Archiv für September 2014

Journal Dienstag, 2. September 2014 – Essen im Bahnhofsviertel

Mittwoch, 3. September 2014

Beim Gewichtaufladen fürs morgendliche Langhanteltraining in der Gruppe dachte ich mir: Warum nicht mal bis an die Grenzen gehen? Schließlich kann ich ja aufhören, wenn es mir zu viel wird.
(Ahahaha, Sie sehen hier, wie wenig ich mich kenne: “aufhören, wenn es mir zu viel wird”? Ahahaha!)

Irgendwie ging es natürlich, und warum ich ausgerechnet bei den Bizepsübungen immer schwächle, verstehe ich einfach nicht.

Aber als mir in der Mittagspause beim Heben der Teetasse immer noch der Arm zitterte, war ich beeindruckt.

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Arbeit.

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Abends wollte ich mit dem Mitbewohner Pizzaessen gehen, auf eine Twitterempfehlung in L’Osteria im Künstlerhaus. Man hatte den Mitbewohner nicht reservieren lassen: Wir sollten einfach vorbeikommen, hatte es geheißen, da sei schon Platz.

Als wir kurz vor 19 Uhr ankamen, stand die Schlange von Hungrigen, die solch einen Platz wollten, bis draußen. Aber ich bin mir ohnehin nicht sicher, ob ich in dem Lärm, der aus dem knallvollen Gastraum klang, entspannt gewesen wäre.

Also verfolgten wir unser Projekt “Essen im Bahnhofsviertel” weiter und ließen uns auf eine Pizza in einem Lokal gegenüber vom nördlichen Hauptbahnhof nieder, Ca’d’Oro. Der Service war sehr nett und ebenso wie das gesamte Restaurant auf internationale Besucher ausgerichtet. Die Pizza war in Ordnung (im Schälchen frisches Pesto als “Dip” – ich wusste nicht recht, wie ich das anwenden sollte).

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Um uns herum hörte ich Portugiesisch, Englisch, eine slawische Sprache, Arabisch – ich mag das.

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Es gibt einige gesellschaftliche Argumentationsreflexe, die im besten Fall amüsant, im schlechteren vergiftend sind. Amüsant finde ich, dass beim Stichwort “Karotten” unweigerlich irgendwer innerhalb von Sekunden darauf hinweist, dass man die ja mit Öl essen muss, damit der menschliche Körper das Vitamin A aufnehmen kann. Und zwar irgendwer, der sich sonst bei keinem einzigen Nahrungsmittel der Welt Gedanken über die Nutzbarkeit enthaltener Nährstoffe macht. Aber das, das wissen sie alle und sind stolz darauf.

Ein anderer Reflex amüsiert mich kein bisschen: Dick ist demnach ungesund. Die Mädchenmannschaft spießt das auf:
“Fett am Strand. Ist das nicht voll ungesund?!”

Viel spannender finde ich den Umstand, dass sofort das Thema Gesundheit aufkommt, wenn es um dicke Menschen geht. Ganz aktuell wurde wieder viel über Gesundheit diskutiert, als sich zahlreiche dicke_fette Menschen stolz in ihren Bikinis fotografierten und das Foto mit dem Hashtag #Fatkini online stellten. Grundlage für solche Diskussionen ist sicherlich die diskursive Verstrickung von Dicksein mit Krank­heiten, aber da steckt noch mehr dahinter. Ich glaube: Glückliche fette Menschen, die ihre Körper mögen, sprengen eindeutig den gesellschaftlichen Rahmen dessen, wie dicke Menschen sein und sich fühlen sollen.

(Auch wenn mir “hegemonial” ein etwas zu schweres Geschütz in diesem Zusammenhang ist – der Begriff scheint in den vergangenen Jahren an Gewicht zu verlieren und ein Synonym für übergriffig oder diskriminierend zu werden. So wie “dekonstruieren” inzwischen zum Synonym für destruieren oder einfach nur hinterfragen verramscht wurde. Im Diskurs. Beim Paradigmenwechsel. Je nach Narrativ.)

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Ausführliche Hintergrundgeschichte im New Yorker über Anonymus:
“The Masked Avengers. How Anonymous incited online vigilantism from Tunisia to Ferguson.”

Auf meiner ersten re:publica sah ich den Vortrag der zitierten Anthropologin Gabriella Coleman darüber (ist noch online nachzugucken), und war sehr beeindruckt – wie ich überhaupt die anthropologische Perspektive auf das Internet sehr interessant und hilfreich finde.

Journal Montag, 1. September 2014 – die gesundende Krähe

Dienstag, 2. September 2014

Entweder, liebe Freunde und Freundinnen des wild lebenden Federviehs, entweder unsere Krähe wurde von einer anderen Krähe von ihrem Wohnast in der Kastanie vor unserem Balkon verdrängt. Oder ihre kaputte Schwanzfeder ist endlich gerade nachgewachsen. Zweiteres halte ich für sehr wahrscheinlicher. Sie ist inzwischen so unzerrupft und gesundet, dass ich sie praktisch nicht mehr von den anderen Krähen mit fleckigem Gefieder unterscheiden kann.

Es wird schon deshalb dieselbe Krähe sein, weil sie weiterhin Angst vor Eichhörnchen hat. Letzte Woche beobachtete ich, wie sie zu ihrem Ast hochhüpfte, als sich gerade ein Eichhörnchen darauf niederließ. Sie hielt inne und hüpfte dann wieder ein Stück zurück.

Fliegen sehe ich sie zwar weiterhin nicht richtig, doch laut Mitbewohner, der sie ausführlicher beobachtet, erklettert sie immer fernere Äste. Doch sie schweigt weiter, auch wenn andere Krähen in der Nähe sind.

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Beim frühmorgendlichen Crosstrainerstrampeln blieb das Display tot, wohl weil die Batterie leer war. Ich holte flugs den Wecker aus dem Schlafzimmer, um zumindest die Dauer meiner Strampelei zu sehen.

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Ein kalter, dunkler Tag mit viel Arbeit.

Mittags zum mitgebrachten Fetakäse Tomaten im Supermarkt gekauft, holländische Rispentomaten. Mich noch gefragt, ob es an Masochismus grenzt, wenn ich mir in der kurzen eigentlichen Tomatensaison diesen Gemüseersatz antue. Doch die Tomaten schmeckten köstlich aromatisch, auch in Holland ist wohl echte Saison. (Außerdem wissen wir ja durch die Reportage von Herrn Wurstsack1, dass auch die Sache mit den holländischen Tomaten komplexer ist als die Vorurteile darüber.)

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Zum Nachtmahl profitierte ich davon, dass sich der Mitbewohner ein neues indisches Kochbuch zugelegt hat:

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Sie sehen Reis mit gelben Linsen, grünen Chilis und mildem Gewürz, dazu eine gekochte Joghurtsoße, in der des Mitbewohners frisch eingetroffenen kashmiri chillies zum Einsatz kamen. (Plus Sellerieschnitzel, aber die gehören nicht eigentlich dazu.)
Der Reis mit Soße schmeckte wundervoll und selbst innerhalb meiner Erfahrungen an indischen Gerichten sehr speziell mit seinen Aromen.

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Im Techniktagebuch hat jemand über die telefonische Kinoprogrammansage in Stuttgart geschrieben. Ich hatte eine ähnliche Geschichte im Hinterkopf gehabt, doch beim Schreiben gemerkt, dass ich fast keine Fakten kannte:
Von wann bis wann gab es sie? Wer stand damals eigentlich dahinter?

Meine Erinnerungen gehen so:

Während meines Studiums in Augsburg (späte 80er, frühe 90er) ging ich viel ins Kino, Augsburg hatte ein wirklich gutes Angebot von elegantem Mainstream- bis schraddligem Programmkino (von dem heute fast nichts übrig ist, aber das versteht sich eigentlich von selbst). Und auch hier gab es das Kinoprogramm telefonisch vom Band. Ich war darauf angewiesen, da ich die Lokalzeitung nicht bezog, und im Web gab es das Programm damals noch nicht. Jeden Donnerstag rief ich von meinem orangen Wählscheibentelefon die Kinoprogrammnummer an; sie gehörte zu den wenigen, die ich auswendig wusste. Die immer gleiche Frauenstimme mit leichtem Ausgburger Akzent verlas dort vom Band gleichtönig das Programm der nächsten Woche. So waren mir “Dreimäderlhaus in Haunstetten” und “Erotisches Non-stop-Programm” vertraut, ohne dass ich diese je besucht hätte. Ich hatte Zettel und Stift zur Hand und schrieb die Vorführungszeiten der Filme mit, die mich interessierten. Manchmal musste ich dafür nochmal anrufen, weil ich beim ersten Durchgang mit dem Schreiben nicht hinterher gekommen war.

Die Kinoprogrammdame war immer gut vorbereitet und versprach sich fast nie (andererseits weiß ich ja nicht, den wie vielten Take ich hörte). Nur einmal passierte ihr ein erzählenswerter Irrtum: Als der Film Malcolm X in die Ausgburger Kinos kam, kündigte sie ihn als “Malcolm zehn” an.

Wobei mir eben einfällt, dass ich sogar eine Quelle für mehr Infos zur historischen Erscheinung des Kinoprogramms am Telefon habe. Wenn ich etwas herausfinde, ergänze ich das hier.

  1. Möge die Zeit bescheuerter Internet-Pseudonyme nie enden. []

Twitterlieblinge im August 2014

Montag, 1. September 2014

Handgeschnitzt aus dem Internet.

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Nachtrag: Lieblingstweets anderswo hat wieder Anne Schüßler gesammelt.

Journal Sonntag, 31. August 2014 – Bahnfahrt Oldenburg-München

Montag, 1. September 2014

Am Tag nach einer Hochzeit ist ja außer Heimreise nicht viel zu tun. Das Wetter war kühl, wir rollkofferten im Regen zum (wunderschönen und sehenswerten) Oldenburger Bahnhof.

Das vorhergehende Hotelfrühstück (eigenartigerweise kann ich auf Reisen meist frühstücken, wo mir daheim allein der Geruch von Essbarem bis mehrere Stunden nach Aufstehen den Magen umdreht) war wieder besonders gewesen. Zwar bediente man auch hier sich an einem Buffet (das muss in Hotels so, vielleicht sogar vom Gewerbeaufsichtsamt vorgeschrieben?), doch dieses konnte sich sehen lassen: An Flocken und Nüssen gab es eine Auswahl von knapp zwei Dutzend, inklusive Schokolinsen / frisches Obst und Gemüse / echtes Rührei. Und dann war da der Butterspender: Ein Gerät aus von innen beleuchtetem weißen Kunststoff in der Größe eines Gastronomie-tauglichen Kaffeeautomaten, in das man einen kleinen Teller stellen konnte, auf den per Knopfdruck ein Scheibchen perfekt temperierter Butter fiel.

Es folgte die Bahnfahrt. Kurz hatte ich Angst, dass nun auch ich in eine ICE-Gruselgeschichte gerate: Der Waggon mit unseren reservierten Sitzplätzen war bei der Abfahrt in Bremen auf Sahara geheizt, die Luft biss beim Einatmen in der Nase. Doch das war wohl nur ein kurzes Versehen: Innerhalb der ersten 15 Minuten nach Abfahrt sank die Temperatur auf normal. Und pünktlich waren wir auch. (Dass die Zugreihung verändert war, kann ich einfach nicht als schändlich ansehen.)

München empfing uns mit dauerhaften Regengüssen. August, schleich dich, das war nichts.