Israel, baby! – 2 – Es bauhaust.
Montag, 23. Dezember 2013 um 18:18Touri-Fakt: Tel Aviv ist wegen seiner Vielzahl an Bauhaus-Bauten UNESCO Weltkulturerbe. Was die Hiesigen verdammt ernst nehmen: Sie bauen Häuser wie beklopft. (Nee, der ist nicht gut. Fällt jemandem ein besserer Dreh zu Bau-Haus ein?).
Zumindest neben unserer Ferienwohnung wird gerade gebaut, oder besser abgerissen, was ja fast dasselbe ist. Mit Presslufthammern. Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. Der Lärm wirft mich zwar nicht aus dem Bett, macht es aber unmöglich, die 20 Grad Außentemperatur zum Wärmen der heizungslosen Wohnung zu nutzen, da es durch offene Fenster hereinstaubt und man sich dann vor Lärm nicht mehr unterhalten kann.
Die Bauhäuser (vielleicht doch eher in Richtung Heimwerkermarkt kalauern?) faszinieren mich aber sehr; in der Umgebung der Ferienwohnung stehen sie überall und in jedem Zustand.
In diesem Café an der Pinsker Road / Ecke Shne’ur) frühstückten wir heute. Es heißt vermutlich Sugar – unsere Ivrit-Lesekünste lassen noch sehr zu wünschen übrig. Zum einen Salate: Einen “chopped salad” (lustig: Obwohl ich ihn aus einem israelischen Kochbuch habe, das ihn “israelischen Salat” nennt, sage ich immer “Schnipselsalat”) und einen “lentil and wheat salad with dried cherries”. Der Mitbewohner kam zu dem Schluss, dass praktisch alles besser schmeckt, wenn man Tahini drübertröpfelt – die israelische Variante des Geheimnisses böhmischer Küche: NOCH ein Löffel Rahm.
Außerdem bestellte ich mir dort ein Granola mit Joghurt, Früchten und Honig. Das wurde als Bausatz serviert (vielleicht den Schlenker zum Bauhaus erst hier einbauen?) und war unglaublich köstlich: Das Obst hocharomatisch (süßeste Birne, feste und süße Banane, und jetzt weiß ich, dass es Granny-Smith-Äpfel auch MIT Geschmack gibt), der Joghurt bröcklig sauer, das Granola superfrisch knusprig und mit Röstgeschmack.
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Sagen Sie: Kennen Sie sich mit israelischen Vögeln aus? Nebelkrähen, Spatzen, Möwen, Rauchschwalben und Kormorane konnte ich leicht selbst identifizieren, auch den Wiedehopf, den ich heute überraschend auf einem Rasenstück am Strand sah. Doch wie heißen die Gesellen, deren unglaublich vielfältiger Gesang aus allen bepflanzten Ecken tönt, vor allem aus den Palmenkronen, in denen sie Samen fressen, und die ich deshalb kurzerhand zu “Palmensängern” ernannt habe? Größe etwa Amsel, beim Fliegen sieht man einen dicken weißen Querstreifen im Flügel.
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Sonst bin immer ich diejenige, die das Tempo beim Herumschlendern verlangsamt: Weil ich ständig zum Fotografieren stehenbleibe. In Tel Aviv kommen wir gerade gar nicht mehr voran, weil zudem der Mitbewohner ständig vor Schildern und Aufschriften stehenbleibt, um die Schriftzeichen zu entschlüsseln und zu lernen. Am wenigsten half bislang die Lerntafel auf einem Kinderspielplatz.
Zusätzliche Vewirrung: Obwohl Ivrit eigentlich eine Quadratschrift ist1 (was man halt so aufschnappt, wenn man mit einem Linguisten unterwegs ist), gibt es Unterlängen.
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Der gestrige Sonnenuntergang.
- “Den Namen Quadratschrift hat diese Schrift, weil jedes Zeichen genau in ein Quadrat oder in ein halbes Quadrat passt und sich die Linienführung der Buchstaben mit hauptsächlich waagerechten und senkrechten Strichen in den meisten Fällen am Quadrat orientiert.” [↩]
13 Kommentare zu „Israel, baby! – 2 – Es bauhaust.“
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23. Dezember 2013 um 18:31
Bei dem Vogel könnte es sich um einen Hirtenstar handeln:
http://en.wikipedia.org/wiki/Common_Myna
http://de.wikipedia.org/wiki/Hirtenmaina
23. Dezember 2013 um 18:47
Genau! Danke, walküre!
23. Dezember 2013 um 20:22
aber die unterlängen gibt es dann nur wortfinal. hochinteressant zu lernen!
23. Dezember 2013 um 20:32
Oha, wieder was gelernt, bauhaustechnisch. Aber warum ist das so, daß die sich da knüppeln, die Bauhaushäuser? Darüber grübele ich noch.
23. Dezember 2013 um 20:43
Sicher, adelhaid? Ich werde das morgen überprüfen.
Das hat (Überraschung!) historische Gründe, Friederike: In den 30er Jahren wanderten besonders viele Architekten der Dessauer Schule nach Tel Aviv ein, die den Stil mitbrachten. Und ihn ein wenig anpassen mussten, da die großen Bauhaus-Fenster nicht zum hiesigen Klima passten.
23. Dezember 2013 um 21:42
*pssst* das mit dem “noch ein Löffel Rahm” ist die ungarische, nicht die böhmische Küche” ;-) *pssst*
23. Dezember 2013 um 23:08
fulminanter Sonnenuntergang!
24. Dezember 2013 um 9:44
@u_blues Das ist doch eins – so lange es Ober ist, eh.
24. Dezember 2013 um 14:06
@u_blues: da muss ich leider zustimmen.
@kaltmamsell und mitbewohner, und natürlich auch alle anderen: frohe weihnachten und so weiter und so fort.
24. Dezember 2013 um 15:10
Vielen Dank fuer die Nachrichten aus Tel Aviv. Ich freue mich schon auf mehr (und bin ein kleines bisschen neidisch)!
24. Dezember 2013 um 21:05
Quadratschrift /Unterlängen: “Nicht nur das, sondern auch ..”. Die hebräische Quadratschrift kennt zu den sechs Unterlängen auch eine Oberlänge, beim Buchstaben ל “lammed”, entspricht L).
Aus wikipedia.de : “Den Namen Quadratschrift hat diese Schrift, weil jedes Zeichen genau in ein Quadrat oder in ein halbes Quadrat passt und sich die Linienführung der Buchstaben mit hauptsächlich waagerechten und senkrechten Strichen in den meisten Fällen am Quadrat orientiert.” – Der zweite Teil des Satzes stimmt, der erste ist ungenau. Der “bulk” der meisten Buchstaben passt zwar in ein (ganzes oder halbes) Quadrat, senkrechte und waagrechte Striche herrschen vor, aber es gibt z.B. auch ש und צ.
Das hebräische Schreibschrift-Alphabet weist dagegen viel mehr gerundete Formen auf. (Leider lässt sich die vergleichende Tafel nicht hierher übertragen; doch siehe “Hebräische Schreibschrift” in der deutschen Wikipedia )
Dies Wenige für Ihren Linguisten.
Was den Palmensänger angeht: Da bin ich mir nicht sicher. Der “unglaublich vielfältige Gesang” und sein Verhalten weisen auf den hier überaus häufigen Bülbül (hier: Bulbul) hin, aber die Farben stimmen nicht. Ob das ein Jungvögelchen ist? Ich kenne nur erwachsene Exemplare und habe keine Ahnung, ob die in der Mauser eine andere Zeichnung bekommen haben. Könnte bei Kennern nachfragen, aber das braucht Zeit. – Hirtenstar? Glaube ich nicht, Israel ist weit ausserhalb seines Verbreitungsgebietes, ausserdem stimmen weder Habitus noch Farbe.
Und: Geniessen Sie ihren Aufenthalt hier, den Meeresstrand, das Bauhaus, die Museen, die so andere Luft und Atmosphäre und … und …und…! Ich werde versuchen, Ihnen meine Tel.-Nummer per E-Mail zu schicken, so ifür den Fall eines Falles…
Und lassen Sie sich die Lust am Leben nicht nehmen, auf gar keinen Fall!!
24. Dezember 2013 um 21:09
Quadratschrift /Unterlängen: “Nicht nur das, sondern auch ..”. Die hebräische Quadratschrift kennt zu den sechs Unterlängen auch eine Oberlänge, beim Buchstaben ל “lammed”, entspricht L).
Aus wikipedia.de : “Den Namen Quadratschrift hat diese Schrift, weil jedes Zeichen genau in ein Quadrat oder in ein halbes Quadrat passt und sich die Linienführung der Buchstaben mit hauptsächlich waagerechten und senkrechten Strichen in den meisten Fällen am Quadrat orientiert.” – Der zweite Teil des Satzes stimmt, der erste ist ungenau. Der “bulk” der meisten Buchstaben passt zwar in ein (ganzes oder halbes) Quadrat, senkrechte und waagrechte Striche herrschen vor, aber es gibt z.B. auch ש und צ.
Das hebräische Schreibschrift-Alphabet weist dagegen viel mehr gerundete Formen auf. (Leider lässt sich die vergleichende Tafel nicht hierher übertragen; doch siehe “Hebräische Schreibschrift” in der deutschen Wikipedia )
Dies Wenige für Ihren Linguisten.
Was den Palmensänger angeht: Da bin ich mir nicht sicher. Der “unglaublich vielfältige Gesang” und sein Verhalten weisen auf den hier überaus häufigen Bülbül (hier: Bulbul) hin, aber die Farben stimmen nicht. Ob das ein Jungvögelchen ist? Ich kenne nur erwachsene Exemplare und habe keine Ahnung, ob die in der Mauser eine andere Zeichnung bekommen haben. Könnte bei Kennern nachfragen, aber das braucht Zeit. – Hirtenstar? Glaube ich nicht, Israel ist weit ausserhalb seines Verbreitungsgebietes, ausserdem stimmen weder Habitus noch Farbe.
Und: Geniessen Sie ihren Aufenthalt hier, den Meeresstrand, das Bauhaus, die Museen, die so andere Luft und Atmosphäre und … und …und…! Ich werde versuchen, Ihnen meine Tel.-Nummer per E-Mail zu schicken, so ifür den Fall eines Falles…
Und lassen Sie sich die Lust am Leben nicht nehmen, auf gar keinen Fall!!
“a, die Bösen und Beschränkten sind die meisten und die Stärkern. Aber spiel nicht den Gekränkten! Bleib am Leben, sie zu ärgern …” Ein gutes Wort, hat mir oft geholfen.
6. Januar 2014 um 16:04
Der Common Myna ist’s definitiv. Und in manchen Regionen der Welt ist er ein zunehmendes Problem – siehe z.B. diese Seite zur Situation in Australien: http://fennerschool-associated.anu.edu.au/myna/problem.html
Der wird es ziemleich sicher also auch nach Israel geschafft haben. Und die Tiere sind eben auch ziemlich pfiffig. Schmeißen wohl andere Höhlenbrüter aus ihren Nestern oder verstopfen Nisthöhlen, sind sehr anpassungsfähig und gelehrig usw.
Also quasi die dunkelbraunen Eichhörnchen der Vogelwelt ;-)