Auszeitjournal Samstag, 13. Oktober 2012 – am Land
Sonntag, 14. Oktober 2012 um 8:47Den Morgen mit der Fertigstellung einer Mokkatorte verbracht, die sich meine Mutter für ihre nachträgliche Geburtstagsfeier gewünscht hatte. Und die mich wieder an den Rand des Nervenzusammenbruchs brachte: Das diffizile Auseinanderschneiden des Bodens. Der genaue Zeitpunkt, zu dem Schlagsahne unter Sirup mit Gelatine vermischt wird. Die Sauerei des Tortenumhüllens. Die Sauerei des Spritzbeuteleinsatzes. Das statisch bedenkliche Umsetzen der Torte auf die Tortenplatte. (Jetzt habe ich aber endlich zwei Kuchenretter.)
Wie habe ich das seinerzeit nur gemacht, als Teenager, als ich praktisch Woche für Woche höchst komplexe Torten herstellte, je komplizierter, desto besser? Auch hier spüre ich den Verlust der unbefangenen Beherztheit, mit der ich als junges Mädchen und als junge Frau Ideen umsetzte, Projekte anpackte, Gelegenheiten ergriff – getrieben von Interesse und Neugier, ungehindert von vergangenen Erlebnissen und von Wissen, was alles auf mich zukommen könnte.
An welchem Punkt nur ist nützliche Erfahrung in belastende Erinnerung umgeschlagen?
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Kleidungswahl orientierte sich an der immer gut geheizten Elternwohnung, nicht an den herbstlichen Außentemperaturen.
Den Tortentransport im Zug zur Geburtsstadt übernahm zum Glück der Mitbewohner.
Nachmittag mit Eltern und Bruderfamilie. Eltern erzählten vom Pfalz-Urlaub vergangene Woche, die Schwägerin vom Familienurlaub in Tunesien (schon im September) und von der Jubiläumsfeier des Jugendchores, in dem sie, mein Bruder und ich gesungen haben. Mit meinem Bruder fachsimpelte ich über Rad-, Lauf- und Schwimmsport.
Das Angebot meiner Eltern, Boskopäpfel aus Freundesgarten mitzunehmen, akzeptierte ich sofort. Erbeutete gleich noch ein Stück frisch importierten spanischen Speck (tocino) für Eintöpfe, zum Beispiel Fabada. Als meine Mutter mir auch noch eine Portion Pimientos des padrón aus dem eigenen Garten zusteckte, erbat ich für die Bahnfahrt nach München ein lebendes Huhn im Korb, um das Klischee vom Besuch auf dem Land zu vervollständigen. Gab es aber nicht.
die Kaltmamsell14 Kommentare zu „Auszeitjournal Samstag, 13. Oktober 2012 – am Land“
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14. Oktober 2012 um 9:40
“Die Sauerei des Spritzbeuteleinsatzes” – wie gut mir das tat! Dachte ich (begabte Köchin, unbegabte Bäckerin) doch bisher immer, ganz besonders ich sei einfach nur zu doof, mit dem Ding vernünftig zu hantieren…
14. Oktober 2012 um 9:57
Ich oute mich ebenfalls als Grobmotoriker und empfehle das wunderbare Backbuch von Ilse König: Flache Kuchen. Bei GrUnzer erschienen.
14. Oktober 2012 um 10:48
Tortenboden auseinanderschneiden gelingt mir auch nie. Ich backe inzwischen einfach 3 flache Böden und setze diese aufeinander. Außerdem baue ich auch gleich auf der Tortenplatte aufeinander
14. Oktober 2012 um 13:05
Eigentlich eine Freundin der Nachhaltigkeit, habe ich jetzt im brit. Fernsehen gesehen, dass es scheinbar auch Einweg-Spritzbeutel gibt. Ich überlege, mich hier auch mal auf die Suche danach zu begeben.
Die Sendung war übrigens “The Great British Bake Off”. Ganz bezaubernd und man bekommt danach auch wieder Lust auf selbstgemachte Torte :-)
14. Oktober 2012 um 14:09
Ich backe heutzutage zwar keine Torten mehr, aber als junges Mädchen hatte ich offenbar dasselbe Hobby wie die Kaltmamsell und erlangte eine große Routine im Auseinanderschneiden von Tortenböden. Meine Oma hat mir gezeigt wie es am einfachsten geht, ganz ohne Messer nämlich. Man nimmt einen starken Bindfaden, wie für Rouladen einwickeln und legt ihn gleichmäßig um den Kuchen, überkreuzt die Enden und schneidet mit Faden durch. Das geht fix und gleichmäßig. Hatte ich nie Probleme!
14. Oktober 2012 um 14:10
So, Gaga?
https://www.vorspeisenplatte.de/speisen/2009/09/tortentricks.htm
(Wenn der Boden besonders flaumig leicht ist, wird auch das zum Eiertanz.)
14. Oktober 2012 um 14:20
Ja genau, stimmt, am Rand ein bißchen einritzen, hatte ich nicht mehr erinnert. Wenn der Boden besonders fluffig ist, muss man besonders sensibel und langsamer vorgehen, das stimmt. Aber funktioniert doch recht zuverlässig. Zumindest hat man nicht die Gefahr, wie beim Schneiden mit dem Messer, dass man gegen Mitte beim Schneiden in eine leichte Schräglage kommt. Wenn es in der Mitte ein bißchen fusseliger ist, weil der Faden zu schnell zugezogen wurde, ist das weniger fatal, man schmiert ja immer was drauf, kann das Elend wieder glatt spachteln! Insgesamt sind komplexe Torten natürlich arbeitsaufwändig, wie alle komplexen Rezepturen. Ich habe wahrscheinlich in meiner “Mädchenzeit” dermaßen viele Torten und Kuchen gebacken, dass mein Entfaltungsbedarf für die nächsten Jahrzehnte gedeckt ist. Das letzte Mal hatte ich den Impuls, als ich ein Foto von einer veganen Orangen-Sahne-Schoko-Torte gesehen habe. Da wurde ich neugierig, obwohl ich keine Veganerin bin, die sah so delikat aus, mir lief das Wasser im Mund zusammen und lauter edle Bestandteile, der Boden aus Nüssen. Ich war dann aber leider zu faul. Das bedaure ich immer noch. Vielleicht doch irgendwann mal. Aber mein Mixer ist kaputt fällt mir gerade ein. Ach…
14. Oktober 2012 um 14:37
Richtigstellung: es war keine vegane Torte, sondern eine Rohkost-Torte! Also schon mit richtiger Kuhmilch-Schlagsahne, wie es sich gehört. Ich verwechsle das ab und zu, wahrscheinlich, weil eine ähnliche Zielgruppe vegan und/oder rohkostaffin ist (was ich beides nicht bin). Deswegen war ich auch so fasziniert, weil die Torte ohne Backen hergestellt wurde, genau!
14. Oktober 2012 um 14:39
Einen Link zum Rezept gibt es nicht zufällig, Gaga? Das liest sich nämlich tatsächlich köstlich.
14. Oktober 2012 um 14:57
Habe das Rezept gesucht und gefunden und muss mich nochmals revidieren: die Torte ist “raw” und vegan.
http://www.rawmazing.com/raw-orange-chocolate-cheesecake/
Aber in meiner Phantasie habe ich den geheimen Plan ausgeheckt, aus der veganen Käsekuchen-Schicht eine herkömmliche Orangen-Sahne-Füllung zu basteln. Was daran liegen könnte, dass ich Schlagsahne sehr liebe und gerne von Rezepten abweiche. Die letzten Torten, die ich als Mädchen fabriziert habe, waren komplette Eigenkreationen. Ich erinnere mich dunkel an eine sehr beliebte Ananas-Sahne-Bisquit-Torte. Mit Schokoraspeln. Nachdem die Erfindung fertig war, habe ich das Rezept sogar in Schönschrift auf ein Blatt Papier geschrieben und in einen kleinen DIN A 5-Ordner abgeheftet, mit anderen Eigen-Rezepturen, weil sie so gut angekommen ist. Die Hälfte der Torte habe allerdings prinzipiell ich selber verdrückt. Verdammt, wo ist der kleine Hefter abgeblieben. Ich bin jetzt etwas traurig. Nicht wegen der Rezeptur, sondern weil ich das Gekrakel gerne noch mal lesen würde.
14. Oktober 2012 um 15:02
Großartig, danke!
(Dann werde ich wohl das eine oder andere Foto von meinem selbst geschriebenen Kochbuch veröffentlichen müssen, das ich im Teenageralter begann.)
14. Oktober 2012 um 15:12
Au ja! Nicht, dass mich die Rezepte interessieren würden, aber das unschuldige Kaltmamsell’sche Gekrakel möchte ich schon gerne sehen!
14. Oktober 2012 um 15:24
Bald ist auch schon wieder Frau Mamas Hauptdeko-Saison. Wenn sie zum externen Dekorieren in der Kaltmamsellschen/Mitbewohnerschen Wohnung anreist, um die Fensterbank in ein stimmungsvolles Adventsbild zu verwandeln, nicht wahr?
Da ich auch einmal Anteil an einem großen andalusischen Olivenöl-Kanister Ihrer Eltern haben durfte, kann ich mir das mit dem lebenden Huhn sehr plastisch vorstellen. Sie und Ihr Körbchen in der Bahn. Schöne Idee, für den nächsten Besuch, Sie sollten das unbedingt umsetzen!
14. Oktober 2012 um 20:51
Meine Mutter nahm keinen Bindfaden, sondern dickeres glattes Nähgarn, das ist praktisch messerscharf. Hat immer gut geklappt, wenn man langsam und geduldig zog.