Ein zweiter Urlaubstag
Samstag, 1. Oktober 2011 um 7:49An den ersten Urlaubstagen habe ich immer das Bedürfnis, so viele Dinge wie möglich zu tun, die ich an Arbeitstagen nicht tun kann. Also radelte ich heute (nach wiederum viel zu frühem und sehr müdem Aufwachen) zu meiner liebsten Stepstunde. Trotz mangelnder Konzentration (zu wenig Schlaf, nehme ich an) hatte ich viel Vergnügen daran. Allerdings musste ich anschließend dieses in der Umkleide entdecken.
Das ist das Krankste in diesem ganzen Abnehmirrsinn des Fitnesssystems: Um die Wette hungern. Werde anregen, die Unterdisziplin Erbrechen einzuführen.
Umso lustvoller ging ich den nächsten Punkt meines Tagesplans an (Ja, leider habe ich sowas. Praktisch immer.): Frühstücken gehen. Ich setzte mich ins Forum – die Frühstücke hier haben genau meine Art von Opulenz.
Lediglich den Brotkorb musste ich wegen Geht-nicht-mehr ungegessen zurückgeben.
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Daheim räumte ich endlich meine restlichen Order mit Uni-Material aus dem Keller, um Platz für die Weinlieferungen aus Gols zu schaffen. Selbst das reine Verklappen des Papierinhalts erinnerte mich daran, wie interessant meine Forschungen waren und meine Seminare – auf Studentinnen- wie auf Dozentinnenseite. Wieder mal fragte ich mich, ob es nicht doch einen Weg gegeben hätte durchzuhalten.
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An einem normalen, sonnigen Nachmittag könnte man sich doch mal das diesjährige Oktoberfest anschauen, äußerte ich eher versuchsweise. Der Mitbewohner nahm mich beim Wort, also taten wir das. Schlenderten durch die eine oder andere Gasse (es sind tatsächlich etwa 50 Prozent der Leute dort in Bayer-Kostüme verkleidet), fuhren eine Runde Riesenrad.
Und dann sah ich das Motodrom: Steilwand-Motorrad-Show. Am Vortag hatte mir Herr Mittagesser ganz begeistert erzählt, wie atemberaubend und unvorstellbar das sei – ich wusste nicht mal, dass es sowas noch gibt! Ich hatte beim Zuhören Männer in ihren fliegenden Kisten vor Augen und Jahrmärkte von Ray Bradbury. Also gingen wir rein, und der Mitbewohner ergänzte umgehend die Assoziation Elvis Presley. Ich war tatsächlich mauloffen begeistert: Steilwand heißt wirklich bretterne Steilwand, die Fahrer und die Fahrerin kletterten auf ihren waagrecht kreisenden Maschinen herum wie Voltigierer auf senkrechten Pferden. Gleichzeitig wirkte das Ganze komplett anachronistisch mit seinem knatternden Motorenlärm und Abgasgestank – ich sah Nachkriegsatmosphäre: Eigentlich hätten sich als Zuschauer feiste Schwarzhändler in Trenchcoats und mit Hüten über die Brüstung beugen müssen.
Als ich dem Tippgeber dankte, stellte sich heraus, dass er nicht das Motodrom, sondern „Pits Todeswand“ gemeint hatte – oh mein Gott: Es gibt zwei davon!
Wir machten uns auf den Heimweg, sahen ein wenig kreischendem Volk in Karussels zu, ich bekam eine Schokobanane, er Türkischen Honig. Wir begegneten nochmal jungen Männern in Karohemden und Lederhosen, die unvermittelt stehen blieben, den Mund aufrissen und unartikulierte Brüller ausstießen. Genug Oktoberfest.
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Heute fliege ich für ein paar Tage nach Fuerteventura – spontane Buchung, um mich daran zu hindern, meinen Urlaub Tag für Tag zu verschieben. Ich hoffe, das Wetter ist dort so gut wie in München und dass es irgendwo Internetzugang gibt.
die Kaltmamsell9 Kommentare zu „Ein zweiter Urlaubstag“
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1. Oktober 2011 um 8:02
Liebe Frau Kaltmamsell,
ich wünsche Ihnen goldene Inseltage, ganz der Erholung und Freude gewidmet.
Lassen Sie es sich gut ergehen!
1. Oktober 2011 um 8:22
Na dann, Sonne satt und einen wunderschönen Urlaub!
Vielen Dank auch fürs Mitnehmen beim ersten Urlaubstag.
Und das vehemente Einsetzen für Appetitlichkeit als Lebensqualität – *Unterkategorie Erbrechen* :), tsss, böse Frau Kaltmamsell ;O)
1. Oktober 2011 um 12:10
ja diese schwarzmarktmänner hab ich noch in erinnerung als ich meine eltern darüber tuscheln hörte, daß diese typen sich solche eintritte leicht leisten könnten.
spüre noch wie mein vater mich über die brüstung hob um die fahrer zu sehen. einsaugender trichter tat sich mir auf. war da nicht auch irgend eine “blonde sowieso” als einzige frau in der steilwand. damalige wiesenbesuch waren sehr vom verzicht, zu mindest in meiner familie, geprägt und im anschauen von kostenlosen darbietungen wie die “zubanschau” oder der “elektro john” beim recomandieren von zahlenden zuschauern. d´ wiesn war halt anders
1. Oktober 2011 um 18:54
Einen wunderschönen erholsamen Urlaub ohne Gedanken an die Arbeit wünsche ich.
2. Oktober 2011 um 23:32
Im Gegensatz zu Ihnen finde ich Gewicht reduzieren und auch ein gewisser Verzicht, nix anderes ist “Diät”, als nicht per se schlimm und sozial induziert. Aber ein Wettabnehmen auf 6 Wochen ist nicht nur krank, es macht krank. Für mich wäre das ein Grund das Studio zu wechseln. Denn das ist genau das Gegenteil von “Gesundheit und Fitness”, denen sich Sportstudios eigentlich verpflichtet fühlen sollten.
3. Oktober 2011 um 17:14
@ Richard.
An den Elektro John kann ich mich auch noch gut erinnern. Ist der nicht dagestanden mit ausgestrecktem Zeigefinger und hat den Arm wie ein Roboter ruckweise von links nach rechts bewegt? Er konnte auch Stromstösse von zigtausend Volt aushalten.
Ich war völlig fasziniert. Aber angeschaut wurde nur von aussen. Es gab auch höchstens Türkischen Honig und einen Schnitz Kokosnuss, eine Portion für alle.
An die Todeswand kann ich mich auch erinnern.
3. Oktober 2011 um 18:35
@waltraut
richtig, vor allem diese zigtausend… haben mich sehr beeindruckt weil doch zu hause schon 220 volt als lebensgefährlich dem aufmerksamen knaben eingetrichtert wurde.
kokosschnitz ist auch heute noch beim rausgehen von der wies`n ein muß
3. Oktober 2011 um 22:16
Ach, ich beneide Sie ein wenig. Ich wäre auch gern aufs Oktoberfest gefahren, Achterbahn und Schießbude und gebrannte Mandeln. Natürlich mit meinem weiß-blauen Dirndl mit Herzchentascherl und Zöpfen ordentlich als Japanerin in München verkleidet.
4. Oktober 2011 um 21:27
Ich würde Ihnen, Modeste, eigens ein Lebkuchenherz anfertigen lassen mit der Aufschrift: “Oktifest rulz”. (Was ich mir in Wahrheit insgeheim selbst wünsche.)