Das Wochenende war kalt, zum Teil nass und ungemütlich. Ich ließ das Draußen weitgehend draußen sein.
Als es Samstagvormittag zu regnen aufhörte, schaute ich auf dem Theresienwiesenflohmarkt zumindest vorbei. Die Reihen waren deutlich gelichtet, wir marschierten im kalten Wind nur einmal quer übers Gelände.
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Nachmittags zum Sport. Zusätzliche Übung bei Hot Iron: Augenrollen. Weil die Vorturnerin zwar sehr sorgfältig erklärte und korrigierte, auch neueste Erkenntnisse über Haltungen einbrachte, aber dann doch wieder den Blödsinn mit “der Sommer kommt bestimmt”, “Bikinifigur”, “eine der drei weiblichen Problemzonen bekämpfen, schlaffe Oberarme”, “eine schlanke Taille” bekommen und “Kalorien verbrennen” als Motivationsversuche verwendete. Zumal sie selbst die für Vorturnerinnen typische Kombination ist: Superfit, ausdauernd, kräftig, inklusive ordentlicher und kerniger Speckschicht mit ordentlichem Bauch. Wer sich von dreimal Sport in der Woche eine Veränderung seiner angeborenen Figur erhofft, kann doch nur enttäuscht werden.
Aber ich hatte auch Spaß: Gerade in dieser Stunde gucke ich mich gerne um, weil fast alle weiblichen Körperformen zusammenkommen – außer sehr dick, aber die sehe ich im Sportstudio leider eh nicht. (Die gesamte Kommunikation der Studiokette macht ja auch deutlich, dass die nicht gemeint sind.)
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Vergangenes Jahr verfolgte ich lediglich die Berichterstattung über die Kalakotkas auf Twitter und in Blogs, heute schaue ich selbst rein – in den Horst zweier Fischadler in Estland. Mich begeistern allein schon die Geräusche der hervorragenden Live-Übertragung: Die estnische Amsel klingt wie ihre Schwester vor meinem Wohnzimmer. Gestern hat sich das Adlerpaar wohl gepaart.
Nachtrag 18 Uhr: Die Kalakotka-Cam ist verrutscht, muss erst wieder geradegerückt werden.
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Dass die deutsche Küche ein ganz eigenes Profil hat, ist mir durchaus klar. Doch es brauchte The Wednesday Chef Luisa Weiss, um mir bewusst zu machen, dass auch das deutsche Frühstück etwas ist, was im nicht-deutschsprachigen Raum exotisch wirkt. Die wundervollen Frühstücke mit Freunden in meiner Studienzeit, die bis in den Abend reichten, funktionieren tatsächlich nur mit dem vielfältig gedeckten Tisch, an dem diese Mahlzeit nicht, wie sonst auf der Welt, nur aus einem Gericht besteht.
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Alison Bechdels Fun Home gelesen, große Empfehlung. Hier ein sehr erleuchtender Guardian-Artikel von 2008 über das Buch, die Autorin, über die Auswirkungen der Veröffentlichung und von autobiografischem Schreiben allgemein (für mich als Autorin eines persönlichen Blogs besonders interessant und etwas erschreckend).
Dadurch endlich genug Interesse für meine eigenen frühesten Tagebuchaufzeichnungen aufgebracht, aus den Jahren 1979 bis 1983, als ich 12 bis 15 Jahre alt war; bislang hatte ich mich vor der Peinlichkeit des Wiederlesens gefürchtet. Ja, ein wenig peinlich fand ich sie schon, gleichzeitig sehr interessant, obwohl Themen (Schulnoten, wechselnde Gefühle gegenüber Freundinnen, guckt er oder guckt er nicht) und Aussagen (Mama ist ja so doof) erwartbar waren. Unter anderem: Ja, der Druck, den meine Mutter auf meine Schulleistungen ausübte, war tatsächlich so groß wie in meiner Erinnerung. Untern anderem bekam ich in der 6. Klasse nach einer 4 in Latein Fernsehverbot “bis zu einer guten Lateinnote” (im Tagebuch Verzweiflung, weil ich in der nächsten Ex = Stegreifaufgabe wieder nur eine 4 hatte – “Jetzt werde ich noch ein Verbot bekommen. Wahrscheinlich Stubenarrest.”).