Rom im Dezember 2014 – 1 – ankommen, wohnen, essen
Dienstag, 16. Dezember 2014 um 10:19Wenn ich schon mal in Italien war und Urlaub hatte, so dachte ich mir, konnte ich gradsogut eine Woche Rom anhängen. Als ich sichergestellt hatte, dass meine Lieblingsrömerin in Rom sein würde, buchte ich.
Die Anreise am Sonntag war ein wenig umständlich, was zum einen zu tun hatte mit dem Beharren meiner italienischen Verwandtschaft, mich eine Strecke im Auto mitzunehmen, zum anderen mit der Unzuverlässigkeit der Online-Zugauskunft. Alle Umstände lösten sich auf, als mein AirBnB-Vermieter anbot, mich vom außerhalb gelegenen Bahnhof Tiburtino abzuholen – ich hatte ihn angerufen, weil ich mich verspäten würde. Und dann erwies sich das Dachstudio im Stadtteil Trastevere als noch viel bezaubernder als erwartet.
Um meinen großen Hunger zu stillen, folgte ich dem Tipp der Lieblingsrömerin ins Pianostrada ums Eck: Drei wunderschöne Feen bereiten in einem Imbisslokal Köstlichkeiten zu, als ich hereinkam, wurde gerade Focaccia in den Ofen geschoben. Auf einer Tafel standen die Standards, vor allem Burger und belegte Brote mit lokalen Zutaten, auf handgeschriebenen Zetteln die Spezialitäten des Tages. Ich entschied mich für Ravioli Cacio e Pepe mit Artischocken und Safran – köstlich.
Am gestrigen Montag hatte ich eigentlich vorgehabt die Gegend zu erkunden. Doch nach einem Cappuccino draußen in milder Luft und ein paar Einkäufen fürs Mittagessen am Markt auf der Piazza San Cosimato (Spinat, Knoblauch, Datteltomaten) begann es zu regnen. Ich machte es mir in der Dachwohnung gemütlich, bloggte, kochte und aß, schlief nochmal eine Runde. Eine Regenpause nutzte ich für einen Spaziergang auf den Gianicolo, aber dann setzte der Regen schon wieder ein.
Abendessen zu spannenden Weinen bei Vinoroma – Hande setzte uns Spezialitäten aus Lazio vor und verdarb mich schon wieder für einige Supermarktprodukte: Seit gestern weiß ich, wie intensiv Ricotta schmecken kann (kannte ich davor lediglich als sehr milden Topfen ohne wirklichen Eigengeschmack), welchen Aromareichtum Mozzarella und getrocknete Tomaten enthalten können, wie himmlisch Pannettone sein kann. Zefix.
Zurück spazierte ich im Trockenen und genoss es sehr.
Neues aus Rom:
Auch hier gibt gibt es Penzlauerbergcafés, hinter der Theke junge Männer mit Bärten. Aber der Cappuccino ist römisch. Ich habe gemischte Gefühle dabei: Zum einen soll sich ja bitte wirklich jeder und jede frei aussuchen, wovon sie sich inspirieren lassen, was sie als schön und gemütlich empfinden. Außerdem hat der hiesige Prenzlauer Berg natürlich etwas sehr Unberlinerisches: Zwar werden auch hier gebrauchte Materialien wiederverwendet, soll alles ein wenig lässig und shabby aussehen – aber mit einer Gepflegtheit und Eleganz, die ich als durch und durch italienisch/römisch wahrnehme. Zum anderen aber trauere ich ein wenig über die geografische Austauschbarkeit, mit der sich die Menschen ausdrücken. Wahrscheinlich bin ich einfach nur alt und sentimental gestört: In den 80ern glichen einander die Discos in München, Rom, Wien, Madrid ja auch sehr.
Und in den 30ern und 40ern des 20. Jahrhunderts gab es sogar einen Baustil, der international style hieß, weil er Kontinent-übergreifend war.
12 Kommentare zu „Rom im Dezember 2014 – 1 – ankommen, wohnen, essen“
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16. Dezember 2014 um 11:01
Prenzelberg in Rom? Nun ja, die globalisierte Airbnb-Klientel will halt ihr Heißgetränk in einem gewohnten Ambiente trinken. Wenn man bedenkt, dass man vor gar nicht so langer Zeit in Rom allenfalls einen Espresso an der Bar zu sich nahm..
Ich war diesen Sommer in Frankreich und fand, dass der Prenzeltrend bisher dort noch kaum ausgeprägt ist. Allerdings war ich auch ziemlich auf dem Land, in Großstädten mag es anders sein.
Wie Airbnb die Innenstädte verändert, dazu am Wochenende in der FAS ein lesenswerter Artikel:
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/immobilien/im-wrangelkiez-zeigt-sich-wie-airbnb-kreuzberg-verhoekert-13319651.html
Ich bin hin- und hergerissen. Auf der einen Seite miete ich mir genau wie Sie auch lieber eine schöne Wohnung in Rom (wir waren mal in einer ganz tollen gleich in einer Seitenstraße vom Trevibrunnen), bin mir aber bewusst, dass genau dieses Verhalten die Innenstädte massiv verändert und die Einheimischen in seelenlose Vorstädte ziehen lässt.
16. Dezember 2014 um 11:41
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Gerne gelesen
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16. Dezember 2014 um 12:13
Die ersten juvenilen Vollbärte nahm ich bei meinen italienischen Nachbarn wahr, die ein Restaurant in meinem Nachbarhaus im Herzen des Prenzlauer Bergs betrieben Mir schien das damals, das war so 2005/6, als was aus brandneu aus Italien Importiertes ;) Bald danach begannen sie, überall in Berlin, auch in teutonischen Gesichtern zu wuchern. (Mir haben diese düsteren tätowierten zugewachsenen Jungs damals gut gefallen). Schöne Bilder!
Die Cafés haben aber bestimmt die andere Entwicklungsrichtung genommen. Von Berlin nach überall.
16. Dezember 2014 um 12:16
Schöne Bilder!
16. Dezember 2014 um 13:03
Ich denke das Airbnb-Problem betrifft nur wenige Städte und/oder Stadtviertel. Berlin ist besonders geschlagen. Bei durchschnittlich 500.000 Touristen, die täglich in der Stadt sind. Stellen sie sich mal vor, wenn nur 10% Besucher, die die 27 Millionen Übernachtungen jährlich verursachen, statt in Hotels und anderen “Beherbergungsbetrieben” lieber in authentischen Berliner Altbauwohnungen nächtigen wollten… Airbnb & Co müssen zwangsläufig Luxus-Angebote für die gutverdienenden kosmopolitischen Internet-Jetsetter bleiben.
Dass Einheimische – wer immer das ist – per Gentrifizierung aus ihrer Wohnung gedrängt werden, hat viele Gründe, Airbnb schein da eines der geringsten zu sein. Eher sehe ich das Problem, dass Airbnb & Co ganze Stadtviertel verändern. Die Infrastruktur, Dienstleistungen, Ärzte, Läden, Öffnungszeiten, usw. richten sich nach den Kurzzeitbewohnern aus – wie im verlinkten Artikel geschildert.
Vielleicht sollte man mal einen alternativen Blick auf den Städtetourismus werfen. Der wird ja gerne als quasi-sanft beworben, weil keine Natur der Infrastruktur für Touristen geopfert wird.
16. Dezember 2014 um 13:24
Werte Kaltmamsell,
Panettone, himmlisch? Dieser staubtrockene Brotkuchen mit Ekelrosinen und Zitronat/Orangat-Klumpen? Jedes Weihnachten von der Italienischen Verwandschaft bekommen und immer mit viel Kaffee und, in jungen Jahren, Milch mit einem gequälten Lächeln vor der versammelten Verwandtschaft hinuntergewürgt. Genau so schlimm, wie die (Brotkuchen-)Taube zu Ostern. Danach staubt’s aus der Kehle!
Italiener könne gute Pasta, Schinken und Wein herstellen, aber Brot, Semmeln und Kuchen (wenigstens die Sorten, die es in und um Mailand herum gibt) sind zum Abgewöhnen. Da lob’ ich mir die (bayerischen) Backkünste meiner lieben Frau.
16. Dezember 2014 um 13:28
Sie waren gestern dabei und haben probiert, New Number 2? Sie waren dann vermutlich der amerikanische Weinsammler, der mit Tochter und Schwiegersohn teilnahm.
16. Dezember 2014 um 13:59
Mist… Tarnung aufgeflogen. Aber mal im Ernst, werte Kaltmamsell, das kann keine Panettone nach original Mailänder Rezept gewesen sein? Vielleicht machen die in Rom irgendwas hinein, was den kratzigen, sandigen Abgang mildert und irgendeine Art von Geschmack hineinzaubert. Aber die Panettone aus Mailand, die ist und bleibt schrecklich. Obwohl meine Verwandtschaft (der Italienische Teil) sie vergötterte und meine bayerische Verwandtschaft das nie verstehen konnte, und bis heute kann.
16. Dezember 2014 um 14:51
Muss Frau Kaltmamsell zur Seite springen. Ich esse jedes Jahr bei derselben Lieblingsrömerin Panettone und habe erst dort meine Liebe zu diesem Gebäck entdeckt. Wahlweise erstanden in der Bäckerei von Roscioli oder selbstgemacht von einem befreundeten Koch in Rom. Ob diese nun nach einem Mailänder Rezept gebacken wurden, kann ich nicht sagen und es ist mir auch egal… solange sie so genial schmecken ;)
16. Dezember 2014 um 15:14
@lempel @tim Ich lese hier zum ersten Mal, dass airbnb als Schlagwort im Zusammenhang mit dieser Stadtentwicklung genannt wird.Erst mit Stutzen, denn eigentlich geht es da ja im Ursprung um Authentizität statt Konformität. Da ich beide Seiten des airbnb-Nutzens kenne, sehe ich aber auch dass es hier um Instant-Authentizität geht – die durch die airbnb-Standards (Es gibt bereits “Superhosts”) und durch den Blick von Übersee auf Europas Städte als D.I.Y.-Museen immer konformer wird.
Aber da ist auch die andere Seite – airbnb macht es Mietern und Dienstleistern möglich, in ihren Vierteln zu bleiben, auch wenn die hochpreisiger werden. Und für manche ist es schlicht eine wichtige Einkommensquelle, die im besten Falle sofar ein bisschen Farbe und Freude bringt.
Aber die Fama von Freundschaft und Völkerverständigung ist do
inzwischen mehr Image bei airbnb, its business – für Gäste, Gastgeber und vor allem die Firma.
In anderen Ländern habe ich es mehr pragmatisch als privat erlebt, z.T. haben bestehende Pensionen ihre Gästevermitung auf airbnb verlegt, andere gründen welche mit Hilfe airbnb.
17. Dezember 2014 um 9:59
Falls es interessiert, hier ist das Rezept von den oben erwähnten befreundeten Koch, was ein sehr saftiges und leckeres Panettone ergibt:
http://www.caputmundicibus.com/2013/12/christmas-recipe-panettone/
17. Dezember 2014 um 20:22
@Hande interessiert sehr, danke!