Freitagmorgen eine knappe Stunde auf dem Crosstrainer, die Spiegelung der Spiegelung des Morgenrots in den Fenstern Dachgeschoßes in den Hörsaalfenstern gegenüber bewundert.
Zur eigenen Aufmunterung lustige Strumpfhosen und Schuhe ausgewählt.
Chef krank, deshalb Wegfall einiger für den Tag geplanter Tätigkeiten. Was eigentlich und vor allem für einen Freitag sehr angenehm wäre, doch da ist dieses Zeiterfassungssystem, das mich sehr belastet. Gedacht ist es natürlich für die Abrechnung gegenüber dem Kunden. Und ich hätte an sich kein Problem damit, jeden Abend vor pünktlichem Feierabend 15 Minuten interne Zeit für das Eingeben von Zeiten einzugeben. Doch gerade da ich recht wenig billable time abliefere (und mich bereits einmal als – wenn auch später zurückgenommenen – “freeloader” bezeichnen lassen musste), sehe ich mich gezwungen, über jede Minute, die ich in diesem Büro verbringe, Rechenschaft abzulegen, und da ich bereits einmal gerügt wurde, die Beschreibung meiner Tätigkeiten sei nicht ausführlich genug, schreibe ich seither Abend für Abend halbe Blogposts. Das ist besonders unangenehm, wenn ich zu wenig zu tun habe und auch die überlasteten Kolleginnen nicht viel abgeben können (es ist zum Beispiel nicht sinnvoll, den telefonische Nachfass auf den Aussand einer Pressemeldung über eine hochspezielle Software jemanden machen zu lassen, die sich erst ins Thema einarbeiten muss und weder vorher noch nachher mit der angerufenen Redakteurin zu tun hat).
Bis dahin dachte ich, Stempelkarten in Großunternehmen seien schon ein rechter Unsinn: Meiner Beobachtung nach können sie durchaus den negativen Effekt haben, dass Angestellte ihre reine Anwesenheit im Büro als ausreichend ansehen – schließlich ist sie an der gestempelten Zeit ablesbar; und die Besessenen oder vom Chef getriezten wiederum tendieren dazu, nach der maximal erlaubten Arbeitszeit schnell auszustempeln und dann heimlich weiterzuarbeiten. Aber diese inhaltliche Zeiterfassung ist noch einen Dreh schlimmer.
Zum Einstieg ins Wochenende bereitete der Mitbewohner Champagnercocktails (“Wenn Angostura drin ist, ist’s immer was Archaisches.”) und eine meiner Leibspeisen: Sellerieschnitzel mit Majo und Feldsalat. Wenn ich dran denke, wie lange ich Sellerie ablehnte, weil ich ihn nur sauer eingelegt kannte!
§
Ich hatte ausgerechnet: Wenn ich den Samstag nicht für das Fertiglesen von Meir Shalevs Im Haus der Großen Frau nutzte, würde ich es bis zum Treffen der Leserunde am Dienstag nicht schaffen. Also ignorierte ich Internet sowie Zeitung und konzentrierte mich auf den Roman. Dazwischen backte ich aber die Chocolate Krantz Cakes aus Ottoleghi/Tamimi Jerusalem, deren schweren Hefeteig ich anweisungsgemäß am Vortag zum kalten Gehen angesetzt hatte.
Ein Exemplar musste ich frei formen, da ich nur eine Kastenform habe.
Dieser Kuchen ist ganz offensichtlich ein Experiment, wie viel Butter und Zucker sich in einem einzigen Hefegebäck unterbringen lässt. Das Ergebnis ist köstlich.
Roman ausgegelesen (besonders innig hatte ich mich mit Steinmetz Abraham angefreundet), dazwischen noch zu einer Stunde Stepaerobics ins Sportstudio gegangen.
Weil Winter ist und unser Ernteanteil sowohl frisches Sauerkraut als auch mehlige Kartoffeln enthalten hatte, gab es abends Blut- und Leberwurst (und weil ich Blut- und Leberwurst sehr gerne mag, diese hier kamen vom Metzger auf dem Klenzemarkt).