Gemischte bunte Schnipsel (also Konfetti?)
Mittwoch, 18. April 2012 um 9:59Am Sonntag absolvierte ich meine erste Erstkommionfeier seit 1982 (damals war es die meines kleinen Bruders): Neffe 2 war dran. Die Einladung zur Feier von Neffe 1 hatte mich seinerzeit so kurzfristig erreicht, dass ich für den Termin bereits Urlaub gebucht hatte. Das Kommionkind hatte sich selbst gekochtes Essen und eine große Festgesellschaft gewünscht, also versorgten mein Bruder und seine Frau unterstützt von Familie im großen Wohnzimmer des Oma-Hauses eine fast 30-köpfige Gesellschaft mit Leberspätzlesuppe, Schweinsbraten mit Knödel und Spätzle und Blaukraut und Salaten sowie Schokoladen-Mousse – eine beachtliche logistische Leistung. Später zu Kaffe und Kuchenbuffet kamen noch mehr Gäste. Das Kommionkind freute sich über Geschenke (von Fotoapparat bis BMX-Fahrradausstattung) und war sehr beseelt, erzählte mir, dass er jetzt jeden Sonntag in die Kirche gehen wolle. Mein Bruder berichtete allerdings, dass ihm die Sache mit der Beichte so nahe gegangen sein, dass er einige Nächte sehr schlecht geschlafen habe. Oh ja, ich werde dieses Kommionkind sehr wohl in acht bis zehn Jahren an das Geschäft Mousse au chocolat gegen Gespräch über Religion erinnern.
§
So greislig und kalt, wie das Wetter am Wochenende war, blieb es auch am Montag: Ich konnte nicht mit dem Rad in die Arbeit fahren, sondern musste mich dem Ferienende-Chaos der Münchner U-Bahn aussetzen. Der Münchner Verkehrsgesellschaft MVG habe ich all die Jahre die Stange gehalten, auf die U-Bahnen konnte ich mich immer verlassen (Unwägbarkeiten wie Idioten auf den Gleisen ausgenommen), habe sie sogar ganz besonders gern. Doch die letzten Monate stellten meine Loyalität sehr auf die Probe: Die Münchner Verkehrsgesellschaft bekommt Schäden an den U-Bahnen nicht in den Griff. Ich bin sicher nicht die einzige Passagierin, die jedem Türenschließen hinterherlauscht, ob ein ganz bestimmtes Zischen ankündigt, dass wieder irgendwas nicht stimmt und der Fahrer gleich darum bitten wird, alle Türen nochmal zu öffnen.
Gestern und heute regnete es nicht, ich radelte hinaus an den Rand Schwabings ins Büro.
§
„Aber bei mir (meinem Kater / meiner Tochter / meiner Nachbarin) hat’s gewirkt!“
Eben. Hören wir also endlich mal Homöopathen selbst zu. Der Guardian hat Zitate gesammelt.
via @lyssaslounge
§
Ach, und weil wir gerade bei der ehemaligen Lyssa sind: Hier gibt es eine sehr schöne Geschichte über sie, „Katharina Borchert: Von der Bloggerin zum Spiegel-Online-Chef“ (wobei sie selbstverständlich Chefin ist, nicht Chef).
Der Artikel weckt auch Erinnerungen, leider unangenehme. Ich gestehe: Die Niedertracht und die Gehässigkeit, mit denen einige Bewohnerinnen und Bewohner meiner (!) Blogwelt damals über Lyssa herfielen, haben mich so nachhaltig erschreckt, dass ich bis heute nicht darüber hinweg gekommen bin.
die Kaltmamsell18 Kommentare zu „Gemischte bunte Schnipsel (also Konfetti?)“
Sie möchten gerne einen Kommentar hinterlassen, scheuen aber die Mühe einer Formulierung? Dann nutzen Sie doch den KOMMENTAROMAT! Ein Klick auf einen der Buttons unten trägt automatisch die gewählte Reaktion in das Kommentarfeld ein, Sternchen darüber und darunter kennzeichnen den Text als KOMMENTAROMAT-generiert. Sie müssen nur noch die Pflichtfelder "Name" und "E-Mail" ausfüllen und den Kommentar abschicken.
18. April 2012 um 19:57
Seltsamerweise habe auch ich unlängst wieder an die Hasstiraden gegen Lyssa denken müssen – eine klassische Sammlung der Anwürfe, mit denen Frauen gerne konfrontiert sind, wenn sie beruflichen Erfolg haben.
Wien ist anders: Bei uns werden in allen Garnituren die Türen bei Problemen automatisch wieder geöffnet, aber auch das kommt selten vor. Gegebenenfalls aussteigen und anschieben müssen aber die Passagiere in Münchner U-Bahnen nicht, oder doch ?
“Erstkommion” – heißt das in Bayern tatsächlich so ? Hierzulande: Erstkommunion.
edit: Jööö ! Die Strudlhofstiege ! Mein Kompliment, Frau Kaltmamsell.
18. April 2012 um 21:55
Kommionskind? Interessant, aber die Bayern wissen das sicher besser. Ich kenne (aus Westfalen) auch nur Kommunionskind.
19. April 2012 um 6:28
Oh, ich dachte, wir alle hätten uns hier in den Kommentaren geeinigt, dass das in Wirklichkeit “Kommion” heißt.
19. April 2012 um 7:55
Ich freue mich schon auf Ihre Rezension der Strudlhofstiege – ein Buch, dass ich seit Ewigkeiten lesen will…
19. April 2012 um 9:04
Also echt werte Frau Kaltmamsell, das mit der Münchner U-Bahn ist doch wohl jammern auf hohem Niveau.
Ich lade Sie gerne zu einer Reise mit der Berliner BVG ein, umsteigen und Busersatzverkehr gerne mit eingeschlossen, von verkürzten oder ausfallenden S-Bahnen nicht zu reden … tzz … Türen die manchmal nicht schließen … tzz
19. April 2012 um 9:13
Die Besprechung der Strudlhofstiege ist schon halb geschrieben, Julia, obwohl ich noch nicht mal bei der Hälfte bin – sie fällt auf jeden Fall enthusiastisch aus. Einfach mal loslesen ohne Blick aufs Ankommen: Das Buch ist ein Spaziergang durch das Wien einer vergangenen Zeit.
Es ist halt das Klagen von jemandem mit besseren Erfahrungen, Frau-Irgendwas-ist-immer. In Berlin erwarte ich gar nicht erst Pünktlichkeit und Komfort, in Argentinien wäre ich ja auch darauf gefasst, das die Abfahrtszeit eines Zuges “morgen” ist.
20. April 2012 um 15:30
Argentinien!? Morgen! In Portugal kommt es vor, daß es Bushaltestellen mit Fahrplan gibt, nur fährt dort seit jahren überhaupt kein Bus mehr und Einheimische behaupten dann, der Bus habe nur Verspätung. Die allerdings dauert dann schon seit Jahren.
Aber Sie haben mit dem MVG schon recht, immer wenn ich öffentlich unterwegs bin, funktioniert unter Garantie irgendwas nicht, von Verspätungen/Baustellen und ähnlichen Unbillen ganz zu schweigen. Vor allem die Taktung zwischen U4/U5 und U2 ist abends eine schiere Katastrophe.
20. April 2012 um 16:53
Oh ja, diese Tiraden haben mich damals auch sehr schockiert – unverständlich war das. Ich hab übrigens noch ein Lyssabild gefunden.
http://www.lisaneun.com/01-bilder/log/2006-08/mh-07.jpg
20. April 2012 um 17:30
Ja, daran kann ich mich auch erinnern. In dem verlinkten Artikel stört mich allerdings die Phrase »Vom-Tellerwäscher-zum-Millionär«. Die passt einfach nicht.
21. April 2012 um 1:07
Ein Problem ist doch, dass “Der Westen” auch den Zweck hatte, jede Menge Print-Redakteure im Lokalen zu entlassen, weil ja Online angeblich alles besser kann.
Andere Unternehmen holen Unternehmensberater, die die Kündigungswelle für unvermeidlich erklären, der WAZ-Konzern nahm zur Abwechslung eine Bloggerin. Das oben verlinkte Porträt hat übrigens keine Medienjournalistin geschrieben, sondern eine, die “über erfolgreiche und gescheiterte Start-ups” (Xing) schreibt. Passt ja auch irgendwie.
Die Langfassung ist dort: http://www.medienmoral-nrw.de
21. April 2012 um 7:36
Selbst wenn das gestimmt hätte, Irene (ich will nicht von vorne anfangen, dazu hat Lyssa damals ausführlich Stellung genommen, was einfach mal kurz als Lüge abgetan wurde), hätte es nicht Niedertracht und Gehässigkeit gerechtfertigt.
21. April 2012 um 9:12
Naja, dieser Tellerwäscher-Kitsch rettet ja auch nichts mehr.
Die Peitschen-Borchert stammte übrigens von einem LKW-Fahrer. Eignet sich also nur bedingt zur ewigen (Selbst-)Anklage für den akademischen Teil der Blogosphäre, den wir so kennen.
21. April 2012 um 11:52
Dann nehmen wir doch einfach Sie als Beispiel für die Academia, Irene: Woher kommt speziell Ihre Aggression Lyssa gegenüber, Ihr Drang zu Häme?
21. April 2012 um 20:17
Ich bin nicht hämisch, eher etwas lakonisch. Ich finde den Peitschen-Ausdruck und den Tellerwäscher-Mythos gleichermaßen kindisch, die sind es beide nicht wert, ewig weitergetragen zu werden. Eine gültige Wahrheit über den Westen, in dem Sinn, dass dieses stimmt und jenes nicht, haben wir doch beide nicht. Wir haben halt verschiedene Dinge mitbekommen.
21. April 2012 um 21:02
Weil ich gerade bei Verwandten bin: Vielleicht mag ich einfach nicht bei Legendenbildungen mitmachen.
21. April 2012 um 21:32
Oh, gut dass das Fenster noch offen ist, mein Kommentar ist abgeschnitten. Nochmal anders ansetzen.
Tellerwäschermärchen: Sie wird sich schon irgendwie für den Job qualifiziert haben, sonst hätte sie ihn ja nicht gekriegt. Ob ich das alles persönlich nachvollziehen kann oder nicht, ist ja nicht relevant. Der Artikel tut aber so, und vielleicht dachten damals ja viele so, als ob Lyssa bescheiden vor sich hingebloggt hatte, und auf einmal ruft der Märchenprinz aus dem fernen Westen an und holt sie in sein WAZ-Schloss. Sissi-Musik einblenden. Wer es so naiv sah, konnte vielleicht gar nicht anders als sich zu fragen: Warum die und nicht ich? Vielleicht kamen ja daher einige Überreaktionen. Oder die eine wohlwollende, irgendwie schwesterliche Variante. Dieses Eine-von-uns-Ding war aber Quatsch, die gehässige Variante genauso wie die loyale.
21. April 2012 um 21:37
Ach so, Irene: Ihr Groll richtet sich also gegen den Artikel und seine Autorin, gar nicht gegen seinen Gegenstand (und Sie wissen ja als eine vom Fach, wie gering der Einfluss dieses Gegenstands auf die Endversion des Artikels ist). Also Missverständnis, ich entschuldige mich.
21. April 2012 um 22:22
Ja, wir haben z.T. aneinander vorbei geschrieben. Vielleicht lasen sich meine Beiträge auch so, als ob ich mit “Westen” nur Lyssa meine, das ist aber nicht so, weil es ja noch andere Verantwortliche gibt.