Zu den ewigen Wahrheiten der Frauenverblödungsgazetten gehört neben „Dünner ist besser. Immer.“ und „Hübsch ist wichtiger als schlau“ auch „Jünger ist besser als älter. Immer.“ Daher die vielen Tipps, wie weiße Haare, Falten und erschlaffendes Gewebe zu verbergen oder gar zu vermeiden sind. (Wobei „Suchen Sie sich eine andere Quelle Ihres Erbguts!“ interessanterweise nie dabei ist. Nun – offensichtlich trauen sich nicht mal Frauengazettenredakteure das Raum-Zeit-Kontinuum zu ignorieren.)
Aus irgendeinem Grund stimme ich diesen ewigen Wahrheiten nicht so recht zu, auch das schiebe ich notfalls auf meinen frühen Kontakt mit Altgriechisch (zugegeben: von der ersten bin ich ziemlich lange nicht losgekommen). Unter anderem sehe ich lieber älter und interessant als jünger und langweilig aus. Und beobachte mein Älterwerden mit aufmerksamem Interesse.
In den vergangenen zwei bis drei Jahren entdeckte ich an mir einige Alterungserscheinungen, auf die ich nicht gefasst war – weil sie von Frauengazetten verschwiegen werden. Bevor ich auch nur die ersten Altersflecken auf den Händen bekam (treten durchaus schon Anfang 40 auf, unter anderem bei meiner Mutter), zeigten sich:
– Furchen im Ohrläppchen
– verformende Füße
– alte Zähne
– knackende Gelenke
– unebene Nägel
An richtig alten Menschen kannte ich durchaus, dass die Ohrläppchen erst eine Mittelfalte hatten, im hohen Alter dann mehrere Furchen. Doch eines Morgens, als ich mir Ohrhänger in die vor vielen Jahren zu diesem Zwecke eingebohrten Löcher steckte, bemerkte ich genau solch eine Mittelfalte. Aha, dachte ich, ist es also schon so weit.
Ich habe das große Glück nahezu beschwerdefreier Füße. Klar, hohe Schuhe kann ich schon lange nicht mehr einen ganzen Tag tragen, weil meine Ballen bald Messerschneidesignale senden (und ich immer an das Andersenmärchen von der Meerjungfrau denken muss). Doch in bequemen Schuhen kann ich gehen und wandern, solange ich will. Gleichzeit sehe ich aber meinen Füßen zu, wie sie immer weiter auseinanderlaufen, wie sich die Zehen ganz langsam drehen – um die Knochenachse und horizontal.
Auch mit meinen Zähnen habe ich Glück: Bislang blieb mir großes Leid erspart. Und doch sieht man meinem Lachen auch ohne das restliche Gesicht an, dass diese Zähne schon einige Jahrzehnte gekaut haben. Sie sind ein wenig abgenutzt, ein wenig verfärbt – gebraucht eben.
Gelenke knacken schon früh, vor allem Knie und Fußgelenke hört man oft auch bei jungen Menschen. Die Alterung besteht darin, dass immer mehr Gelenke knacken. Als vor etwa drei Jahren zum ersten mal aus meiner Lendenwirbelsäule ein Krachen kam, erschrak ich noch gehörig, weil ich sofort an die beiden Bandscheiben dachte, die laut MRT darauf lauern vorzufallen. Und ganz entspannt bin ich auch heute nicht, wenn es dort oder seit einiger Zeit auch in der Halswirbelsäule rummst.
Am meisten aber haben mich meine Fingernägel überrascht. Seit einigen Monaten sind sie so stark längs gerillt, dass sie nicht nur als Parmesanreibe taugen (das wäre ja noch praktisch), sondern an den Enden splittern. Wie gut, dass mir meine Nägel ratzekurz schon immer am liebsten waren. Doch inzwischen greife ich hin und wieder zu unauffälligem Nagellack, um diesem Splittern vorzubeugen.
Nun bin ich hochgradig gespannt, wie es wohl weitergehen wird mit dem physischen Altern. Meine Augen sind seit 25 Jahren unverändert leicht kurzsichtig. Wird sich das ändern? Und werde ich es bemerken, wenn meine Hörkraft abnimmt? Ich bin ja immer verunsichert im Umgang mit alternden Menschen, die ihre Schwerhörigkeit offensichtlich verdrängen.