Weihnachten ist großartig: Der Advent! Die Deko! Die Geschenkehatz! Der Konsumoverkill! Das Reisen zu den Verwandten, Menüvorbereitungen! Weihnachtskarten! Zu keinem Jahresereignis gibt es so konsequent von allen menschlichen Kontakten innige Wünsche, alles deutet darauf hin, dass Weihnachten das größte und wichtigste Fest unserer Kultur ist. Ich fände es entsetzlich schade und todtraurig, wenn hierzulande kein Weihnachten gefeiert würde. Deshalb auch von mir: Fröhliche Weihnachten!
Nur dass ich selbst halt seit ein paar Jahren nicht mitfeiern möchte.
Dieses Jahr bemühte ich nicht mal eine Flucht ins Ausland, sondern ging an Heilig Abend in die innere Weihnachtsemigration.
(So geht es mir auch mit Silvester: Professionelle Feste! Freundespartys! Champagner! Geknutsche! Böllerei! Aber selbst bleibe ich am liebsten ignorierend daheim. Oder Geburtstage: Sollten unbedingt gefeiert werde, aber hallo!, alles Gute! Feste feiern, wie sie! Nur halt bitte nicht meinen.)
Wie zu allem gibt es auch hierzu Passendes von Gerhard Polt:
Es gibt ja von der Mitscherlich das Buch „Die Unfähigkeit zu trauern“. Das könnte man ergänzen: „Die Unfähigkeit zu feiern“.
(Ich baue fest darauf, dass, wenn Polt mal ausgesprochen hat, Zitatesammlungen von ihm veröffentlicht werden, nach Themen geordnet und sorgfältig indexiert, damit lokale Redenschreiber sich bequem bedienen können.)
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Ausgeschlafen, bis dreiviertel acht!
An beruflicher Zukunft gebastelt.
Dereinst werde ich etwas Längeres über das Elend von Jobportalen von Unternehmen schreiben, die mich allesamt in ihrer Userfeindlichkeit an Websites vor der Jahrtausendwende erinnern. Gestern wieder was Neues: Jobportal einer Personalvermittlung (Bewerbungen nur darüber möglich) komplett down, nicht erreichbar.
Zum ersten Mal im Leben ein Liedchen bei YouTube eingestellt, dafür zum ersten Mal im Leben ein Video erstellt (wenn auch mit Standbild), via iMovie. Somit teile ich mit der Welt das große Finale einer Mixkassette, die mir meine Freunde 1991 zu Weihnachten aufnahmen und nach Swansea, Wales, schickten, wo ich mein Auslandsstudienjahr verbrachte, einschließlich dieser Weihnachten.
Isarlauf in erwarteter Sonne, aber bei unerwartet knackiger Temperatur: Gefrorene Pfützen! An Heilig Abend!
Rinderbrühe aufgesetzt, geduscht und körpergepflegt, gefrühstückt.
Der kinderliebende Teil dieses Haushalts war zu einem kinderreichen familiären Weihnachtsfest gefahren, ich kochte Tomatensugo für die Kutteln a la romana.
München lieferte einen weiteren spektakulären Sonnenuntergang.
Auf Twitter und Instagram stieg die Frequenz der Christbaum- und Bescherungsfotos, ich ging ins Kino. In den City Kinos gab’s einen Heilig Preview-Abend, ich sah The Imitation Game: Sehr gut und spannend, lässt sogar vergessen, dass er ein Biopic ist, Musik von Alexandre Desplat auffallend gut. Cumberbatch spielt so überragend, dem werden sie einen Oscar geben, wo er doch gerade eh everybody’s darling ist.
Durch die paarhundert Meter Fußweg zum und vom Kino weiß ich jetzt, dass die asiatischen und orientalischen Selbstbedienungsrestaurants an der Sonnen- und Landwehrstraße auch Heilig Abend geöffnet und durchaus besucht sind. Falls Sie das mal brauchen.
Daheim war der kinderliebende Teil des Haushalts doch schon zurück und machte Eggnogg, ich stellte die römischen Kutteln fertig: Sehr wohlschmeckend, aber an der Konsistenz muss ich noch arbeiten (vielleicht nur drei statt fünf Stunden kochen).
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Der Untergang der abendländischen Kultur wird ja gerne an den Rechtschreibfertigkeiten nachwachsender Generationen festgemacht. Der New Yorker veröffentlicht besonders schlimme Konsequenzen von Mängeln darinselbst:
“Children’s holiday letters to Satan”.