Misses Delicious war mal wieder Essen, diesmal in Athen. Zum Glück hat sie zwischen den Mahlzeiten Gelegenheit gefunden zu fotografieren. Schauen Sie sich Ihre außergewöhnlichen Bilder von Athen an (auf “Click for more impressions” klicken).
Meinen kleinen Beitrag dazu habe ich kürzlich aufgeschrieben (auch wenn ich nicht gleich behaupten würde, dass ich dadurch das Vertrauen in die Menschheit wiedergewonnen habe). Haben Sie vielleicht auch einen?
Aber ja: Dass diese Geschichte ausgerechnet in einem Ableger der Brigitte erscheint, die den Diätterror im deutschsprachigen Raum praktisch erfunden hat, ist lustig. [↩]
Nein, kein Amoklauf: Amok laufen ist blinde Raserei, kein geplantes und systematisches Erschießen. [↩]
Na ja, nicht wirklich Abenteuer. Aber los war bei mir gestern nur in der Küche was.
Zum einen fertigte ich meinen ersten dreistufigen Sauerteig an, weil ich nämlich einen Frankenlaib backen wollte. Zum ersten Mal nach einem Forum-Rezept (das untere) – ich musste mir also aus der vielfältigen Diskussion aussuchen, welche Methode, welche Mengen, welche Zeiten auf mich zutreffen könnten. Horoskop Dreck dagegen. Da ich’s gerne exakt mag, habe ich jeden meiner Schritte mitgeschrieben.
Das hier (am Ende der dritten Sauerteigstufe) war ein Hinweis, dass mein Sauerteig ausgesprochen aktiv ist. Ich traute mich dennoch nicht, die Gärzeit im Körbchen (Stückgare) entsprechend zu verkürzen. Zu lange Stückgare ergibt, das weiß ich inzwischen, Auseinanderlaufen des Laibs im Ofen. Ist dennoch ein schöner Laib geworden.
(Mein Rezept gibt’s erst, wenn ich es wiederholbar optimiert habe.)
Die vergangenen Jahre hörte ich Musik, wenn überhaupt, aus meinem Laptop oder aus meinem Smartphone. Die über 20 Jahre alte Stereoanlage (seinerzeit vom Munde abgespart und von Papa mitfinanziert) zickte mit ständigen Aussetzern herum (ich vermute einen Wackler im Verstärker). Das tat sie halt auch beim Bespielen über AirPort Express. Seit einer Woche ist alles gut: Der Mitbewohner hat uns ein Harman Cardon Goldfischglas spendiert, das funktioniert. Da er einen Plattenspieler mit USB-Schnittstelle an seinem Rechner hat, behielt ich von meiner alten Anlage nur eins der beiden Kassettendecks – nicht lachen, noch sind nicht alle liebevoll zusammengestellten Mix-Kassetten meiner Vergangenheit digitalisiert.
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Kommissbrot nun auch erfolgreich gebacken. Schmeckte sehr gut, erinnerte mich an meine Kindheit, als es das hin und wieder beim Bäcker Hackner gab.
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Einen Vormittag frühstückend mit einer Münchner Bloggerin verbracht – ob man diese tiefe menschliche Komponente des Web (The Internet is People) jemals jemandem nahebringen kann, der nicht drin ist?
Winterliche blaue Stunde morgens um neun.
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Bin mittlerweile richtig gut im Lackieren meiner Zehennägel geworden, noch weit entfernt vom Profi, aber die Übung macht’s. Mit dem richtigen Timing komme ich in die Nähe von Profis, bevor mir das Alter die dafür nötige Gelenkigkeit raubt.
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Der Heilig Abend an einem Montag führt im Grunde zu einem fünftägigen Weihnachtsfeierblock. Und das, wo ich innerlich bereits nach dem Adventspaziergang für dieses Jahr mit dem Thema abgeschlossen hatte. Könnte anstrengend werden.
Hier stand ein entschuldigender Absatz über mein Fangirltum gegenüber Autorin und Autor. Gestrichen weil zu peinlich. Kurzfassung: \o/1
Als ich erfuhr, dass Kathrin Passig und Sascha Lobo ein Buch übers Internet schreiben, ging ich zunächst reflexhaft davon aus, dass das Ergebnis die ultimative Apologie des Lebens im Web würde (dem ersten Kapitel entnahm ich dann, dass ich nicht die einzige war). Dieses Zunächst dauerte allerdings nur wenige Momente, denn dann fiel mir ein, dass Kathrin Passig die personifizierte Stimme der Vernunft ist – und somit viel zu vernünftig für einseitige Darstellungen. Und Sascha Lobo ist zu klug dafür.
Tatsächlich ist das Buch Internet. Segen oder Fluch viel mehr geworden, nämlich eine höchst unterhaltsame Ausführung über den Umgang des Menschen mit technischen Neuerungen und über die Mechanismen, die zu bestimmten Formen der optimistischen oder skeptischen Argumentation führen. Ob Skeptiker oder Optimisten (das sind Passigs und Lobos Bezeichnungen für die beiden Perpektiven): “In der Diskussion steht oft Bauchgefühl gegen Bauchgefühl, und Argumente werden nur akzeptiert, wenn sie zu diesem Gefühl passen.” Dieser Beobachtungen gehen die beiden als erstes nach. Mit Erkenntnissen aus verschiedenen Wissenschaftsfeldern erklären sie, dass das ein grundmenschlicher Mechanismus ist. Und sie führen auf, welche Argumentationsfehler das nach sich zieht.
Dass die Diskussion ums Internet (Fluch oder Segen) nichts Besonderes ist, sondern Mustern folgt, hat Kathrin Passig ja schon durch ihren Aufsatz “Standardsituationen der Technologiekritik” und ihren Vortrag “Standardsituationen der Technologiebegeisterung” belegt. Lobos und Passigs Buch schaut sich also nicht nur diese eine aktuelle neue Technik an, sondern geht weit zurück in der Wissenschafts- und Technikgeschichte. Besprochen werden Reaktionen auf Innovationen wie den Tonfilm, den Buchdruck, die Eisenbahn – die jeweils zu ihrer Zeit ebenso leidenschaftlich kontrovers waren wie die Auseinandersetzungen heute. Passig und Lobo machen sich auch Gedanken über die Wirkungsweise von Narrativen und Metaphern in der Argumentation, mit dem Ergebnis: Vorsicht! Denn neben der gewünschten pointierten Parallele zur Vergleichssituation transportieren sie eine Menge Nebenparallelen und emotionale Ansprache, die unkontrolliert fortwirken.
Diese ersten Meta-Kapitel enthalten auch Tipps für die eigene Argumentationshygiene: Im Idealfall ist sich ein Diskussionsteilnehmer im Klaren, warum er zu bestimmten Argumenten greift, und vermeidet klassiche Erkenntis- und Argumentationsfehler (Passig und Lobo empfehlen die allwöchentliche Lektüre beider verlinkten Listen).
Den meisten Raum nimmt dann aber doch das Internet ein. Das Buch führt den aktuellen Stand zu Kernthemen der Diskussion auf, und zwar mit Argumenten aller Seiten. Es geht um Disruption, Beschleunigung, Informationsüberflutung, Verlässlichkeit von Informationen, Kollektive und Kollaborationen, Politik mit Hilfe des Internets, Regulierung, Datenschutz, menschliches Miteinander, Urheberrecht, Filter- und Empfehlungsalgorithmen. Einige Kapitel haben einen Anhang mit unbrauchbaren Argumenten (auch diese beider Seiten), die man sich sparen kann “um die Diskussion zu optimieren”. Herzerfrischend (und mir sehr nahe) spricht aus all diesem der unverbrüchliche Optimismus, dass Vernunft hilft. Selbst frage ich mich seit einiger Zeit, ob das nicht die blindeste und unvernünftigste Hoffnung überhaupt ist, komme aber einfach nicht von ihr los.
Eine Lösung bietet das Buch folgerichtig nicht an, nur eben Runduminformation über die Diskussion. Das aber ist sehr unterhaltsam geschrieben mit herrlichen Beispielen, wobei jede scheinbar noch so alberne Blödelei einen argumentativen Kern hat. Meine Lieblingsblödelei steckt in den Anmerkungen, dazu gleich. Denn die leserunfreundliche Form der Anmerkungen ist mein einer Kritikpunkt: Sie sind in einem Anhang zusammengefasst, zu dem ich jedesmal recht mühselig und Lesefluss-unterbrechend blättern musste. Als Fußnoten (ein paar davon gibt es zusätzlich) wären die Anmerkungen im gedruckten Buch so komfortabel wie der anzutippende Querverweis des elektronischen Buchs gewesen. Meine Lieblingsanmerkung, die fast so kommunikativ ist wie das footnoterphone in Jasper Ffordes The Well of Lost Plots, liefert Hintergrund zur Netzsperrendebatte:
Die damalige Familienministerin Ursula von der Leyen hatte ein Gesetzesvorhaben mit dem Namen “Zugangserschwerungsgesetz” auf den Weg gebracht, das von ihr als Mittel für den Kampf gegen Kinderpornographie bezeichnet wurde. Kritiker dagegen waren überzeugt, dass blablabla, das steht nun wirklich überall.
Gehen Sie hin und lesen Sie das Buch und verschenken Sie es. Im Umschlag klebt der Download-Code der E-Book-Version, die gibt es als kostenfreie Dreingabe.
“Meine Religionslehrerin hat gesagt, wenn wir uns auf Facebook anmelden, dann sollen wir auf keinen Fall unseren echten Namen und unser echtes Alter nehmen.” Neffe 1, 12 Jahre alt, auf dem sonntäglichen Adventspaziergang.
Oh mei.
Ich tendiere seit Jahren zum Abschalten, wenn jemand über die Auswirkungen des Internets spricht, der offensichtlich nichts darüber weiß. (Jüngstes Beispiel: Das Interview im aktuellen SZ-Magazin mit dem Philosophen und Kulturwissenschaftler Byung-Chul Han, der versichert, im Internet fänden keine echten Dialoge statt: “Ein Gebet wäre ein Dialog. Auf Facebook und Twitter ist kein Dialog möglich.”) Wenn es sich dabei um Eltern handelte, schalte ich noch schneller ab, denn Unwissen übers Internet führt bei ihnen immer zu Horrorszenarien. Und auch wenn das schäbig von mir ist: Ich habe keine Lust sie aufzuklären. Künftig werde ich diese Eltern zumindest auf ein Buch hinweisen, das ihnen diejenigen Aspekte des Internets erklärt, die für zeitgenössische Elternschaft wichtig sind. Geschrieben wurde es von Eltern, die zur Pionier-Generation des Internet und des Web gehören, von Tanja und Johnny Haeusler.
Schon als Johnny von den Buchvertrag erzählte, freute ich mich sehr – dabei wusste ich damals noch nicht mal, dass die bisherige Eltern-und-Internet-Literatur ausschließlich aus Warnungen und Horrorszenarien besteht. Johnny Haeusler ist einer der Stützpfeiler meines Ecks im Internet, und so war ich sehr gespannt darauf zu erfahren, wie sich echtes Web-Checkertum auf das Großziehen von Kindern auswirkt. Dass er und Tanja lesenwert, klug und unterhaltsam schreiben können, wusste ich bereits aus ihrem Blog Spreeblick. Dass ich ein Rezensionsexemplar geschickt bekam, freute mich zusätzlich – danke schön!
Nach der Lektüre weiß ich eine Menge mehr: Darüber, was Kinder heute so mit dem Internet tun und wie sie davon profitieren können. Wie sich deren Nutzung des Webs von meiner unterscheidet. Welche Computerspiele gerade unterwegs sind. Welche Regeln es für ein Familienleben in Zeiten freudig genutzten Internets braucht. Wie man Kinder soweit möglich über Risiken informiert, wie weit man sie schützen kann – und wie weit eben nicht. Tanja und Johnny verweisen immer wieder auf Parallelen im Offline-Leben, die auch mir einige Argumentationshilfe stellen. Sie schreiben über eigene Erlebnisse und Erfahrungen, ebenso über faktische Hintergründe – und das in der heiteren Besonnenheit, die ich an Johnnys und Tanjas Argumentation schon immer schätze.
Einen besonders guten Ansatz fand ich, sich einfach mal von den Kindern zeigen lassen, was sie da im Internet machen. Sich Spiele erklären lassen, Recherche-Tricks, Lieblings-Filmchen und -Websites. Wir Web-Routiniers sind uns ja hoffentlich im Klaren, dass wir meistens in immer demselben Eck des Internets unterwegs sind (seit einiger Zeit gibt es dafür den Begriff filter bubble). Warum nicht mal in ein anderes Eck schauen?
Meinen Neffen wies ich am Sonntag lediglich darauf hin, dass ein Befolgen des Lehrerinnentipps oben bedeuten würde, gegen die Teilnahmeregeln von Facebook zu verstoßen (ich bin ziemlich sicher, dass das der Lehrerin nicht bewusst war). Weitere Aufklärung überlasse ich seinen Eltern – deren Tendenz zur Internetphobie ich mit Netzgemüse als Weihnachtsgeschenk bekämpfe.
Und dann ließ ich mir von den Nifften gleich mal ihren momentanen Filmliebling zeigen. Groß! Ar! Tig!
(Exkurs: Wir Generation der Digital Pioneers, die wir diese neue Welt in den vergangenen 20 Jahren mit aufgebaut haben, von Anfang an darin gelebt haben, sind ohnehin eine kleine Gruppe. Entsprechend klein ist die Anzahl von Kindern, die uns als Eltern haben. Ich wüsste gerne, welche Auswirkungen es hat, solche Eltern zu haben. Mütter, die geistesabwesend beim Blick aus dem Fenster sagen: “Oh, die Sonne fährt gerade runter.” Die den Alltag ihrer drei Kindern mit dem Partner über iphone-Apps koordinieren. Oder die dem Sohn sein erstes Blog einrichten. Väter, die der Tochter den alten Laptop nochmal so weit pimpen, dass sie ein wenig Minecraft darauf spielen kann. Registrieren Kinder, die eine Welt ohne Internet nicht kennen überhaupt, dass ihre Eltern anders sind?)
Der Spaziergangaspekt des alljährlichen familiären Adventspaziergangs war in diesem Jahr kein Genuss: Auf den Schnee der Woche davor hatte es über 24 Stunden getaut und geregnet. Die Hügel des Altmühltals waren derart glitschig, dass wir – unabhängig vom Schuhwerk – immer nur die 30 Zentimeter Weg vor uns im Blick hatten. Ein paar Mal zwang ich mich zum Aufblicken, um Fotos zu machen.
Unser Ziel war Enkering, wo wir in einem schönen Gasthaus zu Mittag aßen. Mein Bruder bekannte, dass er es überhaupt nicht vermisste, für seine drei Kinder Wickel- oder Spielgepäck mitzunehmen und im Wirtshaus als erstes nach einem Hochstuhl zu fragen. Mir können sie ja eh nicht schnell genug groß werden: Dieses Jahr war das erste nach Langem, in dem ich mir vor Weihnachten keinen Augenkrebs holen musste, weil die Nichte sich glitzernde Elfenwelt-Schleichfiguren (Googlen auf eigene Gefahr) gewünscht hatte.