Arbeitsterminologie

Donnerstag, 30. Mai 2013 um 13:07

Da mein Vater als Elektriker Schicht in einer großen Fabrik arbeitete, wurde beim Heranwachsen mein Bild der Berufswelt von einer bayrischen und eher proletarischen Terminologie geprägt. (Dazu kam, dass mein Vater nie einem Schabernack widerstehen konnte: Als ich klein war, fragte ich den Papa, wenn er zur Spätschicht aufbrach, oft wohin er gehe. “Brotzeit machen”, scherzte er immer. Und das funktionierte: Wenn Nachbarn sich erkundigten, wo denn mein Vater sei, sagte ich: “Brotzeit machen.” Er muss großen Spaß daran gehabt haben.)

Zum Beispiel war die stehende Wendung fürs Gekündigtwerden: Muss seine Papier holen. Beispielsatz im Bayrisch meines spanischen Vaters: “Hab i zum Kagerer gesagt: Wenn du wiede net pünktlich lieferst, kannst du glei deine Papiere holen.” Hintergrund: Wenn man rausgeworfen wurde, ging man als erstes in die Personalabteilung und ließ sich die Unterlagen aushändigen, die man fürs Arbeitsamt brauchte. (Wenn ich das richtig verstanden habe.)

Um in dieser Terminologie zu bleiben und worauf ich hinaus will: Seit gestern gehe ich Stempeln.

Denn ich habe weiterhin keine Wünsche und Ideen für meine berufliche Zukunft, brauche aber jetzt ein Einkommen, wenn ich nicht meine eisernen Sparreserven aufbrauchen will. Nachdem einige Bewerbungen (Redaktion, Teamassistenz) kein Ergebnis brachten, gehe ich jetzt bescheiden den Weg der Lieschen Normalbürgerin: Arbeitslos melden. Nein, Wunder erwarte ich nicht. Aber ich bin gespannt und neugierig auf diese unbekannte Ämterwelt und ich hoffe auf das Beste.

Bereits vergangene Woche hatte ich online eingegeben, was nur irgendwie online geht. Doch schon die ersten Papierformulare, die ich derzeit ausfülle, weisen darauf hin, dass mein Fall nicht so recht vorgesehen ist. Ich werde mir das eine oder andere Sonderformular holen müssen.

So weiß ich jetzt, dass es ein eigenes Formular für Selbstkündigerinnen wie mich gibt. Mit viel Platz für Freitext zu den Fragen:

1. Aus welchen Gründen haben Sie das Beschäftigungsverhältnis beendet?
2. Haben Sie versucht, diese Gründe zu beseitigen?
Ja – Was haben Sie unternommen?
Nein – Bitte begründen Sie, warum Sie keinen Versuch unternommen haben.
3. War es möglich, das Beschäftigungsverhältnis erst zu einem späteren Zeitpunkt zu beenden und haben Sie dazu einen Versuch unternommen?
Ja – Was haben Sie unternommen?
Nein – Bitte begründen Sie, warum Sie keinen Versuch unternommen haben.
4. Haben Sie das Arbeitsverhältnis beendet, um eine Arbeitgeberkündigung zu vermeiden?
Ja – Bitte begründen Sie, welche Nachteile Sie bei einer Kündigung befürchten mussten.
Nein.

Und wieder habe ich ehrlich geantwortet. Was mich, nehme ich an, nicht nur Geld kosten wird.

Gute Wünsche meiner Umgebung sind mir fast peinlich, weil ich doch an allem selbst schuld bin. Ich erwarte eher Kommentare wie: “Na, das hättest du dir schon vorher überlegen müssen.”
Aus dem Verpflichtungsgefühl komme ich weiterhin nicht heraus: Nein, ich habe (derzeit?) keine Lust, große Dinge zu reißen. Ich möchte einfach mit einer anständigen Tätigkeit meinen Lebensunterhalt verdienen. Doch gleichzeitig würgt mich das schlechte Gewissen, denn jemand mit MEINER Ausbildung, mit MEINEN Fertigkeiten und MEINEN Chancen hat all dieses doch gefälligst auch zu nutzen. Jajaja, theoretisch weiß ich schon, dass dem nicht so ist.

Der Haken: Die Methode, die das Problem erzeugt hat, kann nicht die Methode sein, mit der ich das Problem löse. Losstürmen plus pflichtgetriebenes Zusammenreißen, mich überreden, aus Impulsivität und inhaltlicher Begeisterung Jobs anpacken, mich zu Höchleistungen bringen – das alles hat mich irgendwann in die innere Blockade getrieben. Doch auch wenn das logischerweise nicht die Methoden sein können, die meinen psychischen Kolbenfresser reparieren: Was anderes kann ich halt nicht. Deshalb versuche ich es auf einfacherem Niveau einzusetzen.

Denn wie schreibt Juliane bei kleinerdrei? “Nur tun als ob, ändert die Welt nicht”.

die Kaltmamsell

64 Kommentare zu „Arbeitsterminologie“

  1. Anke meint:

    .

  2. Sabine meint:

    Ich kann gut verstehen, daß man mal einfach nur seinen Job machen will – und nicht mehr. Und ebensogut nachvollziehbar ist dieser innere Trieb, von dem Sie schreiben, daß man dann doch immer mehr gibt, einfach weil es geht, und dann wieder dasteht und sich irgendwie verbraucht fühlt.

    Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen mit der Arbeitsagentur. Vielleicht wird das ja auch so eine Geschichte wie mit der Spam-Lesung. Geschichten aus dem Amt oder so. ;-)

  3. Indica meint:

    Es gibt eben keinen anderen Weg als den eigenen. Auch wenn der so nicht in der großen kosmischen Norm-Abteilung vorgesehen ist.

    Bitte bleiben Sie dran – an sich. Und lassen Sie sich nicht beirren.

    Denn wie sagten Sie selbst: “Die Methode, die das Problem erzeugt hat, kann nicht die Methode sein, mit der ich das Problem löse.” Schreib ich mir auch gleich ins Poesiealbum.

  4. trippmadam meint:

    Ich wünsche Ihnen alles Gute und viel Glück. Und immer den Rücken gerade machen, speziell auf Ämtern.

  5. kelef meint:

    schreiben wir ein buch? münchen vs. wien:

    erlebnisse nicht im system vorgesehener arbeitsuchender (untertitel: der untergang des abendlandes in anekdoten, edition 2000+)

    vergessen sie aber nicht sicht rechtzeitig alles aufzuschreiben. man dermerkt sich das ja nicht alles, was man da zu hören und zu sehen bekommt.

    sie werden viel neues und interessantes erleben dürfen. sehr viel.

    ansonsten: nein, man kann nicht immer gleiches mit gleichem vergelten, und auch nicht bekämpfen.

    wird ihnen gehen wir mir seinerzeit mehrmals: plötzlich ergibt sich alles von selbst, und alles wird gut.

  6. Melody meint:

    Was Indica sagt.

    (Es ist ein elendes Generv, dass man Geld zum Leben braucht, das Leben ist auch ohne dieses Problem schon anstrengend genug.)

  7. Sebastian meint:

    Vielleicht bringt ja dieser normale Weg auch einen normalen Job, der dann einfach passiv genommen statt aktiv gesucht wird. Das kann das Arbeitsamt recht gut, nur viele mögen gerade das nicht haben. Vielleicht sind sie dann ganz froh um diese Gelegenheit?

    Und ich bin mir ganz sicher, dass auch im Arbeitsamt Verbündete zu finden sind für diese Lage. Die sind dort einigen Kummer gewohnt und suchen auch Verbündete, wären zufrieden, wenn jemand klar von Herzen sagt, wie es steht. Nämlich erst mal gut: Hier ist eine Akademikerin ohne ungesunde Ansprüche, die Rat und Tat möchte, um weiter dem Arbeitsmarkt erhalten zu bleiben.

    Um schlechtes Gewissen, Verpflichtungsgefühl, Kolbenfresser kann man sich dann immer noch kümmern, wenn die andere Seite es auf den Tisch bringt. Was auch kein “so Tun als ob” wäre, sondern erstmal nur ein “Lassen, weil’s reicht”.

    Ich habe zweimal die Erfahrung gemacht, es ist lange her und da gab es auch nicht solche Fragebögen, aber ich erinnere die Maschine als hilfreich, ohne mich hollywoodmäßig an Helden des Arbeitsamtes erinnern zu müssen.

  8. kelef meint:

    tatsächlich habe ich einmal eine sachbearbeiterin des wiener arbeitsmarktservices getroffen, die volles verständnis dafür hatte dass ich es ablehnte, wegen einer wummsinnigen kollegin weiterhin über 650 überstunden (und das waren nur die bezahlten) im jahr zu leisten. ebenso hatte sie volles verständnis dafür, dass mir das arbeitsamt bei der suche nach einem so ausgefallenen job nicht würde helfen können: lt. arbeitsamt gab es den job nämlich gar nicht. sie akzeptierte auch klaglos meine bewerbungsunterlagen: zum teil nur aus zeitungen herausgeschnittene annoncen, und handschriftliche vermerke dazu (ansprechpartner, uhrzeit, nachgefragt am, etc.). war alles kein problem. sie bestellte mich noch nicht einmal zu einem “nachsorgetermin”, und dankte mir (tatsächlich und in worten) dafür, dass ich mich selber um job und nebenbei weiterbildung bemühte. das war alllerdings vor bald zwanzig jahren.

    seither hat sich vieles geändert. nur: den job gibt es immer noch nicht für das ams, obwohl das in der zwischenzeit ein universitärer abschluss mit allem drum und dran ist (o-ton: den beruf gibt’s ja gar nicht! – wieso steht das dann aber in meinem zeugnis, und in diversen stellenannoncen, etc.? – woher soll ich das wissen?) . aber staplerschein hätt’ ich machen können, mit 57 jahren als halbinvalide frau, ein jahr vor pensionsantritt. oder englisch lernen (hab ich studiert), oder den computerführerschein machen (hatte ich schon seit jahren), oder mich vor- und wieder wegstellen lernen.

    aber wien ist ja nicht münchen, und vielleicht haben sie glück und treffen auf eine vernünftige person, die soll es ja nach wie vor geben.

  9. Micha meint:

    Zum Stichwort *Arbeitsamt* fällt mir direkt diese Geschichte ein:
    Zwischen meinen Zeitverträgen am Theater (war extra derart auf Zeit eingerichtet, denn sonst hätte mir das Theater eine Festanstellung anbieten müssen) mußte ich mich für die Perioden dazwischen arbeitslos melden. In einer dieser Pausen entschloß ich mich dazu, mich weiterbilden zu wollen. Also fragte ich im Arbeitsamt, ja wie das denn aussehen würde, wenn ich ein Praktikum machen möchte. Oh, Praktikum meinte die Dame, ja dann muß aber der Betrieb, in dem Sie das Praktikum absolvieren wollen, Sie renten- und krankenversichern, das übernimmt das Arbeitsamt nicht.

    Ich, verdaddert, häh, ich werde bei einem Versuch, mich in andere Richtungen zu strecken (Praktikumsstelle hatte ich selbst besorgt) nicht vom Arbeitsamt unterstützt?! Welcher Betrieb nimmt mich als Praktikant, wenn ich nur zusätzlich Arbeit und zudem noch Unkosten bereite. Nee, sagte die Dame, nix zu machen.

    Ums abzukürzen: Wochen später fragte mich ein Herr (selbes Arbeitsamt), ob ich nicht eine *Trainingsmaßnahme* machen wollte? Und was habe ich gestaunt: Mit einem Schlüsselwort, auf das ich alleine nie gekommen wäre, wurden mir selbst die Anfahrtskosten zur Praktikumsstelle erstattet.

    Also wenn ich Ihnen mit meiner bescheidenen Lebenserfahrung einen Rat geben dürfte, dann wäre es dieser: Schauen Sie sich um! Gibts denn keinen Laden, kein Büro, kein Themengebiet, wo Sie sagen: Hey, das wärs! In diese Richtung wollte ich mich schon immer mehr reinarbeiten… Mit diesem Menschen schon immer einmal zusammenarbeiten… Also wenn man es sich schon mit Ihren Möglichkeiten selbst aussuchen kann, dann stellt sich halt die Frage: WIE HÄTTEN SIE ES DENN GERNE?

  10. die Kaltmamsell meint:

    Ich kenne ebenfalls positive Geschichten, Sebastian, von Kontaktpersonen, die mitdenken und unterstützen.

    Staplerschein klingt verführerisch, kelef, vielleicht reitet mich da allerdings auch nur der vom Vater ererbte Schabernack. Und die Erinnerung an die allesamt supercoolen Staplerfahrer in den diversen Fabriken, mit denen ich zu tun hatte.

    Selbst aussuchen kann ich es mir eben nicht, Micha, das haben die vergangenen Monate gezeigt: Überqualifikation ist nicht nur ein psychologischer Faktor in der Wahrnehmung von Personalabteilungen und Chefs (ich war oft genug in der Position, selbst Mitarbeiterinnen einzustellen), sondern kann den Arbeitgeber zum Beispiel im Tarif des Öffentlichen Dienstes richtig Geld kosten – Angestellten mit universitärem Abschluss muss er zum Beispiel für eine Stelle als Teamassistentin deutlich mehr zahlen als einer mit kaufmännischer Ausbildung. Mögen täte ich Redaktion (Texten, Inhalte entwickeln off- oder online) für ein anständiges Unternehmen oder in einer Agentur für anständige Kunden. Mögen täte ich auch Teamassistenz in einem anständigen Unternehmen, am liebsten im wissenschaftlichen Bereich oder in der öffentlichen Verwaltung. Womit wir wieder bei der Überqualifikation und einem Lebenslauf wären, der schreit: Die ist teuer!

  11. Baerbeline meint:

    Aus eigener Erfahrung weiß ich: Bei Selbstkündigung hilft zur Vermeidung der Sperre nur eine Bescheinigung vom Arzt (oder vermutlich bei anderen Gründen vom ehemaligen AG), dass es z.B. psychisch nicht mehr ging (so wars eben bei mir). Denn selbst wenn es wirklich so war und man (ich) dem Menschen auf dem Arbeitsamt was vorheult, dann hat man zwar sein Mitleid, aber trotzdem eine Sperre von drei Monaten, die einen nicht nur verzögert, sondern auch tatsächlich drei Monate kürzer Geld erhalten lässt (was ich vorher nicht wusste).
    Ansonsten wünsche ich viel Erfolg und Glück mit dem Amt. Die Ämter und Mitarbeiter sind sehr unterschiedlich (fähig und hilfsbereit)… Und trippmadam hat recht: Immer den Rücken gerade halten!!

  12. die Kaltmamsell meint:

    Sehen Sie, Baerbeline, das ist der fundamentale Unterschied: Ich lüge nicht. Und eigentlich hoffe ich, dass sich für eine derartige massive Lüge auch nicht so leicht ein Arzt findet. Die drei Monate Sperre bei Selbstkündigung halte ich außerdem für gerechtfertigt. Nur dass die in meinem Fall mit dem August 2012 vorbei waren.

  13. kelef meint:

    ach, hätte man mir den staplerführerschein oder ähnliches angeboten als ich noch jünger und besser in form war, da hätte mich nichts davon abgehalten das zu machen: mit einem kleinen stapler bin ich ja schon (ohne führerschein) gefahren, das ist einfach richtig, richtig super. und was man einmal hat, das kann einem dann auch keiner mehr so schnell wegnehmen, muss man ja auch bedenken.

    was mich richtig aufgeregt hat, in allen ehren, war einfach mein alter und die – vom arbeitsamt selber eingeholte – ärztliche bescheinigung, dass ich mich nicht bücken und nix heben kann, nicht lange in zwangshaltung sitzen und nicht im umfeld von potentiell atemreizenden stoffen existieren kann. nämlich diese gesundheitsbeeinträchtigung schloss den staplerschein schon einmal aus, und in den sitz eines normalen staplers wäre ich sowieso nicht hinaufgekommen. vielleicht aber doch: mit einem hubstapler, man weiss es nicht genau. und die prüfung hätte ich übrigens in der pension gemacht, bei den veranschlagten wartezeiten.

    ein paar bekannte von mir haben das spiel jetzt umgedreht, und machen das, was das arbeitsamt mir auch vorgeschlagen hat: selber für das arbeitsamt unterrichten, wobei das dann coachen heisst und bezahlt wird, allerdings nicht sonderlich gut. aber da kann man sicherlich auch was dabei lernen und profitieren, wenn man es recht bedenkt. vielleicht wäre das eine idee, bis ihnen was einfällt? bürokommunikation, wie schreibe ich einen brief etc. für anfänger, oder texten für fortgeschrittene? “die elektropost”, und was man dabei beachten muss. viele firmen haben ja auch marketingexperten (sogenannte), die zwar vom fach was verstehen, aber keinen geraden satz zu papier bringen können. wie lese ich das essentielle eines abstracts, und wie stelle ich fest wo der absender mich über den tisch ziehen will, und wieviele seiten darf ein anschreiben haben? trägt eine überschrift aus drei worten ein satzzeichen, und wie schreit man leute schriftlich an? wenn ich alles hineinschreiben muss was ich gar nicht will, wo schreibe ich das, was der leser übersehen soll, hin, wie liest der leser überhaupt, und was ist bei heiklen schreiben der vorteil des flattersatzes und der schriftgrösse, der möglichkeit worte abzuteilen usw. usw.. das wäre doch was für sie, oder? und der bedarf an derart geschulten menschen ist hoch, ich erinnere mich mit schaudern. sie können ja versuchen das vorzuschlagen, wenn sonst nix nutzt.

    im übrigen können sie sich ruhig auf ein burn-out-syndrom berufen, das kann ein geschulter arzt auch im nachhinein diagnostizieren, auch nach jahren. wenn man im akkord ständig gegen windmühlen anrennt, dann kriegt man das auf jeden fall, meinen die fachleute, und sonst hätten sie doch nicht so reagiert auf die damalige situation? na eben. alle anderen sind schuld, so ist das nämlich.

  14. die Kaltmamsell meint:

    Wird eine Lüge zur Nicht-Lüge, wenn man damit durchkommt, kelef? Müssen Arbeitsamtangestellte davon ausgehen, dass sie eh angelogen werden?

  15. adelhaid meint:

    ich glaube, es geht hier doch gar nicht darum, zu argumentieren, warum die werte frau kaltmamsell sich nun zu den aktiven arbeitssuchenden gesellt. der drops ist doch gelutscht. straf- und sperrzeiten sind abgesessen, und geld wird sie bei dem mitbewohner daheim ohnehin nicht viel bekommen. es geht doch vielmehr darum, nun einen job zu finden. einen, der nicht auffrisst. sondern der getan werden will und der nach dienstschluss vorbei ist. und das amt hat vermutlich kein formular, was hier auf die arbeitserfahrung, die ausbildung und das suchprofil passt. denn normalerweise werden solche arbeitssuchenden ja schnell von der straße gepflückt und verbringen dann die wenigen sonnenstunden des jahres in agenturen, wo man verliert, wenn man zu früh heimgeht. und genau sowas soll es halt nicht sein. non-profit irgendwo, klare aufgabenbeschreibung und dies zu einem gehalt, zu dem es sich leben lässt.
    und jetzt suchen wir den fehler…

    den link zu kleinerdrei fand ich übrigens sehr gut. ich habe gleich heute nachmittag in die stille meines büros ein paar sätze zu nicht anwesenden menschen gesagt, die gut taten und die ich vielleicht auch einfach irgendwann mal sage.
    vielen dank dafür!

  16. not quite like beethoven meint:

    Frau Kaltmamsell, ich bin sehr neugierig auf Ihre nahende Zukunft. Ich hoffe Sie auch.

    Übrigens, kelef, jetzt bin ich wirklich gespannt: Was ist denn bei heiklen Schreiben der Vorteil des Flattersatzes? Doch wohl nicht nur, dass es weniger amtlich aussieht?

  17. kelef meint:

    @kaltmamsell: natürlich wird eine lüge nicht zur nicht-lüge, wenn man damit durchkommt, das wollte ich keineswegs damit andeuten. aber burn-out ist etwas, das die menschen am arbeitsamt verstehen. man kann – bei den unendlichen vielen lebens- und sonstigen geschichten, die die armen leute (und das meine ich ganz ehrlich) zu hören bekommen – nicht erwarten, dass die auch noch diffizile unternehmensstrukturen und die daraus folgenden entscheidungen seitens eines arbeitnehmers auch nur ansatzweise verstehen. und ein “ich kann und will so nicht weitermachen” ist auch eine form des ausgebranntseins und abstand brauchens. es wäre also keine lüge, sondern ein verständlichmachen, quasi eine übersetzung.

    @not quite like beethoven: der vorteil des flattersatzes ist der: der mensch liest bekanntlich in unseren breiten von links oben nach rechts unten. alles, was rechts oben und links unten steht wird weit weniger schnell wahrgenommen. ebenso wird die erste zeile weniger beachtet. meist liest man zudem bei briefen eher die bekannten stichworte, die man schon im betreff gelesen hat. beim blocksatz werden die abstände zwischen den buchstaben vergrössert oder verkleinert, damit schauen dann worte oft hervorgehoben aus, obwohl das gar nicht beabsichtigt ist. beim flattersatz kann man sich durch geschickte wortwahl, -umstellung und aufhebung der automatischen silbentrennung eine menge vorteile verschaffen. ein “nicht” an der richtigen stelle geht dann einfach unter, und der nicht wirklich aufmerksame leser versteht das gegenteil von dem, was eigentlich dasteht. funktioniert öfter, als man glaubt: ein ungenügend richtig plaziert und abgeteilt wird automatisch als genügend aufgefasst. zudem erleichtert eine entsprechende aufteilung – die im flattersatz viel einfacher zu machen ist – auch das lesen und spart damit zeit. ergo werden solche schriftstücke eher gelesen als im blocksatz verfasste, und der verfasser kann von vornherein ein wenig beeinflussen, was der leser dann wirklich versteht.

  18. Tim meint:

    einen job zu finden. einen, der nicht auffrisst. sondern der getan werden will und der nach dienstschluss vorbei ist.

    … und dann noch einigermassen bezahlt, ohne Aufstocker- oder Hungerlohn? Träumen sie weiter. Auch wenn das hart klingt.

  19. Preißndirndl meint:

    Sich neu zu erfinden, braucht etwas Zeit, weil man das Neue ja nicht denken kann, es entsteht irgendwie anders, mehr durch Ahnung, eine Spur oder Witterung aufnehmen, zumindest ist das meine Erfahrung. Um dafür Muße zu haben, nahm ich mal in einer ähnlichen Situation einen Job als Rezeptionistin an, arbeitete halbtags. Die andere Hälfte der Schicht erledigte eine promovierte Germanistin. Und ich verdiente genauso viel wie zuvor in meinem Ganztagsbrotjob. Später arbeitete ich wieder in meinem erlernten Beruf, aber auf völlig andere Art … Ich bin sicher, Sie finden Ihren Weg.
    Mich würde noch interessieren, was für Sie ein anständiges Unternehmen ausmacht und wie Sie das von außen erkennen wollen.

  20. die Kaltmamsell meint:

    Ein anständiges Unternehmen, Preißndirndl, ist nach meiner Definition eines, dessen Erfolg die Welt nicht schlechter macht, für die Welt nicht schädlich ist. Das schließt Unternehmen aus, deren Geschäftsziel Gewinnmaximierung ist (Profitabilität allein ist kein Hindernis, die braucht es zum langfristigen Erhalt des Unternehmens) oder Bereicherung oder Marktbeherrschung. Die Unternehmensziele sollten öffentlich sein, dann kann man zumindest dieses von außen erkennen. Börsennotierte Unternehmen sind der Gewinnmaximierung sogar verpflichtet: Ihr oberstes Ziel ist es rechtlich, den Anteilseignern für deren Investitionen so viel wie möglich zurückzuzahlen. (Weswegen ich so manchen Protest gegen das Handeln von börsennotierten Unternehmen nicht verstehe: Wenn’s Geld bringt und legal ist, müssen sie es tun, sonst können die Aktionäre das Unternehmen sogar verklagen.)

    Das scheint mir der einfachste Punkt des Anstands zu sein. Da kann ein Unternehmen noch so sehr auf wohltätige Projekte oder Umweltschutzbemühungen verweisen: Wenn die expliziten Geschäftsziele in der Steigerung von Stückzahlen und Marktanteilen bestehen, ist das reine Kosmetik.

  21. Sebastian meint:

    Bin für den Kommentaromatknopf “Wieder was gelernt”

  22. Sebastian meint:

    Ok, wird geschrieben. Mit der kaltmamsell als Sonderdetektivin, etwa so:

    “Die ganze Nacht hatte sich Kurt Koster den Kopf zerbrochen und das Innere wahlweise pochiert und frittiert, doch es wollte ihm einfach nicht gelingen, daraus ein anständiges Ergebnis zu passieren, was das zur Lösung des Falles beitragen konnte. Dabei lag es ihm auf der Zunge!

    Und so griff er zum Internet und schrieb “Werte Kaltmamsell”, schrieb er, “ich habe da mal wieder ein Problem…” Als er zehn Minuten später mit dem beweglichen Pfeil des Internets auf den To-Send-Knopf seines Googlemailprogramms tippte und die Nachricht lautlos von seinem Bildschirm verschwand, weil er wegen der Nachbarn um diese Zeit den Ton des Internets abgestellt hatte, machte er sich gefasst auf die bald folgende Kopfwäsche mit sehr kaltem Wasser bereit, das die Mamsell über ihn in aller kühlen Ruhe träufeln würde.

    Jahre war es her, dass er auf sie bei einem anderen Fall gestoßen war, dem Tod eines Kinderhassers, dessen Täter alle in einem Neunjährigen aus der Nachbarschaft sahen. Er wusste auch nicht mehr, wie diese Googlesuche ihn zu ihr geführt hatte, doch schoss er daraufhin einfach mal einen Kommentar ins Blaue, auf seinen Kochinstinkt vertrauend. Und prompt erhielt er eine Analyse mit kaltem Verstand, warum ein Neunjähriger keinen 80jährigen Mann in 30 Minuten zu einem servierfertigen Gulasch verkochen konnte – sein Fleisch war einfach zu zäh dafür.

    “Da hätte ich ja auch wirklich selbst drauf kommen können”, hatte Kurt Koster damals ins stumme Internet gerufen, einen Ausruf, den er noch viele Male wiederholen sollte, wenn die Kaltmamsell in aller digitaler Distanz wieder mal den Elefant in der Küche erkannt hatte, während er sich noch wunderte, warum das Porzellan so schnell kaputt ging.

    Keine Ahnung, was die Dame sonst so machte, Koster hatte das so ein Bild vor Augen von einer Garbo im Spinnennetz, die sich beim Zittern der Fäden zwar stets in Bewegung setzte, aber nur bei für sie fasznierende Meldungen ihren Rat versprühte, der Rest wurden einfach kleben gelassen.

    Und auch diesmal würde die große Unbekannte aus dem Worldwideweb nicht mit kleinen Spritzen in seine schwächsten Punkte sparen, die bei einer Veganerin Zalanda im Männerkochkurs ja offen auf der Haut lagen. Nun denn, so lange es der Lösung…”

  23. walküre meint:

    .

  24. Sebastian meint:

    Autsch, falsche Baustelle… sorry. Darf man das umheben, ohne gegen die Netiquette zu verstoßen?

  25. walküre meint:

    Danke, Sebastian. Ich wusste beim Lesen Ihrer Zeilen in diesem Kontext zunächst nicht, ob ich unter akutem Koffeinmangel leide oder Ihnen möglicherweise irgendwelche Essenzen zu Kopf gestiegen sind. :-)

  26. Baerbeline meint:

    Ich wollte auch nicht zur Lüge auffordern – und bei mir wärs auch keine Lüge gewesen (mein Hausarzt hätte mir vermutlich sogar etwas beschwingt, schließlich war ich davor schon öfter bei ihm); ich habe letzten Endes gekündigt, weil es nicht mehr ging (und seit ich auf meiner neuen Stelle bin, weiß ich erst richtig, dass es tatsächlich nicht mehr ging und es zum Großteil nicht an mir lag) – und mein Chef das wusste und mich trotzdem versetzt hat (und das als Psychiater, das ist im Nachhinein schon lustig und traurig). Wenn man auf die Frage des Arbeitsamtsmenschen, warum man gekündigt hat, in Tränen ausbricht, spricht das wohl für sich…
    Ich halte die dreiMonatsSperre keineswegs immer für gerechtfertigt – vor allem aber die Rahmenbedingungen, um dieser in einem gerechtfertigten Fall zu entgehen, nicht transparent genug. Da ich einen verdienenden Partner habe, war ich nicht zwingend darauf angewiesen (und konnte deswegen auch kündigen obwohl ich wusste, dass ich gesperrt werde), zudem hatte ich nach zwei Wochen eine neue Stelle (obwohl ich vorher ein Jahr lang erfolglos gesucht habe). Ich mag mir aber nicht vorstellen, wie es mir ergangen wäre, hätte ich das Geld gebraucht.

  27. Helena meint:

    Aus eigener und anderer Erfahrung, die sich teilweise mit der von Frau Kaltmamsell deckt, weiß ich, dass der Wunsch “einen job zu finden. einen, der nicht auffrisst. sondern der getan werden will und der nach dienstschluss vorbei ist” in der Tat wohl ein ein Wunschtraum bleiben wird. Es gibt heutzutage keine Jobs mehr, in denen man sich ausruhen kann, wo es auch gerne mal nur 80% Einsatz statt 150% sein dürfen. Denn: warum sollte sich ein Unternehmen mit 80% zufrieden geben, wenn es locker auch 150% bekommen kann? Und zwar von vielen potentiellen Mitarbeitern, die alle mehr oder weniger die gewünschte Qualifikation erfüllen, motiviert und engagiert sind, die sich reinhängen und alles geben und – das ist das eigentlich Gräßliche -auch eine Unterbezahlung in Kauf nehmen. Und jünger sind.

    Ein besonders unerfreuliches Beispiel für das Mini-Max-Prinzip (das es aus betriebswirtschaftlicher Sicht eigentlich gar nicht gibt): Größtmöglicher Input (Arbeitsleistung bis zum Burn-out) und kleinstmöglicher Output (Arbeitsentgelt), was sich auf dem hiesigen Arbeitsmarkt branchen- und qualifikationsübergreifend leider sehr gut durchgesetzt hat, Tendenz stark zunehmend.

    Auf die Kompetenz der Arbeitsamtmitarbeiter bei der Stellensuche würde ich nicht zählen. Ich würde mir einen Job-Coach leisten.

  28. die Kaltmamsell meint:

    Ich bitte zu beachten, Helena, dass die zitierte Formulierung nicht von mir ist. Zu Einsatz bin ich sehr wohl bereit.

  29. Helena meint:

    Pardon Kaltmamsell, nein das ist nicht von Ihnen, sondern aus dem Kommentar von adelhaid (ich weiß leider nicht, wie man hier die Zitatfunktion korrekt verwendet) und mein Kommentar bezieht sich auch explizit auf diese Aussage.

    Dass Sie zum Einsatz bereit sind, ist ersichtlich.
    Und der Wunsch, hier die Grenze zum Ausbrennen und Verausgaben nicht mehr zu überschreiten. Völlig verständlich.
    Dass die Gegebenheiten “da draußen” leider andere sind, wollte ich mit meinem Posting kurz anreißen.

  30. Buchfink meint:

    Haben Sie es schon einmal mit einer Initiativbewerbung versucht? Vielleicht kennen Sie ja ein Unternehmen, das wenigstens von außen gesehen erträglich aussieht. Es soll Leute geben, die damit ihr Glück gefunden haben.

  31. MissJanet meint:

    Liebe Kaltmamsell, sind Sie nicht Akademikerin? Hier bei uns in Duisburg gehen die zu speziellen Beratern, dort wird man höflich und zuvorkommend behandelt, nicht bedroht, verachtet und wie der letzte Dreck behandelt, was bei der “Beratung” für Lieschen Normalbürgerin (die nur eine Ausbildung hat) ein unvorstellbarer Luxus ist.

    Erste-Welt-Problem, würde ich sagen.

  32. barbara meint:

    Reden Sie Frau Kaltmamsell doch keinen Herzinfarkt ein.
    Hatte zwei Jahre mit der Arge zu tun und beide Sachbearbeiterinnen waren von ausgesuchter Freundlich-und Höflichkeit.
    Wenn man nur das Schlimmste erwartet und von vornherein auf Krawall gebürstet ist, ja mei, dann.
    Wäre denn Selbständigkeit eine Option?
    Wir waren das ausschließlich (ich als Angestellte des Mannes)und im nachhinein gesehen war es die absolut richtige Entscheidung. Viel, sehr viel gearbeitet, es auch mit A***löchern zu tun gehabt, dennoch blieb genügend privates Leben mit Vergnügungen.

  33. MissJanet meint:

    Liebe Barbara, ich denke, die Kaltmamsell wird schon klarkommen, sie ist ja schon ein großes Mädchen.

    Liebe Kaltmamsell, Ich bin das, was Sie als “Lieschen Normalbürgerin” bezeichnen und finde Sie deshalb in diesem speziellen Eintrag als geradezu unerträglich versnobt und elitär. Das werde ich wahrscheinlich in ihrem nächsten Eintrag schon wieder anders empfinden, aber hier in diesem Fall würden Sie meiner Ansicht nach außerorentlich von einem Tritt in den Hintern profitieren.

  34. walküre meint:

    Es ist also elitär und versnobt, wenn man einen Beruf ausüben möchte, der einen weitestgehend positiv erfüllt.

  35. MissJanet meint:

    Sie haben den Punkt nicht erfasst. Mir geht es um das Entsetzen, dass die Kaltmamsell offenbar erfasst, wenn sie befürchtet sich wie Lieschen Normalbürgerin fühlen zu müssen.

  36. Raklei meint:

    MissJanet hat recht. Sich zu gruseln, plötzlich mit “Lieschen Normalbürgerin” im selben Topf zu landen IST versnobt und elitär.

    Aber mit genügend Verstand ist sowas heilbar.

    Ich wünsche Frau Kaltmamsell die Kraft der “Lieschen Normalbürgerinnen”, um diesen schweren Abschnitt ihres Lebens zu meistern.

  37. fragmente meint:

    Unabhängig vom derzeitigen Zwischenstand habe ich unverändert tiefen Respekt für Ihre Entscheidung, ein Sabbatjahr einzulegen. Wirklich: ich finde das ganz großartig, konsequent, und aufrecht.

  38. trippmadam meint:

    @Frau Kelef: “Viele Firmen haben ja auch Marketingexperten, die…”
    Ja, und in dem Laden, in dem ich arbeite, formulieren die Marketingexperten Musterbriefe, an die wir uns zu halten haben, wenn wir die Kundschaft anschreiben. Da schämt man sich für seine Unterschrift, und hofft, dass einen da draußen bei der Kundschaft keiner kennt.

  39. die Kaltmamsell meint:

    Wie Sie aus meinem “bescheiden” ein “Entsetzen” herauslesen, MissJanet, und Sie ein “gruseln”, Rakelei, sagt mehr über Sie aus als über mich.

  40. Sebastian meint:

    Ob bei “Otto Normalverbraucher” auch diese Reaktionen gekommen wären?

    @Helena Ich weiß nicht, ob diese Prozentrechnung etwas bringt und so stimmt. 80% sind ja noch kein Ausruhen (was hier auch keiner sucht, denke ich), und was für den Chef 150% sind, können ja für einen selber 100% sein, was auch ein guter Wert ist. Der dann wie gemessen wird – in Stunden, Taten, Umsätzen? Dass es in allen Bereichen weit anspruchsvoller geworden ist, stimmt, die Kunst ist, diese Ansprüche zu erfüllen, ohne sich zu überfüllen. Ich kenne schon Leute, die das schaffen, und sie sind nicht Selbständige (haha, grad da kaum).

    Ein wesentlicher Unterschied vom früheren sich Krummschaffen zum heutigen Burnout wird so erklärt, dass bei dem die Leute auf langer Strecke mit Feuer in eine Sache gegangen sind, die nicht zum erwünschten Erfolg geführt hat, oft wegen Fremdbestimmung. Diese war früher noch stärker(?), aber wegen weniger Feuer und Wünschen nicht so arg empfunden. Ich glaube, darum geht es auch bei dem Beitrag hier.

    Wenn ein Filmstar seine Karriere beendet, nach Äthiopien geht und dort für eine bessere Welt auf für sich selbst sorgt, wenn ein Millionär sein Haus für einen guten Zweck versteigert und sein Leben auf eine Zweizimmerwohnung und Einfacherleben-Seminare einrichtet, wenn eine Journalistin Ihren Besitz verschenkt und um die Welt reist, um uns unsere Wünsche zu erfüllen, finden wir das toll. Finde ich auch, vor allem für diese Leute, aber das ist auch leicht toll zu finden – es hat einen großen Sinn für viele und es ist weit weg genug von unserem Leben, so dass wir über eine Veränderung nicht groß nachdenken müssen.

    Ich finde es ebenso legitim, einzusehen und dazu zu stehen, das man lange genug ein großes Rad gedreht hat, um sagen zu können: Danke, es reicht, jetzt bitte erst Mal ein paar Nummern kleiner. Und kann mir vorstellen, dass dieser Schritt persönlich genauso groß ist wie die prominenten von oben. Nur halt näher an uns dran, was einen auch leichter urteilen lässt, und sei es aus Schutz. Ein Erste-Welt-Problem, sicher. Da leben wir ja auch.

  41. MissJanet meint:

    Liebe Kaltmamsell, mein Hinweis auf das “Entsetzen” bezog sich auf den Hinweis auf akute Herzinfarktgefahr von Barbara, nicht auf Ihren Blogeintrag.

    Ihre Antwort an mich (und Ra(e)klei) ist geradezu ermüdend abgedroschen, aber es steht ja schon als Überschrift über den Kommentaren, dass Sie nur Beifall möchten, es ist ja auch Ihr Blog. In diesem Sinne…

  42. Anke meint:

    “We are born to wander, and cursed to stay and dig.”

    Passte gerade, fand ich. Von hier:

    http://www.brainpickings.org/index.php/2013/05/31/william-bolitho-twelve-against-the-gods/

  43. Husefack meint:

    Ich bin auch sehr gespannt auf den Ausgang dieses sozialen Experimentes. Vielfach gebildete und mehrsprachige Akademikerin in mittleren Jahren mit festem Wohnsitz in einer der an Arbeit reichsten Gegenden des Landes sucht “bequemen” Job. Past scho…

    Mit der Arge hatte ich nie Ärger, weil ich einfach davon ausging, dass diese Organisation keine Arbeit vermittelt, sondern nur den Suchenden unterstützt. Wenn man so rangeht, kommt man ganz gut klar, denke ich. Dennoch wird das Wort, dass Sie dort am meisten hören werden, das Wort “nein” sein.

    Mein Tipp wäre direkt die Webseite der Stadt, hierzulande gibt es zum Beispiel einen Newsletter, der über neue Stellen informiert, was aber auch trügerisch sein kann, da Stellen bei der Stadt zwar öffentlich ausgeschrieben werden müssen und somit in der Datenbank auftauchen, aber längst intern verkungelt sind.

    Außerdem muss man nicht immer lügen, beispielsweise im Lebenslauf. Man kann auch einfach einiges weglassen…;-)

    Viel Erfolg

  44. Helena meint:

    Zitat Sebastian:
    “…das man lange genug ein großes Rad gedreht hat, um sagen zu können: Danke, es reicht, jetzt bitte erst Mal ein paar Nummern kleiner. ”

    So wie Sie das beschreiben und gemessen an den mir bekannten und genannten Arbeitsbedingungen ist das in meinen Augen eine andere Formulierung für “Vorruhestand”.

    Man könnte sich unter der Prämisse natürlich auch einen Teilzeitjob suchen – denkt man. Leider sind diese noch spärlicher gesäht als die hier angedachten Ausruhposten. Lässt sich sehr einfach feststellen, in dem man/frau (gerne auch mit akademischen Hintergrund) einfach mal danach sucht. —

    Ein “schönes” Beispiel hier noch für den Verschleiss von Leistung und Know-How und deren Wertverfall: ein hier ansässiger Unternehmerverband suchte kürzlich per großer Printanzeige eine PR-Fachmann/Fachfrau. Die Leistungsanforderungen waren nicht zu knapp und natürlich wurde auch Flexibilität und großer Einsatz abverlangt. Das entscheidenede Detail: man gedachte hierfür nichts zu bezahlen. Nichts. Von Ehrenamt oder Hobby war in der Anzeige allerdings nicht die Rede.

    Das ist natürlich ein Extrembeispiel, gibt aber exemplarisch sehr gut wieder, dass sich “auf dem Arbeitsmarkt” ein paar wichtige Parameter sehr ungünstig verschoben haben. —

    Die Vermittlung von hochqualifizierten Arbeitslosen über das Arbeitsamt stelle ich mir schon aus folgendem Grund als eher unwahrscheinlich vor: die suchenden Unternehmen (außer ÖD ev.) nutzen das AA doch wohl eher nicht als Pool für geeignete Kandidaten, oder??

  45. kelef meint:

    was die leut’ da immer lesen was gar nicht dasteht …

    es gibt eine menge jobs, die einen rund um die uhr in der mangel haben – körperlich weniger, aber dafür geistig. und das ist nicht nur sehr anstrengend, das ist auch ziemlich geist- und körperfressend, zumindest wenn man das eine weile lang gemacht hat. und es bleibt viel dabei auf der strecke.

    dazu kommt, dass jobs sich sehr verändern können, durch äussere wie innere umstände: internet und firmen(um)strukturierungen und -zusammenschlüsse können von heute auf morgen dazu führen dass man in einem umfeld ist, das man so nicht akzeptieren kann, und mit einer aufgabenstellung, mit der man sich nicht identifizieren kann. dazu kommen oft genug administrative beschränkungen, die sowohl menschlicher (sog. vorgesetzte) als auch zeitlicher oder monetärer natur sind.

    das höhlt einen aus, und man fragt sich oft genug ob man das will, und wozu das führt. hat man nur mehr ein paar jahre bis zur wohlverdienten pension, dann kann man das u.u. aushalten und irgendwie – stricherl pro tag, und so – durchstehen. manchmal gibt es auch die möglichkeit eines vorzeitiges ruhestandes, weil es, wie in manchen fällen, innerhalb kurzer zeit einen job einfach überhaupt nicht mehr gibt, auch nicht bei anderen arbeitgebern.

    hat man noch zehn oder mehr jahre vor sich, gibt es die noch möglichkeit ein paar stufen runter zu schalten und nur mehr halbe kraft zu fahren: da bleibt die qualität auf der strecke, egal wie man es macht oder betrachtet. das schafft man als verantwortungsvoller mensch leider nicht, und so verändern sich die belastungen nur in der art, aber sie werden nicht weniger.

    oder man nimmt das hangerl und wirft es, und sammelt sich erst einmal, und sortiert sich innerlich neu. und sucht sich, wenn der bisherige job in dieser oder ähnlicher form überall mehr oder weniger gleich ist, eine neue idee, ein ganz anderes arbeitsgebiet, vielleicht sogar eine neue, zusätzliche ausbildung.

    letzteres ist nur bedingt der einfachere weg, sicherlich aber der gesündere, und ebenso sicher der einzig ehrliche. dass man dafür dann eine menge blöder kommentare, “ich hab’s ja gleich gesagt”, etc.s bekommt ist vorhersehbar, aber, jo mei, been there, done that: gut war es, was ich gemacht hab, sehr gut, und das einzig vernünftige. wie der vater meiner tochter zu sagen pflegt in manchen situationen: “hast du einen hut? dann nimm ihn und geh.”

    man kann auch oft nur schwer beschreiben was nun wann wo und warum zur eigenen entscheidung geführt hat, entsprechend schwer ist es dann die entscheidungen anderer zu verstehen, weil man ja nicht drin steckt. aber man könnte sie doch – mit verlaub – einfach akzeptieren, wenn sie nicht mit der absicht anderen zu schaden getroffen worden sind?

  46. Sigourney meint:

    Heroischer Herzinfarkt und neuerdings auch ein möglichst spektakulärer Burn-out (Buch drüber schreiben ist aber ein Muss) werden akzeptiert, aber selber schon davor erkennen, dass es so nicht weitergeht, dafür gibt es keine Diagnose. Dann das System richtig zu nutzen und sich Burn-out diagnostizieren lassen, ist nicht lügen.
    Meistens sind übrigens nur Frauen so schlau, die Zeichen früh genug zu erkennen.
    Ich kenne eine Ex-Produktmanagerin, die ihre zunehmende Anzahl von Migräneanfällen als Warnsignal genommen hat und ausgestiegen ist. Sie übt ihren Job jetzt freiberuflich aus (bzw. macht etwas ähnliches), das ist auch kein Zuckerschlecken, aber sie ist viel gesünder. Denn fertig gemacht hatte sie die Sinnlosigkeit und Fremdbestimmtheit ihres Tuns und nicht in erster Linie das Pensum.

  47. Gaga Nielsen meint:

    Hochinteressanter Strang. Ich lese eifrig mit! Bitte weiter kommentieren, schöne substanzielle Kommentare, von allen Seiten! Der Eintrag ist natürlich auch hochspannend. Das ist die Liga von Blogeintrag, die eher selten in kommerziellen Online-Medien erreicht wird. Sehr schön. Mag ich sehr. Ganz unabhängig von meiner persönlichen Einschätzung, die da auch sehr mäandert. Oder sagen wir: in vielerlei Richtung dynamisch ist.

  48. Viktor meint:

    Vor 12 Jahren habe ich einmal in die Arbeitslosigkeit hinein gekündigt. Der “Berater” am Arbeitsamt (war das damals noch Amt oder schon Agentur?) war ein einigermaßen netter Mensch, der mich in meinen Bemühungen, selbständig zu werden, gut unterstützt hat.

    Übrigens wurde ich damals nicht gesperrt, mein Arbeitgeber war eine derartige Katastrophe, daß das Arbeitsverhältnis als “unzumutbar” gewertet wurde. Allerdings sollte ich das schriftlich begründen und so ist ein recht ausführlicher Aufsatz dabei herausgekommen. Heute würde man das Alles vermutlich als zumutbar abtun…Immerhin konnte ich 9 Monate eher angenehme Arbeitslosigkeit verbringen, ohne allzusehr belästigt zu werden. Das ist heutzutage unvorstellbar!

    Inzwischen schlage ich mich mit anderen, ebenso unzumutbaren Arbeitgebern herum – die Selbständigkeit war übrigens keine dauerhafte Alternative, damals jedenfalls – und kann’s wirklich gut verstehen, wenn man dem System Arbeitswelt SO nicht mehr begegnen will.

  49. Sebastian meint:

    Was die Kaltmamsell oben über Ihre Entscheidungsfindung und -suche beschreibt, ist den regelmäßigen Lesern dieses Blog (die ich jetzt einfach mal auch zum Großteil hier im Kommentarstream sehe) ja schon recht bekannt. Neu ist nun, dass sie das vom Arbeitsamt staatlich begleiten lässt. Und interessant finde ich, dass ihr Entscheidungsweg nun weit aufmerksamer bis strenger beurteilt wird.

  50. kid37 meint:

    Als Antithese zum “Verpflichtetsein-Gefühl” denke ich selbst wieder verstärkt über Bölls “Anekdote zur Senkung der Arbeitsmoral” nach.

  51. richensa meint:

    ******************KOMMENTAROMAT**********************

    Genau!

    *******************************************************

  52. Susann meint:

    Mich stört hier ein bisschen die Selbstgerechtigkeit mancher, die den Wunsch der Kaltmamsell (ordentliche Arbeit, machbar ohne Burnout – um das mal zu Paraphrasieren) da als verkappte Faulheit abtun (“Ausruhjob”, “Tritt in den Hintern” usw.).
    Merken Sie denn nicht, dass Sie – indem Sie die Kaltmamsell da aburteilen und den Druck erhöhen – supertoll in einem Spiel mitspielen, das Ihre persönliche Ausbeutung zum Profit anderer zum Ziel hat?

    Man stelle sich vor, die Herren im Mittleren Management oder sonstwo würden, ja, man stelle sich vor, alle nach Hause gehen, wenn sie das getan haben, was in ihren Verträgen steht. Alle. Geschlossen. Idealerweise überall, ja, ich weiß, die Globalisierung erhöht den Druck überall, auch hier.
    Dann würden Kinder ihre Väter mal sehen, dann hätte Mütter eine faire Chance, in dem Spiel mitzuspielen, ohne ihre Kinder oder ihre Gesundheit zu opfern, dann würden nicht so viele Anfang 50 aus den Latschen kippen…aber nein, wir müssen ja leisten und machen, weil sonst…ja was, eigentlich?
    Ach, das Ganze ist sicher so “alternativlos” wie die Eurorettung laut Frau Merkel. Einfach mitlaufen und alle runtermachen, die in dem Spiel nicht mehr mitlaufen können oder wollen.
    Gute Idee.

  53. Ulrike meint:

    Susann: genau so sehe ich das auch

  54. Sebastian meint:

    Sehr schön, Susann, aber man darf auch einfach so heimgehen, wenn es getan ist, ohne dann gleich Vater zu sein oder Mutter oder auch Kind (was ja auch ein Aufgabe ist, die heute wieder viele fordern), selbst wenn man es offiziell ist? Einfach um sich selbst mal wieder zu sehen, wenn es in der Arbeit nicht geht?

  55. Cornelia meint:

    Ach Kaltmamsell.
    Ich wünsche Ihnen viel Erfolg, denn ich kann Ihre Situation so gut nachvollziehen.
    Ich selbst bekomme Beklemmungen, wenn ich meine Agentur-Betreuerin mitleidig schauen und nach “Büro*” in den Datenbanken suchen sehe. Das Ergebnis sind dann leider auch Stellen, in denen Begriffe wie Versinabrung und Bedrufserfahrung auftauchen… Nicht verzweifeln!!!

  56. Tim meint:

    Ach ja, Susann. Das wäre schön. Die Realität sieht anders aus. Und meist geht es wirtschaftlich nicht anders, als sich der Realität zu beugen. Es gibt Leute mit Erbschaften, erfolgreichen Finanzspekulationen, gut verdienenden/r Partner/in, usw. die das lockerer sehen können und Träumen nachhängen. Aber das sind weniger als es manchmal erscheint. Aber so ist das Leben. Ein trudeln zwischen Wunsch und Wirklichkeit. Und das ist auch gut so.

  57. Susann meint:

    @Sebastian, nur zu, ich glaube, die Kaltmamsell will ja nicht mehr als genau das – heimgehen, wenn die Arbeit getan ist, und nach Dienstschluss noch ein bisschen Zeit haben. :-)

  58. walküre meint:

    Beugt man sich der Realität oder geht man “nur” irgendwann aus Bequemlichkeit/aus Resignation/weswegenauchimmer den Weg des geringsten Widerstandes ?

  59. Tim meint:

    Das ist fast eine philosophische Frage, walküre. Ich denke, manchmal geht das besser, manchmal schlechter. Grundsätzlich bleibt als Antrieb der Menschheit das Streben zum Glück. Und jetzt kommt die Arbeitsagentur ins Spiel. Der Sozialstaat sollte Menschen eigentlich die Unterstützung bieten, um wieder “besser” den individuellen Zielen folgen zu können. Das dies nicht – mehr” klappt ist im Grunde die Quelle aller Kritik an den “Ämtern”.

  60. Susann meint:

    @Tim

    Ich kenne dieses Gefühl von Zwängen gut – hab schließlich Kind & Kredi und keine Erbschaft! – und würde mir 15x überlegen, ob ich kündige, auch bei suboptimalen Arbeitsbedingungen (wobei ich tatsächlich gute Arbeitsbedingungen und einen interessanten Job habe, also viele Klagen auch icht persönlich nachvollziehen kann).
    Andererseits finde ich es wichtig, sich immer wieder zu überlegen, ob es “hausgemachte” Zwänge gibt, wie diesen Konkurrenzkampf in manchen Büros, später heimzugehen als alle anderen. Das ist ein hausgemachter Zwang, und dann kann man abwägen, ob man sich ihm unterwerfen will oder ob die Kosten zu hoch sind.

  61. Hammwanich meint:

    Werte Frau Kaltmamsell,
    ich wünsche Ihnen von Herzen, dass Sie das finden, was Sie glücklich macht. Und glücklich meine ich nicht im Sinne von “Selbstverwirklichung durch Arbeit”, sondern glücklich im Sinne eines “Bread and butter”-Jobs, der Zeit und Raum lässt für persönliche Entfaltung in der Freizeit. Ohne das Sie sich tagsüber verbiegen und verstellen müssen.

    Werte Kommentatoren, die meinen, man müsse sich halt aufopfern heutzutage, weil es nicht anders geht:
    doch, es geht anders. Ich habe es gestern erst wieder bei einem Kundentermin erlebt. Leider nicht in Deutschland, sondern in Dänemark. Aber, es waren dänische Mitarbeiter eines deutschen, börsennotierten Großkonzerns. Vielleicht sind gar nicht immer nur die Unternehmen schuld, wenn es nicht geht. Sondern auch die Gesellschaft, die Gesetzgebung und der eigene Wahn, als “Minderleister” zu gelten, wenn man pünktlich Feierabend macht, weil das Tagespensum erfüllt ist.

  62. Xaver Unsinn meint:

    Schöner Comment-Thread, ein kleiner Mirror der Gesellschaft. Partiell nur spießig, eine begrenzte deutsche Sichtweise.

  63. midori meint:

    Ich wünsche alles Gute für den Weg!

  64. Peter Lustig meint:

    Nach einem Burn Out ist der Weg zur Besserung der Müßiggang. Fast undenkbar in der heutigen sogenannten “Leistungsgesellschaft”? Nö, einfach mal machen :-) Die Seele freut sich :-)

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