Rom im Dezember 2014 – 2 – Antikes
Mittwoch, 17. Dezember 2014Da mich Mary Beards Meet the Romans-Trilogie so begeistert hatte, nahm ich mir für diesen Romurlaub das alte Rom vor. Eine akademische Führung bekomme ich erst am morgigen Donnerstag, davor plante ich Besichtigung von Antikem in den kapitolinischen Museen und in Ostia Antica. Für beides hatte ich mir zur Information ein Büchlein besorgt, das eigentlich das Begleitbuch zu einem Buch mit Rundgängen in der Stadt ist, aber genau diese beiden Vorhaben abdeckt: Gary Devor, A Companion to Walking Tours of Ancient Rome. Es hat mich diese beiden Tage lehrreich und unterhaltsam begleitet, ich würde es aber nur Rombesuchern mit ein wenig Vorkenntnissen empfehlen – Sie werden bald merken warum.
Ich kam gestern deutlich später los als geplant, weil es heftig regnete. Auch zu einer praktischen öffentlichen Verbindung hätte ich 10 Minuten gehen müssen, Schirm hatte ich keinen, ich hätte mir sogar einen bei einem der emsigen mobilen Schirmverkäufer gekauft, doch ich hatte zum Bezahlen nur große Scheine, also hätte ich mir vorher zum Wechseln irgendetwas Blödes kaufen müssen – mein Leben war kompliziert. Lieber wartete ich, bis der Regen nachließ, und tatsächlich hörte er auf meinem Fußweg zum Piazza Venezia ganz auf.
Die meiste Zeit verbrachte ich dann im Tunnel zwischen den beiden Museen, wo Inschriften ausgestellt und übersetzt waren. Sie erinnern sich vielleicht noch an Mary Beard in dieser Umgebung?
Ich entdeckte auch selbst Spannendes: Zum Beispiel ein Grabmahl für eine Mutter, die eine große Freundin des Weins und der Musik gewesen sei, und das Grabmahl eines höchst erfolgreichen Wagenrennfahrers, das im Detailreichtum der Aufzählung seiner Erfolge möglicherweise die erste belegte Sportzeitung ist (ich frage mich, ob meine sieben Jahre Latein erträglicher gewesen wären, wenn man mich schon früh mit solchen Epigrammen geködert hätte).
Um die Statuen und Büsten oben kümmerte ich mich schon auch intensiv. Gary Devor erklärte mir per Büchel, was und wen ich da eigentlich sah, aus welchem Material, aus welcher Zeit, mit welchen Hintergrund, erinnerte mich daran, woran man nochmal welche Gottheit erkennt – und woran richtig schlechte Rekonstruktionen. Bei dieser Dame sieht wahrscheinlich auch ein Laie, dass Körper und Kopf nicht als Einheit gedacht waren, oder wie es Devor ausdrückt: “A hilarious piece of wayward reconstruction. The body belongs to Venus. The head, however, is the sourpuss portrait of a Flavian lady.” (Es gibt doch sicher bereits einen tumblr “Reconstruction fails”?)
Devors Kommentar zum kleinen Herkules unten: “Few ancient sculptures approach the colossal ugliness of this piece. It’s bloated and badly proportioned. The green basalt used gives it an unhealthy complexion.” (Mei, bloß weil ein antikes Trumm erhalten blieb, muss es noch lange nicht gut sein.)
Umso mehr genoss ich so wundervolle Werke wie den sterbenden Gallier oder Berninis Medusenkopf.
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Heute war ich mit Devons Büchel draußen in Ostia Antica und bin immer noch völlig geflasht, Hammer Hilfsausdruck. Die Mosaike! Altrömische Wohnhäuser, in denen man herumspazieren kann! 2000 Jahre alte Fresken in situ, nur von einem Dächlein geschützt! Und das ganze viel ausgedehnter, als ich gedacht hatte!
Für den Weg dorthin nahm ich den Bus 3 nach Piramide (Öffi-Tickets kauft man in Rom an Kiosken, ich holte mir ein Ticket für die nächsten 3 Tage und ließ mich von der freundlichen Verkäuferin eindringlich daran erinnern, dass ich das Ticket im Bus entwerten musste), von dort eine Metro nach Ostia Antica, das Ganze spottbillig, vor allem wenn man Münchner Nahverkehrspreise gewohnt ist.
Nachdem ich gestern Nacht auf dem Heimweg von einer Verabredung noch so richtig nassgeregnet worden war, schien heute die Sonne – und machte das antike Ostia noch schöner. Dringende Besuchsempfehlung.
Nicht im Bild viele Vögel: Möwen, Rotschwänze, viele Rotkehlchen, die auf antiken Säulenresten ganz besonders niedlich aussahen, Amseln, Stare, lärmende grüne Papageien, Saat- und Nebelkrähen, eine Bachstelze.
Columbarium in der Nekropolis, in die Nischen wurden Urnen gestellt.
Eines der Mosaiken im Neptunbad wurde gerade restauriert.
Locus. Hihi.
Sieht aus wie eine Kneipe – war eine Kneipe.