Männertorte
Mittwoch, 19. September 2012 um 14:02Eben regten Sie sich noch über das rosa Ü-Ei extra für Mädchen auf (halt nein, das war ja ich), jetzt zeige ich Ihnen mal, wie noch 1981 Männer in die Stereotypen-Ecke gezerrt wurden.
Aus Anlass backte ich gestern eine Mokkatorte, die in meiner Jungmädchenzeit zu meinem Standardrepertoire gehört hatte. Das Rezept lag als Ausriss aus der Ausgabe essen & trinken 3/81 bei meinen Eltern; ich ließ ihn mir von meinem Vater scannen und als Datei schicken – ja, der kann das! (Besonders charmant mit spanischem Dateinamen.)
Ich hatte ganz vergessen: Es handelt sich um eine Torte für MÄNNER! Denn, so heißt es im Vorspann:
Es gibt tortenessende Männer, und es gibt heimlich tortenessende Männer. Und Männer, die gern Torte essen würden, aber sich nicht trauen und lieber behaupten, sie könnten Torte nicht ausstehen. Beide, die heimlichen und die gar nicht Tortenesser, sind Opfer des Süßigkeitstabus, das hierzulande für alles Männliche gilt. Und beide leiden natürlich unter schweren Schuldkomplexen wegen ihrer geheimen oder nur imaginären Tortenlust, und sie erröten beim Anblick von Konditoreiwaren und bekommen mit der Zeit einen schwermütigen Zug um den Mund. Für sie alle hat die “e&t”-Versuchsbäckerei eine weitgehend entsüßte Mokka-Creme-Torte geschaffen, eine Torte, die nicht unter das Naschtabu fällt. Eine Torte für alle, die Torten bisher entbehren mußten. Oder glaubten, daß sie müßten.
Abgründe! Ich kann mir richtig vorstellen, wie Papi damals heimlich beim Hundgassiführen einen Umweg über die Konditorei machte, an der Hintertür mit dem vereinbarte Klopfzeichen Einlass erhielt, in der Backstube schnell im Stehen ein Stückerl Prinzregententorte verschlang. Wie entwürdigend müssen diese Zeiten gewesen sein. Zum Glück liegt das alles hinter uns.
Die Mokkatorte nach diesem Rezept aber ist richtig, richtig gut. Ich habe das Rezept hier aufgeschrieben. (Und achten Sie bitte darauf, dass Sie beim abschließenden Transfer der Torte auf die Tortenplatte nicht, ich betone NICHT, vor lauter Ungeschick ein Drittel des untersten Tortenbodens verlieren.)
die Kaltmamsell8 Kommentare zu „Männertorte“
Sie möchten gerne einen Kommentar hinterlassen, scheuen aber die Mühe einer Formulierung? Dann nutzen Sie doch den KOMMENTAROMAT! Ein Klick auf einen der Buttons unten trägt automatisch die gewählte Reaktion in das Kommentarfeld ein, Sternchen darüber und darunter kennzeichnen den Text als KOMMENTAROMAT-generiert. Sie müssen nur noch die Pflichtfelder "Name" und "E-Mail" ausfüllen und den Kommentar abschicken.
19. September 2012 um 16:28
“… sie erröten …” wie nett! :-)
19. September 2012 um 18:40
Herrlisch!
19. September 2012 um 19:20
Zeiten, in denen Männer Torte heimlich essen mußten – wie gut, dass wir solche hinter uns haben! :)
19. September 2012 um 21:53
Von wegen, Männer naschen nicht! http://www.youtube.com/watch?v=sRzFOG0KIzs
20. September 2012 um 8:32
Schuldbewusst errötende Männer, entsüßt, Naschtabu – ich schmeiß mich weg!
20. September 2012 um 8:44
Die sieht der “Herrentorte” sehr ähnlich, die die Bäckereien im Heimatdorf meines Vaters schon immer anbieten. Müsste man mal vergleichen…
20. September 2012 um 11:03
na, und die eszet-täfelchen in bitter hießen ganz früher “herrenschokolade”.
offensichtlich die einzige sorte von der mann herzhaft abbeißen durfte.
20. September 2012 um 13:45
Ich erinnere mich. Es gab damals abgetrennte Hinterzimmer in Cafés und Kneipen. Oder man mußte sich mit anderen tortenessenden Männern draußen um einen Heizpilz zusammendrängen. Und dann diese 80er Jahre mit ihren Schlagworten. “Tarten statt Torten” usw. War nicht nur schön.