Journal Donnerstag, 12. Februar 2015 – Grille und Weine
Freitag, 13. Februar 2015 um 8:03Mittags war ich mit einem Lokaljournalisten verabredet, der gerade mit einem Fotografen an einer Artikelserie über das südliche Bahnhofsviertel arbeitet. Er war auf meinen Blogpost dazu gestoßen und hatte mich angeschrieben. Über Fleischspießen beim Sara Grill in der Landwehrstraße ließ er sich erzählen. Ich freute mich wiederum an den Erzählungen des Fotografen, der nämlich in der Nachkriegszeit im Bahnhofsviertel aufgewachsen war und ganz andere Geschichten hatte als ich (seine Mutter führte damals das legendäre Lampenschirmgeschäft am Sonnenstraßenende der Landwehrstraße). Das kleine Lokal war voll, die Dame neben mir schaltete sich ins Gespräch ein – und stellte sich als Einwanderin aus dem Iran heraus, mit der ich über Fleischqualität und Sumac fachsimpelte.
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Abendverabredung im Walter & Benjamin. Dass man dort inzwischen reservieren kann, war an mir vorbeigegangen. So bekamen wir nur Plätze am Stehtisch, aber ausgezeichnete Weinberatung. Ich erkundigte mich nach orange wines und hatte dann erst mal diesen Domaine de Majas als “nicht allzu orange” im Glas: Fein, mit deutlicher Apfelmostnote.
Zum Essen (Entenbrust bei der Begleitung, Lammnieren bei mir) ließen wir uns einen Pecoranera empfehlen, mit der Beschreibung: “Wild.” Lustiges Assoziieren der ersten Geruchseindrücke, sie so: “Schokolade!” Ich so: “Alter Putzlappen!” Tatsächlich traf es “wild” hervorragend, wir mochten den Wein beide, und er vertrug sich bestens mit den Speisen.
Dann wollte ich aber doch einen richtigen orange wine, und die charmante Begleitung war probierwillig. Unsere Vorgabe: Keine Apfelmostnote. Es wurde ein Menti und ich lernte, dass der Hinweis auf orange bei Walter & Benjamin das Attribut “maischevergoren” ist (es gibt keine standardisierte Terminologie für diese Weinereibewegung). Der Wein war der Hammer mit Honignoten, Blüten – genau so außerhalb meines bisherigen Rasters an Weingeschmack, wie ich orange wines inzwischen kennengelernt habe. Die Begleitung genoss, nörgelte aber ein wenig, der schmecke ja gar nicht nach Wein.
Abschließend wollte die charmante Begleitung dann aber bitte noch einen konventionellen Wein empfohlen haben, es wurde zu unserer Überraschung ein Argentinier: Caldén. Schön frisch und doch kraftvoll – aber, wie auch die orange wine-Debuttantin zugeben musste, im Vergleich zum Wein davor fast langweilig.
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Auf die Gefahr hin, genau den Menschen Munition zu liefern, für die das Internet (TM) Beweis für alles Schlechte der Welt ist: Jon Ronson schreibt in der New York Times über die konkreten Auswirkungen von public shaming.
“How One Stupid Tweet Blew Up Justine Sacco’s Life”.
Dabei ist es hier wie immer: Unreflektiertes Bloßstellen, Schimpfen, Draufhauen ist nie eine gute Idee. Nie.
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Eine schöne Geschichte von Johnny Häusler über die Entwicklung von Sichtweisen beim Gassigehen:
“Scherben”.
1 Kommentar zu „Journal Donnerstag, 12. Februar 2015 – Grille und Weine“
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13. Februar 2015 um 9:17
Danke für den Link zu Johnny Häusler :-) Diese Geschichten aus dem Leben würzen mir den Tag !
Ihnen ein schönes WE
LG
Bettina