Auszeitjournal Donnerstag/Freitag, 6./7. Dezember 2012 – schon wieder Winter, Wiedersehen mit Sandkastenfreund
Samstag, 8. Dezember 2012 um 10:35Kann schon sein, dass mir das nur so vorkommt, weil ich diesen Winter so viel Zeit in der eigenen Wohnung verbringe wie noch nie seit Bezug vor fast 14 Jahren, aber: Dieses Wohnzimmer wird tagsüber nicht ordentlich warm. Da kann ich beide Heizkörper auf Anschlag hochdrehen, über 19 Grad wird’s nicht. Ich gehöre keineswegs zu den Verfrorenen, sitze dennoch mit dicken Socken über der Wollstrumpfhose am Rechner und habe klamme Zehen.
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Donnerstagvormittag ein Roggenschrotbrot mit Gewürzen gebacken – zum ersten Mal gegen Geld, denn es hatte abends einen Auftritt im Hukodi.
Stundenlang gewerblich getextet, aus dem Augenwinkel das Winterwetter beobachtet, das Sonne, Wolken und Schneegewirbel mischte.
Nach heftigem, beidhändigen Zaunpfahlwinken vom Mitbewohner zwei Schokoladennikoläuse bekommen (wie sagte er einmal: “Ich kann einer Frau jeden Wunsch von den Lippen ablesen, wenn sie nur deutlich genug spricht”). Als Dessert nach Sauerkraut und Apfelkompott mit Blut- und Leberwurst niedergemacht – a bissl was Leichtes.
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Den Freitag schon um sechs begonnen, um trotz Textpflichten an meiner liebsten Stepaerobicstunde teilnehmen zu können. Die Belohnung: atemberaubendes Morgenrot, das die umliegenden Hausdächer färbte.
Trotz winterlicher Kälte mit dem Rad zum Ostbahnhof gefahren. Während der ersten fünf Minuten noch “BIST DU BESCHEUERT?” gedacht, dann aber warm geworden und die Fahrt genossen. Zusätzliche Belohnung: Der Blick aus dem Fenster der Umkleide, den Sie mittlerweile gut kennen.
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Nachmittags reiste meine Mutter an, um Plätzchen sowie italienische und spanische Weihnachtssüßigkeiten gegen einen von mir gebackenen Stollen zu tauschen. Bei dieser Gelegenheit lud ich sie auf eine Regensburger spezial und einen Glühwein auf den Christkindlmarkt am Sendlinger Tor ein.
Wir ratschten gerade über unseren dampfenden Tassen, als meine Mutter über meine Schulter auf jemanden deutete: “Das ist doch der S.!” Ich blickte mich um und sah einen Mann, den ich sofort als erwachsene Version meines Sandkastenfreundes S. erkannte, daneben seine Mutter. Sandkasten trifft eigentlich nicht zu: Wir waren zwar über die ersten sieben Jahren unseres Lebens Nachbarn und Spielkameraden in einem Wohnblock mit vielen, vielen anderen Kindern. Und wir spielten zwar zusammen auf Wiesen und in Büschen, selten auch in Kinderzimmern, radelten über die Wege um den Wohnblock – einen Sandkasten aber gab es nicht. Ich kann mich nicht erinnern, dass wir den vermisst hätten.
Meine Mutter war der Mutter von S. immer wieder in meiner Geburtsstadt begegnet, wusste also, dass S. in München und nicht weit weg von mir wohnte. Begegnet war ich ihm allerdings noch nie.
Das Hallo war groß, als wir die beiden ansprachen. S. strahlte immer noch die Güte und Liebenswürdigkeit aus, mit der er schon als Kind meiner Mutter selbst gepflückte Blumen gebracht hatte (was sie mir regelmäßig erzählt, immer verbunden mit dem Hinweis, dass ich als Kind nie auf diese Idee kam). Wir verglichen Erinnerungen, die bei S. schon deshalb detailreicher sind, weil er bis zum Auszug aus dem Elternhaus in diesem Wohnblock wohnte. Wir hingegen zogen fort, als ich sieben war.
Daheim suchte ich gleich mal in meinen Kinderfotos nach ihm. Jawoll, da ist er: Der Indianerhäuptling in der Mitte (ich sitze ganz links).
So groß meine inneren Widerstände gegen Veranstaltungen wie Abiturtreffen/Chorjubiläen sind: Ein Wiedersehen mit meinen Kinderfreunden aus dieser Wohnblockzeit (Stefan, Holger, Michaela, Reiner, Heike, Thomas, Bernd, Manuela, Alexandra, Renate, Ute, Karin, Liane, Brigitte) würde mich sehr freuen. Mal sehen, ob ich die Energie aufbringe, mich mit S. dahinter zu klemmen.
die Kaltmamsell9 Kommentare zu „Auszeitjournal Donnerstag/Freitag, 6./7. Dezember 2012 – schon wieder Winter, Wiedersehen mit Sandkastenfreund“
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8. Dezember 2012 um 10:51
Auch auf die Gefahr hin, die Kaltmamsell in die Bredouille zu bringen: So eine Brotbestellung kann ich nur empfehlen. Als es bei der Ankunft der Gäste noch untranchiert am Brett lag kamen bereits Fragen zu diesem wunderschönen Brot, und als sie es dann genossen hatten und dann auch noch hörten, dass es eine Kollegin aus dem nichtgastronomischen Zeig gebacken hatte… Naja, mit einer guten Geschichte läuft halt’s noch besser.
Aber auch jetzt grad beim Frühstück – herrlich! Es wird unser Hausbrot im HUKODI werden, wann immer die Kaltmamsell es möglich macht. Also lassen Sie das vielleicht doch mit Bestellungen.
8. Dezember 2012 um 11:24
Sie sind die grüne Prinzessin? Wunderhübsch.
Diese Treffen sind manchmal ganz zauberhaft.
Solche Zufälle bringen einen wieder dazu, sich mit seinem eigenen Bild der Kindheit zu beschäftigen. Manches muss revidiert werden.
So hatte ich völlig verdrängt, dass wir samstags immer Schule hatten. Erst ein Klassentreffen brachte mich wieder drauf.
8. Dezember 2012 um 11:36
Das Morgenrot ist berückend schön.
Haben Sie denn schon mal Ihre Heizkörper entlüftet? Möglicherweise ist das die Ursache dafür daß diese nicht recht warm werden. Dafür muß es gar nicht gluckern, wodurch sich in der Regel der zu niedrige Wasserstand bemerkbar macht.
Kustermännchen sollte diesen kleinen Vierkantschlüssel haben.
Ganz vorsichtig und nur ein Stückchen aufdrehen. Halten Sie Küchenrolle und ein Gefäß bereit um Ferkelei an der Wand und Boden zu vermeiden.
8. Dezember 2012 um 12:07
Wie ist das zu verstehen, dass das Wohnzimmer tagsüber nicht warm wird ? Abends/in der Nacht schon, nur tagsüber nicht ? In diesem Fall sind möglicherweise die Nachbarn mit “schuld” (zu wenig heizen, dauerlüften, Wohnung eventuell sogar kaum bewohnt), vor allem, wenn es sich um ein thermisch nicht oder nicht gut saniertes Haus handelt.
8. Dezember 2012 um 12:58
Luft ist keine drin, barbara, die Temperatur der Heizkörper ist überall gleich. (Habe viele Jahr im obersten Stockwerk eines Wohnblocks gewohnt; der Gestank der Entluft ist mir noch lebhaft in der Nase).
Ja, walküre, abends wird’s warm. Da die Räume unter uns von einem Versicherungsbrüro belegt sind, hätte ich es eigentlich andersrum erwartet.
Aber es könnte sein, dass die böse Alte über uns derzeit nicht daheim ist: Ihren Fernseher habe ich seit Wochen nicht gehört, wo ich sonst immer genau wusste, welchen Sender sie gerade angeschaltet hat.
8. Dezember 2012 um 13:29
Eine schöne Frau war ohne Zweifel ein bildschönes Kind.
8. Dezember 2012 um 14:59
Hm, dass es abends warm wird ist eigen. Thermostat, das auf Sonne reagiert? Vermieter, der die Heizung auf brav auswärts Arbeitende eingestellt hat? So wie bei uns ab zehn das Wasser abkühlt, weil wer badet oder duscht denn da noch?
9. Dezember 2012 um 23:34
@Sebastian, ich wüsste nicht, wann sonst duschen :) Aber ich frühstücke auch gern abends.
@Kaltmamsell, tolle Bilder, die sie da heraufbeschwören. Werde mirgen früh um 6 an Sie denken und wehe das Licht hält nicht mit!
10. Dezember 2012 um 9:33
19 Grad? Neidisch! Bei mir sind’s nur 18. Aber ich wohne auch in einem 70er-Jahre-Bauwerk, in dem ich alle paar Jahre die Fensterfuge selbst neu verschmieren muss. Gut, wenn der Bruder mal Glaser gelernt hat und telefonisch Arbeitsanweisungen geben kann.