Archiv für Oktober 2014

Journal Montag/Dienstag, 6./7. Oktober 2014 – Mama wird 70

Mittwoch, 8. Oktober 2014

Meine Mutter wurde 70 – ein seltsames Gefühl. Möglicherweise sogar seltsamer als mein eigener 50. Geburtstag in knapp drei Jahren.

Meine Mutter war immer jung, allerhöchstens mal im mittleren Alter. Aber alt? Doch nicht meine Mutter!

Abends gab’s im Familienkreis Fondue, mit allen familientraditionellen Sößchen (große Feier mit Landhausmode ist am Freitag).

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Am nächsten Morgen viel zu früh am zentralsten Bahnhof meiner Geburtsstadt gestanden.

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Zwei Tage lang brutal viel Arbeit – was in diesem kleinen Büro unter anderem dazu führt, dass ich mich neun Stunden praktisch überhaupt nicht bewege und nur sitze, außer aufs Klo zu gehen oder Wasser zu holen. Ich weiß nicht, wann ich mich zuletzt stundenlang so wenig bewegt habe. Bei Filmmarathons im Kino (3 x Back to the Future, 24 Stunden Star Trek)?

Vorm Fenster wurde über die zwei Tage das Oktifest 2 abgebaut. Jetzt nervt uns wieder die Laubbläserin statt Hossa!, Du kannst nicht immer 17 sein, Skiiiiifoan!

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Zumindest gestern konnte ich mittags kurz raus und einkaufen und wurde von einem sonnigen, sehr warmen Tag überrascht. Weather 2014 – you’re drunk.

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Jedes einzelne Bild, jedes einzelne GIF ein Treffer (mein Liebling ist 19.):
“25 Things That Happen When You Talk About Feminism On The Internet”.

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Angela Leinen hat den neuesten Roman von Paulo Coelho gelesen und beschreibt ihn nachvollziehbar anhand der Leitfrage: Warum sind Coelhos Bücher so erfolgreich?
“Lebenshilfe, als Belletristik getarnt”.

Interessantes Recherchenebenergebnis (und ewiger Streipunkt unter Übersetzerinnen):

Die Informationen über das politische System der Schweiz, die Coelho in “Untreue” eingebaut hat, waren im Original übrigens völlig falsch und wurden erst nach Übersetzung ins Deutsche vom Lektorat korrigiert.

Journal Sonntag, 5. Oktober 2014 – grauer Herbst

Montag, 6. Oktober 2014

Ein weiterer grauer Tag unter Hochnebel oder Wolken, ich weiß es nicht genau und es ist mir auch egal. Grau halt. Jetzt hatten wir hier unten im Süden schon keinen Sommer, dann sind es schon wieder die nördlichen Deutschen, die einen goldenen Herbst bekommen – und auch noch die Stirn besitzen, darüber zu mäkeln.

Zumindest hielt sich die Kälte in Grenzen: Als ich am späten Morgen zu einer Stepaerobicstunde an den Ostbahnhof radelte, brauchte ich noch keine Handschuhe.

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Meine Nachmittagsverabredung wurde abgesagt, also legte ich mich nach dem Frühstück (Käsesemmel, Melone, Apfelkuchen) zu einer Siesta hin.

Die Entdeckung des Himmels von Harry Mulisch (übersetzt von Martina den Hertog-Vogt) ausgelesen. Ich mochte das dicke Buch sehr, es ließ sich gut kapitelweise abends lesen, und obwohl ich für mich ungewöhnliche fünf Wochen dafür brauchte, verlor ich nie den Faden, freute mich im Gegenteil jeden Abend auf eine Wiederbegegnung mit Geschichte und Figuren. Ohne Schwanken ins Bücherregal gestellt, wohin inzwischen nur noch Bücher kommen, die ich ganz sicher nochmal lesen werde, oder in denen ich nachblättern werde.

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Widerwillig mittelgroße Mengen gebügelt, musste halt sein. Das Umräumen Sommer-/Winterkleidung auf nächstes Wochenende verschoben.

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Zum Nachtmahl bereitete der Mitbewohner im Römertopf Hirschgulasch, dazu gab es die restlichen Semmelnknödeln von gestern in Scheiben gebraten. Geschmack ganz hervorragend, das Gulasch hätte möglicherweise 30 bis 60 Minuten länger als im Rezept gebraucht (Ira König, Römertopf), wir kauten kräftig.

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Für den Nachtisch hatte der Herr ein indisches Eis Kulfi gemacht, das er schon lange mal ausprobieren wollte – schmeckte hervorragend.

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Abends zeigte arte Singin’ in the rain (deutsch damals als Du sollst mein Glücksstern sein in den Kinos) – einer meiner großen MGM-Lieblinge. Da der Mitbewohner den Film seit Kindheit liebt und gerne Dialogzeilen der deutschen Synchronfassung zitiert, freue inzwischen auch ich mich auf “Ich kannnich liem!”. An Kostümen finde ich die der Herren sogar bemerkenswerter als die der Damen (obwohl es eine Modenschau-Tanznummer gibt) – der muskulös-gedrungene Gene Kelly war sicher nicht einfach auszustatten.
Viele großartige Tanznummern (Cyd Charisse!).

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Ilse war in Kopenhagen und hat darüber gebloggt.
Kopenhagen, zum Ersten
Am Meer
Das Louisiana
Tourismus in Kopenhagen

Klar war, ich würde mich in den ersten Stunden wie ein Depp fühlen – ich kenne das vom Tourismus. Mir tun immer diese armen Leute Leid die in der Hauptbahnhofgegend rumirren mit ihren Rollkoffern und denken, “Ach so, das ist also München”. Weil, das ist es natürlich nicht.

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Heartbreaking ist der richtige Ausdruck: Wie Shai Agassi die mögliche Zukunft einer individuellen Mobilität in den Sand setzte.
A Broken Place: The Spectacular Failure of the Startup that was going to Change the World”.

Ich habe Agassi auf dem DLD 2008 vortragen sehen – ich war von seiner Idee hingerissen.

Journal Samstag, 4. Oktober 2014 – Waldpilze und Apfelkuchen

Sonntag, 5. Oktober 2014

Wusste Sie, dass riesiger Spaß an einer Krafttrainingsstunde keineswegs Muskelkater verhindert? Ach, wussten Sie? Mich konnte auch gestern wieder überraschen, dass die Schenkelvorder-, -innen- und -rückseite sowie Brust-, Schulter- und obere Rückenmuskulatur deutlich spürbar waren.

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Und zwar so spürbar, dass ich mir vernünftig sportfrei nahm und statt dessen mit dem Mitbewohner Einkaufen ging: Im örtlichen Attinger nach Haushaltwaren gesucht (der heißt hier Kustermann, aber aus irgendeinem Grund entfällt uns beiden regelmäßig der Name – der Mitbewohner ist in Augsburg aufgewachsen, ich habe dort studiert, und der Haushaltswaren- und Geschirrladen war dort der Attinger, so sehr, dass er zumindest in der Generation des Mitbewohners ein Synonym für diese Art von Geschäften war). Ich brauchte einen neuen Dichtungsring für meine kleine Cafetera; letzte Woche hatte ich mir nach Langem mal wieder damit meinen Morgenkaffee gemacht, und der hatte scheußlich geschmeckt. Gründliches Auseinandernehmen der Kanne hatte gezeigt, dass der Dichtungsring bereits ausgesprochen unappetitlich war. Der AttingerKustermann verkauft diese Dichtungsringe einzeln (für apothekenhafte 2,20 Euro – ¿tiene música?), und wir wollen ja den lokalen Handel unterstützen. Außerdem standen auf der Einkaufsliste Besteckkasten (check) und Abtropfgitter (das wird komplizierter).

Davor allerdings noch ein Schreck, als bei Nachfrage im Herstellergeschäft das Geschenk zu Mutters 70. Geburtstag nun doch nicht rechtzeitig fertig zu werden drohte – spontane Farbumentscheidung wendete das ab.

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Auf dem Viktualienmarkt holten wir beim Wild- und Geflügelhändler Hirschgulasch und Wildschweinsalami, frühstückten in der nebengelegenen Pferdemetzgerei Würschtl und kauften nach Sichtung des Angebots gemischte Waldpilze. Plus einen einzelnen prächtigen Steinpilz, den mir der Verkäufer mit Scherzen und Wimpernklimpern erfolgreich andrehte.

Restliche Einkäufe im Basitsch am Viktualienmarkt – nachdem ich in den vergangenen Monaten hauptsächlich im näher gelegenen neuen Alnatura einkaufe, hatte ich bereits vergessen, wie elitär die Kundschaft in diesem konkreten Laden ist. Kein Wunder, dass mein allererster Besuch dort zu einem Blogpost führte.

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Bayramınız mübarek olsun
(Wenn ich das nicht korrekt copyandpasted habe, blamiere ich mich ziemlich – ist aber trotzdem von Herzen.)

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Das erste Mal den neuen Backofen genutzt: Gedeckter Apfelkuchen mit einem Haselnussmürbteig (dass sich der deutlich höhere Preis für die gemahlenen Nüsse im Basitsch lohnte – ja mei, ich war samstagsfaul, außerdem zahlte der Mitbewohner – merkte ich am betörenden Nussduft des Teigs beim Kneten). Der Ofen wird sensationell schnell heiß, und ich werde mich schon noch daran gewöhnen, dass ich die Innenbeleuchtung immer extra anschalten muss – spart ja auch Strom.

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Zum Nachtmahl gemischte Rahmpilze mit Semmelnknödeln, dazu ein gallicischer weißer Gaba do Xil, aus der autochtonen Traube Godello – passte mit seiner Frische und Mineralität nicht wirklich zu den Pilzen, aber ich hatte ihn halt endlich probieren wollen.

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Ein neues Themenblog von zwei lange und hoch geschätzen Bloggerinnen!
Das Gärtnerinnenblog.

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Antje Schrupp macht sich Gedanken und erklärt, warum Debatten unter Femnistinnen oft anders und schmerzhafter sind als andere öffentliche Debatten:
“Die schmerzhaften Debatten unter Feministinnen”.

Wir leben in einer Kultur, in der die übliche Reaktion auf Kritik ist, erstmal alles abzustreiten und nur ja keine Zugeständnisse zu machen (eventuell landet man ja auch noch vor Gericht, und da wäre das ganz schlecht, wenn man vorher schon Zweifel an der eigenen Unschuld geäußert hätte). Die übliche Reaktion auf Kritik ist, die Schuld der Gegenseite zuzuweisen, entrüstet zu tun, die Muskeln spielen zu lassen. Erst mal sehen, wer der Stärkere ist.

Auch wir Feministinnen sind von dieser Kultur geprägt, auch wir haben die Regeln der herrschenden symbolischen Ordnung internalisiert, sie ist auch ein Teil unserer Routine.

Doch diese Ordnung, diese Kultur ist schlecht. Sie verhindert, dass Menschen etwas dazu lernen. Sie verhindert, dass neue Ideen sich verbreiten, selbst wenn sie gut sind. Sie führt dazu, dass Kritik allzu häufig eine Spirale aus Rechtfertigungen und Schuldzuweisungen auslöst, die sich immer weiter aufschaukelt.

Journal Freitag, 3. Oktober 2014 – um den Eggelburger See

Samstag, 4. Oktober 2014

Feiertag!

Die Meteorologie hatte schönes Wetter vorhergesagt (Wandern!), allerdings erst nach Auflösung von Hochnebel – das war an den Tagen davor ab frühem Nachmittag gewesen.

Also nutzte ich den grauen Vormittag für eine Stunde Langhanteltraining in der Gruppe im Sportstudio. Ich hatte große Freude daran (ein letztes Mal mit der inzwischen durchgenudelten Musik der vergangenen drei Monate) – bis es ans Bankdrücken ging. Mein linker Arm ist jetzt wegen Nackenwirbelnerveinzwickung so deutlich schwächer als der rechte, dass ich die Übung abbrechen musste: Der linke Arm sackte einfach weg. Ich konnte ihn auch die folgenden Stunden vor Zittern fast nicht heben. Jetzt bin ich ernstlich besorgt – wie kann ich mit diesem Ausfall sinnvoll den Oberkörper krafttrainieren? Zumal der Neurochirurg damals gesagt hatte, die Taubheit im Arm könne von selbst wieder verschwinden, Kraftverlust aber bleibe. Werde mal mit den Trainerinnen sprechen.

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Auf dem Heimweg vom Studio besorgte ich im Verkaufsgeschoss unterm Hauptbahnhof Semmeln, zum Gabelfrühstück gab es gebratenen Tatsoi mit Rührei. Der Tatsoi aus dem Ernteanteil schmeckte ein wenig spinatig, ein wenig mangoldig, insgesamt aber vielschichtiger – wieder ein neuer Liebling, auf den ich von allein nicht gekommen wäre.

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Das Wandern hatte eher Spaziergangformat, mit dem Mitbewohner fuhr ich mal wieder nach Kirchseeon, um über den Egelburger See nach Ebersberg zu wandern.

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In Ebersberg sahen wir uns nach einem Wirthaus um. Die Alte Post am zentralen Marienplatz sah genau nach sowas aus, ebenerdig, niedrige Decke, fast vergessen unmodern eingerichtet. Wir waren die einzigen Gäste, bestellten lokales helles Bier vom Faß und Cordon Bleu vom Schwein. Wir bekamen ein ausgesprochen wohlschmeckendes Forstinger Bier (wenn ich schon mal eine zweite Halbe mag!), und gutes Fleisch mit einer der Säulen der deutschen Gasthauskultur: dem kleinen gem Salat (auch wenn die beiden Scheiben rote Bete in Wellenschliff fehlten, wie auf Instagram richtig bemerkt wurde).

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Der Mittagesser hat ein Gemüsekochbuch geschrieben, das jetzt auf dem Markt kommt:
Jetzt! Gemüse

Es ist unter den knapp 12.800 Kochbüchern, die der Herr inzwischen geschrieben hat, unter anderem deshalb besonders erwähnenswert, weil der Mitbewohner und ich dafür probegekocht haben.1

Außerdem ist es ein schönes Buch, und es enthält gute Rezepte für Snacks, Beilagen, Hauptgerichte und Eingemachtes.

Wer sich jetzt fragt: Warum noch ein Gemüsebuch? Warum nicht gleich vegan? Und warum eigentlich nicht bei seinem Hausverlag? Die mögen vielleicht dieses Interview mit Sebastian Dickhaut lesen, in dem er darauf antwortet:
“’Ich mag’s, wenn es rasant losgeht’”.

(Über Frauen mit hässlichen Füßen reden wir aber nochmal, Sebastian.)

  1. Ich bin inzwischen sicher, dass ich selbst nie ein Buch schreiben werde. Macht nichts, wirklich. Dass es inzwischen eine Reihe Bücher gibt, die mich dankend erwähnen, finde ich aber ganz bezaubernd. []

Wie mir der Dallmayr einmal Kaffee schenkte

Freitag, 3. Oktober 2014

Mittwochabend lag ein Päckchen daheim, adressiert an mich als Bloggerin, von Dallmayr. (Die betreuende PR-Agentur hat sich mittlerweile entschuldigt, dass das Paket ohne vorherige Absprache gesendet wurde: “technischer Fehler in der Datenbank”.)

Drin war Kaffee, in kleinen Portiönchen. Ach wie nett, dachte ich, da hat ein Blogger-Relations-Mensch mitbekommen, dass ich mangels Küche nach löslichem Ersatz sucht. Aber nein, das war kein löslicher Kaffe, sondern normales Kaffeepulver, nur halt ganz wenig davon einzeln in Aludöschen verpackt.

Ein Anschreiben informierte mich, dass die Döschen für spezielle Kaffemaschinen (“® *” – “*Markenzeichen eines Drittunternehmens”) gedacht sind. So eine besitze ich nicht – hat die wirklich dermaßen jede, dass man blind Zubehör dafür verschicken kann? (Beigelegt war auch ein Dallmayr-USB-Stick – ein Hinweis auf einen geplanten Einstieg ins Elektronikgeschäft?)

Nun gut, Kaffepulver ist Kaffepulver, und das von Dallmayr soll ja besonders gut sein, sieht man doch in der Fernsehwerbung mit diesen hübschen Frauen in weißen Schürzen, zu denen der flotte Anzugmünchner im mittleren Alter geht, der offensichtlich oben im Literaturhaus wohnt, lässt sich nämlich am Blick aus seinem Fenster auf die Theatinerkirche erkennen. Und einem geschenkten Araberhengst schaut man nicht auf die Darreichungsform.

Dann befüllte ich heute halt meine Cafetera damit. War weniger aufwändig, als ich befürchtet hatte, die Dinger lassen sich mit dem Daumennagel öffnen. Und ich bin sicher, das haben Sie sich schon immer gefragt: Um die 6-Espressotassen-Bialetti zu füllen, braucht man fünf Kapselinhalte.

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Der Cappuccino aus der Sorte Indian Sundara schmeckte hervorragend. Danke, Dallmayr!

(Unter uns Pastorentöchtern würde mich allerdings die Produkt- und Marketingstrategie dahinter interessieren: Als elitär und hochklassig platziert sich ja die Kapselerfindungsfirma selbst schon. Zielt das Dallmayprodukt wirklich darauf ab, hier Marktanteile abzugraben? Andererseits: Mit Kaffee ist Dallmayr bislang ja eine Discounter- und Supermarktmarke, überhaupt nicht passend zum überragenden Feinkostangebot und Niveau im Münchner Haupthaus. Soll sich das durch die Kapseln ändern?)

Journal Donnerstag, 2. Oktober 2014 – weiterackern

Freitag, 3. Oktober 2014

Wecker zwar auf FrühgenugfürFrühsport gestellt, dann aber doch statt Crosstrainerstrampeln die Zeit genutzt um zu Bloggen, auf Twitter herumzualbern und ein überraschend aufwändiges Formular auszufüllen.

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Zu Fuß in die Arbeit, bereits um halb neun kamen mir viele Menschengruppen in Oktoberfestverkleidung und mit offenen Bierflaschen in der Hand entgegen.

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Auch gestern enorm viel und dichte Arbeit, keine Mittagspause (hat aber auch damit zu tun, dass eine deutliche Verlängerung meines Arbeitstags in den Abend meine allerletzte Eskalationsstufe ist, da ich mich gegen Abend sehr schlecht konzentrieren kann und sehr, sehr heim will) – zumindest musste ich kein zweites Mal aufs Oktifest, auf das Chef und Kolleginnen mittags die besuchende US-Kollegin ausführten.

Über den Tag wurde das Wetter immer schöner und sonniger, dennoch musste ich immer wieder für Viertelstunden das Fenster schließen, wenn Partymusik und Würstelbratgeruch des Oktifests 2 vorm Bürofenster allzu übelkeitserregend hereindrangen.

Zwei Menschen auf dem Weg zur Theresienwiese gesehen, die Narrenkappen mit Schellen trugen – über diesen weiteren kleinen Moment der Wahrheit gefreut.

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Nach Feierabend über einen großen Oktifestumgehungsbogen nach Giesing geradelt. Abendlicher Ratsch in wundervoller Dämmerung mit Freund auf Bürgersteigbank, an der sich immer wieder passierende Nachbarn beteiligten. Austausch von Oktoberfestabwehrtaktiken, der Australier in seinen verschiedenen Ausformungen, u.a. als airbnb-Gast, warum auch heute noch Leica und Zeiss auf japanischen Kameras stehen darf, dass derzeit im Arbeitsleben #allebekloppt sind, das Profil bestimmter Kinderhorte.

So sehr ich die Dörflichkeit sonst fliehe: Hin und wieder als Gast an einer solchen teilzuhaben, mag ich sehr gerne.

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Mit enormem Hunger heimgekommen (Mitbewohner unterwegs), dennoch ein schnelles Nudelgericht geschafft (ohne mich bis zur Fertigstellung bereits mit einer halben Packung Kekse druckgesättigt zu haben): Frische grüne Paprika und eine Selleriestange (Ernteanteil) geschnipselt, mit schnell eingeweichten getrockneten Steinpilzen in ein paar Löffel Joghurt und ein Löffel Majo gerührt, heiße kurze Nudeln untergemischt – ergibt lauwarmes Gericht. Womit ich das Problem gelöst hatte, dass das Gemüse sonst kühlschrankkalt gewesen wäre, was ich nur im heißesten Hochsommer mag.

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Verfolge seit Monaten aus der Ferne (also über Facebook), wie eine Bekannte in USA ihre viel zu früh geborenen Zwillinge im Krankenhaus bemuttert. Und bin bedrückt vom Gedanken, dass sie zusätzlich zur Sorge um ihre Babys sehr wahrscheinlich pleite oder hoch verschuldet ist, wenn sie die Kleinen endlich heimnehmen kann. Unser örtliches Gesundheitssystem ist wirklich eine große zivilisatorische Errungenschaft (heißt ja nicht, dass man daran nicht noch einiges verbessern könnte).

Journal Mittwoch, 1. Oktober 2014 – Durchackern

Donnerstag, 2. Oktober 2014

Um 5 Uhr panikwach: WIE sollte ich in zwei Tagen all die Arbeit schaffen, die ich gerade auf dem Büroschreibtisch habe?

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Endlich wieder eine Runde Crosstrainer. Das Stündchen verflog geradezu, weil mein Hirn immer noch mit Arbeitsplanung beschäftigt war.

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Dann halt ordentlich früher in die Arbeit. Tatsächlich in der ersten Stunde flink und strukturiert eine Menge weggeschafft. Mit neuneinhalb Stunden Durchackern (so genau wegen Zeiterfassung) Überblick geschaffen. Wenn heute nichts dazwischenkommt, kann ich halbwegs ruhig ins lange Wochenende gehen.

Abends klingelte die Kollegin aus USA, die mein Buchhaltungskontakt ist: Sie macht gerade Urlaub in Europa und nutzte das zu einem Besuch in München.

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Die Oktoberfestisierung schreitet weiter voran. Der Friseur ums Eck vom Büro hat Kleiderständer mit Verkleidung vorm Laden, und “Afro Kings & Ebony Beauty” hat sich ebenfalls auf die Jahreszeit eingestellt.

Rechts von der Aufnahme stand ein Herr, der in einem Hollywoodfilm jederzeit als Gott besetzt werden könnte, vergnügt vor sich hin schmunzelnd (das Englische bietet das präzisere chuckle). Ganz meinerseits.

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Der Mitbewohner hatte aus Teilen des Ernteanteils einen köstlichen Salat bereitet und Kale Chips gebacken – endlich eine Form, in der ich Grünkohl wirklich mag.

Den Abend verbrachte ich mir der Auswahl und Auflistung meiner Lieblingstweets für September.

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Eine bezaubernde Geschichte vom Oktoberfest (im Ernst – und mit ein bisschen Hintergrundinfo für Nicht-Münchnerinnen):
“ICH koste… Spanferkel statt Baumstriezl daheim statt auf der Wiesn”.

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Die Braut (die deutsche) der Oldenburger Hochzeit spricht – und packt nun auch selbst den Elephanten der Ehe zweier Frauen bei den Stoßzähnen:
“der schönste tag im leben – und seine vorbildfunktion. eine abhandlung.”

vor ein paar tagen hat eine neue mitarbeiterin bei mir angefangen, d.h. vielmehr habe ich sie das erste mal am arbeitsplatz angetroffen (flitterwochen und so). und das erste, was sie macht, ist mir die hand zu geben und mir und meiner frau alles erdenklich gute und schöne zu wünschen und mir sehr zur meiner hochzeit zu gratulieren. und das war wirklich nett. nicht nur, war es nett, weil die mitarbeiterin sowieso nett ist und das vermutlich auch das höfliche thing to do ist, sondern weil sie so ohne jegliches zögern, ohne jedes stolpern ‚Ihnen und Ihrer Frau’ gesagt hat.
das hat mich im ersten moment etwas überrascht und ich habs abends dann meiner frau (hihi) erzählt und wollte das auch unbedingt erzählen, weil es mich so hat nachdenken lassen.

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Weil es leider immer wieder thematisiert werden muss: Wie kommen Dicke im Alltag besser zurecht?
“Living a Normal Life”.

the problematic idea that fat people who deal with social stigma should solve it by losing weight, rather than by fighting social stigma