Der 70. Geburtstag meines Vaters in Bildern
Montag, 19. März 2012 um 10:06(statt Fotos mit echten Menschen)
Der Mitbewohner, der in der Regionalbahn nach Ingolstadt den riesigen Plastikbehälter mit der von mir erstellten Schwarzwälder Kirschtorte balanciert.
Die jüngere Schwester meines Vaters, tía Luci, die ich seit über zehn Jahren nicht mehr gesehen hatte, wie sie klein und mit den typisch hängenden Schultern im sonnendurchfluteten Wohnzimmer meines Elternhauses steht. Sie und der ältere Bruder meines Vaters, ebenfalls aus Madrid angereist, haben tiefe Furchenfalten – im Gegensatz zu meinem Vater, der mich mit einem glatten Rentnergesicht anlacht.
Alle Terassentüren stehen offen, der Reihenhausgarten meiner Eltern erblüht in Krokussen, Schneeglöckchen, Märzenbechern, Josephsblümerln.
Der ältere Vaterbruder, tío Felix, wie er meinem Neffen 2 Kartentricks zeigt, so richtig mit großer Show. Neffe 2, auf Tracht gestylt, ist sehr bemüht, sich auf keinen Fall beeindruckt zu zeigen.
Tío Felix, der mich zu einem baldigen Spanienurlaub zu überreden versucht und mir detailliert aufzeigt, welche Ferienmöglichkeiten er und seine Söhne mir bieten können, von einem Wochenendhaus vor den Toren von Madrid bis zu einer Rundreise durch Galicien.
Die Kaffeetafel, an der tía Luci von ihrem Bruder tío Felix nur durch die Schwägerin getrennt sitzt und wie sie sich dennoch darüber in die Haare bekommen, ob die Gewerkschaften nun das Verhängnis der spanischen Wirtschaft sind (tía Luci) oder ihre einzig mögliche Rettung (tío Felix). Wahrscheinlich strahle ich gegenüber übers ganze Gesicht, weil mein inneres Bild meiner spanischen Familie sich dadurch perfekt mit der Wirklichkeit deckt.
Mein Vater, wie er die gemeinsamen Geschenke von meiner und der Familie meines Bruder auspackt – und sofort an dem Bildband mit historischen Fotos von Madrid hängenbleibt (Treffer!).
Das Innere der aushäusigen Fest-Lokalität, in der wir den Auftritt von Bruderfamilie und mir nochmal kurz proben. Bin ganz bezaubert von der Design-Kombination aus Skihütte, Tierpräparatorwerkstatt und Diskokugel.
Die drei Geschwister tío Felix, Vater, tía Luci aufgebrezelt im Windfang meines Elternhauses abends kurz vor der Abfahrt zu ebenjener Lokalität: Felix in Anzug und Krawatte, Luci in Schwarz (ihrem Witwentum geschuldet?), Vater in langer Hirschlederner und Trachtenhemd (Trachtoides hat man in der Provinz sehr als Uniform für Familienfeiern). Ich hoffe, die Fotos von dieser Dreiergruppe sind per Nachbearbeitung zu retten, das Licht war sehr ungünstig.
Das Gewirr der fast 60 Gäste im Festraum, alle mit Sekt in der Hand. Naturgemäß haben die meisten ungefähr das Alter meiner Eltern, und sie altern durchwegs großartig. Schöne ältere Frauen (so richtig steinalte sind noch keine dabei), strahlende ältere Männer, die Atmosphäre ist voller Zuneigung und Leben. Viele der Elternfreunde habe ich schon lange nicht mehr gesehen, freue mich über ihr offensichtliches Wohlbefinden.
Die bajuwarisch gedeckten Tische mit Brezenbäumen, Radieserln, Brotaufstrichen.
Die Nifften mit ihren musikalischen Einzelauftritten vor dem Essen, begleitet von ihrer Frau Mama am E-Piano: Neffe 2 mit Gitarre (etwas derart Spanisches, dass einem schier die Kastagnetten von allein in der Hosentasche aufgehen), Nichte mit der Geige, Neffe 2 singt.
Die beiden sehr aufmerksamen bedirndelten Bedienungen.
Das herzhafte Vorspeisenbuffet inklusive viel Grünzeug. Die spanische Tante ratlos davor, selbst als ich ihr erklärt habe, was was ist.
Mein leerer Teller, die Anspannung macht mich appetitlos.
Die Witwe des letztes Jahr tödlich verunglückten Familienfreundes, der ich zum ersten Mal seither begegne und die mich schier nicht aus ihrer Umarmung lassen will. Wir flüchten uns in eine Unterhaltung über unser jeweiliges aktuelles Aussehen, sind uns einig, dass ihr das weißblond gebleichte, kurze Haar sehr gut steht.
Das Bratenbuffet als Hauptgang, von Ente und winterlichem Wurzelgemüse nehme auch ich mir.
Der eigene musikalische Auftritt mit meiner Mutter und der Bruderfamilie. Auf der Generalprobe hatte ich die Nifften noch angewiesen: „Wenn alles schief geht, einfach niedlich gucken.“ Doch zum einen geht nichts wirklich schief, zum anderen stürzt in den Schlussakkord die Dialeinwand auf die kleine Bühne.
Einlage der Gruppe ältester Familienfreunde, wie mein Vater als Gastarbeiter nach Deutschland gekommen: Als Engel und Teufel verkleidet fassen sie die guten und schlechten Seiten seiner jetzigen Lebensphase zusammen.
Auftritt des „Clique“ genannten Freundeskreises der Eltern, mit dem sie sich oft treffen und viel unternehmen: Ein kleines Singspiel mit Pointe, das nichts mit dem Jubilar zu tun hat. (Gerichtsprozess wegen nicht geleisteter Unterhaltszahlungen an eine junge Frau, die der Angeklagte verführt haben soll. Antworten des Angeklagten werden von Chor in Form von Schlagertiteln gesungen. Handlung und Wortlaut deuteten auf einen Ursprung der Nummer in den 60ern.)
Nachspeisenbuffet in Gläschen, dabei zusätzlich eine Geburtstagstorte der Clique, die mit einem Gedicht auf den Jubilar präsentiert wird. Auf einem Tablett 70 kleine Kerzen, die mein Vater mit Hilfe seiner Enkel ausbläst.
Mein lieber Bruder, der wohl sieht, dass ich unprogrammgemäß noch deutlich vor Mitternacht totmüde und bis in die Knochen erschöpft bin und anbietet, mich vorab zur Übernachtungsgelegenheit zu fahren.
Schneller Abschied von meinen Eltern und den spanischen Verwandten mit dem Versprechen, vor der Abreise am nächsten Tag auf einen Schwatz vorbeizuschauen. Der Mitbewohner und die Nichte kommen gleich mit.
die Kaltmamsell18 Kommentare zu „Der 70. Geburtstag meines Vaters in Bildern“
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19. März 2012 um 10:36
Sehr schön und bildhaft beschrieben. Und zu den Fotos: Wenn sie zu dunkel sind, lässt sich fast alles retten, bei zu hell wird es schon schwieriger, aber auch machbar.
19. März 2012 um 12:40
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19. März 2012 um 12:54
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19. März 2012 um 12:56
Wunderbar.
und: hören Sie auf Tio Felix, packen Sie die Koffer und fahren Sie nach Madrid und Galicien.
Wenn Sie noch nicht dort waren. (alberner Vorschlag, ich wollte sagen: toll. Ich war nur wenige Tage dort aber auf den ersten Blick in Galicien verliebt.)
19. März 2012 um 13:05
Sehr lebhafte und bildliche Darstellung der Anwesenden… Was hindert an einem Madridurlaub? Ich selbst habe mich letztes Wochenende von meinem Wegbegleiter einladen lassen und muss gestehen, dass es ein wunderbares Erlebnis der Auszeit war, immer und immer wieder einfach nur zu empfehlen.. vor allem so vor der Saison.
19. März 2012 um 13:28
So ein runder Geburtstag steht mir dieses Jahr auch noch vor, allerdings bin ich dann die zu Feiernde. Aber es muss ja nicht so furchtbar werden, Ihr liebevoller Bericht hat mir Mut gemacht.
19. März 2012 um 14:30
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19. März 2012 um 14:38
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19. März 2012 um 14:47
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Made my day
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19. März 2012 um 14:54
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19. März 2012 um 15:18
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19. März 2012 um 15:36
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19. März 2012 um 16:09
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19. März 2012 um 18:53
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19. März 2012 um 22:37
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20. März 2012 um 0:53
Familienfeiern sind ganz besondere Punkte auf der persönlichen Timeline: Man trifft viele (manchmal: alle) Verwandten, mehr oder weniger viele Freunde des zu befeiernden Verwandten – und kann dabei manchen Blick auf die Timelines werfen, die einen so umgeben, dabei auch sinnieren (oft erst hinterher), inwiefern diese parallel, gerade, krumm, eher näher oder eher weiter weg verlaufen sind. Und wie es in der Geometrie manchmal so ist: Auch diese anderen Linien tragen etwas zur Definition der eigenen bei.
Wollte sagen: Sehr gerne gelesen.
20. März 2012 um 12:38
Liebe Kaltmamsell, ich hätte das ja nie erwartet, aber Ihr wunderschöner Bericht weckt in mir (fast!!) das Bedürfnis, sofort nach Hause zu gehen und ganz viele Kinder zu machen, um am 70. auch eine so große und großartige Familienfeier zu erleben. Sehr gerne gelesen.
25. März 2012 um 16:51
spät, aber sehr gern gelesen. warm ums herz. danke!