Journal Montag, 22. Juni 2015 – Schulsporterinnerungen

Dienstag, 23. Juni 2015 um 6:25

Sehr gut geschlafen, Kaffee, Crosstrainer.
In milderen Temperaturen in die Arbeit gegangen.

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QI des Tages: Habe erfahren, dass den Abiturienten und Abiturientinnen des Margarete-Steiff-Gymnasiums in Giengen an der Brenz zu ihrem Abiturzeugnis jeweils ein Steiff-Bär überreicht wird – sondergestaltet nach dem Abiturmotto des Jahrgangs. Der oder die Jahrgangsbeste bekommt ihn in Riesig. Bin völlig begeistert.
(Und verwundert, dass ich keine Fotoserien finde.)

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Schule und Sport: In meinem Eck des Internets wird gerade heftig diskutiert, ob eine Abschaffung der Bundesjugendspiele wünschenswert ist. Dabei lerne ich, wie viel anders als ich viele diese Veranstaltung erlebt haben.

Für mich war Schulsport nichts Schlimmes, musste man halt rumkriegen. Wie eine Erdkundestunde, bloß mit Raumwechsel und Umziehen. Ich mogelte mich mit möglichst wenig Aufwand durch und kooperierte brav, damit die Stunde sich nicht zu mühsam dahinschleppte.

Wir hatten im Jahrgang zwei klare Sportasse, ein großes Mittelfeld, und zwei sehr unsportliche Mitschülerinnen, eine davon dick und groß sowie mit einer motorischen Störung. Natürlich kann es sein, dass ich mir meine Erinnerung zurechtkuratiere, doch ich bilde mir ein, dass niemand gehänselt oder abgewertet wurde. Die beiden Sportasse waren etablierte Mannschaftsführerinnen, und es war klar, dass die beiden Unsportlichen gerecht auf beide Mannschaften verteilt würden. Sehr deutlich habe ich aber vor Augen, welche Pein und welches Unbehagen die beiden Mädchen ausstrahlten. Ich bilde mir ein, dass bei den Mitschülerinnen Mitgefühl überwog, weil einfach völlig klar war, dass keine der beiden auch bei noch so großer Anstrengung jemals sportliche Leistung erbringen würde.

Im Eifer eines Volleyballgefechts wurden sie wahrscheinlich schon mal von Mannschaftskameradinnen angeschnauzt, wenn sie einen Punktverlust verursachten – wie jede andere auch.

Bundesjugendspiele waren vor allem ein Tag unterrichtsfrei; ich kann mich weder an Leistungsdruck erinnern noch an Enttäuschung, wenn der eigene 75-Zentimeter-Hopser so gar nicht zum inneren Bild von Weitsprung passen wollte. Die 11. Klassen waren als Schiedsrichter eingeteilt – DAS war lustig. Oder der Trupp, der beim 100-Meter-Lauf auf halber Strecke Brotzeit machte, mit Picknickkorb und Tischdecke (vermutlich nicht mein Jahrgang, wir waren zu brav für sowas). Einmal hatte eine Sportlehrerin mit uns Mittelstuflerinnen einen großflächigen, einfachen Formationstanz übers Spielfeld eingeübt; ich erinnere mich vor allem an die Sensation, dass Big-Band-Musik über den Sportplatz schallte.

Ausgelacht wurde ganz sicher niemand. Wenn überhaupt, mussten sich die verstecken, die sich wirklich anstrengen wollten. Wobei – ich erinnere mich an einen Spitzenlauf einer unserer Sportasse: Mit einer Ansage in die Richtung, ihr sei langweilig, sie werde die Lehrer jetzt ein bissl schocken, raste sie ihre 400 Meter weg. Wir schütteten uns anschließend alle aus vor Lachen.

Wenn eine Schule oder Klasse aber eine gehässige, bösartige Umgebung ist, in der auf Einzelnen herumgehackt wird, wird eine Abschaffung der Bundesjugendspiel nichts daran ändern.

die Kaltmamsell

23 Kommentare zu „Journal Montag, 22. Juni 2015 – Schulsporterinnerungen“

  1. iv meint:

    Also, ich bin eins von den dezidiert unsportlichen Mädchen gewesen. Dass deswegen aktiv gemobbt oder ausgegrenzt wurde, daran kann ich mich auch nicht erinnern – wohl aber daran, dass ich an diesen Tagen furchtbar gelitten habe. In keinem anderen Fach musste man das eigene Ungenügen so öffentlich zur Schau stellen, nirgends fiel es so stark auf, wenn man nicht wenigstens Teil der durchschnittlichen Kohortenbegabung war. Schulsport generell hat mir den Spaß an der Bewegung über Jahre verlitten – das mag aber ein Problem der pädagogischen Vermittlung gewesen sein. Ich erinnere mich an eine Lehrerin, die beim Waldlauf von hinten anschob, wenn eine Schülerin sich bereits vor Seitenstechen krümmte. Anstatt zu erklären, wie man’s richtig macht.

  2. Anne meint:

    Der letzte Satz trifft.
    Und: http://www.brandeins.de/archiv/2011/sinn/wenn-jeder-ein-sieger-ist/

  3. Christine meint:

    Schulsport war für mich lange Jahre so schrecklich, dass er mich von allem freiwilligem Sport nachhaltig ferngehalten hat.

    Dabei waren nicht in erster Linie die Klassenkameradinnen (Mädchengymnasium), die mich so erniedrigt haben, sondern die Sportlehrerin, die sich mit Wonne die schlechtesten Schülerinnen herausgepickt hat.
    In einer idealen Welt soll Schulsport Lust an der Bewegung machen und einem neue Sportarten vorstellen. Aber in der Realität hat Frau L.-A. uns malträtiert. Wenn ich nach sechs Wochen Sommerferien einen Muskelkater hatte, dann war das logisch. Aber wir hatten Leistungssportlerinnen in der Klasse: Wenn so jemand vom Schulsport Muskelkater bekommt, dann liegt das klar am Trainer. Eine schreckliche Zeit, die in den Bundesjugendspielen den fü rmich schrecklichen Höhepunkt fand. Man gibt sich den ganzen Tag Mühe und blamiert sich doch wieder. Nie wieder. Bin froh, dass ich da durch bin. Würde meiner Tochter jederzeit eine Entschuldigung für den Tag schreiben.
    Aber bei ihr kommen offenbar die sportlicheren Gene des Vaters durch.

    Übrigens gab es für mich späte Rache und Genugtuung. Jene verhasste Sportlehrerin Frau L.-A. ist Jahre später betrunken die Kellertreppe herunter gefallen und hat sich das Genick gebrochen. Seitdem glaube ich an Karma.

    Inzwischen habe ich mich mit mir und meiner Sportlichkeit versöhnt. Ich habe mein Wohl in Pilates gefunden. Und inzwischen noch mehr im Krafttraining. (aber mein Lieblingssport bleibt das Rudern, was hier aber in Ermangelung von Wasserflächen nicht möglich ist).

  4. Chris Kurbjuhn meint:

    Ihre Erinnerungen an die Bundesjugendspiele decken sich mit meinen. Ich hab mich da eigentlich immer drauf gefreut, obwohl ich eine Leichtathletik-Null war und niemals auch nur in die Nähe einer Urkunde geraten bin. Gehänselt (nicht gemobbt) wurde im damals üblichen Maß, d.h. nach einem Tag war alles vergessen. Schulsport war etwas vollkommen unwichtiges, fand einmal die Woche statt, das musste man hinter sich bringen, so what.
    Das Problem scheint mir eher zu sein, dass einige kulturelle Dinge wie Fairness etc. im Sportunterricht nicht oder nicht mehr vermittelt werden. Am Gymnasium war unser Englisch-Lehrer auch unser erster Sportlehrer. Der führte ständig Rudyard Kiplings Worte “If you can meet with triumph and disaster. And treat those two impostors just the same.” [hängen auch an der Tür zum Centre Court in Wimbledon] im Mund. Das war wichtig.

  5. susann meint:

    Ich habe Schulsport immer gehasst. In meiner Freizeit machte ich Ballett, tanzen war immer mein Ding, wandern auch, aber diese dämlichen Ballsportarten, das sinnlose Herumtraben im Kreis, idiotische Abknallspielchen wie Völkerball (die Idee war, sich gleich abschießen zu lassen und dann nie wieder zu einem Ball zu greifen, weil man sonst wieder im Feld hätte landen können), die gute alte Wehrsportvorbereitung mit Schlagballwerfen usw. …sorry, könnt ihr ohne mich machen. Leider gab es überhaupt keine breite Auswahl von Sportarten “zum Kennenlernen”, sondern immer nur die selbe Schmalspurauswahl. Völlig am Ziel vorbei, es sei denn, das Ziel wäre paramilitärische Ausbildung und möglichst das Abtöten jeglichen sportlichen Interesses.

  6. Nicky meint:

    Bundesjugendspiele, fast hatte ich sie schon vergessen! Meine Erinnerungen decken sich mit vielen bereits genannten. An meiner Mädchenschule in dreifacher Ausführung abgehalten und je nach meinem Können geliebt (Geräteturnen und Schwimmen) oder gehasst (Leichtathletik). Rückblickend kann ich allerdings auch den verhassten Seiten des Schulsports etwas abgewinnen, die Mischung aus Ehrenurkunden und gar keine Urkunde war für mich eine Art Reality Check, mal gewinnt man, mal verliert man eben. No big deal.
    Vielleicht auch deshalb wäre es mir überhaupt nicht in den Sinn gekommen, unsportliche Mitschüler zu hänseln, jeder hat eben andere Talente. Wahrscheinlich hatte ich auch einfach Glück mit meinen Sportlehrerinnen, an die ich wirklich gute Erinnerungen habe. Hänseleien wären dort gar nicht geduldet worden.

  7. Pamela meint:

    In Österreich gibt es die BJS nicht, aber ich habe auch so 12 Jahre lang im Schulsport gelitten. Gehänselt wurde ich nicht. Vielleicht weil mein Status aufgrund der mühelos erzielten guten Leistungen in den “Sitzfächern” relativ hoch war. Viele Jahre später habe ich begriffen, was mich diese Erfahrung tatsächlich gelehrt hat: Dass es in der Schule vollständig darauf ankommt, was ein Kind von ihren Eltern mitbekommen hat. Denn erlernen wird sie nichts von dem, was ihr fehlt – und da hatte ich es mit dem sportlichen Defizit ja noch vergleichsweise gut erwischt.

  8. adelhaid meint:

    BJS gab es natürlich – aber oft genug fielen sie wegen regens aus. oder ich war ‘krank’. auch bei mir hat der schulsport dazu geführt, dass ich mich 20 jahre lang nicht mehr bewegt habe und immer wusste, dass das nichts für mich ist, dass ich unsportlich und unbeweglich bin. welche kräfte ich nun beim rudern entwickle, dass ich auch längere strecken laufen kann, wenn man mir ein wenig zeit gibt, dies zu trainieren (und nicht: Diese Woche rennen wir bis zum Strand. Das sind 1,5km – in 15 Minuten erwarte ich euch dort!), und dass ich an einem trainingseffekt großen spaß haben kann – das hat mir der schulsport sicherlich in keinster weise vermittelt. sadistische lehrerinnen hatte ich auch, nette ebenfalls (vor allem beim schwimmen: sadismus: Spring vom 3er oder du kriegst eine 5! vs nett: Du willst nicht springen? Gut, dann machen wir jetzt ein Wettspritzen und wenn du mich gegen den Beckenrand treiben kannst, dann bekommste ne 2), und ich war nicht die zuletzt gewählte beim mannschaftswählen. BJS allerdings stellten das unvermögen, was sonst nur im sportunterricht zu sehen war, bei der eigenen klasse, vor die gesamte schule. und dieses entblößen fand ich auch furchtbar (und war entsprechend oft nicht da).
    heute sitze ich mit einer sportlehrerin im ruderboot und höre, was sie für den unterricht vorbereitet und was sie dort alles macht (Kampfsport, Fechten, Leichtathletik natürlich, Tanzen (Standard, Latein, Street, Lindy Hop) und es kommt mir viel mehr wie ein ‘Reinschnuppern’ in sportarten vor als es früher gewesen ist.

    was die BJS allerdings immer vermittelt haben war school spirit. zu keiner anderen gelegenheit hat man alle anderen schüler gesehen. und hat erkennen können, dass man teil einer großen gruppe war.
    ich find nicht, dass man das abschaffen sollte. sondern tatsächlich eher fairness größer schreiben und freude vermitteln.

  9. Kaffeebohne meint:

    Ich habe auch von der Petition gelesen. Ich war als Kind auch kein Sportass, aber es gehörte eben dazu, wie alles andere in der Schule. Gehört es nicht auch ein Stück weit zur Persönlichkeitsbildung, dass man auch Dinge, die man nicht so mag erledigt und es dann geschafft hat?

    Da ich Teilzeit im Homeoffice arbeite, habe ich bei beiden Kindern bei den Bundesjugendspielen im Schiedsgericht mitgeholfen (Kind 2 besucht noch die Grundschule) und habe es nie erlebt, dass Kinder wegen ihrer Leistungen in irgendeiner Art und Weise gemobbt wurde. Es wurde zwar mal gefragt, wie schnell oder wie weit das war, aber das können sie meist in diesem Alter eher nicht einordnen. Viel wichtiger war, dass es keinen Unterricht gab, der Vormittag auf dem Sportplatz verbracht wurde und man dann noch lange auf der Wiese Fangen etc. spielen konnte.

    Wir haben das gestern hier am Mittagstisch diskutiert. Soll ich jetzt eine Petition zur Abschaffung der Rechtschreibung starten, weil sich da Kind 2 sehr schwer tut und es sie frustriert, wenn der Lehrer so viele Worte in grün (ja, wir haben einen tollen Grundschullehrer, der korrigiert in grün und nicht in rot) markiert sind?

  10. Martina Diel meint:

    Bezüglich Sport: das Tollste am Abitur war, dass es nie wieder Schulsport geben würde.
    Dieser Satz
    “Wenn überhaupt, mussten sich die verstecken, die sich wirklich anstrengen wollten.”
    hat etwas zum Klingen gebracht. War bei mir auch so – allerdings in den “Sitzfächern”
    Die Lehrer kümmerten sich um die “Problemkinder”, wer keine solchen hatte, war sich selbst und seiner Langeweile überlassen.

  11. ganga meint:

    Schulsport war der Horror für mich. Ich hatte einfach zuwenig Kraft in den Armen und es war mir nicht möglich, dass ich mich am Sei hochziehen konnte. Und auch wenn ich das Völerball Spielen gerne mochte, ich war immer die letzte die in ein Team genommen wurde. Bewegt anderserseits habe ich mich immer gerne.
    Die Lehrerinnen hatten da zuwenig Verständnis und so wurde ich gerne belächelt. Mein Glück damals war, dass ich nicht übergewichtig oder fett war wie heute, den sonst wäre mir der totale Spott sicher gewesen.

    Und jetzt gehe ich gleich mal spazieren und weiß, dass ich mich gut und glücklich fühlen werde
    liebe grüße
    ganga

  12. susann meint:

    Und dann das scheußliche gemeinsame Duschen nach dem Sport, gerne noch ergänzt durch eine Schmutzwäschekontrolle durch die Lehrperson, die kapiert hatte, dass manche sich ungern nackt mit den anderen unter die Dusche werfen wollten und deshalb versuchten, sich davor zu drücken.

  13. lihabiboun meint:

    @adelhaid: Genau. School spirit, das war’s. Ich hab die eiskalte Loisach erlebt, mich über mein 679. Platz Eichelchen in Plastik gefreut und bin wie immer wie ein
    Mehlsack beim Springen in die Sandgrube gefallen. Vielleicht war mein jugendlicher Tiefschlaf zu was gut – ich habe keinerlei Erinnerungen an Hänseleien. Klar, gab es SchülerInnen, die waren klasse im Laufen und Werfen und allem, aber das war halt so. Basta. Allerdings ist meine Schulzeit auch schon reichlich lange her (Duschen? hä? gab es einfach nicht) und sportlich wurde ich definitv erst viel später.

  14. Ulla meint:

    Wenn hier lauter unsportliche posten, ich hatte den Sportunterricht ausgesprochen gerne. Beim Teambuilding durfte ich mir meine Mitkämpferinnen aussuchen :-).

  15. Feathers McGraw meint:

    Ich hab mich bisher zu alldem noch nicht geäußert weil ich irgendwie nichts beizutragen habe. Ich war zwar allgemein gehänselter Nerd mit zweifelhafter Maskulinitaet, aber ich war immer gut beim Sport. Hab verschiedene Sportarten gemacht und auch meistens Ehrenurkunden bekommen. Bin aber auch sowieso competitive im allgemeinen. Ich hab bei vielem in der Schule damals keinen Spass gehabt, aber Sport war nie ein Problem.

  16. Nina meint:

    Ja zu Vielem, was hier in den Kommentaren schon erwähnt wurde. Schrecklicher, pädagogisch unterirdischer Sportunterricht meine ganze Schulzeit über, aber v.a. auf dem Gymnasium. Auch ich hatte unter einer sadistischen Sportlehrerin zu leiden, die uns Mädchen (bayerischer Sportunterricht war damals genderseggregiert) in der Unterstufe zwang, rosafarbene Strumpfhose und Ballettrikots zu tragen (und das war immerhin Anfang der 1990er Jahre) durchaus eine traumatische Erfahrung, wenn man im pubertären Alter ist und sich an neue Körperzustände erstmal gewöhnen muss. Die Dame fuhr gern mit dem Fahrrad neben uns her, während wir zum weiter entlegenen Sportplatz Joggen mussten, und trieb uns mit grenzwertig unflätigen Worten an. Sie wurde hernach auch entlassen, da sie eine Schülerin geschlagen hatte. Das war nur der Gipfel von jahrelangem demütigendem Schulsport. Und ich bin sehr gern auf diese Schule gegangen, in der auch sonst wirklich kein Mobbingklima herrschte! Ich schiebe es also dem damaligen Standard für Sportunterricht zu. Bundesjugendspiele waren einfach nur der schrecklichste Tag in diesem Jahr an Demütigung und sinnloser körperlicher Ertüchtigung. Ich würde seine Abschaffung sehr befürworten, auch wenn mich eine befreundete Sportlehrerin hoffen lässt, dass diese jüngere SportlehrerInnengeneration den Schulsport inzwischen motivierender, weniger diskriminierender und insgesamt v.a. für Mädchen körperpositiver und ermächtigender gestaltet. Bei mir hat es viele Jahre an Yoga, Kraftraining, Tanz etc gebraucht bis ich verstehen und fühlen konnte, dass ich nicht unsportlich bin und mir Bewegung Spaß macht. Ich wage ja zu behaupten, dass das für die allermeisten Menschen gilt, wenn man ihnen die Möglichkeit gibt, die für die passende Bewegungsform/Sportart zu finden und nicht dazu zwingt, in Wettkämpfen gegeneinander anzutreten, wenn sie das nicht möchten.

  17. Trulla meint:

    Unsportlich oder unbeweglich war ich nie – ganz im Gegenteil, aber eben eher eine Turnerin, keine Leichtathletin, schon per Körperbau vorgegeben. Zu lesen, dass heutige Sportlehrer/innen den Unterricht derart gestalten können, auch so etwas wie Tanz in den Unterricht einzubauen, ist wirklich ein Fortschritt.
    @ adelhaid
    bei Lindy Hop hätte ich mich vor Begeisterung nicht mehr eingekriegt.

    Währen der Schulzeit meiner Söhne ist mir erst bewusst geworden, wie unverhältnismäßig stark der Sportunterricht vom Gedanken des Wettbewerbs beherrscht wurde. Mag auch am jeweiligen Lehrer gelegen haben.

    Ein sinnvolleres Unterrichtsziel sollte m.E. das Vermitteln des gesundheitlichen Aspektes sein, deshalb
    @ Nina
    völlige Übereinstimmung damit, die passende Bewegungsform/Sportart für das Individuum zu finden.

  18. mhs meint:

    Und wieviel würde die Gemeinschaft gewinnen, wenn sie sich den letzten Satz zu eigen machen würde! Z. B. neubelebtes Vereinsleben. Nicht alle wollen sich in Wettkämpfen messen, Kinder wie Erwachsene, sondern nur sich bewegen und nur “aus Spaß an der Freud” einen Sport ausüben. Aber dieser Gedanke kratzt wahrscheinlich zu sehr am Selbstbild der Mehrheit der Trainern.

  19. Steffi meint:

    Wie für viele andere Kommentatorinnen hier war auch für mich der Schulsport eine entsetzliche Erfahrung, die dazu geführt hat, dass ich über 30 Jahre lang von der eigenen Unsportlichkeit felsenfest überzeugt war. Dabei habe ich mich echt bemüht: Ich bin sogar mal einen Nachmittag lang mit einem Freund in die Sporthalle gegangen und habe Volleyball-Aufschlag geübt, bis meine Handgelenke feuerrot waren. Gebracht hat es nichts. Ebensowenig wie die Joggingrunden, durch die ich mich quälte, um nicht gar so erbärmlich beim 3-Kilometer-Lauf zu versagen.

    Heute steige ich auf Berge, schwitze mehrfach die Woche glücklich grinsend auf meiner Matte und fahre überall mit dem Fahrrad hin.

    In der fünften Klasse haben mich Mitschülerinnen in der Umkleidekabine “schwangere Sau” genannt, weil ich schon mit elf Jahren recht große Brüste hatte. Beim Schulschwimmen haben sie in der Sammelumkleide meinen Tamponfaden bemerkt und sich danach wochenlang darüber lustig gemacht. Ich war offenbar die erste, die ihre Periode bekam. Ja, ich wurde auch außerhalb des Sportunterrichts gemobbt, aber nie war ich dem so hilflos ausgeliefert, nie fühlte ich mich so gedemütigt wie in diesem Rahmen.

    Sportunterricht soll Kindern Spaß an Bewegung vermitteln. Durch das jetzige System wird aber genau das Gegenteil erreicht: Die Sportlichen werden bestärkt, klar. Das sei ihnen auch gegönnt. Aber die Unsportlichen werden in ihrer Rolle immer wieder bestätigt, sie müssen sich immer wieder dem Vergleich aussetzen. Selbst wenn ich nicht gemobbt wurde, war es eine Demütigung, vor den Augen der ganzen Klasse am Stufenbarren zu scheitern.

    Mein Wunsch wäre: keine Benotung, Bundesjugendspiele mit freiwilliger Teilnahme, mehr Sportarten im Unterricht, auch mehr Wahlmöglichkeiten für die Schülerinnen. Immerhin hat diese negative Assoziation mit Sport unter Umständen ja auch gesundheitliche Folgen – von den psychischen mal ganz zu schweigen.

  20. Croco meint:

    Bundesjugendspiele wechseln sich ab mit Sommerspassspielen, so ist das an unserer Schule heute.
    Es wird aufgepasst, dass keine blöden Kommentare kommen. Und doch ist das System ansich undurchschaubar. Man verzweifelt als Nichtsportlehrer an den Listen, die alters- und geschlechtsabhängig sind. Die Kinder freuen sich, wenn sie schnell laufen, weit hüpfen oder weit werfen. Und über die Urkunden. Das ist doch nicht verwerflich.
    Und dass die sonst Klugen auch mal ein Feld beackern müssen, auf dem sie keine Erfolge erzielen, trägt zur Charakterbildung bei.
    Ich bin mir sicher, dass ich eine ganz überhebliche und arrogante Person geworden wäre, hätte es den Sportunterricht bei der leicht sadistischen Frau E. nicht gegeben.

  21. Ulrike meint:

    Von der Idee, die Bundesjugendspiele abzuschaffen, habe ich noch nichts gehört – aber wenn es um Schulsport geht, da bin ich ein gebranntes Kind. Mannschaftswählen gehörte für mich zu den demütigendsten Erlebnissen, die sich tief in mich eingebrannt haben. Woche für Woche saßen immer dieselben bis zuletzt auf der Bank wie die armen Sünderlein, weil niemand sie in seiner Mannschaft haben wollte. Toll! Echt. Da habe ich es als Erleichterung empfunden, wenn mal wieder Leichtathletik auf dem Plan stand – da konnte ich wenigstens beweisen, dass ich doch keine unsportliche Flasche bin.

    Ach ja, zusammengestellt haben immer dieselben ihre Mannschaften, und zwar nicht nach sportlichem Können, sondern nach Sympathie. Und die Cliquen, die den Ton angaben, konnten es sich leisten, sich an den Außenseitern abzuarbeiten, für die niemand Partei ergriff. Leider gehörte ich nicht zu den tonangebenden Cliquen.

  22. Lempel meint:

    Wenn ich mir die Stimmen hier und in der anderen Diskussion ansehe, finden die leidlich Sportlichen die Bundesjugendspiele und den traditionellen Sportunterricht schon in Ordnung und plädieren für deren Beibehaltung. Ganz anders sieht dies bei den Sportnieten aus. Ich zähle auch zu den Sportflaschen und habe nun wirklich keine guten Erinnerungen an den Sportunterricht und speziell an die Bundesjugendspiele. Jahrelang war die Note 4 im Sport meine schlechteste Note im Zeugnis.
    Gemobbt wurde ich zwar nie, denn in meiner Klasse gab’s das glücklicherweise nicht. Man kann sich das heute kaum mehr vorstellen, aber man hat meiner Erinnerung nach seine Mitschüler halt so genommen wie sie waren. Ich bin in einer Idylle großgeworden…
    Zum Glück sieht man mir meine Unsportlichkeit nicht an. Ich bin und war mein ganzes Leben lang schlank und habe eine sportliche Figur. Ich kann aber nichts schnell (bin eine sehr lahme Ente beim Laufen oder Schwimmen) und motorisch völlig unkoordiniert. Leider kommt es beim Schulsport aber nur darauf an. Ob jemand zum Beispiel ausdauernd ist, spielt keine Rolle. Ich kann sehr ausdauernd wandern, schwimmen etc und war schon zu Schulzeiten ausdauernder als viele der Sportasse. Hat halt nur nicht interessiert. Aufgrund meiner äußeren Erscheinung wurde mir von den diversen Sportlehrerinnen immer unterstellt, ich strenge mich nur nicht genug an. Deswegen wurde ich dann oft extra hart rangenommen.
    Bundesjugendspiele waren ein Graus, da ich eine der ganz wenigen war, bei denen von vornherein ausgeschlossen war, dass ich eine Urkunde bekomme. Mir waren die Spiele immer besonders peinlich, da ja dort immer die ganze Schulgemeinschaft anwesend war. Normalerweise wussten ja nur meine Mitschüler von meiner ausgeprägten Sportschwäche, aber da wurde es ja vor allen offensichtlich. Wenn einer nicht ordentlich Latein übersetzen kann, bleibt das ja auch im Klassenzimmer und er wird nicht vor anderen Schülern und Lehrern vorgeführt.

  23. mariong meint:

    Mir geht es wie croco, sollen wir andere facher auch abschaffen, weil die gefahr besteht, das schlechtere schuler ausgegrenzt werden könnten? Absurd. Dadurch erwischen wir die wurzel nicht . Respekt und Toleranz können kinder nur lernen, wenn sie es am eigenen leib erleben dürfen, wie es ist, geliebt, beachtet, respektiert und auch toleriert zu werden, wenn man es ihnen vorlebt.
    auch für mich war schulsport und besonders die bundesjugendspiele ein eher traumatisches erlebnis.
    Mein Kind ist ein Bewegungsmensch, im Gegensatz zu mir wurde sie nicht ausgebremst sondern unterstützt und gefördert. (Notfalls halte ich mir die augen zu wenn ich um sie fürchte und flüstere mir aufmunternd zu “das schafft sie”).
    Aus den gleichen persönlichen gründen aus denen diese petition ins leben gerufen wurde, lehne ich sie ab. Mein kind liebt sport und die möglichkeit sich zu beweisen, auch bei den bjs. Sie braucht das wie due luft zum atmen.
    ich gehe soweit zu rufen, wenn es anders ist, sind die eltern schuld, die ihre kinder überbehütend den mut nehmen, an ihre grenzen zu gehen und sich selbst kennen zu lernen. Schade.

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