Auszeitjournal Dienstag, 16. April 2013 – Achterbahn
Mittwoch, 17. April 2013Morgens kurz nach sieben der erhoffte Anruf: Meine Geldbörse wurde gefunden, in einem Briefkasten. Ich verstand den mobilen Anrufer sehr schlecht, doch anscheinend war auch der Schlüssel dabei – Geld erwartungsgemäß nicht. Wir vereinbarten für nachmittags die Übergabe am Sendlinger-Tor-Platz.
Einerseits war ich sehr erleichtert, zumindest die meisten Plastikkarten würde ich nicht ersetzen müssen. Andererseits würden wir um einen Austausch der Schlösser nicht rumkommen (wenn Mantel, Geldbeutel und Schlüssel vollständig aufgetaucht wären, ich die Sachen also tatsächlich nur verloren hätte, dann hätte ich davon abgesehen).
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Absage für einen Job bekommen, der mir sehr gefallen hatte, für den mir sofort Ideen kamen und für den ich mich wirklich passend gehalten hatte – doch das Unternehmen wollten mich nicht mal kennenlernen. Das wird wohl doch schwieriger mit einem neuen Gelderwerb.
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Die bittere Bestätigung erhalten, dass zu den mindestens 170 Euro Idiotengebühr wegen Geldbörseverlusts (inklusive Wiederbeschaffung gesperrter Karten) weitere 170 Euro Idiotengebühr wegen Flugfalschbuchens kommen (Datum verwechselt) – da ist wirklich nichts mit Umbuchung zu machen. (Meine billige Rache, obwohl komplett selbst schuld: Ich storniere nicht, dann kann die Fluggesellschaft den Sitz wenigstens nicht nochmal verkaufen.)
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Übergabe der Geldbörse: Schlüssel und Plastikkarten alle da, auch Geldbörse selbst brauche ich keine neue. Es fehlten: Geld, MVG-Streifenkarte und Personalausweis. Werde ich mich also früher als geplant ins Ämterabenteuer Biometrie stürzen müssen. Den Mantel werde ich vermissen, weil er schon sehr praktisch war, dazu schön, doch er hat mehr als zwölf Jahre seine Dienste getan, war mehrfach geflickt und hatte abgestoßene Kanten – für offizielle Anlässen trug ich ihn schon lang nicht mehr.
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Nachgedacht, was es über mein Menschenbild aussagt, dass ich möglichen Diebstahl bewusst selten einkalkuliere. Mein Fahrrad sichere ich noch am sichersten, denn Fahrräder werden geklaut, Punkt, das weiß ich von klein auf. Und als ich 18 war, wurde mir meines gestohlen (Speichenschloss). Mein Schutz besteht in einem nicht wertvollen, dafür alten Fahrrad, für das sich mangels Wiederverkaufswert keine Banden interessieren, und in einem sehr robusten Schloss. Doch ich sperre es nicht unbedingt an unverrückbare Gegenstände: Wegtragen und in Ruhe knacken würden es doch bloß Wiederverkäufer, und dazu ist es zu wenig wert. (Oft stelle ich es aber gezielt neben tolle, wertvolle Fahrräder: Don’t take this, take that!)
Mir ist durchaus bewusst, dass ich meinen Geldbeutel oft nur lose in Jacken- oder Manteltasche dabei habe, vor allem beim Einkaufen, wenn ich ihn immer wieder schnell zur Hand haben will. Doch wie Chris Kurbjuhn und Sabine kommentierten: Wenn Profis es darauf abgesehen haben, kommen sie auch in gut gesicherten Taschen ran (ich kenne Geschichten von Menschen, denen Handtasche oder Rucksack mit Rasierklingen aufgeschlitzt wurden). Doch ich gehe erst mal davon aus, dass man mir nichts Gemeines tun will. Lasse deshalb auch Überziehpullis im geparkten Fahrradkorb, wenn ich zum Joggen geradelt bin. Schließe zwar Haus- und Wohnungstür, versperre sie aber nur, wenn ich die Wohnung leer hinterlasse. In der belebten Umkleide des Sportstudios versperre ich meinen Spind nicht für die fünf Minuten, die ich beim Duschen bin. Wenn ich im Café oder auf Bahnfahrten aufs Klo gehe, nehme ich nur meine Geldbörse mit und lasse mein Gepäck für die Zeit unbeaufsichtigt. Vielleicht kann man mich auch deshalb auf dem Viktualienmarkt so leicht übers Ohr hauen.