Journal Samstag, 9. Januar 2016 – Mehrgängiges nahöstliches Menü für zwei
Sonntag, 10. Januar 2016 um 9:06Auf diesen Samstag hatte ich mich gefreut: Vor ein paar Wochen hatte ich die Idee, nach Jahren mal wieder ausführlich nur für Herrn Kaltmamsell zu kochen, ein Abendessen in mehreren Gängen. Ich entschied mich für ein nahöstliches Menü, als Hauptgang zum ersten Mal Harira, die mir in Tel Aviv sehr gut geschmeckt hatte.
Außerdem hatte ich rechtzeitig mit dem Ansetzen des Vorteigs für das große Bauernbrot aus dem Plötzblog begonnen: Ein Brot, das die Anweisung “und 3-4 Tage bei 3-5°C im Kühlschrank lagern” enthält, bäckt man nicht spontan – fürs Anrühren des Roggensauerteigs hatte ich sogar Herrn Kaltmamsell am Freitagnachmittag um Hilfe bitten müssen, da ich zur erforderlichen Zeit in der Arbeit war.
Mir stand also ein ganzer glückseliger Tag in der Küche bevor. Zumal das Wetter regnerisch und greislich war.
§
Eine Unterbrechung war Shred Level 3. Vorsorglich hatte ich mich mehr als fünf Minuten aufgewärmt und meinen Puls schon mal erhöht, dennoch war das Programm für mich fast nicht machbar. Das mag daran liegen, dass es mir keinerlei Freude bereitet, um Luft zu ringen, vor Schwindel Sterne zu sehen, echte Schmerzen zu haben – vielleicht unterscheiden sich Bewegungsbegeisterte in diesem Punkt grundsätzlich. Ich habe nichts dagegen, wenn Muskeln brennen und es zieht, wenn ich meinen Puls hin und wieder bis zum roten Kopf bringe. Aber Leiden genieße ich nicht, es macht mich böse. Und ich fühle mich danach nicht gut, sondern wütend.
Die wenigen Male, die mich ein Isarlauf so anstrengt, dass ich fast keinen Spaß daran habe, muntere ich mich nicht mit “Quäl dich! Nur so kommst du weiter!” auf, sondern mit: “Ach, notfalls kannst du das letzte Stück ja spazieren. Ist auch schön.” Was ich dann doch noch nie getan habe.
Nach dem Shred-Gehetze strampelte ich noch auf dem Crosstrainer, unterbrochen von Brotbackhandgriffen (Temperatur senken, Dampf ablassen).
§
Abends hörte ich in der Küche während der Zubereitung der letzten beiden Vorspeisen BBC 1 – ich hatte Lust auf Radiomusik, die später Aerobicmusik würde. Ich geriet in die “Dancefloor Charts”, die gefühlt immer noch klingen wie während meines Jahrs in Wales vor 25 Jahren. Und dann hörte ich auch noch einen Nachrichtensprecher mit so brutalem walisischen Akzent, wie ihn meine Barmaid-Kolleginnen im Duke of York sprachen: Das transportierte mich endgültig in die Vergangenheit, ich tanzte an der Arbeitsfläche.
Belehrung: Der Bezeichnung “BBC-English” für received pronunciation ist schon lange überholt. Wie sehr, zeigte dieser Nachrichtensprecher.
§
Als Aperitif reichte ich frisch gepressten Grapefruitsaft mit Wodka.
Es gab als Vorspeise Vorspeisen:
Und zwar:
Bulgursalat
Tsatsiki (ich habe den Nahen Osten seeehr frei interpretiert)
Karottensalat mit Koriander, frei nach diesem Rezept.
Salat nach Freundeskreis-der-80er-Rezept: Türkische Paprika aus dem Glas, Zwiebeln, schwarze Oliven, Feta, Olivenöl.
Baba Ganoush (Auberginenpuree mit Tahini)
Dazu stilbrüchig das Bauernbrot, das sehr gut schmeckte, aber einen Fehler hatte (Luftschicht unter der Kruste oben).
Zur Harira (sehr gut! aber ich glaube, statt Rinderfond tut es auch Wasser) gab es einen israelischen Barkan Pinot Noir.
Nachtisch, vielleicht hätte die Zuckerkruste dicker sein können.
die Kaltmamsell12 Kommentare zu „Journal Samstag, 9. Januar 2016 – Mehrgängiges nahöstliches Menü für zwei“
Sie möchten gerne einen Kommentar hinterlassen, scheuen aber die Mühe einer Formulierung? Dann nutzen Sie doch den KOMMENTAROMAT! Ein Klick auf einen der Buttons unten trägt automatisch die gewählte Reaktion in das Kommentarfeld ein, Sternchen darüber und darunter kennzeichnen den Text als KOMMENTAROMAT-generiert. Sie müssen nur noch die Pflichtfelder "Name" und "E-Mail" ausfüllen und den Kommentar abschicken.
10. Januar 2016 um 14:38
…. Und das habt ihr alles zu Zweit verputzt? Keine guten Vorsätze für 2016 ;)
Gruß und gutes Neues!
10. Januar 2016 um 15:23
Keine Sorge, Ulla: Das zu zweit Verputzen wird schätzungsweise noch bis Montag dauern. (Vorsatz seit einigen Jahren: Nicht überfressen.)
10. Januar 2016 um 17:47
Liebe Frau Kaltmamsell,
eigentlich eine stille, aber regelmäßige Leserin bei Ihnen kann ich es jetzt aber nicht mehr aushalten, wie Sie sich mit Ihrem Sportprogramm abquälen. Es ist kein Wunder, dass Sie sich abgehetzt und unwohl fühlen und Sternchen sehen. Man braucht zwischen den Übungen immer! auf welchem Level auch immer! Ausruhphasen, damit der Kreislauf sich wieder stabilisieren kann, und dann erst geht es in die nächste Übung. Wenn Sie das beherzigen, ist das Durchhalten überhaupt kein Problem.
10. Januar 2016 um 17:53
Ich glaube nicht, lovegoodbooks, dass Shred von regelmäßigem Anhalten des Videos mit der Trainingseinheit ausgeht – oder habe ich etwas übersehen? Shred scheint genau dieses Abquälen zum Ziel zu haben, und das behagt mir gar nicht.
10. Januar 2016 um 19:04
“Aber Leiden genieße ich nicht, es macht mich böse. Und ich fühle mich danach nicht gut, sondern wütend.”
“Shred scheint genau dieses Abquälen zum Ziel zu haben, und das behagt mir gar nicht.”
Warum um alles in der Welt machen Sie es dann??
10. Januar 2016 um 20:27
naja, die wenigsten genießen das, während sie sich durchbeißen. wut – auf den trainer, sich selbst, die welt – ist eine dabei wohl häufige emotion, neben verzweiflung, freude, leere (!). aber danach, wenn der schmerz und die übelkeit und all das nachlassen, danach fühlt es sich für manchen ziemlich fantastisch bis großartig an. man hat sich gespürt und war wirklich an den grenzen, hat sich ganz und gar im moment befunden. kann man krank finden, geht aber sehr vielen sportlern so.
meiner erfahrung nach ist das v.a. etwas, was wettkampfsportler ausmacht (“ich will das jetzt aber schaffen!”) bzw. wirklich eine typfrage. sie klingen mir eher nach der genusssportlerin, und das ist doch auch etwas sehr schönes.
10. Januar 2016 um 21:58
Ich nehme sogar an, kecks, dass ich unsportlich bin, aber mich einfach gerne bewege. So wie andere unmusikalisch sind, aber von Herzen gern Musik machen.
10. Januar 2016 um 23:05
Ich wollte nicht eine Anweisung zu Shred geben, sondern sagen, dass Shred sozusagen nichts taugt, wenn es die einfachsten Dinge, den Kreislauf betreffend, nicht berücksichtigt. Ich verstehe aber Ihren Bewegungsdrang sehr wohl, weil ich ihn genauso verspüre. Auch würde ich manchmal gern an Ihrer Tafel sitzen bzw. schätze ich auch gutes Essen sehr, ohne allerdings Ihre Disziplin zu haben, viele Stunden mit Zubereitungen zu verbringen.
Auf jeden Fall lese ich gern Ihr Ihre Berichte und grüße Sie herzlich!
11. Januar 2016 um 8:10
Ähem. Shred ist doch von dieser Trainerin, die jahrelang bei “The biggest Looser” mitgemacht hat? Dann ist doch eigentlich klar, was von so einem Sportprogramm zu erwarten ist?
11. Januar 2016 um 10:11
Sorry. Wie kann man ein Fitness-Programm machen, bei dem man sich unwohl fühlt? Ich bin doch nicht vor der Bundeswehr geflohen, um mich dann von anderen zu was zwingen zu lassen. Aber vielleicht habe ich da auch nur ein persönliches Trauma.
11. Januar 2016 um 11:23
sh. Pipilotta, diese Frage stelle ich mir auch.
11. Januar 2016 um 13:16
…ich würde schon betonen wollen, dass programme, die anaerob belasten (= auch dann weiter arbeiten, wenn dem sportler u.u. übel etc. ist) nicht schlecht sind. das ist bei vielen “high intensity”-programmen ein wichtiges tool. beim abnehmen, wenn das das ziel ist, um nachbrenneffekte zu sichern, im sport, um anpassungen in diesem stoffwechselbereich zu erarbeiten. wenn man nur aerobe trainingsreize setzt, ist das, auch und vor allem für oft zeitmangel beklagende freizeitkrieger, suboptimal/keine schlaue trainingssteuerung.
für die zielsetzung von shred ist dieser effekt also zu erwarten und zeigt, dass das programm was taugt. für einen genusssportler, der belastung (so nennt man das in der trainingslehre) nicht mag, ist das freilich nichts. aber daran ist doch das programm nicht schuld, genauso wenig wie der nordic walking kurs der krankenkasse nicht schlecht ist, wenn man danach nicht olympiasieger im 100m-sprint wird… falscher kurs fürs falsche publikum, nicht mehr, nicht weniger.