Archiv für Mai 2013

Granta 123, Best of Young British Novelists 4

Donnerstag, 2. Mai 2013

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Zum vierten Mal seit 1983 stellte das britische “Magazine of New Writing” Granta die derzeit besten 20 jungen Romanautoren Großbritanniens zusammen. Es sind diesmal acht Autoren und zwölf Autorinnen unter 40 und mit kunterbunten Lebenshintergründen.

Ich war sehr angetan und beeindruckt, weil alle Geschichten Blicke in neue Welten waren:

Kamila Shamsie bringt mich zurück in den ersten Weltkrieg und unter die Pashtunen, die für das britische Commonwealth kämpften.

Ned Beauman führt in eine chinesische Unterwelt, in der neue Drogen entwickelt werden und ein junger Laborspezialist eine Affäre mit einem westlichen Geschäftsmann beginnt.

Tahmima Anams Geschichte spielt unter den Gastarbeitern, die in Dubai die Wolkenkrater bauen.

Naomi Aldermen (die ich von ihrem Roman Disobedience kenne) nimmt uns mit in eine jüdische Familie im Londoner Stadtteil Hendon, zu der nach der rituellen Invokation am ersten Pessach-Abend der angerufene Prophet Elijah tatsächlich kommt.

Nadifa Mohamed zeichnet ein düsteres Bild von den Operationen der Revolutionsbrigaden in Somalia.

Mit David Szalays Geschichte erleben wir krumme Geschäfte von Ungarn in London.

Evie Wylds einzige Frau in einer australischen Schafschurtruppe ist eine weitere fremde Welt, aber leider dennoch sehr konventionell, vor allem im Vergleich zu den anderen.

Taiye Selasi wiederum lässt aus der Sicht eines jungen Chauffeurs wohlhabender Leute die Kluft zwischen Arm und Reich in Ghana lebendig werden.

Adam Thirlwell hat sich einen mitteljungen Mann ausgedacht, der in einem Motel in der US-amerikanischen Wüste neben einer ihm so gut wie unbekannten jungen Frau aufwacht, die sich als möglicherweise tot herausstellt.

Der Text von Steven Hall besteht eigentlich aus zweien: Auf rechten weißen Seiten berichtet ein Erzähler in der nahen Zukunft unter anderem von seiner Frau, die ihr Leben live ins Internet überträgt, er sieht ihr beim Schlafen zu. Auf den linken schwarzen Seiten steht umgekehrt und auf dem Kopf eine Geschichte, die 1854 spielt und sich um eine merkwürdige technische Erfindung dreht.

Adam Foulds bringt uns ins ländliche England und in den zweiten Weltkrieg – schwierige Beziehung zwischen Familienmitgliedern.

Benjamin Markovits erzählt eigentlich erwartbare Studentenepisoden aus einer US-amerikanischen College, und doch will ich wissen, wie es weitergeht.

Joanna Kavenna lässt eine Frau mittleren Alters in England auftreten, die, wie fast ihr gesamter Freundeskreis, viele ihrer Sachen auf dem Dachboden des einen Freundes lagert, der schon früh das Geld für ein eigenes Haus beisammen hatte. Jetzt will er den Dachboden nutzen, die Erzählerin muss ihren Kram wegschaffen.

Zadie Smith hat eine Schulgeschichte geschrieben, im Zentrum ein Bub, dessen Eltern von ihrem Marionettentheater leben.

Sarah Hall fängt mit ihrer Protagonistin in Idaho an, wo diese Tiere in einem Reservat betreut, bringt sie dann nach England, wo sie einen kleinen Gutachterinnenjob angenommen hat, um ihre Hippie-Mutter nach zehn Jahren mal wieder zu sehen.

Xiaolu Guo bringt uns in eine Flüchtlingsunterkunft in Lausanne, wo ein chinesischer Flüchtling erste Orientierung sucht.

Helen Oyeyemi schreibt über eine Aushilfskraft in einem kleinen Antiquariat in der US-amerikanischen Provinz und deren nur halb geglückten Versuch einer Geburtstagsparty.

Jenni Fagan nimmt uns mit in einem Bus, der in einer regnerischen Nacht London verlässt, wo der Fluss bedrohlich über die Ufer getreten ist.

Sunjeev Sahota macht Sheffield zum Schauplatz seiner Geschichte über eine Gruppe indische Tagelöhner und ihren Alltag in einem überfüllten Haus.

Ross Raisin erzählt eine Katastrophe, die mit der Überschwemmung eines Orts beginnt, der eben noch unter Dürre litt und mit Feuer endet.

Wollte man diese Textauswahl mit der zu den Bachmannpreisen in Klagenfurt vergleichen, und ich will jetzt einfach mal, stellt man fest: Geschichtenerzählen und Charaktere gehen vor Form, kaum stilistische Experimente. Zum Teil durchaus technisch originelles Erzählen, das aber nie wie Selbstzweck wirkt.

Auszeitjournal Dienstag, 30. April 2013 – amerikanische Fernsehserien

Mittwoch, 1. Mai 2013

Na gut, machen wir den April noch voll, auch wenn es gar nichts zu erzählen gibt. Vermutlich wäre das tatsächlich das Aufrüttelndste, was ich der 18-jährigen Kaltmamsell mitgeben könnte: Mein derzeitiges Leben schildern und drohen, dass das dabei rauskommt, wenn sie meine Ratschläge nicht befolgt – eine 45-Jährige mit Kolbenfresser und ohne Job.

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Den Besuch verabschiedet, endlich die zweite Hälfte der ersten Season The Good Wife angepackt – das Ende der Leihfrist droht.

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Arztbesuch, kleine Einkäufe (unter anderem Rhabarber, den ich überhaupt nicht mag, den ich aber alle paar Jahre dem Mitbewohner serviere, der ihn mag).

Weitere Folgen The Good Wife. Abendlicher Hüpfsport bei dem kleinen italienischen Vorturner, der seine Kommandos in etwa fünf Wörtern in sowas Ähnlichem wie Englisch gibt, ansonsten ganz viel “Ohkeh?” fragt und durch die Reihen geht, dabei High-Fives anbietet. Bizarre Veranstaltung, aber lustig.

Daheim bei einer Riesenschüssel Ökokistensalat noch mehr Folgen The Good Wife.

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Großer Schreck: Die Arbeitgeber schaffen die Kaltmamsell ab!