Archiv für Mai 2013

Beifang aus dem Internet

Freitag, 10. Mai 2013

Zurück daheim, vom In/side/out der Tage in Berlin zurück nach In. Und mich dort anrühren lassen von:

Vatergeschichten bewegen mich ohnehin leicht – diese ganz besonders:
Why I Don’t Diet – An Ode to My Father“.

My father was born larger than life, to a family of larger than life people. (…) When my father turned 20, he was over 6’2 and 300lbs. His feats of athleticism echoed like legends among his family and friends.
(…)
But he didn’t want to be a giant. He wanted to be thin.

via @journelle

§

Andrea spürt, wie wichtig das Bloggen der Altvorderen ist – der Platz, auf dem Wolken Worte werden, auf dem Wasser, Wein und Weh fließen: “Heimat”.
Dabei war er doch nie verschwunden, verschwand nur scheinbar im Getöse anderer Sprachformen im Web. Dieser Platz wird immer nötig sein, und ich entdecke jedes Jahr neue Blogs von Nachwuchs, der das auch so spürt und sich eine Ecke auf diesem Platz einrichtet.

§

Eine schöne Zusammenfassung der re:publica hat Thomas Knüwer geschrieben: “re:publica 2013: Bunt und schön“. Inklusive Fotos von den großartigen Grafiken von 10 hoch 16, die das Treffen schmückten.

Bei welcher Konferenz gibt es so viele Kinder? Eine so breite Altersspanne? Wo ist Barrierefreiheit so selbstverständlich, gehören Rollis derart alltäglich zum Bild wie die Untertitel auf der Leinwand der großen Bühne? Gibt es irgendeine Konferenz in Deutschland, die so bunt ist, eben so bunt eben wie unsere Gesellschaft?

Berlin im Frühling – dritter Tag re:publica 2013

Donnerstag, 9. Mai 2013

130508_Kleidung

Gemein: Das leichte Kopfweh, mit dem ich aufwachte, steigerte sich bis zu meinem Spaziergang hinüber auf die re:publica dermaßen, dass ich eine für mich völlig untypische Migräneattacke befürchtete. Doch Espresso und Aspirin dämmten den Schmerz, übrig blieb eine wattige Benommenheit, durch die ich die ersten Vorträge wahrnahm.

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtube.com/watch?v=3ON3cSuW4Bs

In “1 Million Petitionen – Protestieren wir richtig im Netz?” vermittelten mir Profis vom WWF, von Oxfam, von compact.de und aus der Politikwissenschaft in einem hochinteressanten Gespräch, was man derzeit über Online-Petitionen weiß. Hängengeblieben ist bei mir:
– Jede Online-Aktion braucht für Erfolg Offline-Sichbarkeit (Demos, Gespräche mit Politikern) und muss in eine Gesamtkampagne eingebettet sein.
– Petitionen müssen für Politiker Zusatzinformationen enthalten – wie halt im klassischen Lobbying.
– Online-Petitionen zeigen Politikern, was Menschen zu einem Thema denken, aber nicht, wie wichtig ihnen dieses Thema ist. (Auch deshalb Offline-Sichtbarkeit nötig.)
In der Fragerunde meldete sich ein CDU-MdB – und schon hörte ich zum ersten und einzigen Mal in diesen drei Tagen “Netz-Community” (die sich entscheiden müsse, an einem Strang ziehen, endlich mal sagen, was sie will etc.) – der Mann KANN ja nur enttäuscht werden.

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtube.com/watch?v=5f_JiFfI9Ts

Im Schatten des Rechts – Wie informelle Normen das Urheberrecht unterlaufen oder auch auf den Kopf stellen” stand im Gesamtplan abgekürzt als “Informelles Urheberrecht” und klang deshalb interessant – war es auch. Beim Blick auf die Bühne war ich verwirrt: “Die kenne ich doch.” War ja auch Jeanette Hofmann, die Gründungsdirektorin des Alexander von Humboldt Instituts für Internet und Gesellschaft. Sie und Christian Katzenbach stellten wunderbare Beispiele vor, wo das Urheberrecht traditionell innerhalb der Community verhandelt wird: Zaubertricks, Comedy, Kochrezepte. Im Detail gingen sie auch auf TV-Formate ein, die ebensowenig rechtlich abgedeckt sind, wo das Lizenzwesen aber trotzdem funktioniert. Nicht auf Urheberrecht zu bestehen, zahlt sich nach ihren Erhebungen für manche Onlinespiele sogar aus. Doch sie gab zu, dass ihre Untersuchungen noch lange nicht abgeschlossen sind (“Mehr Empirie statt Moral!”).

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtube.com/watch?v=ZTejUqHLQXE

Felix Schwenzel behauptete dieses Jahr, er werde “10 Vorschläge um die Welt zu verbessern” vorstellen. Das Ergebnis war wieder ein kurzweiliger und kluger Vortrag. Und wie jedes Jahr wünsche ich mir Herrn wirres als Folien-Coach in den meisten Großunternehmen: Er nützt die Technik meisterlich.

130508_republica_1

Die beiden Militärblogger Thomas Wiegold und Sascha Stoltenow präsentierten “Die Digital Natives ziehen in den Krieg”. Sie zeigten, wie Soldatinnen und Soldaten dieser Generation sich selbst im Web präsentieren, verglichen die Ästhetik von deren selbst gebastelten Videos mit der offiziellen Materials und der Darstellung im Journalismus, gaben Beispiele für die Visualisierung von Kriegsdaten, gingen auf heutige Kriegsberichterstattung ein, berichteten über Social-Media-PR von Armeen. Kurz: Ein Einblick in Welten, in die ich von selbst nie komme.

(Der Vortrag ist eigentlich auch online, aber im deutschen YouTube wegen befürchteter Verfolgung durch die Gema gesperrt. Wer weiß, wie man seine IP als nicht deutsche ausgibt, kann den sehr empfehlenswerten Vortrag dennoch sehen.)
Nachtrag 10.5.: Jetzt gibt es den Vortrag auf vimeo.

130508_republica_2

Die Inhalte des Vortrags “”Das meld ich dem Rundfunkrat!” – Neues aus der öffentlich-rechtlichen Kommentarambulanz” hatte ich zwar schon in diesem Interview gelesen, freute mich aber, Deef Pirmasens endlich mal live zu erleben (was ich in München regelmäßig könnte, aber noch nie geschafft habe). Er und Simone Stoffers vom NDR präsentierten ihr Thema sehr unterhaltsam, hinterlegt mit vielen Beispielen aus Kommentaren zu den Sendungen, deren Internetdiskussionen sie betreuen, aus quer und extra 3.

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtube.com/watch?v=B3c4UMnX7ig

Bewegend war für mich die Stunde, in der Anne Wizorek #aufschrei zusammenfasste: Wie es anfing, wie es sich entwickelte, welche Konsequenzen es hatte, auch für sie persönlich. Und danach habe ich Anne endlich persönlich kennengelernt und konnte ihr sagen, wie sehr ich sie dafür bewundere, dass sie sich mit dem Thema immer wieder in die Öffentlichkeit stellt.

Was Anne nicht erwähnt hatte: Einen Versuch, das Thema Feminismus auf die re:publica zu bringen, hatte es ja vor wenigen Jahren gegeben. Er endete in einem Desaster und bewies genau den Sexismus, gegen den wir jetzt aufschreien. Dass es auf der re:publica 2013 sogar mehrere Veranstaltungen zum Thema gab (und das nicht mal thematisiert werden musste) ist eine Folge von #aufschrei.

130508_republica_3

Und ganz zum Schluss haben wir alle gesungen.

§

Sehr großen Dank an alle Macherinnen und Macher der re:publica 13. Die Organisation erlebte ich als reibungslos. Am ersten Tag gab es zwar eine sehr lange Schlange am Restaurant, doch am zweiten Tag nicht mehr – ob das Restaurant gelernt hat (mehr Ausgabestellen) oder die Hungrigen (Stullen mitgebracht) weiß ich nicht.

Vor allem aber, und das wird in die Geschichte eingehen: Es gab ein funktionierendes, starkes und stabiles WLAN. Letztes Jahr hatte mir noch ein Techniker erklärt, bei so vielen Zugriffen aufs Internet müsse man dafür für scheißviel Geld eine eigene Leitung legen. Das haben diese Verrückten wohl dann tatsächlich getan. Danke.

Viele Menschen aus dem Internet zum ersten Mal in Echt gesehen.
Viele Menschen aus dem Internet wiedergetroffen.
Freundinnen und Freunde wiedergetroffen, die ich im Internet kennengelernt habe.
Zum ersten Mal jemanden persönlich getroffen, die ich nur über Instagram kenne.

Sogar über Berufliches gesprochen.

Mich wieder sehr entspannt unter “my people” gefühlt, aber nicht mehr so überrascht davon gewesen wie beim ersten Mal.

Mindestens drei Ideen für eigene Panels auf der re:publica 14 (wird an drei Tagen zwischen 5. und 9. Mai 2014 stattfinden).

Berlin im Frühling – zweiter Tag re:publica 2013

Mittwoch, 8. Mai 2013

Nebenbemerkung: Derzeit steht die Vorspeisenplatte unter erhöhtem Beschuss von Kommentar-Spam, ca. 1.000 täglich. Sollte der Filter auch Ihren Kommentar aussortiert haben, nehmen Sie das bitte nicht persönlich und melden sich vielleicht per E-Mail bei mir; Adresse steht links.

Diesmal dachte ich rechtzeitig daran, ein Erkennungsbild nach Instagram und Twitter zu senden.

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtube.com/watch?v=DQmfFWQBIHw

Ein Knaller war “Crowdsourced Astronomy” von Carolina Ödmann-Govender – genau das Richtige für mich Science-Groupie (will heißen: bin zu faul für Naturwissenschaften, aber total begeistert). Sie wies darauf hin, dass die Menschheit erst seit 100 Jahren Signale ins Weltall schickt, dass diese zwar Lichtgeschwindigkeit haben, doch in Relation zur Größe unserer Galaxie bislang erbärmlich wenig weit in diesen 100 Jahren gekommen sind. Es wird noch einige Zeit dauern, bis uns jemand hört. Carolina erklärte verschiedene Typen von Teleskopen, die weltweit in der Astronomie genutzt werden und wie die Mitarbeit unzähliger Helfer an ihren Computern hilft, günstigere Technik einzusetzen. Sie berichtete von astronomy hacks mit Laien, die neue Methoden ergeben haben, und dass die menschliche Wahrnehmung einer Computeranalyse immer noch weit voraus ist: Es sind diese Hobby-Astronomen daheim, die immer wieder seltsame Erscheinungen auf Teleskopbildern melden, deren Untersuchung die Astronomie weiterbringt. Ödmann-Govender berichtete, wie in solcher Zusammenarbeit der südliche Teil Afrikas ein riesiges Teleskop werden kann. Und wie die Einrichtung einer zentralen Forschungsstation eine abgelegene Siedlung im westlichen Südafrika veränderte.

130507_republica_2

Annabel Church und Friedrich Lindenberg präsentierten “News you can’t print – journalism beyond the article”. Ich musste ständig daran denken, wie sehr auch Corporate Publishing davon profitieren könnte, daten- und materialbasiert ein Thema in vielen kleinen Aspekten lebendig werden zu lassen. Zudem zeigten die beiden eine mögliche Zukunft für insolvente Zeitungen auf: als Anbieter von Daten- und Recherchedienstleistungen.

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtube.com/watch?v=PDYEl62g1b8

Tanja und Johnny Haeusler hatte sich eine großartige Form ausgedacht, das Thema “Netzgemüse” zu präsentieren, zu dem sie ein Buch geschrieben haben – bitte sehen Sie sich das an. Nachzulesen ist der Text hier.
Ich diagnostiziere nur zwei kleine Schluckaufe in dem Slam:
1. Mehr Kinder braucht die Menschheit nicht. Überbevölkerung ist ein sehr reales Problem.
2. Einerseits die Kritik, dass Kinder auf eine Weise großgezogen werden, in der alles und jedes Nutzen haben muss. Gleichzeitig die Wiederholung der Forderung, das in der Schule vermittelte Wissen müsse nützlich sein.

Wie oft hat es uns zuletzt genützt, zu wissen,
wo die Hypotenuse verläuft
wann die Nebenflüsse des Amazonas entsprangen
welcher Hugenotte den Siebdruck erfand
wer das Universum vertonte?

(Rechtschreibung von mir korrigiert, deéformation professionnelle)

Solches Wissen ergibt in seiner Gesamtheit Bildung. Auch diese vermeintlich unnützen Fakten erzeugen das Gitter, das hilft Wahrnehmungen einzuordnen, Zusammenhänge herzustellen (die man mit den hoffentlich ebenfalls vermittelten Recherche- und Forschungstechniken vertiefen kann). Und dann hört man Nachrichten aus Südamerika, erfährt über Umweltprobleme dort und versteht Hintergründe, WEIL man weiß, wann die Nebenflüsse des Amazonas entsprangen. Diese nicht täglich anwendbaren Fakten helfen Wahrscheinlichkeiten einzuschätzen: Kann das überhaupt sein, was die mir da erzählen? Erst dadurch fundierter Zweifel führt doch zu Eigenrecherche. Aber genau für diese Einschätzung braucht man häufig das besonders mühsam erlernte naturwissenschaftliche Wissen – zum Beispiel über Hypotenusen.

Yarnbombing
(Foto: fraumutti)

Daniela Warndorf, Kiki Haas sprachen über “Yarnbombing, Social Commerce und die Craftistas: Wie das Internet Crafting und Crafting unsere Gesellschaft verändert”. Sie hatten viele Daten und Informationen darüber zusammengetragen, was sich in dieser Ecke des Internets in den vergangenen Jahren getan hat und ließen keinen Zweifel, dass es sich um eine Massenbewegung handelt.

130507_republica_3

Die deutsche Welle vergab auf der re:publica diejenigen ihrer BoBs Awards, die Online Activism auszeichneten. Hier stehen die ausgezeichneten Blogs, aus Deutschland kommt dabei das interessante Me & My Shadow: Es zeigt die Spuren, die wir im Internet hinterlassen. Werde ich zurück daheim sofort ausprobieren.

Als Entwicklungen im Online-Aktivismus identifizierte die Jury:
– die Verwendung immer höherwertiger Daten als Grundlage
– die Gleichzeitigkeit und Verquickung von Online- und Offline-Aktionen
– Videos, Videos, Videos
– die Nutzung von Apps, sei es über Kartenmaterial oder Geo-Tags

130507_republica_4

Besonders freute mich, dass eine Hauptpreisträgerin, die ich seinerzeit als Jurymitglied mit ausgesucht hatte, nach fünf Jahren endlich selbst ihre Auszeichnung abholen konnte: Yoani Sánchez aus Kuba – die sich charmant auf Deutsch bedankte.
Auf die Zukunft des Journalismus in Kuba angesprochen, wies Yoani darauf hin, wie dringend Kuba Hilfe von außen braucht. Sie sprach einen Appell aus, den ich hier sehr gerne weitergebe: Wenn Sie nach Kuba reisen, nehmen Sie Technik zum Verschenken mit, sei es ein USB-Stick, eine digitale Kamera, einen Laptop. Schenken Sie das Gerät dort jemandem, jedes einzelne bringt die Informations- und Meinungsfreiheit vor Ort einen großen Schritt weiter.

§

Da ich schon nach diesen Veranstaltungen (und unzähligen Treffen und Gesprächen dazwischen) komplett am Ende und übermenscht war, ließ ich das Abendprogramm aus und zog mich zurück.

Besonders begeistert bin ich, wie schnell dieses Jahr die Videoaufnahmen der Veranstaltungen hochgeladen sind.

Zum atmosphärischen Ausklang empfehle ich Ihnen einen herrlichen, kunstreichen (und total unnützen) Blödsinn: Die re:publica-Plakate seit 1913.

Berlin im Frühling – erster Tag re:publica 2013

Dienstag, 7. Mai 2013

130506_Station

Fast hätte ich ausgerechnet diesmal vergessen, ein Foto von mir normalem Menschen in Oberbekleidung zu veröffentlichen – wo ich doch gerade an diesem Tag möglichst schnell erkannt werden wollte (weil es mir ersparte, die Mengen selbst nach Bekannten und Freundinnen zu scannen). Schnell auf dem Kellerklo der Station nachgeholt.

Erst mal holte ich mir Informationen über den Stand von Open Government in Deutschland.

130506_republica_1

Laut Lorenz Matzat und dem Blogger Fukami steht es damit noch schlechter, als ich ohnehin schon dachte. Während ihre Prämisse ist (die auch ich befürworte), dass Daten, die der Staat mit Steuergeldern erhebt, allen Bürgern zur Verfügung stehen sollten, ist es gerade mal das Statistische Bundesamt (destatis mon amour), das das wirklich tut. Weder gibt es eine Ämter- und Länder-einheitliche Definition von Daten noch eine Verpflichtung, diese zu veröffentlichen. Und was veröffentlicht wird, ist meist die Interpretation von Daten, sind nicht die Daten selbst. Die Referenten äußerten die Vermutung, dass damit das Geschäft nicht-staatlicher Rechercheinstitute geschützt wird.

130506_republica_2

Deanna Zandt sprach über “Ecstasy and Despair: How Powerful Emotions Trigger Digital Activism”. Sie beschwerte sich, wie sehr das Berater-Bullshit-Bingo inzwischen den Begriff storytelling kaputt gemacht hat, um dann an Beispielen aus der jüngeren Vergangenheit (z.B. #aufschrei) zu zeigen, welche weitreichenden Auswirkungen persönliche Erzählungen auf politische und gesellschaftliche Veränderungen haben: “Stories are the glue that hold together the data in our brains.” Eine weitere ihrer Beobachtungen: Wenn Frauen sich mit persönlichen Geschichten ins Zeug werfen, sollten sie vorher stabile Freundinnennetze haben, die sie in den fast unausweichlich folgenden Anfeindungen und Attacken schützen. Klarer, durchstrukturierter und sympathischer Vortrag.

Deanna hat ihren Vortrag inklusive Transkript hier online gestellt.

130506_republica_3

Laurie Penny sprach über Cybersexism. Erst sehr nervös, dann immer freier, mitreißender und leidenschaftlicher bis zu einem stürmischen abschließenden Rap hielt sie ihr Plädoyer für ein Internet, in dem Frauen sich genauso frei äußern können wie Männer, ohne sich nahezu automatisch Beleidigungen und Angriffen auszusetzen. Denn: Nein, es sei keine Option für Frauen, sich dann halt aus den gefährlichen Ecken des Internets fern zu halten und sich eben in den sicheren Ecken mit Blümchen, Bildchen und Bademode zurückzuziehen – das gleiche doch arg den Aufforderungen an Mädchen in früheren Zeiten, lieber daheim zu bleiben und zu nähen. Und es gehe auch nicht darum, einen safe space für Frauen im Internet zu schaffen, sondern zu respektieren, dass das gesamte Internet ein Raum für alle ist. Und: “If your tech conference is 90 % dudes, your tech conference is rubbish.”

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
http://youtu.be/ELw3PQOSgd0

Nachtrag: Hier die Aufzeichnung von Lauries Vortrag.

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtube.com/watch?v=doPGYWNT-3s

Vor Kathrin Passigs Vortrag zu “Mass Customization: Da geht noch mehr” erwischte ich noch zehn Minuten des Vorredners Horst Zuse (genau, Sohn von). Er muss dem Publikum durch seine Ausführung sehr sympathisch geworden sein: Als die Moderatorin nach dem Verhältnis seines Vaters zu Alan Turing fragte, meine er, na ja, der Name werde dem Publikum hier nichts sagen – ohne dass ich auch nur ein einziges Murren hörte.

Kathrin sprach amüsant und untermalt von zeilenlangen echt technischen Formeln über ihr Projekt Zufallsshirt, wo Mass Customization gerade steht, was man verbessern könnte und warum sie selbst diese Ratschläge nicht befolgt.

130506_republica_6

In eine ganz fremde Welt tauchte ich mit Johnny Häuslers Panel “YouTube macht die Stars von morgen” ein. Dass Die Jungen Leute (TM) heutzutage am ehesten bei YouTube anzutreffen sind, wusste ich zwar theoretisch, aber jetzt habe ich einige besonders erfolgreiche von ihnen auch davon erzählen hören. Simon W. bezauberte das Publikum, indem er erzählte, wie er den Zusammenschnitt für diesen Auftritt auf seinen Kanal gestellt habe, und trotz seiner Erklärung, der sei “für Erwachsene” so viele Dislikes wie noch nie kassiert habe. Auch bei Amy Herzstark werde ich künftig vorbeischauen, sicher auch die poppigen Nachrichten-Kommentare von LeFoid abonnieren.

130506_republica_4

Elisabeth Rank trug ihre Gedanken und Fragen zu “Bis dass der Tod uns scheidet – Soziale Medien und der Umgang mit dem Sterben” zusammen – mehr allerdings auch nicht. In Erinnerung wird mir der Vortrag bleiben, weil ich danach zum ersten Mal mündlichen Kommentarspam erlebte: Eine Frau meldete sich zu Wort, machte sich durch routinierte Sprechweise und beruhigenden Tonfall verdächtig und warb dann für eine anstehende Messe zum Thema sowie für zwei Unternehmen, die Dienstleistungen dazu anbieten.

Jesus_Shirt

In der Abendschiene spielte ich selbst ein bisschen mit. Für das “Heilige Abendmahl” waren Jesusse gesucht – und ich konnte mit dem genau passenden T-Shirt punkten. So plauderte ich ein wenig mit zum Thema Twitterhistorie und -phänomenlogie.

130506_republica_5

Berlin im Frühling 2

Montag, 6. Mai 2013

Die Sonnenbrille hatte ich in letzter Minute doch noch eingesteckt, allerdings befürchtet, dass ich das angekündigte sonnige Wetter in Berlin damit vertreiben könnte. Auf Sonnencreme kam ich nicht im Traum – und der rote Hauch auf meinem Dekolleteée (zefix, werde ich das je ohne Nachschauen richtig schreiben?) und Nacken ist ein Indiz, dass das eine gute Idee gewesen wäre.

Ich lief durch die Sonne von Kreuzberg nach Prenzlauer Berg, um wieder im Pasternak vorrevolutionär feudal zu frühstücken. Um mich herum wurde sogar Russisch gesprochen.

Schon hier knöpfte ich meine Jacke bis oben zu, weil die Sonne sich fast brennend anfühlte. Nachmittags am Weißensee bei geselligem Spaziergang und kühlen Getränken (neben Sand werfenden Kindern – wenn WIR das damals gemacht hätte!) war es ähnlich – in der Sonne brandgefährlich, im Schatten allerdings fast zu frisch.

Am Sonntag wiederholte ich mein Schwimmen durch Berlin. Diesmal wusste ich bereits, wie ich in das unsichtbare Schwimmbad komme (die Einheimischen nennen es Europabad) und irrte nicht auf der Suche nach Eingang durch die Gegend.

Ich kam voll auf meine Kosten: Obwohl das Schwimmbecken gut besucht war, verhalfen abgeteilte Bahnen und mitdenkende Mitschwimmerinnen zu zügigem Bahnenziehen.

§

Geselliges Mittagessen vor dem East London, bis die Sonne gefährlich brennend um die Ecke bog. Ausführlicher Spaziergang durch Kreuzberg mit hier einer Kaffeepause, dort einem Eis auf die Hand.

130505_Kirschblüte

130505_Mehringdamm

Rückkehr ins Hotel, in dem ich nach viel Anstrengung des ausgesprochen freundlichen und hilfreichen Personals auch auf dem Zimmer Zugang zum WLAN und dadurch zum Internet hatte.

Zum Nachtmahl eine weitere Bloggerin getroffen, mich mit ihr im Mani über abwechslungsreiche Köstlichkeiten mit orientalischem Einfluss gefreut. Auch für den Heimweg war keine Jacke nötig.

Berlin im Frühling 1

Samstag, 4. Mai 2013

Frisch und frühlingshaft – gestern traf ich in einem solchen Berlin ein. In einem wieder mal fast ekligen Anfall von Organisiertheit1 hatte ich meine frühe Ankunftszeit in Tegel dazu genutzt mein Gepäck im Hotel abzuladen, bevor mich Frau Indica zu einem einmaligen, speziell arrangierten Berlinerlebnis abholte. Berichten kann ich darüber leider nicht, aus zahlreichen, sehr nachvollziehbaren Gründen; ich werfe Ihnen nur ein paar Stichworte hin: CSI Berlin, Stadtgeschichte, Berliner Bloggerin, Sand.

Der weitere Tag ist durchaus berichtbar. Zum Beispiel der Besuch in den Gärten der Welt – ich weiß gar nicht, was die Leute gegen Marzahn haben.

130503_Marzahn_Gaerten_1

130503_Marzahn_Gaerten_2

130503_Marzahn_Gaerten_6

Magnolien in allen Farben, spannende Vögel, Tee im chinesischen Teehaus (mein erster Puh Err), der nur knapp bezähmbare Impuls, den Kies im Zen-Garten einmal ordentlich durchzuwühlen (Sie kennen dieses?), Diskussionen über Postkartensprüche von Konfuzius, die bei genauerer Bedenkung alle ein Schmarrn sind. Lao-Tse überstand unsere Bedenkung erheblich besser.

  1. Mich ekelt nur fast: Die Freude, wenn alles genau so klappt, wie ich es mir vorgestellt hatte, ist dann doch zu groß. []

Iron Man 3

Samstag, 4. Mai 2013

130504_Filmplakat

Ein bestandener Bechdeltest, hurra! Es war der Mitbewohner, der mich von rechts im Kino anstupste: Eben hatten sich in Iron Man 3 Pepper und Maya im Auto auf der Flucht darüber unterhalten, was genau Maya als gelernte Biologin macht, was dieses Extremis eigentlich ist und anrichtet. Waren also
1. at least two women,
2. who talk to each other,
3. about something besides a man.
Falls es Ihnen bislang noch nicht aufgefallen ist: Diese scheinbar minimalen Anforderungen erfüllt fast keine Hollywoodproduktion.

Ansonsten ist der Film dicht erzählt, vermittelt viele Informationen indirekt oder mit Pointe, Robert Downey Jr. hat offensichtlich einen Heidenspaß, Tony Stark ist weiterhin eine wunderbare Mischung aus wirklichem Genie und komischer Selbstüberschätzung, über die er sich wiederum lustig macht.
Ben Kingsley war nie besser (ernsthaft) – warum, kann ich leider nicht erklären ohne zu spoilern. Doch allein seine Szenen (mit Fußball im Fernsehen!) verschaffen dem Film einen Sonderplatz in der Filmgeschichte.
Ein Kind kommt auch drin vor; die Interaktionen zwischen ihm und Tony Stark grätschen angenehm aus der Erwartbarkeit aus.

Wenn Sie also Vergnügen aus Konfetti-buntem Popcornkino aus Hollywood ziehen können, empfehle ich Ihnen den Film als besonders schönes Exemplar der Gattung.