Auszeitjournal Samstag, 15. September 2012 – meine ersten Ochsenbackerl
Sonntag, 16. September 2012 um 9:05Wie ich einmal keine Lust auf Schwimmen hatte.
Nachdem ich morgens die Augen aufschlug, sah ich einer Spinne dabei zu, wie sie sich im Rahmen der offenen Balkontür abseilte. Sie wirkte nicht sonderlich routiniert, zappelte immer wieder ungelenk mit den Beinen. Kurz vor dem Boden schien sie jeglicher Mut zu verlassen: Sie knäulte sich zusammen, streckte das eine oder andere Bein nach unten, zog es wieder hoch – es dauerte eine ganze Weile, bis sie mit allen acht Beinen auf dem Boden stand. Dann verlor ich das Interesse an ihr und stand auf. Ich sah nach dem Wetter, es blickte übellaunig zurück.
Nach dem Morgenkaffee und ein, zwei ausführlichen Mails sowie nach dem Nachlesen der nächtlichen Twitter-Timeline war es Zeit für den Aufbruch zum Schwimmen; nachdem vergangenen Mittwoch alle acht Münchner Freibäder geschlossen hatten, musste es das Olympiabad sein. Doch da verspürte ich einen ungewohnten inneren Widerstand. Ich ging in mich und forschte nach der Ursache des Unwohlseins. Ich hatte tatsächlich einfach keine Lust auf Schwimmen. Auch nicht auf Laufen statt dessen. Eigentlich wollte ich überhaupt nicht raus. Also duschte ich mich einfach so und zog mich an.
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Den Mitbewohner zum Einkaufen in den Kaufhof am Stachus begleitet – das ist natürlich etwas völlig Anderes als gemeinsames Einkaufen. Zwei Flaschen interessanten Weins erbettelt. (Quengelware für Erwachsene ist ganz hinten in der Weinabteilung platziert.)
Den Hannes Reeh hatte ich seit der Geschichte vom Padrone probieren wollen. Und einen Weißwein aus der Denominación Vinos de Madrid (die es ohnehin erst seit 1990 gibt) kannte ich bislang nicht. Dieser Puerta del Sol von Vinos Jeromín wurde aus der autochtonen Sorte Malvar hergestellt und war 125 Tage in neuen Eichenfässern – ich bin schon sehr gespannt (die sehr informative Website von Vinos Jeromín ist leider eine einzige Flash-Seuche).
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Arthurs Tochters Ochsenbackerl gekocht. Die Backerl hatte der Mitbewohner im Herrmannsdorfer am Viktualienmarkt bekommen; es gibt sie dort jeden Donnerstag. (Und mittwochs gibt’s Kalbsbackerl. Schweinebackerl auf Bestellung mit einer guten Woche Vorlauf.)
Das Küchengarn in der Schublade hatte ich lange nicht gebraucht. So hatte ich mittlerweile vergessen, dass es sich beim Anbraten auflöst. Auf einer Skala von 1 bis 10: Für wie sinnvoll erachten wir Küchengarn (als solches und unter dieser Bezeichnung verkauft), das sich beim Anbraten auflöst? (Oder habe ich das Konzept Küchengarn grundsätzlich missverstanden und es handelt sich in Wirklichkeit um einen Soßen-, keinen Fleischbinder?)
Als Beilage setzte ich endlich eines der Rezepte meiner polnischen Oma selig um: Kopitka, zu deutsch wohl “kleine Hufe” (ich kann leider kein Polnisch). Sie sind das, was dem Italiener die Gnocchi sind und dem Schwaben die Schupfnudeln.
Die Ochsenbackerl hätten eine weitere halbe Stunde im Ofen vertragen, schmeckten aber köstlich. Die Sensation waren zu meiner Überraschung die Kopitka. Sie sind etwas Besonderes: bissfester als Gnocchi, haben wirklich etwas Nudliges. Wie schrieb die kluge Hande schon vor Jahren: “I love all grandma recipes.” Hier habe ich das Rezept aufgeschrieben und illustriert.
Dazu machten wir den Unplugged 2010 von Hannes Reeh auf. Ein ungewöhnlich wuchtiger Zweigelt. Leider bestätigte mir der erste Schluck den Verdacht, dass ich nachmittags ein Stückchen oberen Backenzahn verloren haben könnte: Die Stelle kreischte bei Kontakt mit den heftigen Tanninen schmerzhaft auf. Notiz an mich: Am Montag Termin bei der Zahnärztin vereinbaren.
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Dazwischen: Zwei Maschinen Wäsche gewaschen und aufgehängt, gestrickt, Fahrenheit 451 ausgelesen, Internet gelesen.
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Erneute Freude über das Blog Advanced Style: “She told me that no one had thought that she was very stylish before and that she was delighted to pose for a photograph.“
die Kaltmamsell4 Kommentare zu „Auszeitjournal Samstag, 15. September 2012 – meine ersten Ochsenbackerl“
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16. September 2012 um 10:12
Kopytka… Der leckere Geschmack meiner Kindheit. Wurden mit Sauerkraut und Speck serviert:)
Ein nettes Outfit, übrigens!:)
16. September 2012 um 10:21
Ich sage es nicht gerne aber Du bist lecker produktiv, wenn Du nicht schwimmen gehst. ;-)
16. September 2012 um 22:47
“Es handelt sich in Wirklichkeit um einen Soßen- keinen Fleischbinder?” Hehhehehehe
18. September 2012 um 13:22
Schönstes Outfit bisher! :-)