Mariana Leky, Die Herrenausstatterin

Mittwoch, 25. Januar 2012 um 10:25

Falls Sie sich wundern: Ja, ich habe zwei Wecker, beide etwa 13 Jahre alt. Nur dass beim alten Braun die Weckfunktion seit vielen Jahren kaputt ist und ich auf dem Funkwecker mit Digitalanzeige nachts die Uhrzeit nicht erkenne. Also nutze ich den Funkwecker zum Wecken (außerdem informiert er mich über die Temperatur) und die Analoganzeige des anderen zum Ablesen der Uhrzeit. Erst wenn einer von beiden gar nicht mehr funktioniert, suche ich einen neuen.

Fantastische Elemente in Romanen sind schwierig, selbst wenn sie als magic realism angelegt sind: In einer sonst alltäglichen und realistischen Umgebung rutschen sie leicht ins Niedliche, vor allem in Frauenromanen. Und das ist vermutlich mein Problem mit Die Herrenausstatterin von Mariana Leky. Die Ich-Erzählerin Katja hat ihren Mann verloren, erst an eine andere Frau, kurz darauf an den Tod. Ihre überforderte Psyche fantasiert sich daraufhin zwei Männer herbei, von denen der eine zumindest ein Pendant in der Realität zu haben scheint: Den gepflegte alte Herr Blank, soeben verstorben und nun auf dem Rand ihrer Badewanne sitzend, und den Feuerwehrmann Armin, dessen Auftauchen in ihrer Küche ebenso wenig erklärt wird. Der realism dabei ist, dass sie in ihrem Alltag damit problemlos durchkommt. Das funktioniert erzählerisch nur durch einen gewissen launigen (Sie merken vermutlich, dass ich überdurchschnittlich empfindlich auf deutsche Launigkeit reagiere) Frauenbuchtonfall, der allerdings auf die meisten Leserinnen den Effekt der Tragikomik zu haben scheint – darauf lässt zumindest das Echo in Blogs und Frauenzeitschriften schließen. Zu meinem großen Bedauern funktionierte das bei mir nicht: Mich machte der Roman ratlos – ein interessanter Versuch, die Verarbeitung von menschlichem Leid zu schildern, aber für mich recht beliebig. Ich bin auch bis zum Schluss nicht mit der Erzählerin warm geworden, habe sie nicht zu fassen bekommen. Ihre Wortwahl und Bildlichkeit waren immer wieder unkonventionell genug, um mich bei der Stange zu halten, aber ich bekam kein Gefühl dafür, wer diese Katja eigentlich ist.

Mit ein wenig gutem Willen lasse ich mich von der Herrenausstatterin an Peter S. Beagles A Fine and Private Place erinnern – auch darin helfen Tote einer Frau über einen Verlust hinweg.

tl;dr Nicht schlecht, aber nicht mein Fall.

die Kaltmamsell

6 Kommentare zu „Mariana Leky, Die Herrenausstatterin

  1. AnkeD meint:

    Ich verstehe das sehr gut, Launigkeit ist eine Plage, die verursacht, dass ich über längere Zeiträume weibliche Autoren meide, gerade deutschsprachige. Ich krieg’ einfach die Motten, früher gab man der geplagten Hausfrau “Frauengold”. http://de.wikipedia.org/wiki/Frauengold

    Heutzutage lesen wir Frauen ja lieber mal aufbauende, leichte, spaßige Bücher, gerne auch mit viel Frauensolidarität, damit wir uns besser fühlen.

    Ist ja jetzt wohl etwas überzogen von mir, aber es nervt mich schon ganz oft, was man da verkauft bekommt. Ja, Frau Marian Keyes and vor allem Frau Hera Lind, ich meine besonderes Autorinnen wie Sie!

  2. waltraut meint:

    tl;dr – das muss ich mir merken. Obschon ich nichts gegen dicke Bücher habe.

  3. Frau-Irgendwas-ist-immer meint:

    @waltraut
    Wenn man/Frau mit dem Buch nicht warm wird ist es immer ‘tl’! ;-)

    Werte Frau Kaltmamsell, danke für diese Buchbesprechung.

  4. die Kaltmamsell meint:

    Das tl;dr habe ich mir von Sascha Lobos Spon-Kolumnen abgeschaut – werde ich künftig häufiger für Zusammenfassungen meiner Blogpostings verwenden.

  5. philine meint:

    Was heisst denn: tl;dr????

  6. walküre meint:

    Es bedeutet wörtlich “Too long; didn’t read”.

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