Wochenende im Berner Oberland

Dienstag, 2. Oktober 2012 um 15:46

Was ein Glück, dass ich Freunde im befreundeten Ausland habe, in das eine visumlose Flucht vor dem Oktoberfest möglich ist. Diesen Umstand nutzte ich für ein verlängertes Wochenende im Berner Oberland.

Darin unter anderem:

Ich wurde zu hervorragendem Essen ins Metzgerstübli in Bern eingeladen,

(Herbstsalat mit Waldpilzen und einer Safrancreme)

(Entenschenkel mit Lavendeljus und Mozzarellapolenta – gegenüber ein Kürbisrisotto)

besuchte eine Weinprobe im schönen Vennerhus, ließ mir Äpfel und Birnen aus dem Garten der Gastgeber anreichen, wurde mit einem superaromatischen Chili con Carne inklusive Bohnen aus Eigenanbau verköstigt, davor mit Champignons, gefüllt mit umwerfendem selbst gemachtem Tomatenpesto, trank sehr schöne Schweizer Weine, aß das beste Käsefondue meines Lebens inklusive Kirschgeist aus den Kirschen der Gastgeber. Sollte der Eindruck entstehen, ich hätte diesem arglosen Paar die Haare vom Kopf gegessen und getrunken, so trifft er zu.

Daneben durfte ich Katze streicheln und wurde in eine Kletterhalle zu meinem ersten Klettererlebnis mitgenommen – das so begeisternd und großartig war, dass ich eigens darüber bloggen werde.
(Davon trug ich übrigens tatsächlich einen Muskelkater davon, von meinem Versuch in Hot Iron letzte Woche nicht.)

Hintergrundgeschichte: Wie aus einem Arbeitskollegen ein Freund wurde

Den Freund, dessen Einladung ich gefolgt war, kenne ich nun tatsächlich schon zehn Jahre. Und weil ich sonst immer nur nostalgisch von ehemaligen Freundschaften erzähle, will ich mal die Geschichte einer bestehenden notieren. Dieser Freund M., etwas jünger als ich, arbeitete damals seit wenigen Monaten in der Firma, in der ich gerade meinen Job antrat. Er war aus der Schweiz angeworben worden, hatte seine Partnerin dort vorerst zurück gelassen, und verbrachte hin und wieder Freizeit mit meinem damals ähnlich verstrohwitweten Chef. In der Firma fiel er unter anderem dadurch auf, dass er unter all den Anzugträgern der einzige war, der sartorialism erkennen ließ.

Eines Tages nahm mein Chef M. auf einen Kundenevent mit, zu dem uns ein Dienstleister eingeladen hatte. Der Event bestand hauptsächlich aus Kanufahren mit Kanadiern auf der jungen Isar. M., damals für mich noch Herr M., und ich teilten uns ein Boot, er paddelte vorne. Und so verbrachten wir einige Stunden nicht nur in koordinierter Bewegung (es stellte sich heraus, dass wir wie ein altes Tanzpaar zusammenpassten). Sondern unterhielten uns auch aufs Angeregteste, M. über seine Schulter, ich in seinen hübschen Nacken. Dieser M. stellte sich als kluger, gebildeter, interessierter und aufmerksamer Mensch heraus, war witzig und freundlich, sprach mit reizendem Schweizer Akzent, schien zudem beim Verteilen von Profilierungssucht geschwänzt zu haben – kurz: Ich wollte ihn unbedingt näher kennenlernen. Doch wie macht man sowas? Zu Studienzeiten war ein “Lass uns doch mal auf ein Bier gehen” komplett unverfänglich, im privaten Umfeld ergibt sich leicht die Gelegenheit des regelmäßigen Kontakts in einer Gruppe, bevor eine Zweier-Verabredung nicht mehr automatisch den Ruch eines Rendezvous (heute “Date”) hat. Doch am Arbeitsplatz?

Mir fiel ein Trick ein, für den ich die Hilfe des Mitbewohners brauchte. Ich erzählte dem Mitbewohner von meiner faszinierenden neuen Bekanntschaft und von meinem Kennenlernproblem, und ich bat ihn für einen Abend in die Arbeitsstadt (damals nicht die Stadt, in der ich mit dem Mitbewohner zusammenlebte), um M. nach einer Verabredung zu dritt fragen zu können. M. gegenüber behauptete ich, der Mitbewohner sei regelmäßig in der Arbeitsstadt, zum Beispiel am fraglichen Abend, und ob er Lust habe, mit uns beiden etwas Trinken zu gehen. Das klappte. An diesem Abend bekam nach meiner Erinnerung der Mitbewohner höchstens zwei Sätze im Gespräch unter, weil M. und ich einander so viel zu erzählen hatten. Egal: Damit war der Unverfänglichkeit meiner Ansicht nach Genüge getan, fortan verabredete ich mich mit M. auch zu zweit. M. zog bald zurück in die Schweiz, und seither besuchen er, seine ebenfalls sehr kennenlernenswerte Partnerin, der Mitbewohner und ich einander immer wieder.

(Möglicherweise habe ich M. nie erzählt, dass das damals nur ein Trick war.)

die Kaltmamsell

9 Kommentare zu „Wochenende im Berner Oberland“

  1. Orangerie meint:

    … am liebsten lese ich Ihre Geschichten über Freundschaften…

    Es grüßt Orangerie.

  2. Sewwi meint:

    Auf mich macht es aber den Eindruck, dass das “arglose” Gastgeberpaar den Besuch auch sehr genossen hat.
    Ist doch schön, wenn das, was man anzubieten hat, auch richtig gewürdigt wird!

  3. pazzerella meint:

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  4. Montez meint:

    Und das, wo ich heut’ schon den ganzen Tag Hunger genau auf sowas hab.
    Das macht alles einen ziemlich guten Eindruck.
    Auch die schöne Anfreundungsanbahnungsgeschichte.

  5. Lu meint:

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    Gerne gelesen

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  6. adelhaid meint:

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  7. M meint:

    Gehört sich das, wenn ich das hier kommentiere? Es bräuchte wohl etwa ein halbes Dutzend Seiten.
    Nur eines: Ja, du hattest mir später gestanden, dass es “nur” ein Trick war. Hat mich aber nie gestört, weil das Interesse meinerseits genau so vorhanden war!

  8. Sebastian meint:

    Klettern? Kanufahren? Kaltmamsell? Ich bin hier wohl im falschen Blog.

    Falls nicht – Bouldern geht auch? So ohne Seile und Höhe, spielerisch konzentriert ohne große Vorbereitung. Z.B. hier, vor allem wenn man nicht auf die Abende angewiesen ist: http://www.boulderwelt.de/

    Das würde mich freuen.

  9. ilse meint:

    Raffiniert, raffiniert, Frau K!

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