Boden lieber dünner mag, deshalb meine Zutaten
400 gr Mehl
1/2 Würfel Hefe
75 gr Zucker
75 gr Butter
1 Ei
Prise Salz
1/8 l Milch.
25. September 2011 um 15:45
So alt können Sie doch gar nicht sein, dass Sie sich noch an diese Zeit der Rezeptübermittlung erinnern können.
25. September 2011 um 17:18
Wundervoll, jetzt könnte es klappen!
Ganz herzlichen Dank aus dem Norden!!
27. September 2011 um 9:58
Ooooh…. ein ganz ähnliches Rezept für einen gestürzten Obstkuchen habe ich von einer alten Nachbarin, einer früheren Kölnerin und Holocaust-Überlebenden, die mich in meinen ersten Jahren in Israel unter die Fittiche nahm. Sie hat meinen Eltern selbstgemachten Wein geschenkt, mir die besten Hamanohren (Hamantaschen) beigebracht, die es überhaupt gibt, mir bei meinem ersten Sohn Mittel gegen chronische infantile Matratzenfurcht erklärt und mir bei einer Mastitis den Busen mit kalten, nassen Spucktüchern bandagiert. Ehre ihrem Angedenken!
Tatsächlich wird gerade dieser Tage ein Heft voll, das ich von meiner Schwiegermutter noch vor der Hochzeit geschenkt bekommen habe. Ein extra Sammelheft für Rezepte. Darin notiere ich seit Jahr und Tag auf, was mir vor die Flinte kommt. Auch Kaltmamsells Bagel sind drin. Das Heft ist gewissermaßen ein Abbild meines Lebenslaufs. Schokoladenkuchen Zippi – Obstkuchen Chana – Maisauflauf Gila – eingelegte Oliven Imtias – jede Menge Erinnerungen sind an dieses Heft geknüpft, Erinnerungen an Menschen und Mahlzeiten.
So hat man früher Rezepte gesammelt, und so sammle ich sie immer noch. Wenn das Heft voll ist, noch zwei Seiten!, was mach ich dann?